Protocol of the Session on December 7, 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 10. Sitzung des Landtages. Die Mitglieder des Landtages der Fraktionen der SPD und CDU haben gemäß Paragraf 72 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung die heutige Dringlichkeitssitzung verlangt. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufi ge Tagesordnung der 10. Sitzung liegt Ihnen vor. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das sehe und höre ich nicht. Damit gilt die Tagesordnung der 10. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Fraktion der NPD liegt Ihnen auf Drucksache 5/110 ein Antrag zum Thema „Keine Kürzung des Blindengeldes“ vor.

(Michael Andrejewski, NPD: Ist zurückgenommen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe jetzt das Wort!

Dieser Antrag ist soeben von den Antragstellern zurückgezogen worden.

Ich rufe auf den einzigen Tagesordnungspunkt unserer Sitzung: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2006, auf Drucksache 5/58, und hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses auf Drucksache 5/100. Hierzu liegen Ihnen drei Änderungsanträge der Fraktion der NPD auf den Drucksachen 5/83, 5/84 und 5/85 vor.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2006 (Nachtragshaushaltsgesetz 2006) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/58 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 5/100 –

Änderungsantrag der Fraktion der NPD – Drucksache 5/83 –

Änderungsantrag der Fraktion der NPD – Drucksache 5/84 –

Änderungsantrag der Fraktion der NPD – Drucksache 5/85 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses, der Abgeordnete Herr Mathias Löttge.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat in seiner 7. Sitzung am 21. November 2006 vor dem Hintergrund des vom vorläufi gen Ausschuss vorgelegten Zwischenberichts auf Drucksache 5/73 beschlossen, den Entwurf eines Nachtragshaushaltsgesetzes 2006 federführend an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss zu überweisen. Der Finanzausschuss hat sich in drei Sitzungen mit dem Gesetzentwurf befasst und am 4. Dezember 2006 seine Beratungen abgeschlossen. Seine Empfehlung an den Landtag, den Gesetzentwurf

unverändert anzunehmen, hat er vor dem Hintergrund der zuvor gemeinsam mit dem Innenausschuss durchgeführten Anhörung getroffen.

In der ersten Sitzung des Finanzausschusses am 27. November 2006 hatte die Fraktion der Linkspartei.PDS eine öffentliche Anhörung verlangt. Dieses Verlangen ist von der Fraktion der FDP sowie der Fraktion der NPD unterstützt worden, sodass damit die Voraussetzungen des Paragrafen 22 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages zur Durchführung einer Anhörung gegeben waren.

Auf Antrag der Koalitionsfraktionen hat der Finanzausschuss gemäß Paragraf 17 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU beschlossen, diese Anhörung in nichtöffentlicher Sitzung durchzuführen. An dieser Anhörung, die als zweite Sitzung des Finanzausschusses gemeinsam mit dem Innenausschuss am 4. Dezember 2006 stattfand, haben der Ministerpräsident, die Finanzministerin, der Innenminister, der stellvertretende Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock und der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der Linkspartei.PDS als ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident teilgenommen. Der ebenfalls eingeladene ehemalige Innenminister der 3. und 4. Wahlperiode fehlte entschuldigt.

An dieser Stelle sei mir ein Dankeschön an die Angehörten gestattet, die sich den über 50 schriftlich zugeleiteten Fragen und der Fragerunde stellten. Ihre Ausführungen, Erklärungen und Antworten sind im Bericht des Finanzausschusses auf Drucksache 5/100 umfänglich dargestellt, sodass ich hier, meine Damen und Herren, auf eine entsprechende Darstellung verzichten kann. Dieses will ich aber bezüglich der Stellungnahme des mitberatenden Innenausschusses nicht, da sie die Entscheidungsprämissen beider Ausschüsse darstellt:

„1. Die Errichtung einer technischen Sperre … ist auf der Grundlage defi nierter sicherheitstechnischer Vorgaben unabdingbar. Die Auftragsvergabe ist nicht weiter aufschiebbar.

2. Für das Haushaltsjahr 2006 werden daher kurzfristig Verpfl ichtungsermächtigungen von insgesamt 12,5 Mio. Euro zu Lasten des Jahres 2007 benötigt. Die erforderliche haushaltsrechtliche Grundlage soll durch die Veranschlagung entsprechender Verpfl ichtungsermächtigungen im Nachtragshaushalt 2006 geschaffen werden.“

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte den Landtag, die Notwendigkeit und den Umfang der beabsichtigten Sicherheitsmaßnahmen anzuerkennen und der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses folgend den Gesetzentwurf in unveränderter Fassung anzunehmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Löttge.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten beantragt. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine Damen

und Herren Abgeordnete! Ich habe in meiner Einbringungsrede zur Ersten Lesung betont, dass die Landesregierung Ihnen gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode ein ungewöhnliches Haushaltsverfahren zumutet. Angesichts der Dringlichkeit blieb uns jedoch keine andere Möglichkeit.

Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich für die insgesamt zügigen Beratungen des Nachtraghaushaltes 2006 bedanken. Nun ist es allerdings auch höchste Zeit, denn heute läuft die Bindungsfrist aus. Wir müssen nach dem Beschluss des Landtages zügig die Aufträge auslösen, um die Fertigstellung der komplexen technischen Sperre rechtzeitig vor Beginn des G8-Gipfels sicherzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Entwurf der Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund liegt Ihnen inzwischen vor. Mir ist bewusst, dass nicht alle Ihre Fragen in einer Weise beantwortet werden konnten, wie es sonst üblich ist. Das liegt daran, dass in den Verhandlungen mit dem Bund für beide Seiten schwierige Probleme zu lösen waren. Ich bitte Sie zum Wohle des Landes darum, der Regierung in dieser Frage Vertrauen zu schenken. Viele von Ihnen kennen mich lange genug. Wenn ich mit dem Ergebnis nicht unzufrieden bin, können Sie mir glauben, dass die fi nanziellen Belastungen für das Land vertretbar sind.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Wir wollen wissen und nicht glauben, Frau Ministerin!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der G8-Gipfel ist nicht nur ein touristisches Aushängeschild für unser Land, sondern eine Gelegenheit, gemeinsam Lösungen für die globalen Probleme zu entwickeln.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Mecklenburg-Vorpommern wird in diesen Tagen nicht nur mitten in Europa liegen, sondern im Zentrum der gesamten politischen Weltöffentlichkeit. Ich rede hier nicht nur von den Staatschefs, die gut beschützt in Heiligendamm diskutieren werden, ich rede auch von vielen zehntausenden jungen Menschen aus aller Welt, die in unser Land kommen werden, um hier, hoffentlich friedlich, ihre Stimme zu erheben. Sie sind Teil dieses globalen Dialoges, denn sie weisen zu Recht auf viele ungerechte Entwicklungen in der Welt hin. Auch für diese Menschen tragen wir Verantwortung. Zeigen wir ihnen und damit der ganzen Welt, dass Mecklenburg-Vorpommern nicht nur eine schöne Gipfelkulisse hat, sondern ein Ort ist, an dem die Menschen wirklich zu Gast bei Freunden sein können, also ein Ort, wo offen und kontrovers gestritten werden kann, wo nicht nur ein paar Auserwählte zu Wort kommen dürfen, sondern viele Gehör fi nden können. Dieses ist als Gastgeber unsere Verantwortung und der müssen wir gerecht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns die Diskussion deshalb nicht auf die Finanzen beschränken! Lassen Sie uns ab heute beginnen, über die Ausgestaltung des Gipfeltreffens zu reden! Der G8-Gipfel wird im Juni bei uns stattfi nden. Wir sollten ab jetzt gemeinsam daran arbeiten, dass er in guter Erinnerung bleiben wird, und zwar nicht nur in der guten Erinnerung der Staatsgäste, sondern auch in der ihrer Kritiker.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „So viel Heimlichkeit in der Weihnachtszeit!“ Erweckt dieses Kinderlied zu Weihnachten noch freudige Gefühle, ist die Heimlichtuerei des Ministerpräsidenten zu den fi nanziellen Belastungen des Landes im Zusammenhang mit dem G8Gipfel nicht mehr feierlich. Was im Zusammenhang mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt den Mitgliedern des Landtages geboten wurde, ist aus unserer Sicht eine reine Verhöhnung des Parlaments.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Die Fraktion der Linkspartei.PDS verlangte, wie sich am Montag zu Recht bewies, eine Anhörung im Finanz- und im Innenausschuss. Da die Öffentlichkeit des Landes zwar vom Gipfel freudig erregt sein soll, aber offensichtlich nichts von den Belastungen, die auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zukommen werden, wissen darf, stellte die Koalition die Nichtöffentlichkeit her. Vielleicht war das auch gut so, denn was den Parlamentariern in der Anhörung geboten wurde, hätte in der Öffentlichkeit nur Kopfschütteln erzeugt.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

So hieß es, das Land würde sich um eine weitgehende Kostenübernahme durch den Bund bemühen. Das Weitere wäre aber Bestandteil einer Verwaltungsvereinbarung und die ist noch nicht unterschrieben. Deshalb noch keine Auskunft. Wenige Stunden später sieht man dann den Ministerpräsidenten mit lächelndem Gesicht dem „Nordmagazin“ mitteilen, die Vereinbarung wäre fertig. Zahlen werden natürlich nicht genannt. Warum auch?! Es geht ja nur um mehrere Millionen Euro.

Ein gleiches Bild, meine sehr verehrten Damen und Herren, gab es bei den Nachfragen zu den Belastungen der Kommunen. Rostock, so war es vom stellvertretenden Oberbürgermeister zu erfahren, empfängt gerne ausländische Gäste. Aber im Übrigen habe es eine Beratung mit dem Innenministerium gegeben und natürlich wäre Vertraulichkeit verabredet worden. Aber es wäre doch interessant gewesen zu erfahren, ob zum Beispiel der Verkaufserlös der WIRO-Wohnungen in Rostock genutzt werden muss, um die Zusatzkosten für G8 zu fi nanzieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Man, man, man, man! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf zum Nachtragshaushalt hat natürlich eine Vorgeschichte. Anders als permanent behauptet hatte es keinen förmlichen Beschluss der Landesregierung zur Bewerbung oder zur Begrüßung des Gipfels gegeben, sondern lediglich die Mitteilung des Bundes, dass es so sei. Wir haben uns daraufhin kundig gemacht, welche Belastungen ein solcher Gipfel mit sich bringt. Ein paar Zahlen gefällig? Das Mitglied des schottischen Parlaments Bill Scott lässt in einer Mitteilung wissen, die geschätzten Kosten für den Polizeieinsatz in Gleneagles lagen bei 50 Millionen Pfund. Den schottischen Parlamentarien wurde nach dem Gipfel eine Summe von 72 Millionen Pfund genannt.

Auf der Webseite der schottischen Regierung kann man lesen – immerhin kann man dort etwas lesen, meine sehr

verehrten Damen und Herren –: Konferenzbedarf und Catering durch das Gleneagles Hotel 4.146.000 Pfund, Kosten für Medien, deren Ausstattung und Catering 3.852.000 Pfund, Aufwand für Sponsorensuche 79.000 Pfund, Damenprogramme 22.000 Pfund, Veranstaltungen am Rande des Gipfels 69.000 Pfund und so weiter und so fort. Aus Zeitgründen verzichte ich auf weitere Details.

(Harry Glawe, CDU: Und dann sagen Sie, Sie haben nichts gewusst?!)

Im Wissen um diese und andere Erfahrungen haben wir, die Linkspartei.PDS, immer wieder erklärt, Herr Glawe, mehr als 10 Millionen Euro Landesmittel gibt es nicht!

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Dr. Marianne Linke, Die Linkspartei.PDS – Harry Glawe, CDU: Sie behaupten immer, nichts zu wissen, und jetzt rechnen Sie das alles vor.)

Das war unsere Erklärung. Da können Sie noch so sehr streiten, wie Sie wollen, das ist einfach Realität. Und die 10 Millionen Euro, Herr Glawe, hatten lange in der Öffentlichkeit Bestand, auch als im Landeshaushalt schon andere Tatsachen geschaffen worden sind.

(Harry Glawe, CDU: Sie sollen hier nicht so viel erzählen! Sie sollten mit sich selbst ins Gericht gehen, das wäre viel besser!)