Protocol of the Session on September 16, 2010

Dabei lässt sich doch auch ein Umstand nicht leugnen: Ohne eine funktionierende Familie hat ein Kind nicht die gleichen Chancen –

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

und wird sie auch nie haben – wie ein Kind, das in einer sich ihm liebevoll zuwendenden Familie aufwächst. Die Lösung kann also nicht allein darin bestehen, immer mehr Geld in die Ganztagesbetreuung zu stecken

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

und die Familien schrittweise aus ihrer originären Verantwortung zu entlassen.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Durch eine Bildungschipkarte ausgelöste gemeinsame Aktivitäten in der Familie oder auch nur die gemeinsame Auswahl aus den verschiedenen Angeboten wären ein Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Dazu ist es allerdings notwendig zu prüfen, ob sich ein Modell, welches in Stuttgart funktioniert, auch bei uns realisieren lässt.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Die Voraussetzungen sind nämlich in Mecklenburg-Vorpommern völlig andere.

(Michael Roolf, FDP: Auch richtig.)

In Stuttgart gibt es die elektronische Geldbörse für Kultur, Sport und Bildung nicht nur für Eltern mit Hartz-IVBezügen, sondern für alle Familien mit Kindern unter 16 Jahren, deren Einkommen 60.000 Euro im Jahr nicht übersteigt. Das wäre kaum finanzierbar.

Um die Bildungschipkarte im ländlichen Raum zu einem Erfolg zu führen, wäre es sicher zudem erforderlich, zum Beispiel die Fahrt mit dem ÖPNV zu den entsprechenden Bildungs- und Kulturangeboten über die Chipkarte abrechnen zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Jörg Heydorn, SPD: Wer bezahlt das denn?)

Unter dem Strich ist es für mich wichtig, die Bildungschipkarte nicht von vornherein zu zerreden. Alles, was Kindern helfen kann, Benachteiligung zu überwinden, muss offen auf eine mögliche Umsetzbarkeit hin geprüft werden.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Ich würde es deshalb begrüßen, wenn eine Gebietskörperschaft im östlichen Landesteil Mecklenburg-Vorpommerns die Bildungschipkarte als Modellprojekt des Bundes testen könnte.

(Rudolf Borchert, SPD: Ach, und der Bund soll bezahlen?)

Von dem kommt der Vorschlag.

(Michael Roolf, FDP: Das tut er doch auch, Herr Borchert, der zahlt das.)

Warum aber, wie im FDP-Antrag gefordert, in Mecklenburg-Vorpommern die Einführung einer eigenen Familiencard geprüft werden soll, obwohl gleichzeitig auf Bundesebene eine derartige Prüfung für alle Bundesländer erfolgt, erschließt sich mir nicht. Deshalb werden wir bei aller inhaltlichen Übereinstimmung in der Sache selbst Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Michael Roolf, FDP: Tolle Rede! Sehr, sehr gut! Sehr, sehr gut!)

Vielen Dank, Frau Schlupp.

(Michael Roolf, FDP: Sehr, sehr gut!)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Linke für die Fraktion DIE LINKE.

(Michael Roolf, FDP: Keine Zwangszuweisung, wie die Ministerin das will.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die FDP-Fraktion präsentiert uns hier einen Antrag, mit dem die Landessregierung aufgefordert wird, die Einführung einer Familiencard in Mecklenburg-Vorpommern zu prüfen. Das soll unter dem Aspekt der einkommensabhängig geförderten Nutzung für alle Bevölkerungsschichten erfolgen und im Dezember soll der Landtag über das Prüfergebnis informiert werden.

Ich bin natürlich jetzt auch ungeheuer irritiert, weil ich mich an Ihren Antrag gehalten habe und Ihre Rede nicht so richtig in Übereinstimmung bringe mit dem, was hier im Antrag formuliert ist.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Also ich bleib einfach dabei, ich nehme den Antrag und spreche zu dem, was Sie aufgeschrieben haben, denn Sie bringen ja doch drei Dinge durcheinander,

(Heinz Müller, SPD: Sie bringen noch ein paar mehr Dinge durcheinander.)

einmal die Verantwortung des Bundes für die Regelungen im SGB II, dann die mögliche Verantwortung des Landes im Rahmen des SGB VIII und die Verantwortung der Kommunen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung.

Sie sagen, dass die Debatten eine große gesellschaftliche Mehrheit für Sachleistungen ergeben hätten, und da würde ich doch sagen, dass Sie das sehr undifferenziert sehen. Also meine Fraktion ist nicht für eine so pauschale Befürwortung von Sachleistungen.

(Michael Roolf, FDP: Da sind Sie die deutliche Minderheit.)

Ja gut, wenn Sie meinen,

(Vincent Kokert, CDU, und Marc Reinhardt, CDU: Da sind Sie in der Minderheit.)

dass Sie die Mehrheit in dieser Bundesrepublik haben, schauen wir mal, was die nächsten Wahlen bringen, also da bin ich jetzt ganz ruhig.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Ihr Antragstext, verehrte Kollegen der FDP, wirft Fragen auf, die Sie – Sie nehmen ja noch das Wort in der weiteren Debatte – freundlicherweise beantworten sollten.

Es laufen seit einigen Wochen bundesweit heftige Debatten über die Einführung einer Bildungschipkarte. Meine Vorrednerinnen, Frau Ministerin und auch Frau Schlupp, haben dazu gesprochen. Die Bundessozialministerin will damit offensichtlich die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar 2010 erfüllen und provoziert damit weitere Benachteiligungen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

So sehen es die großen Verbände, so sehen es viele Eltern.

(Michael Roolf, FDP: Wie das denn? Wie kann jemand, der mehr zur Verfügung stellt, jemanden benachteiligen?)

Verehrter Herr Kollege Fraktionsvorsitzender, hören Sie mir einfach zu und äußern Sie sich dann in der Debatte!

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Also wie gesagt, es zeigen schon die Diskussionen, dass das sehr umstritten ist, was Frau Bundesministerin hier vorhat, und die nächsten Klagen lauern hier schon vor den Pforten der Gerichte.

(Michael Roolf, FDP: Oha!)

Meine Damen und Herren von der FDP, wenn man den Medien Glauben schenken kann, dann hat Ihre Partei die geplante Einführung dieser Chipkarte auf Bundesebene bejubelt, okay, das entspricht Ihrem Selbstverständnis, weil die Nutzer dann endlich über die möglichen Angebote selbst entscheiden können, aber, ich vermute mal, weil es natürlich auch für die Hersteller von Lesegeräten und von Chipkarten ein Wahnsinnsgeschäft ist.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Egbert Liskow, CDU, und Michael Roolf, FDP: Oh!)

Es ist ein echter wirtschaftlicher Aufschwung, der da vor der Tür steht. 2,5 Millionen Kinder sind ein rentabler Markt.