Protocol of the Session on July 9, 2010

Wir haben dieses Modellprojekt allerdings trotzdem ausgewertet, evaluiert und festgestellt, der Bedarf ist da. Der Bedarf ist sehr groß und der Pflegestützpunkt wird angenommen. Wie gesagt, in etlichen verschiedenen Anfragen, Debatten im Sozialausschuss, im Parlament habe ich nach diesen Allgemeinverfügungen, die nämlich die Grundlage sind für die anderen untergesetzlichen Regelungen, gefragt. Wir haben es nun schon schriftlich.

Im Sozialhilfefinanzierungsgesetzentwurf steht, dass im ersten Quartal dieses Jahres die Grundlagen für die Pflegestützpunkte geschaffen werden. Im Entwurf des Landespflegeprogramms steht, dass die Grundlagen für Allgemeinverfügungen im zweiten Quartal dieses Jahres geschaffen werden. Sie werden Sich erinnern können, ich fragte mal so ganz nebenbei, wie die Zeitansage in der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ist. Wir müssen konstatieren, das erste Quartal ist vorbei, das zweite Quartal ist vorbei.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Kein Anschluss unter dieser Nummer.)

Wir wissen allerdings immer noch sehr deutlich, dass, wenn die Allgemeinverfügung in die Welt gesetzt wurde, noch etliche andere Verträge gemacht werden müssen und demzufolge die Krankenkassen sechs Monate – ich betone: sechs Monate – Zeit haben, ehe sie die Pflegestützpunkte einrichten. Ich behaupte ganz einfach mal, die neuen Strukturen der Kreise können es nicht gewesen sein, die uns keinen Fortgang in den Allgemeinverfügungen gebracht haben, denn wohnortnah bleibt wohnortnah und individuell bleibt individuell, egal ob ein Kreis so viel Quadratmeter hat oder so viel Quadratmeter.

Außerdem steht immer noch in Rede, dass die Anschubfinanzierung durch den Bund nur bis nächstes Jahr Juni überhaupt bezahlt wird. Das bedeutet für MecklenburgVorpommern 800.000 bis 900.000 Euro. Es ist keine Zeit mehr zu verlieren, um die Allgemeinverfügung endlich in Kraft treten zu lassen, damit die Bürgerinnen und Bürger, die Beratung wünschen, die Beratung brauchen, so, wie es mal von Herrn Sellering als Sozialminister versprochen wurde, dieses Recht auf Beratung in MecklenburgVorpommern auch endlich gewährt bekommen. Wir warten nicht weiter darauf und wir halten den Finger darauf. Die Zeit fließt und fließt und nichts passiert. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Müller.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Schwesig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geehrte Abgeordnete Frau Müller, Sie haben nicht nur nebenbei gefragt, wie es aussieht mit den Pflegestützpunkten, sondern Sie haben mehrfach Ihr parlamentarisches Recht genutzt, in den Fragestunden und auch per Kleine Anfrage sich danach zu erkundigen, und Sie haben mehrfach von uns ordentliche sachliche Auskunft bekommen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und die wollen wir Ihnen natürlich und allen anderen Abgeordneten des Landtages auch heute geben.

Das Sozialministerium wird die Allgemeinverfügung dann auf den Weg bringen, wenn mir die Beteiligten, also die Pflegekassen und kommunalen Landesverbände, ihre Zustimmung zu den vertraglichen Rahmenbedingungen signalisiert haben. Dieser Abstimmungsprozess war aus

verschiedensten Gründen insgesamt nicht einfach und nicht in kurzer Zeit zu bewerkstelligen. Das war auch allen Beteiligten von Anfang an klar.

Natürlich wäre es eine Möglichkeit gewesen – für mich übrigens die allerleichteste –, die Allgemeinverfügung, die in meinem Haus fertig erarbeitet vorliegt, schon zu erlassen, ohne dass zwischen den Beteiligten in den wesentlichen Fragen Übereinstimmung erzielt wurde. Das hätte aber zur Folge gehabt, und auch darauf habe ich mehrfach hingewiesen, dass die Pflegekassen innerhalb von sechs Monaten Pflegestützpunkte hätten einrichten müssen, und das eben gegebenenfalls ohne die Kommunen. Oder so wäre es eben gekommen. Und mir war es von Anfang an sehr wichtig, die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Altenhilfe und als verantwortliche Stellen, die für die Gewährung der Hilfe zur Pflege da sind, eben einzubinden, denn der Bundesgesetzgeber schreibt einen umfassenden Beratungs- und Unterstützungsauftrag vor.

Im Übrigen gibt es auch nur die Anschubfinanzierung vom Bund, wenn die kommunale Seite bei der Einrichtung von Pflegestützpunkten dabei ist. Um diese so wichtige kommunale Beteiligung an den Pflegestützpunkten seitens des Landes zu unterstützen und besonders zu fördern, soll der neu gefasste Paragraf 4 Landespflegegesetz verabschiedet werden. Der neue Paragraf 4 sieht vor, dass das Land jährlich denjenigen Landkreisen und kreisfreien Städten Zuschüsse gibt, die sich in einen Pflegestützpunkt einbringen. Ab 2011 sind das insgesamt 600.000 Euro und ab 2012 750.000 Euro. Das Land ist also bereit – und das hat der Landtag hier per Haushalt verabschiedet –, sich an dieser Aufgabe der Kommunen und Pflegekassen mit zu beteiligen, um dieses wichtige Unternehmen zu unterstützen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das Geld wird ja langsam, aber sicher weggenommen.)

Diese Gesetzesänderung befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren und wird voraussichtlich im September beschlossen.

(allgemeine Unruhe)

Bis dahin wird auch das Nähere zur Verteilung der Landeszuschüsse geregelt sein. Kommunen und Pflegekassen werden also rechtzeitig wissen, unter welchen Voraussetzungen und auf welcher finanziellen Basis die Verträge vor Ort abgeschlossen werden können.

Das Sozialministerium ist von den Pflegekassen und den kommunalen Landesverbänden gebeten worden, die oben genannten Aspekte beim Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinverfügung zu berücksichtigen, denn ihnen geht es um eine einheitliche und geordnete Umsetzung. Und dieser Bitte werde ich nachkommen. Die Allgemeinverfügung wird in den nächsten Wochen veröffentlicht und tritt zum 1. Oktober 2010 in Kraft, zeitgleich mit dem veränderten Pflegegesetz. Damit wird gewährleistet, dass die bis zum 30. Juni 2011 zur Verfügung stehenden Bundesmittel in Anspruch genommen werden können.

Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir eben gerade die finanzielle Untersetzung über Paragraf 4 Landespflegegesetz hinbekommen. Wir haben es derzeit im parlamentarischen Verfahren, und es ist Ihre Fraktion, die bittet, dass wir uns mehr Zeit nehmen. Sie müssen sich schon mal entscheiden! Sollen wir es schnell auf den Weg bringen, brauchen wir natürlich das Gesetz.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das Geld ist im Haushalt drin, das nehmen Sie für andere Dinge Stück für Stück.)

Frau Müller, ich nehme das Parlament ernst. Das Parlament hat hier gesagt, es gibt dieses Geld für Pflegestützpunkte, hat aber das Gesetz dafür noch gar nicht verabschiedet.

(Irene Müller, DIE LINKE: Warum denn nicht?)

Was wollen Sie denn jetzt der Sozialministerin vorwerfen?

(Irene Müller, DIE LINKE: Warum denn nicht?)

Dass sie nicht Respekt vorm Landtag hat und auf das verabschiedete Gesetz wartet? Und es kann schnell verabschiedet werden. An mir soll es nicht liegen. Es ist bisher Ihre Fraktion, die sagt, wir brauchen mehr Zeit. Sie müssen sich schon an den einen oder anderen Punkten …

(Irene Müller, DIE LINKE: Wir brauchen die Zeit, die uns zusteht.)

Sie müssen sich schon mal entscheiden, wie Sie es haben wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Die Sozialministerin, mein Haus, hat alles gemacht. Wir wollen die Pflegestützpunkte gut und ordentlich auf den Weg bringen, und nicht einfach nur einen Papiertiger. Das unterscheidet uns vielleicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs für die Fraktion der CDU.

(Udo Pastörs, NPD: Zieht das Ding ab und dann ist es gut.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung soll gemäß dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aufgefordert werden, „sofort die Allgemeinverfügung für die landesweite Einrichtung von Pflegestützpunkten zu erlassen“. Wir haben soeben von Frau Ministerin Schwesig gehört, dass dieser Weg kurz vor dem Ende ist und wir im Herbst eine Allgemeinverfügung bekommen werden. Deswegen kürze ich auch meinen Redebeitrag etwas ein.

Wie Sie in Ihrer Begründung richtigerweise feststellen, steht es jedem Land frei, Pflegestützpunkte einzurichten. Der Anspruch auf individuelle, vor allem aber wohnortnahe und unabhängige Pflegeberatung ist hiervon strikt zu trennen. Diese Leistung wird durch die Pflegekassen erbracht, die ihrer gesetzlichen Pflicht nicht erst seit dem 01.01.2009 nachkommen, sondern dies bereits freiwillig seit dem Herbst 2008 tun. Daher wird der bundesgesetzliche Anspruch in Mecklenburg-Vorpommern erfüllt und die geforderte Leistung für die Bürger angeboten.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Bei den zusätzlichen Pflegestützpunkten hingegen stellt sich die Frage, ob die Kommunen, also die Landkreise

und kreisfreien Städte, zusammen mit den Pflegekassen einen solchen zentralen – und damit nicht immer für jedermann wohnortnahen Pflegestützpunkt – gemeinsam aufbauen, und zwar pro Landkreis beziehungsweise kreisfreier Stadt jeweils einen. Über Kreisgrößen brauchen wir uns in unserem Flächenland, denke ich, nicht zu unterhalten. Und das Kriterium „wohnortnah“ sollte man dabei dann auch bedenken.

(Irene Müller, DIE LINKE: Herr Glawe hat gesagt, 26.)

Gegenwärtig sind mit Blick auf die schwierige Haushaltslage nur sehr wenige Kommunen bereit,

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, Altenparlament.)

diese zusätzliche freiwillige Aufgabe zu übernehmen und die hierfür benötigten zusätzlichen Finanzmittel ergänzend bereitzustellen. Das ist auch ein Grund, weshalb es bis jetzt keine Allgemeinverfügung gibt. Die Verhandlungen mit den Kommunen zur Errichtung der Pflegestützpunkte dauern eben noch an.

Auf die Finanzierung gehe ich jetzt nicht ein. Ich denke, da ist alles gesagt worden.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Ausgangslage in Mecklenburg-Vorpommern sich grundsätzlich von der in anderen Bundesländern unterscheidet, und zwar von Bundesländern, die ihre Allgemeinverfügung bereits erlassen haben. Während es beispielsweise in Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz bereits trägerunabhängige oder trägerübergreifende Beratungs- und Koordinierungsstellen gibt oder auch entsprechende Netzwerke vorhanden waren, die zu Pflegestützpunkten weiterentwickelt werden konnten, ist die Situation bei uns im Land dadurch gekennzeichnet, dass es zwar viele Beratungsangebote gibt,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

die jedoch weder speziell auf Pflegeberatung ausgerichtet sind noch trägerneutral beziehungsweise trägerübergreifend fungieren.

Von daher waren die ab dem Jahr 2008 geführten Gespräche in den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie die derzeitigen Verhandlungen über die Rahmenbedingungen zwischen den Landesverbänden der Kranken- und Pflegekassen, den Kommunen sowie dem Ministerium für Soziales und Gesundheit unabdingbare Voraussetzungen dafür, die Einzelheiten zur Errichtung von Pflegestützpunkten zu klären.