Protocol of the Session on June 29, 2006

bereits mehr als fünf Jahre im Strafvollzug befindet, durch die Anstalt aus nichtnachvollziehbaren Gründen nicht realisiert.“

Das sagt nicht irgendjemand, kein Sachverständiger, schon gar nicht ein Abgeordneter der CDU-Fraktion. Das sagt das Landgericht Rostock. Ich zitiere weiter: „Aufgrund der fehlenden Straftataufarbeitung, die der Verurteile im Übrigen einräumt, kann im Hinblick auf das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit eine vorzeitige Entlassung nicht befürwortet werden. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die fehlende Straftataufarbeitung dem Umstand geschuldet ist, dass seitens der Anstalt keine geeigneten Maßnahmen mit dem Verurteilten durchgeführt worden sind.“

Meine Damen und Herren, wenn wir da sagen, es ist alles ordnungsgemäß gelaufen, wir müssen keine Konsequenzen ziehen, dann können wir unsere Arbeit einstellen und nur sagen, wir haben nichts getan, um zu verhindern, dass sich ein zweiter Fall Carolin wiederholt. Nein, hier ist einer der zentralen Punkte, wo wir ansetzen müssen. Im Ergebnis wurden also bis zu diesem Zeitpunkt der Feststellung des Landgerichts Rostock bei Maik. S. keinerlei sozialtherapeutische Maßnahmen durchgeführt. Erst am 1. April 2004 hat Maik S. an einer Gruppentherapie in der Justizvollzugsanstalt Bützow teilgenommen. Diese Gruppentherapie genügte allerdings – das sage ich auch ganz deutlich – nicht den Vorgaben an die Anforderungen an sozialtherapeutischen Hilfen, wie sie das Landgericht Stralsund für notwendig sah, oder gar im Sinne der Paragrafen 9 und 123 Strafvollzugsgesetz.

Maik S. wurde überhaupt erst am 4. Januar 2005, die Verurteilung war 1998, in die am 1. Januar 2005 eingerichtete sozialtherapeutische Abteilung der Justizvollzugsanstalt Waldeck verlegt. Eine solche Einrichtung, die wie gesagt am 1. Januar 2005 eröffnet wurde, hätte das Land Mecklenburg-Vorpommern – und das will ich auch noch einmal deutlich unterstreichen – seit 1. Januar 2003 nach Maßgabe des Justizvollzugsgesetzes vorhalten müssen. Die Möglichkeit, Verurteilte in eine sozialtherapeutische Behandlung in Anstalten anderer Länder zu überführen, hatte Mecklenburg-Vorpommern nicht geschaffen. Ein entsprechender Staatsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Und wenn jetzt gesagt wird, es hat doch einen Fall gegeben, wo wir einmal jemanden nach Lübeck geschickt haben, meine Damen und Herren, dann muss ich ernsthaft die Frage stellen, wie man eigentlich erklären will – wie Minister Sellering es vor dem Untersuchungsausschuss erläutert hat –, dass es im Jahre 2003 nicht einen einzigen Häftling gegeben haben soll, bei dem Sozialtherapie angezeigt war, sich jetzt aber im Jahre 2006, und das ist bereits seit Inbetriebnahme der Sozialtherapie in Waldeck ab 2005 so, zwischen 40 und 80 Strafgefangene in der Sozialtherapie befinden, obwohl sich Zahl und Deliktspezifik der Häftlinge seit 2003 so gut wie nicht verändert haben. Nein, meine Damen und Herren, Mecklenburg-Vorpommern ist schlicht dem seit dem 1. Januar 2003 bestehenden Gesetzesauftrag, eine sozialtherapeutische Anstalt vorzuhalten, nicht gefolgt.

Kommen wir zurück zu Maik S. Dieser ist tatsächlich formal ab dem 4. Januar 2005 in den Genuss einer so genannten Sozialtherapie gekommen, übrigens zu einem Zeitpunkt, das räume ich ein, wo es mehr als wahrscheinlich war, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht therapiefähig war, und ich sage, nicht mehr therapiefähig, was nicht verwunderlich ist, wenn man sich vorstellt, dass da auch

schon fast sieben Jahre seit dem Urteil vergangen waren. Schließlich haben wir es mal mit einem noch fast jugendlichen, mit einem 21-jährigen Straftäter zu tun gehabt, auf den man, das haben uns die Sachverständigen auch gesagt, noch einwirken kann. Aber gerade bei einem Menschen mit dieser Vorgeschichte und mit diesem Alter ist es eben erforderlich, gleich anzufangen.

(Rainer Prachtl, CDU: Das ist richtig.)

Wenn er sieben Jahre älter ist, dann sind leider alle Bemühungen vergebens und zu spät.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Aber dennoch will ich sagen, dass auch die ab 2005 bei Maik S. durchgeführte Sozialtherapie in Wirklichkeit diesen Namen nicht verdient. Ich sage das deshalb, weil es immer wieder darum geht, Konsequenzen zu ziehen aus dem, was der Untersuchungsausschuss zu Tage gefördert hat. Insbesondere die Zeugen Freise, der damals zuständige Vollzugsabteilungsleiter bis März 2003, sowie die von diesem Beauftragte Frau Döring haben in aller Deutlichkeit dargelegt, dass die für die Durchführung sozialtherapeutischer Maßnahmen erforderlichen Fachkräfte in der so genannten sozialtherapeutischen Anstalt, der Justizvollzugsanstalt Waldeck, nicht zur Verfügung standen.

Die damalige Personalausstattung, das gilt sowohl in qualitativer wie in quantitativer Hinsicht, gab in keiner Weise die Möglichkeit der Durchführung sozialtherapeutischer Maßnahmen, die dem notwendigen hohen Standard hier entsprochen hätten, her. Und der Minister hat deutlich gemacht, dass er sich im Hinblick auf den Gesetzesauftrag des Strafvollzugsgesetzes hundertprozentig auf seinen Fachmann Freise verlassen hat. Dessen Kompetenz ist unstreitig. Hieraus kann man dem Minister auch keinen Vorwurf machen. Der Abteilungsleiter Freise hat bereits beginnend im Jahr 1998 an der Erarbeitung eines Konzeptes für die Errichtung einer sozialtherapeutischen Anstalt in Mecklenburg-Vorpommern gearbeitet und die von ihm als hoch qualifiziert eingeschätzte Frau Döring in die Durchführung des Projektes verantwortlich einbezogen. Herr Freise hat unmissverständlich erklärt, dass in Mecklenburg-Vorpommern keine Fachkräfte verfügbar waren, die die Durchführung der Arbeit einer sozialtherapeutischen Anstalt gewährleisten konnten, weder die vorhandenen Therapeuten noch andere ist es zu diesem Zeitpunkt gelungen zu gewinnen. Das hängt auch damit zusammen, dass zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Ausschreibungen erfolgt sind. Frau Döring, die dann als Leiterin dieser Abteilung vom Minister eingesetzt worden ist, hat diesen Mangel bestätigt und eingeräumt, dass sich diese Situation auch bei Eröffnung der sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Waldeck im Januar 2005 nicht wesentlich geändert hatte.

Kommen wir zurück auf die Durchführung sozialtherapeutischer Maßnahmen bei Maik S. Sie sind, das habe ich erläutert, allenfalls formal aber nicht tatsächlich im inhaltlichen Sinne durchgeführt worden. Und die so bezeichneten Sozialtherapiemaßnahmen bei Maik S. waren keine, die dem Gesetz Genüge tun. Festzuhalten ist, dass eine Straftataufarbeitung bei Maik S. im Wege sozialtherapeutischer Maßnahmen nicht stattgefunden hat. Ich verweise insoweit noch einmal auf das Urteil des Landgerichts Rostock. Es wird immer wieder behauptet – wir haben das vorhin vernehmen können bei der Darstellung des Mehrheitsvotums und ich bin auch schon kurz darauf einge

gangen –, das Ganze sei deshalb nicht so schlimm, weil Maik S. in Wahrheit von Anfang an nicht therapiefähig gewesen wäre. Dies wäre eine fatale Schlussfolgerung.

Fest steht, dass Maik S. bei Beginn seines Strafvollzugs 1998 noch nicht als therapieunwillig und unfähig angesehen wurde. Das habe ich erläutert, das machen das Urteil und vor allen Dingen das Ihnen zugrunde liegende OrlobGutachten hinreichend deutlich. Es haben sich im Verlauf des Strafvollzugs bei Maik S. Umstände gezeigt, die eine Arbeits- und Therapieunwilligkeit nach heutigem Kenntnisstand zunehmend belegen. Gleichwohl sind Mitarbeiter, insbesondere Psychologen, die sich konkret mit dem Strafvollzug bei Maik S. befasst haben, wie mehrere Stellungnahmen ergeben haben, der Auffassung gewesen, dass Maik S. bezüglich einer möglichen Sozialtherapie hoch motiviert war und damit therapiebereit gewesen sei. Dies war noch die Einschätzung der Justizvollzugsanstalt Waldeck zum Zeitpunkt der Haftentlassung des Maik S.

Erst später, zu spät hat sich ergeben, dass diese Einschätzungen fehl gingen. Diejenigen, die Maik S. noch zu einem späteren Zeitpunkt als therapiefähig eingeschätzt haben, sind offenkundig zumindest von diesem Zeitpunkt an von Maik S. getäuscht worden. Allerdings hat er auch nicht alle getäuscht. Entsprechend der Einschätzung eines leitenden Mitarbeiters der Justizvollzugsanstalt Bützow vom 27. Oktober 2003 stellt der Unterzeichner fest, ich zitiere: „Der Gefangene S. lügt sehr oft und gern.“ Dieser Mitarbeiter führt anlässlich einer Verlegung des Gefangenen Maik S. auch aus, Zitat: „In der VZAG trat er nicht immer entsprechend den Verhaltensregeln auf und musste daher auch disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden. Ernsthafte Schlussfolgerungen aus seinem Fehlverhalten scheint er noch nicht gezogen zu haben.“ So weit das Zitat. Es findet sich allerdings von diesem Verfasser auch die Bemerkung, Zitat: „Als Hilfs- und Behandlungsmaßnahme ist die Durchführung einer psychotherapeutischen Handlung beantragt, dazu ist er motiviert.“ Weiter führt der Verfasser aus: „Zum Arbeitseinsatz war der Gefangene Maik S. nie bereit, weil er dazu zu faul ist. Weitestgehend war er bestrebt, Belastungen zu meiden.“

Zur Begründung dieser Arbeitseinstellung ließ er sich verschiedenste Varianten einfallen. Seitens des Vollzugs wurde aufgrund seiner ständigen Arbeitsverweigerung reagiert, das heißt, Hausgeld wurde entzogen oder eingeschränkt. Um seine Bedürfnisse wie Kaffee oder Zigaretten zu befriedigen, entstanden Schulden. Seine Situation in der VZA hatte sich dermaßen zugespitzt, dass allein eine Rückverlegung in die VZAG – VZA heißt jeweils Vollzugsanstalt und das sind dann die entsprechenden Abteilungen – eine Gefahr bedeuten würde und somit die Ordnung und Sicherheit gestört werden würden. Daher bittet der Unterzeichner um Unterbringung des oben genannten Gefangenen in die VZAG. Am 27. Oktober 2003 wurde im Beisein des Kollegen T. ein Gespräch mit dem Gefangenen geführt. Hier behauptete er, dass er aufgrund seines Deliktes erhebliche Schwierigkeiten in der VZA habe und keinesfalls einer Rückverlegung zustimme. Diese Äußerungen werden vom Unterzeichner als Schutzbehauptung beziehungsweise als Lüge gewertet und wie bereits angeführt endet der Unterzeichner mit dem Satz „Der Gefangene S. lügt sehr oft und gern.“

Dieser Auszug soll belegen, wie widersprüchlich sich der Strafvollzug bei Maik S. gestaltete. Offensichtlich ist es bei den späteren Bewertungen und Einschätzungen von Maik S. versäumt worden, solche von Erfahrung und

Sachkenntnis geprägten Einschätzungen mit in die Beurteilung einzubeziehen. Also selbst innerhalb der JVA hat die nötige Kommunikation nicht stattgefunden. Lassen Sie mich festhalten, es gab keine hinreichenden Anzeichen dafür, dass die deliktspezifische Aufarbeitung der Straftaten Probleme bereiten wird und nicht klar abzusehen war, ob der Versuch der deliktspezifischen Aufbereitung dieser Straftaten erfolgreich verlaufen kann. Gleichwohl hat man bei Maik S. mit der deliktspezifischen Aufarbeitung seiner Taten, insbesondere den im Urteil von 1998 angesprochenen sozialtherapeutischen Hilfen, viel zu spät begonnen.

Es waren mehr als fünf Jahre vergangen, als man 2005 noch in der Justizvollzugsanstalt Bützow mit einer Gruppentherapie begann. Dies war aber eben noch keine sozialtherapeutische Behandlung. Es gab in der Justizvollzugsanstalt Bützow kein entsprechendes Fachpersonal, das Sozialtherapie hätte durchführen können. Das haben absolut überzeugend die Aussage des früheren Abteilungsleiters für Vollzug im Justizministerium, Herrn Freise, sowie die Aussage der späteren Leiterin der Sozialtherapie, Frau Döring, die kurzfristig vor etwa einem Monat abgelöst wurde, durch ihre Zeugenaussagen belegt.

Erst im Januar 2005 ist Maik S. in die Justizvollzugsanstalt Waldeck verlegt worden. Aber auch hier, das habe ich gesagt, entsprach die personelle Ausgestaltung nicht den Erfordernissen der Sozialtherapie. Die Fachkräfte, insbesondere Psychotherapeuten, die über langjährige Erfahrungen in der strafvollzuglichen Sozialtherapie verfügen, standen in Mecklenburg-Vorpommern auch im Januar 2005 nicht zur Verfügung. Die eingesetzten Personen verfügten zwar über eine psychotherapeutische Ausbildung, aber nicht über die erforderliche Erfahrung. Insbesondere Frau Döring hat in ihrer Zeugenaussage eingeräumt, dass man bei Maik S. auch aufgrund mangelnder Erfahrungen davon ausgegangen sei, dass man die sozialtherapeutischen Hilfen, die das Landgericht Stralsund in seinem Urteil von 1998 angesprochen hatte, innerhalb von ein bis zwei Jahren umsetzen könne.

Nach ihren Ausführungen ist man davon ausgegangen, dass diese sozialtherapeutischen Maßnahmen bei Maik S. vor Ende seiner Haftzeit, also vor Haftentlassung, umgesetzt werden könnten. Sie räumte selbst ein, dass man aufgrund dieser mangelnden Erfahrung es viel zu spät mit Maik S. versucht hat. Und die Zeugin Döring hat auch dargelegt – das wurde im Ansatz von Herrn Freise bestätigt –, dass die zur Verfügung stehenden Fachpersonen nicht früh genug, nicht in ausreichender Anzahl und auch nicht mit der erforderlichen Erfahrung in dieser sozialtherapeutischen Einrichtung eingesetzt waren. Offensichtlich mangels der erforderlichen finanziellen Ausstattung ist es unterblieben, eine wirklich funktionsfähige sozialtherapeutische Anstalt ab dem gesetzlich dafür vorgesehenen Zeitpunkt 1. Januar 2003 vorzuhalten.

Nicht einmal die unabdingbaren Ausschreibungen erfolgten rechtzeitig. Und übrigens der Minister selbst hat in einer Landtagsdrucksache dem Hohen Hause sehr eingehend dargelegt – Herr Freise hat uns gesagt, dass er diese Vorlage erarbeitet hat –, welche hohen Anforderungen an eine sozialtherapeutische Einrichtung gestellt werden müssen, die dem Gesetz genügen. Davon kann bis zu dem Zeitpunkt, den es zu untersuchen gab, zumindest nicht die Rede sein. Nicht einmal die unabdingbaren Ausschreibungen erfolgten rechtzeitig, sodass das dringend

benötigte speziell ausgebildete Personal wenigstens mit Aufnahme des Betriebs der sozialtherapeutischen Anstalt Waldeck zu Beginn des Jahres 2005 zur Verfügung gestanden hätte. Ich sage an dieser Stelle deutlich und versuche uns immer wieder bewusst zu machen, es geht um Konsequenzen, und deshalb müssen wir solche Tatbestände so deutlich ansprechen. Zwar verfügt Mecklenburg-Vorpommern seit Januar 2005 über ein geeignetes Gebäude, in dem Sozialtherapie im Sinne der zwingenden Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes durchgeführt werden kann, aber keineswegs über die notwendigen, unabdingbaren personellen Voraussetzungen.

Nun endlich, und ich begrüße das ausdrücklich, ein dreiviertel Jahr nach dem tragischen Tod der 16-jährigen Carolin und wenige Wochen nach Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses hat Minister Sellering zwischenzeitlich wohl selbst erkannt, dass das, was ich hier geschildert habe, so zutrifft, und er hat dramatische personelle Veränderungen durchgeführt, um dieser Tatsache Rechnung zu tragen. Er hat einen erfahrenen Justizvollzugsleiter einer sozialtherapeutischen Einrichtung nach Mecklenburg-Vorpommern geholt, damit dieser ein erforderliches Konzept für eine effektive Sozialtherapie im Sinne des Gesetzes in der Justizvollzugsanstalt Waldeck erstellen und umsetzen kann. Bereits wenige Wochen nach Aufnahme von dessen Tätigkeit wurde die bisherige Leiterin abgelöst. Und nun endlich wird die erforderliche Zahl von Fachleuten eingestellt, wie der Minister ausführlich in der 83. Sitzung des Rechts- und Europaausschusses am 11. Mai 2006 angekündigt hat, oder soll versucht werden einzustellen, denn wie das Ganze haushalts- und personaltechnisch funktionieren soll, weiß – und insofern muss man die Ehrlichkeit ausdrücklich hier loben – nicht einmal der Minister. Immerhin hofft er auf einen neuen Koalitionsvertrag, so hat er uns das erläutert. Irgendjemand muss die Stellen erst einmal bereitstellen. Wenn ich drei hoch qualifizierte Psychologen einstellen will – und im Haushalt ist das nicht vorgesehen –, dann muss man die Voraussetzungen dafür schaffen. Ich kann das nur so wiedergeben.

Dass nun endlich Konzept und Personalausstattung der Sozialtherapie unseres Landes gründlich auf den Prüfstand gestellt und ein wirklicher, zudem externer Fachmann mit dieser Aufgabe betraut wurde, ist ein erstes sichtbares Ergebnis – ich denke, das kann man ohne Weiteres so feststellen – der wirkungsvollen Arbeit des Untersuchungsausschusses, auch wenn das, aus welchen Gründen auch immer, der eine oder andere bestreiten sollte.

An dieser wie an zahlreichen anderen Stellen, wo es durchaus möglich wäre, werde ich Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie dem Untersuchungsausschuss zunächst seine Berechtigung abgesprochen, ihn gar als billiges Wahlkampfinstrument abgestempelt haben. Nein, Sie haben durch die Arbeit des Ausschusses sehr eindrucksvoll seine Sinnhaftigkeit unterstrichen. Insofern halte ich Ihnen frühere entgegengesetzte Verlautbarungen heute nicht mehr vor.

Der Minister selbst muss sich aber auch an seinen Äußerungen messen lassen, die er vor Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses und auch während der Arbeit des Untersuchungsausschusses getätigt hat. Am 24. Mai 2006 räumte Minister Sellering insbesondere Lücken im Instrumentarium ein, und zwar hier vor dem Untersuchungsausschuss. Auch müssten

Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Vollzug verbessert werden, aber gleichzeitig bekräftigte er einmal mehr, dass es aus seiner Sicht keine Justizfehler in diesem Fall gegeben habe. Er räumte gleichwohl ein, dass das nicht heiße, dass Staat und Gesellschaft keine Verantwortung trügen. Insbesondere müssten die Definitionen von „gesund“ und „krank“ überdacht werden. Mindestens ist es problematisch, wenn das dazu führt, dass ansonsten notwendige Konsequenzen nicht gezogen werden.

Im Hinblick auf Maik S. stelle ich zunächst fest: Was mit Maik S. im Übrigen in jeder Hinsicht viel zu spät versucht wurde – man stelle sich einmal vor, ein in Wirklichkeit völlig untherapierter, äußerst gefährlicher Gewaltverbrecher wurde freigelassen und man glaubte tatsächlich, er sei sehr therapiewillig und werde sich freiwillig nach Haftentlassung regelmäßig zur ambulanten „Fortsetzung“ seiner Therapie in der Strafvollzugsanstalt einfinden –, war in Wahrheit keine wirksame, auf diesen Täter abgestimmte Sozialtherapie, sondern der hilflose Versuch, irgendetwas zu machen.

Lassen Sie mich zu einem weiteren Schwerpunkt der Arbeit des Untersuchungsausschusses kommen. Bekanntlich hat der Justizminister mit Erlass vom 25.08.2004 und korrigiert mit Erlass vom 20.12.2004 Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten über die Vorschriften zur nachträglichen Sicherungsverwahrung und deren Handhabung informiert. Was hat es mit dem Erlass auf sich, wie ist er umgesetzt worden?

Um es vorwegzunehmen, Sie können das hier relativ kurz machen. Sie können das in unserem Sondervotum im Detail auf den Seiten 4 und 5 im Einzelnen nachlesen. Die Umsetzung dieses ohnehin schon problematischen Erlasses ist nicht zuletzt aufgrund des nachhaltigen Leitungsversagens des Generalstaatsanwaltes nur als ein einziges chaotisches Trauerspiel zu bezeichnen, und, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich verstehe es nicht, dass wir – im Jahre 2005 hatte der Generalstaatsanwalt bestätigt, dass wir bereits 1990 elektronische Datenverarbeitung eingeführt haben, er hat gesagt, wir waren damals Spitze von allen Bundesländern – bis heute nicht in der Lage sind, schlichthin mit einem Filter zu ermitteln, wer wegen welcher Delikte wie lange einsitzt und wann welche Fristen ablaufen.

Jeder, der einmal mit einem Computer gearbeitet hat, weiß, wie leicht es ist, das zu tun. Und da die Staatsanwaltschaft jährlich umfangreiche Statistiken erstellen muss, ist es noch viel weniger nachvollziehbar, dass das alles von Hand gemacht werden muss. Wieso war es nicht möglich, dass der Generalstaatsanwalt gesagt hat, nachdem der Erlass des Ministers draußen war, ich bitte jetzt mit Hilfe der Datenverarbeitung zu ermitteln, wer unter diesen rein formellen Katalog fällt, den reinen formellen Katalog, den der Minister in seinem Erlass vorgegeben hatte? Aber es gibt noch mehr Fragen in diesem Zusammenhang. Wie kann es sein, dass ein Nichtjurist, ein Diplompsychologe der Justizvollzugsanstalt Waldeck, auf Anordnung des zuständigen Vorgesetzten eine juristische Checkliste bearbeitet. Die Bearbeitung einer solchen Liste muss den Juristen vorbehalten bleiben. Das haben alle juristischen Sachverständigen bestätigt. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar. Der Erlass hatte allerdings auch keine klare Aussage dazu getroffen, wer eigentlich die Checkliste bearbeiten soll. Für die Leiter der Justizvollzugsanstalten beziehungsweise deren Abteilungsleiter

war lediglich ersichtlich, dass es bei der Bearbeitung der Checkliste um die Bearbeitung juristischer Fragen geht. Ihnen war aber dabei nicht klar – so muss man wohl unterstellen nach alledem, was wir im Zuge der Beweisaufnahme gehört haben –, dass diese Checkliste nur in enger Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft geprüft und ausgefüllt werden soll.

So kamen dann im vorliegenden Fall der verantwortliche Leiter der Anstalt sowie die zuständige Abteilungsleiterin zu der Auffassung, dass ein Diplompsychologe, wie er selbst formuliert hat, mit autodidaktisch angeeigneten juristischen Zusatzkenntnissen in der Lage sei, die mit dem Erlass des Justizministers gelieferte Checkliste zutreffend ausfüllen zu können. Und dieses Vorhaben – das wissen Sie, glaube ich, mittlerweile – schlug in fataler Weise fehl. Der bearbeitende Diplompsychologe machte zwar an der richtigen Stelle die Kreuzchen, zog aber falsche Schlüsse daraus, verbunden mit dem Ergebnis, dass die formellen Voraussetzungen für die Anordnung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung nicht vorlägen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will das an dieser Stelle abkürzen. Ich kann aber der Aussage des verehrten Ausschussvorsitzenden nicht folgen, dass es selbst bei den Juristen und bei den Sachverständigen Zweifel gegeben hätte, was formelle und materielle Voraussetzungen sind. Es hat in der Tat eine Irritation gegeben, die hängt aber schlicht damit zusammen, dass wir über die formellen und materiellen Voraussetzungen von zwei ganz verschiedenen Paragrafen gesprochen haben. Einmal geht es nämlich beim Paragrafen 66 b Strafgesetzbuch darum, wann die Voraussetzungen für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung vorliegen, und die formellen Voraussetzungen sind da sehr leicht festzustellen. Hinsichtlich der neuen erheblichen Tatsachen, da sind sich die Sachverständigen einig, handelt es sich um eine materielle Voraussetzung. Etwas anderes gilt aber im Hinblick auf das Verfahren, das dann in Gang zu setzen ist, das ist der Paragraf 275 a des Strafgesetzbuchs. Die Staatsanwaltschaft müsste einen Antrag stellen, damit überhaupt nachträgliche Sicherungsverwahrung geprüft werden muss.

Und zu den formellen Voraussetzungen des Paragrafen 275 a Strafprozessordnung gehört nicht nur, dass die Staatsanwaltschaft einen Antrag stellt, sondern dass im Übrigen nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft die gesamten Voraussetzungen des Paragrafen 66 b Strafgesetzbuch vorliegen. Insofern sind die erheblichen neuen Tatsachen im Sinne des Paragrafen 275 a StPO selbstverständlich eine formelle Tatsache. Aber was das hier für die Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung bedeutet, haben die Juristen alle deutlich gesagt: Ja, die formellen Voraussetzungen lagen unzweifelhaft vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum ist das Ganze so entscheidend? Weil das Gesetz vorsieht, dass spätestens sechs Monate vor der regulären Haftentlassung, wenn die formellen Voraussetzungen vorliegen, die Staatsanwaltschaft die Voraussetzungen und die Frage einer Antragstellung auf nachträgliche Sicherungsverwahrung prüfen muss. Das hat einen guten Grund, dass diese Sechsmonatsfrist im Gesetz eingeräumt ist, denn die Prüfung muss sorgfältig erfolgen und die Staatsanwaltschaft muss den Antrag so rechtzeitig stellen, damit das Gericht auch rechtzeitig entscheidet, bevor die Haft zu Ende ist. Davon kann im vorliegenden Fall überhaupt keine Rede sein. Der fatale Fehler des Diplompsychologen ereignete

sich nämlich im Januar 2005. Das führte dazu, dass die Sachbearbeiterin der Staatsanwältin, der ich daraus keinen Vorwurf mache, überhaupt nicht mitbekam, dass sie in die Prüfung der Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung hätte eintreten müssen. Ich mache ihr deshalb keinen Vorwurf. Ich habe vorhin gesagt, es sind Organisationsmängel, natürlich muss die Staatsanwaltschaft einen sorgfältigen Fristenkalender führen. Und wenn man die Datenverarbeitung eingesetzt hätte, dann hätte es auch nicht so sein müssen, wie der Generalstaatsanwalt uns hier wortreich vorlegen wollte, wie viel tausend Verfahren händisch geprüft werden müssten. Nein, dann hätte man im Januar der Staatsanwältin die Akten vorgelegt und die Justizvollzugsanstalt hätte ohne diesen fatalen Fehler des Diplompsychologen die Akten ordnungsgemäß an die Staatsanwaltschaft gesandt mit dem Hinweis, hier liegen die formellen Voraussetzungen vor. Sie hätte ihr natürlich auch mitgeteilt, was sich alles in der Zwischenzeit im Strafvollzug zugetragen hat. Dieses alles ist unterblieben.

Das Erstaunliche ist, dass einen Monat vor der regulären Haftentlassung des Maik S. die Staatsanwältin tatsächlich Akten vorgelegt bekommen hat, aber nicht mit dem Ziel zu prüfen, liegen die Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung vor. Nein, die Staatsanwaltschaft hatte ganz routinemäßig die Anfrage gestellt, ob im vorliegenden Fall ausnahmsweise von der Führungsaufsicht bei Maik S. abgesehen werden kann. Dazu muss man wissen, dass bei solchen Schwerkriminellen wie Maik S. nachträgliche Führungsaufsicht, also dass nach der Haftentlassung ein Bewährungshelfer dem entsprechenden Strafentlassenen zugeteilt wird, dass das Gesetz das als Regelfall vorsieht. Nur ausnahmsweise, wenn ganz besondere Umstände vorliegen, wenn klar ist, dass der Täter nicht mehr gefährlich ist, kann von der Führungsaufsicht abgesehen werden. Eine solche routinemäßige Anfrage hat die Rechtspflegerin der Staatsanwaltschaft an die JVA gerichtet. Und dann kommt die Stellungnahme: Nein, es muss bei der gesetzlichen Regel bleiben. Führungsaufsicht ist anzuordnen! In diesem Rahmen sind der Sachbearbeiterin bei der Staatsanwaltschaft die Akten am 8. Juni 2005 vorgelegt worden.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil der Justizminister von Anfang an versucht hat, die ganze Fragestellung im Zusammenhang mit Maik S. immer wieder darauf zu fokussieren, ob nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet hätte werden können, ob man vielleicht das Gesetz ändern muss, will ich die Versuchung widerlegen. Wir können gerne in der Diskussion ausführlich darauf eingehen, im Einzelnen jetzt darzulegen, dass das nicht nur möglich gewesen wäre, sondern zumindest nach meiner Überzeugung auch erforderlich gewesen wäre, diesen Antrag zu stellen, allerdings, das sage ich auch, das ist in der Presse ja sehr eigenartig berichtet worden. Ich bin neulich von einem Journalisten gefragt worden: Sind Sie denn davon überzeugt, dass das Gericht, wenn denn der Antrag gestellt worden wäre, auch die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet hätte? Dann habe ich geantwortet, wie ich es jedenfalls nur als seriös vertreten zu meinen glaube, dass ich, wenn ich als Anwalt gefragt werde, ob ich überzeugt bin, dass ein Urteil in einer bestimmten Weise ausfällt, nur sagen kann, dass ich eine bestimmte Rechtsüberzeugung habe, dass ich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Entscheidung erwarte, aber selbstverständlich nicht vorhersagen kann, wie das Gericht entscheidet. Wenn das so

ausgelegt wird, dass wir Selbstzweifel an unserer Rechtsauffassung haben, dann mag man das so auslegen. Ich halte es schlicht für seriös, so zu antworten. Ich sage nur, der Antrag hätte ein halbes Jahr vorher gestellt werden können. Und das will ich kurz begründen. Weil es noch mehr Punkte gibt, auf die einzugehen ist, mache ich das an dieser Stelle relativ kurz:

Ich habe eben gesagt, am 8. Juni 2005 bekommt die Sachbearbeiterin der Staatsanwaltschaft die Akten vorgelegt. Nun muss man wissen, um welche Akten es sich handelt. Es waren nach ihrer eigenen Aussage, die übrigens sehr, sehr mühsam erst im Untersuchungsausschuss zustande gekommen ist und auch sehr zögerlich erfolgt ist, zwei Bände Sachakten. Es sind die Akten, die dem Gericht 1998 vorlagen. Es sind zwei Bände Vollzugsakten, das sind Hefte, die die Staatsanwaltschaft während des Vollzuges führt, und es ist das so genannte Fellert-Gutachten, am 8. Juni 2005 im Rahmen der Frage vorgelegt: Kann hier ausnahmsweise von Führungsaufsicht abgesehen werden?

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, da braucht man nur die letzte Seite des Fellert-Gutachtens aufzuschlagen und sich die Stellungnahme der JVA anzusehen, dann weiß man, wie zu entscheiden ist. Das FellertGutachten enthält auf der letzten Seite einen fett gedruckten Absatz. Daraus ergibt sich, dass die Gefährlichkeit so einzuschätzen ist, dass von Führungsaufsicht nicht abgesehen werden kann. Dazu brauche ich wahrlich nicht über 130 Seiten eines Gutachtens zu lesen. Und das sage ich jetzt nicht als Vorwurf an die Staatsanwältin. Sie hatte überhaupt keine Veranlassung, in diesem Zusammenhang über etwas anderes nachzudenken. Wie gesagt, die Justizvollzugsanstalt hat ihr keine zusätzlichen Informationen gegeben. Sie hat ihr die Akten nicht rechtzeitig vorgelegt, damit sie die Frage der nachträglichen Führungsaufsicht prüft, sondern sie hatte eine routinemäßig von ihrer eigenen Rechtspflegerin gestellte Anfrage abschließend zu bewerten.

Die Antwort der Justizvollzugsanstalt war eindeutig und die letzte Seite des Fellert-Gutachtens war eindeutig. Wer einmal mit solchen Aktenbergen umgegangen ist, der weiß, wie man besonders arbeitsökonomisch vorgeht. Da kann man die Akten nicht von Anfang bis Ende lesen, sondern man muss immer auf die konkrete Fragestellung hin seine Akten bearbeiten. Und hier war völlig klar: Führungsaufsicht muss sein, es kann nicht vom Gesetz abgewichen werden.

Und nun kommt aber etwas ganz Eigenartiges: Nachdem Carolin ermordet worden ist, fordert der Generalstaatsanwalt eine Erklärung, ob denn nicht auch die Frage der nachträglichen Sicherungsverwahrung durch die Staatsanwaltschaft geprüft worden sei.

Meine Damen und Herren, man muss sich einmal vorstellen, eine Staatsanwältin, die nach eigener Aussage – übrigens im Gegensatz zu dem, was der Minister und der Generalstaatsanwalt uns ursprünglich gesagt haben, es handele sich um erfahrene Staatsanwälte – noch nie mit nachträglicher Führungsaufsicht weder theoretisch durch irgendwelche Schulungen noch in der Praxis zu tun hatte, die bekommt – sie ist halbtags beschäftigt – einen Stapel von Akten vorgelegt, das normale Tagespensum. Darunter befinden sich auch die fünf Bände, wie ich sie eben beschrieben habe, und sie soll entscheiden: Führungsaufsicht, ja oder nein? Und sie entscheidet sehr zutreffend kurz und bündig: Führungsaufsicht ist zu beantragen, so, wie es das Gesetz vorsieht. Und nun fragt der General

staatsanwalt: Haben Sie denn nicht das Problem der nachträglichen Sicherungsverwahrung gesehen?

Also, wer die Staatsanwältin hier erlebt hat, der kann sich vorstellen, dass das schon eine ziemliche Zumutung war, was da innerhalb der Staatsanwaltschaft ablief, nämlich nach dem Motto: Wir müssen das alles jetzt aktenmäßig absichern. Da kommt am 22. Juli, das muss man sich einmal vorstellen, 14 Tage nach der Haftentlassung, sechs Wochen nach der Entscheidung, ein handschriftlicher Vermerk. Sie können ihn im Sondervotum selbst nachlesen. Wer diesen Vermerk liest, der weiß, mit welcher Sorgfalt diese Prüfung erfolgt sein kann, die angeblich stattgefunden hat. Da steht nichts anderes drin als: Nachträgliche Sicherungsverwahrung wurde nicht beantragt, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.

Und jetzt gibt es noch eine Steigerung. Im November gibt es einen handschriftlichen Vermerk eines Staatsanwalts, den wir leider hier als Zeugen nicht hören konnten, weil er krank war, der sagte: Ich habe erfahren, dass hier der Vorwurf erhoben wird, die Staatsanwaltschaft, vor allen Dingen die zuständige Kollegin, hätte möglicherweise die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht geprüft. Ich erinnere mich an den Vorgang und kann bestätigen, dass ich mit der Kollegin darüber gesprochen habe. Ich habe sie darauf hingewiesen, sagte er, dass zusätzlich zu den formellen Voraussetzungen – und jetzt kommt das Entscheidende –, die meines Erachtens nicht vorlagen, auch neue Tatsachen vorliegen müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das eine Prüfung gewesen sein soll, dass die formellen Tatsachen vorlagen, deshalb habe ich das vorhin ausgeführt. Das war so glasklar, dass sogar die Vorgesetzten dieses Staatsanwalts uns gesagt haben: Ja, darüber kann man nicht diskutieren, die lagen vor. Der hat aber in seinem Vermerk geschrieben: Die formellen Voraussetzungen lagen meines Erachtens nicht vor.

Ich sage hier noch einmal, ich mache der betreffenden Staatsanwältin nicht den Vorwurf, dass sie an diesem Tag die Prüfung nicht so durchgeführt hat, wie man es hätte tun müssen, um überhaupt zum Inhalt der Frage zu kommen: Lagen die Voraussetzungen der nachträglichen Sicherungsverwahrung vor? Ich sage jetzt aber auch, weshalb es so entscheidend ist, denn wenn es keine Anhaltspunkte für neue Tatsachen gegeben hätte, dann könnte man sagen: Na gut, eine sorgfältige Prüfung hat nicht stattgefunden, aber letztlich wäre das Ergebnis dasselbe gewesen. Dies wäre ein fataler Irrtum.