Protocol of the Session on July 8, 2010

Eine solche einkommensunabhängige Regelung stellt gerade für die Einwohnerinnen und Einwohner des Landes Mecklenburg-Vorpommern – hier gibt es ja die bundesweit geringsten Einkommen – eine unzumutbare Härte dar, die den Betroffenen, aber eben im Zweifel den für die Betroffenen einstehenden Kommunen nicht zugemutet werden darf. Der Erhalt des solidarischen Gesundheitswesens erfordert vielmehr die finanzielle Beteiligung aller Frauen und Männer des Landes entsprechend ihrer finanziellen Einkünfte, also keine einseitige Belastung der krankenversicherten Männer und Frauen. – Danke.

Ich bitte also um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht? – Bitte, Herr Kokert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ist einmal festzuhalten, dass es kein Gesundheitspaket gibt, was vorgelegt wurde, sondern lediglich Eckpunkte der Gesundheitsreform.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Derzeit gibt es weder einen Gesetzentwurf, Herr Kollege Methling,

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Davon wird’s ja nicht besser.)

noch einen Referentenentwurf. Insofern ist keine Dringlichkeit hier zu begründen. Deshalb wird die Koalition auch die Dringlichkeit ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Danke schön.

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Stefan Köster, NPD)

Ich lasse nun über die Erweiterung der Tagesordnung abstimmen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Es geht ja nur um die Menschen.)

Meine Damen und Herren, wer der Erweiterung der Tagesordnung zuzustimmen wünscht,

(Harry Glawe, CDU: Wenn Sie keine Ahnung haben, dann lassen Sie es mal sein!)

den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Komm mal runter von deinem hohen Ross da!)

Gegenstimmen? – Danke.

(Harry Glawe, CDU: Arme Ritter haben immer recht.)

Stimmenthaltungen? –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Alles sehr geistreich. – Harry Glawe, CDU: Ja, genau.)

Mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD ist die Erweiterung der Tagesordnung abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir treten nun in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird fortgesetzt um 13.00 Uhr. Ich unterbreche die Sitzung.

Unterbrechung: 12.17 Uhr

Wiederbeginn: 13.06 Uhr

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landeshoch

schulgesetzes und Gesetz zur Errichtung der Teilkörperschaft Universitätsmedizin Greifswald, Drucksache 5/3564.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgesetzes und Gesetz zur Errichtung der Teilkörperschaft Universitätsmedizin Greifswald (Erste Lesung) – Drucksache 5/3564 –

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Herr Tesch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat am 8. Juni 2010 den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf beschlossen. Mit dem Gesetzgebungsvorhaben werden gleich drei Reformprojekte auf den Weg gebracht:

Erstens. Das Landeshochschulgesetz wird an die aktuelle Entwicklung – insbesondere im Bereich der Studienstrukturreform im Bologna-Prozess – angepasst. Es geht darum, die Studienbedingungen für die Studierenden in Mecklenburg-Vorpommern deutlich zu verbessern, um weiter als Land mit zwei Universitäten, drei Fachhochschulen und einer Hochschule für Musik und Theater ein attraktiver Standort für Studierende aus dem Land und darüber hinaus zu bleiben.

Zum Zweiten wird die Autonomie der Hochschulen gestärkt.

Und zum Dritten, die Universitätsmedizin wird neu organisiert.

Oberste Prämisse ist, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen im Bundesvergleich zu erhalten und auszubauen. Der Wettbewerb der Hochschulen untereinander hat sich seit der letzten Neufassung des Landeshochschulgesetzes im Jahre 2002 weiter ausgeprägt. Dazu gehören Excellenzinitiativen, eine zunehmende Forschungsförderung des Bundes sowie die mit der Excellenz verbundene klare Orientierung der Studenten an die Hochschulen, die sich im Forschungswettbewerb behaupteten. Dies betrifft auch unsere Hochschulen. Vier vom Bund geförderte Forschungsvorhaben im Kontext des Wettbewerbes des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, hier Spitzenforschung Ost, sind mit den Hochschulen unseres Landes verbunden.

Darüber hinaus sind wir unter maßgeblicher Beteiligung unserer Hochschulen Gesundheitsregion der Zukunft geworden. Mit dieser Bilanz sehe ich der Antragstellung beider Universitäten in der nächsten Runde der Excellenz initiative sehr hoffnungsvoll entgegen. Wir werden auch diesen Wettbewerb wieder so professionell begleiten wie die erfolgreichen vorangegangenen.

Dass sie in der Lehre erfolgreich sind, das zeigen ebenso die vielfachen Rankings. Auch hier bin ich zuversichtlich, dass wir mit innovativen Konzepten zusätzliche Bundesmittel einwerben können. Die dritte Säule des Hochschulpaktes wird auch Mecklenburg-Vorpommern in seiner Attraktivität als Studienstandort weiter befördern. Mit einem modernen Hochschulrecht wollen wir unseren Hochschulen darüber hinaus den gesetzlichen Rahmen und die Instrumentarien an die Hand geben, die sie brauchen, um in diesem Wettbewerb, im Wettbewerb der Hochschulen untereinander, erfolgreich zu bestehen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich kurz die bildungs- und wissenschaftspolitische Ausgangslage vergegenwärtigen. Die demografische Entwicklung mit einem prognostizierten Bevölkerungsrückgang löste einen bisher nicht gekannten bundesweiten Wettbewerb der Hochschulen untereinander um Studierende aus. Sie führt uns vor Augen, dass das Potenzial aller, Frauen wie Männer, gezielt für eine Hochschulausbildung erschlossen werden muss. Der Wettbewerb um das Personal, um die besten Köpfe besteht längst. Es sind Bedarfe nach akademisch ausgebildetem Personal – gerade auch der regionalen Wirtschaft – zu bedenken. Das wissenschaftliche Weiterbildungsangebot der Hochschulen muss dem Erfordernis des lebenslangen Lernens Rechnung tragen.

Und schließlich haben die Hochschulen selbst eine besondere Bedeutung für unser Land. Ihre Rolle als Motor der regionalen Wirtschaft, ich nenne hier das Stichwort Technologietransfer, besitzt unvermindert eine hohe Relevanz für Prosperität und den Erfolg unserer Heimat. Die Förderpolitik des Bundes im Bereich der Wissenschaft hat sich im Kontext der Föderalismusreform des Jahres 2006 grundlegend gewandelt. Innovation in Forschung und Lehre sind heute beinahe nur in Kooperation mit großen Wissenschaftsorganisationen und über die Einwerbung staatlicher Fördergelder zu erreichen. Die Vergabe dieser für jede Hochschule so bedeutsamen öffentlichen Fördergelder erfolgt jedoch fast ausschließlich in wettbewerblichen Verfahren. Die Excellenzinitiative der Bundesregierung ist ein Beispiel dafür. Ohne wissenschaftlich herausragende, ausgewiesene und motivierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es schwer für eine Hochschule, sich diesem Wettbewerb zu stellen.

Nicht zu vergessen ganz aktuell die Diskussion in den letzten Monaten um die Reform des Studiengangssystems, den Bologna-Prozess. Hier haben wir in Gesprächen mit den Studierenden und den Hochschulen geklärt, wo Defizite liegen und wo Handlungsbedarf besteht. Die Herausforderungen sind vielfältig. Mit dem vorliegenden Hochschulgesetz erhalten die Hochschulen das erforderliche Rüstzeug, um sie zu meistern.

Wenn wir von erweiterten Möglichkeiten im Rahmen der Hochschulautonomie sprechen, dann fordere ich die Hochschulen aber auch auf, in Zukunft noch stärker als bisher die Verantwortung für ihre Institutionen zu übernehmen. Autonomie beschränkt sich nicht darauf, ständig vom Steuerzahler mehr Geld zu fordern. Nach wie vor ist der Hochschulbereich – der Bildungsbereich an sich – zu Recht der einzige Wachstumsbereich innerhalb des Landeshaushaltes. Es geht auch hier, und hier sehe ich die Hochschulen in der Pflicht, um einen effizienten Einsatz der ihnen zur Verfügung gestellten Steuermittel. Dazu gehört, dass sie weiter und vielleicht auch in stärkerem Maße die Entwicklungslinien des ganzen Landes berücksichtigen und damit weiter Motor unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung bleiben.

Gerade auch mit Blick auf die Lehrerbildung, dieses Thema wird uns im Rahmen der künftigen Debatten um die neuen Zielvereinbarungen und das Lehrerbildungsgesetz noch beschäftigen, sind die Hochschulen Dienstleister für das Land. Neben der Gymnasiallehrerausbildung müssen wir die Grundschullehrer ebenso ausbilden wie die Lehrer der Sonderpädagogik oder der regionalen Schule. Hier wollen wir mit den Hochschulen erstmals in der Geschichte des Landes MecklenburgVorpommern zusammen steuern, um die tatsächlichen

Bedarfe zu befriedigen. Das ist nur ein Beispiel. Die stärkere Kooperation mit der Wirtschaft, die ich zusammen mit dem Wirtschaftsminister seit Anfang der Legislaturperiode stärker als je zuvor befördere, ist ein weiterer Aspekt der Einbindung unserer Hochschulen in die Entwicklung unseres Landes.

Meine Damen und Herren, es würde den Rahmen meines Zeitbudgets sprengen, alle Änderungsvorschläge zu erläutern. Einen großen Raum nimmt in der Tat die rechtliche Neuordnung der Hochschulmedizin ein. Der Teil 10 des Landeshochschulgesetzes soll vollständig neu gefasst werden. Das Ziel dieser Reform ist es, in Mecklenburg-Vorpommern eine leistungsfähige Universitätsmedizin als Teil der Universitätslandschaft zu etablieren und damit qualitativ hochwertige Forschung, Ausbildung und Krankenversorgung im Land dauerhaft sicherzustellen.

(Udo Pastörs, NPD: Privatisieren Sie mal!)

Bereits mit der Einführung der Anstalten des öffentlichen Rechts an den Universitäten Greifswald und Rostock hat das Land in den letzten Jahren einen wesentlichen Schritt zur Stärkung der Universitätsklinika unternommen. Im Vordergrund stand damals die organisatorische Trennung der Bereiche der Krankenversorgung auf der einen sowie der Forschung und der Lehre auf der anderen Seite. Ein wesentliches Ziel war es, die Finanzierungsströme transparent zu gestalten. Dies hat dazu beigetragen, das Verhältnis zwischen der Fakultät und dem Klinikum, wie ich finde, zu verbessern.

In der jetzt vorliegenden Form geht es darum, die positiven Entwicklungen mittels der innovativen und modernen Strukturen des Integrationsmodells weiterzuentwickeln. Dabei werden die zentralen Leistungsbereiche der Universitätsmedizin, nämlich die Forschung, die Lehre und die Krankenversorgung, möglichst eng miteinander verknüpft. Darüber hinaus sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es der Universitätsmedizin ermöglichen, sich am Markt zu behaupten. Dazu benötigt die Universitätsmedizin die unternehmerischen Freiheiten, über die die konkurrierenden Einrichtungen der Krankenversorgung verfügen.

Das Integrationsmodell zeichnet sich dadurch aus, dass der Fachbereich Medizin und das bisherige Universitätsklinikum Greifswald in einer einheitlich geführten Struktur zusammengefasst werden, die als Teilkörperschaft eng mit der Universität verknüpft ist. Das heißt, die drei Bereiche Forschung, Lehre sowie Krankenversorgung unterliegen künftig einer einheitlichen Leitung und Aufsicht. Dabei wird durch die organisatorischen Veränderungen in Vorstand und Aufsichtsrat sichergestellt, dass die Teilkörperschaft Universitätsmedizin eng an die Universität gebunden bleibt. Darin liegt gerade die Besonderheit unseres Modells. Sowohl auf der Vorstands- als auch auf der Aufsichtsratsebene sind Mitglieder der Universität mit eigenen Rechten vertreten. Dies stärkt den Zusammenhalt und wird in der Praxis zu einer verbesserten Zusammenarbeit und Abstimmung der unterschiedlichen Interessen führen.

Es geht aber nicht nur darum, im zunehmenden Wettbewerb in der Forschungslandschaft oder im Ringen um Studierende erfolgreich zu sein, die Universitätsmedizin muss auch im Bereich der Krankenversorgung bei gleichbleibend hoher Qualität effektiv arbeiten können. Daher muss die Universitätsmedizin mit denselben unternehmerischen Kompetenzen ausgestattet werden

wie ihre Konkurrenten, um im Wettbewerb regional, aber auch überregional bestehen zu können.

Meine sehr Damen und Herren, ich freue mich auf die kommenden konstruktiven Diskussionen zu diesem Gesetz im Bildungsausschuss. Dem vorausgegangen ist schon ein längerer Diskurs mit den Hochschulen in den letzten Jahren. Im Dialog wurden diese Änderungen erarbeitet. Ich wünsche mir sehr, dass wir diesen Dialog so fortführen, denn nur so, und davon bin ich fest überzeugt, können Politik, Wissenschaft und die Absolventen selbst gemeinsam etwas für unser Land, für Mecklenburg-Vorpommern erreichen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.