Protocol of the Session on June 29, 2006

(Egbert Liskow, CDU: Na, Rudi, jetzt stimmst du aber auch zu!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zugegebenermaßen greift der CDU-Antrag ein wichtiges Thema auf.

(Egbert Liskow, CDU: Ein sehr wichtiges.)

Zudem gibt es ganz offensichtlich erheblichen Beratungs- und Handlungsbedarf.

(Egbert Liskow, CDU: Ach, nun fang doch nicht schon wieder so an! Zwei Jahre ist der alt.)

Die CDU, und darum geht es, möchte, dass der Abstand bei der Ausbringung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln von bisher 7 auf 3 Meter reduziert wird, das heißt, wir reden über 4 Meter. Ich dachte anfangs, das wäre vielleicht gar nicht so schwierig, aber wie die Debatten zeigten – vor allen Dingen im Umweltausschuss, ich habe die natürlich auch im Landwirtschaftsausschuss verfolgt –, sind diese 4 Meter doch von außerordentlicher Tragweite.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben im Umweltausschuss, und das ist auch klar, die Position der SPD, die ich hier vertrete, deutlich gemacht, und zwar dass wir den CDU-Antrag ablehnen aus einem entscheidenden Grund, der wurde vom Umweltminister deutlich gemacht. Ich möchte das hier noch einmal auf den Punkt bringen. Wir wollen bei diesem wichtigen und auch nicht ganz einfachen Thema ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren,

(Egbert Liskow, CDU: Sie haben zwei Jahre Zeit gehabt!)

wie Sie es selbst in Punkt 1 Ihres Antrages fordern. Dort steht nämlich: „… im Rahmen der Novellierung des Landeswassergesetzes“.

(Egbert Liskow, CDU: Einfach anfangen, Rudi! Zwei Jahre hattet ihr Zeit!)

Warum brauchen wir ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren? Warum kann man nicht einfach hingehen und sagen, wir streichen den Paragrafen 81 Abschnitt 3? Wir brauchen ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren, weil es ein nicht ganz einfaches Thema ist, wenn es darum geht, zwischen den zugegebenermaßen berechtigen wirtschaftlichen Interessen von landwirtschaftlichen Unternehmen und dem Gewässerschutz in unserem Land abzuwägen.

(Egbert Liskow, CDU: Sind wir denn anders als CDU?)

Das ist ein Prozess, der, glaube ich, abwägen muss zwischen ökonomischen und ökologischen Interessen, und das, das wissen wir, ist im Einzelfall manchmal schwierig und das trifft auch hier zu.

(Egbert Liskow, CDU: Wir gehören nicht zur EU, glaube ich.)

Zweitens müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der Paragraf 81 Abschnitt 3 im Landeswassergesetz sich nicht nur praktisch positioniert bezüglich dieser 7 Meter, sondern im Abschnitt 3 des Landeswassergesetzes steht etwas mehr. Insofern ist es völlig unsachgerecht, ganz einfach nur herzugehen und zu sagen, wir streichen mal einfach den Abschnitt 3 und das war es. Wir hatten das Problem, das haben wir eigentlich heute noch, aber das ist eigentlich kein Problem, denn es ist in gewisser Weise erfreulich, dass wir heute die letzte Landtagssitzung in dieser Legislaturperiode haben, und, egal wie man zum CDU-Antrag steht, es wird wohl jeder begreifen und

akzeptieren, dass aufgrund der Kürze der Zeit ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren nicht mehr möglich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Minister hat es gesagt und ich glaube, das ist auch eine Verabredung, die wir alle gemeinsam hier treffen können, am Beginn der neuen Legislaturperiode muss das Landeswassergesetz novelliert werden. Es muss übrigens auch noch in anderen Punkten verändert werden. Im Zuge dieser Novellierung wird man, und das ist heute verabredet worden, auch den Paragrafen 81 Abschnitt 3 überprüfen mit dem Ziel, davon gehe ich aus, hier eine differenzierte Anpassung und Veränderung vorzunehmen, die durchaus im Auge hat, die berechtigten Interessen der Landwirte zu berücksichtigen. An dieser Stelle möchte ich die Argumente noch einmal nennen, nicht dass der Eindruck entsteht, Umweltpolitiker würden nur den Gewässerschutz im Blick haben und nicht auch die Interessen der Landwirte. Ich glaube, es kommt darauf an, hier ebenfalls einen Konsens herzustellen. Wir haben an vielen anderen Punkten bewiesen, dass dies möglich ist.

Unabhängig davon, wie man Wettbewerbsnachteile bewertet, glaube ich, es ist schon notwendig, darüber zu diskutieren, für welchen Umfang, für welche Art und Weise Wettbewerbsnachteile bei diesem speziellen Thema greifen. Ich glaube, es ist ernst zu nehmen, dass natürlich auch Gewässerrandstreifen Pacht- und Pflegekosten unterliegen, die durchaus eine Belastung darstellen, die aber in keiner Weise praktisch wirtschaftlich erbracht werden können.

Zweitens – und das muss man natürlich auch zur Kenntnis nehmen und das ist erfreulich – gibt es in der Landwirtschaft inzwischen eine umweltschonende Ausbringungstechnik. Einige Landwirte haben schon kräftig investiert. Das kann man nicht ausblenden. Diese moderne Ausbringungstechnik führt allerdings dazu, dass Landwirte, die dort investiert haben und diese auch einsetzen, natürlich benachteiligt sind, weil sie die Vorteile der modernen Technik nicht zum Tragen bringen können. Sie werden praktisch nicht honoriert für diese neue moderne Technik gegenüber anderen Landwirten, die in diesen Bereich noch nicht investiert haben.

Drittens glaube ich, wir müssen zur Kenntnis nehmen, auch das ist erfreulich, dass es bei der Entwicklung von aktuellen düngemittel- und pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften und in der materiellen Zusammensetzung eine Reihe von positiven Entwicklungen gibt bei der Zulassung von neuen Produkten, die durchaus eine differenzierte Herangehensweise an Abstandsregelungen ermöglichen.

Und ein letzter Punkt: Was ich mir persönlich wünschen würde, wäre eine Harmonisierung nicht nur zwischen Landwirten und Umweltpolitikern, sondern eine Harmonisierung zwischen den Bundesländern in dieser Frage.

(Egbert Liskow, CDU: Da habt ihr ja die Chance gehabt.)

Ich glaube, es ist keinem gedient, wenn wir in der Bundesrepublik sehr, sehr unterschiedliche Abstandsregelungen haben.

Wir werden uns im Zuge der Novellierung des Landeswassergesetzes auch genau ansehen müssen, welche Regelungen es in anderen Ländern gibt und was wir davon möglicherweise auf unser Land übertragen kön

nen, aber all dieses, wie gesagt, da wiederhole ich mich gerne, im Rahmen eines ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahrens, mit Anhörungen, mit Berücksichtigung von wissenschaftlichem Sachverstand aus allen Bereichen, aus dem Bereich Landwirtschaft genauso wie aus dem Bereich Umwelt. Insofern, meine Damen und Herren, möchte ich ganz optimistisch der angesagten Novelle des Landeswassergesetzes entgegensehen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS und SPD – Egbert Liskow, CDU: Schon wieder ein Jahr vergeudet.)

Danke, Herr Borchert.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute so etwas wie eine Zweite Lesung dieses Antrages der CDU-Fraktion, der die Forderung erhebt, das Landeswassergesetz zu novellieren und die darin enthaltenen Abstandsregelungen für die Anwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu streichen.

Bei der Behandlung des Tagesordnungspunktes 17 zum Landesumweltinformationsgesetz haben wir schon eine Menge zu diesem Thema gehört, allerdings nichts Neues von der Opposition, wie auch heute nicht. Um Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, nochmals den Wind aus den Segeln zu nehmen: Die Fraktion der Linkspartei.PDS erkennt einen Regelungsbedarf an dieser Stelle. Ja, wir sehen natürlich auch, dass es unterschiedliche Abstandsregelungen in verschiedenen Bundesländern gibt,

(Egbert Liskow, CDU: Dann handelt doch!)

die, bei uns angewandt, Vor- und Nachteile für die Landwirtschaft bringen könnten. Und wir wissen auch, dass es in einigen Bundesländern zu Regelungen kommt beziehungsweise gekommen ist, die sich lediglich an den Regelungen des Pflanzenschutzgesetzes, der Pflanzenschutzverordnung und der Düngeverordnung orientieren. Das halten wir aber für ziemlich kurz gesprungen. Aus Umweltsicht könnte ich beispielsweise einfordern und dagegensetzen, dass wir uns nur an die möglicherweise strengen Forderungen der Wasserrahmenrichtlinie zu halten haben. Das halte ich aber für genauso oberflächlich, als wenn man sagt, es sollte hier landwirtschaftliches Fachrecht gelten. Ich plädiere für einen Kompromiss, der alle Seiten beachtet.

Im Landwirtschaftsausschuss und im Umweltausschuss hat es dazu erste oberflächliche Diskussionen gegeben, die sehr widersprüchliche Positionen der Beteiligten quer durch alle Fraktionen aufzeigten. Für mich ist klar, die konkrete Faktenlage ist an dieser Stelle eher dünn, unübersichtlich und widersprüchlich. Wir haben es auch heute wieder gehört. Der Umweltminister hat uns konkrete Zahlen benannt und Frau Schlupp hat gesagt, aber die Zahlen, die wir haben, sind die des Bauernverbandes. Da muss man wirklich mal gucken, woher kommen die Zahlen, wie setzen sie sich zusammen und auf welche Zahlen einigen wir uns.

(Rudolf Borchert, SPD: Sehr richtig! Sehr richtig!)

Ich denke, es gibt genug Studien, die die unterschiedlichen Positionen, nämlich entweder Verschärfung der Abstände oder Verringerung der Abstände, unterstützen. Auch darüber muss man reden.

Es gibt, meine Damen und Herren, gute Gründe anzunehmen, dass es beim heutigen Stand der Technik möglich ist, Dünge- und Pflanzenschutzmittel punktgenau einzusetzen. Das setzt die Einhaltung der Regeln der sogenannten guten fachlichen Praxis voraus und erfordert, dass landesweit mit der neuesten Technik gearbeitet wird. Gerade aber kleineren landwirtschaftlichen Betrieben und den Familienbetrieben fällt es schwer, die hohen Investitionskosten zu tätigen, um sich selbst auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Und wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass die Forderungen zum Streichen der Abstandsregelungen vor allem aus der Ecke der konventionell arbeitenden Großbetriebe kommen. Ich persönlich hätte auch gerne die Argumente der anderen Unternehmen dazu gehört und wie sie dazu stehen.

(Beifall Rudolf Borchert, SPD, und Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Schade finde ich es auch, dass in der Diskussion mit offensichtlich falschen Argumenten und Zahlen gearbeitet und damit die Behauptung begründet oder kolportiert wird, die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern verliere mit den hier gültigen Abstandsregelungen ihre Konkurrenzfähigkeit. Das ist eine absolut einseitige Betrachtungsweise,

(Egbert Liskow, CDU: Eingeschränkt! Eingeschränkt!)

die sich nur diesen einen Punkt herausgreift und die durchaus vorhandenen Vorteile wie unsere modernen Strukturen oder die durchschnittliche Größe der Betriebe absolut ignoriert.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Die Entschädigungszahlen für eventuelle Ertragsausfälle auf diesen Streifen werden auch nicht erwähnt in der Debatte. Ebenso wird behauptet, alle Landwirte arbeiten auf dem neuesten Stand der Technik und halten sich eisern an die Regeln der guten fachlichen Praxis. Das mag überwiegend durchaus der Fall sein, es gilt aber nicht für alle Betriebe und nicht für alle Landwirte. Auch das wissen wir aus der Praxis.

Gerade die gemeinsame Anhörung des Landwirtschafts- und des Umweltausschusses zum Thema „Eutrophierung der Ostsee“ hat gezeigt, dass längst noch nicht alles in Butter ist. Und, Frau Schlupp, natürlich haben Sie Recht, es ist nicht nur der Einfluss der Landwirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns, sondern auch der aller Ostseeanrainer und der Länder, die südlich von uns liegen, weil die Nährstoffe, die dort ausgebracht werden, mit den Flüssen in die Nord- und in die Ostsee zu uns hineingetragen werden. Also auch dort ist nicht alles in Butter beim Nährstoffeintrag, nur wir haben die Folgen zu tragen. Wir haben die Ostsee vor der Haustür, wir erleben die Eutrophierung und wir machen uns Gedanken darüber, was wir dieser Eutrophierung entgegensetzen können.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Auf dieser Anhörung wurde beispielsweise berichtet über die strengen Anforderungen an die dänischen Landwirte. Vielleicht muss man in diesem Zusammenhang

auch mal sagen, na dann denken wir mal über die strengen Anforderungen der dänischen Landwirte nach, oder fragen: Wie setzen wir die Erfahrungen um oder wollen wir diese Erfahrungen doch nicht hier in Mecklenburg-Vorpommern mit unserer Landwirtschaft sammeln? Das alles gilt es auszudiskutieren. Dazu habe ich noch keine feste Meinung und dazu konnte sich auch der Umweltausschuss noch keine feste Meinung bilden.

(Egbert Liskow, CDU: Sie haben zwei Jahre Zeit gehabt! Zwei Jahre hatten Sie Zeit!)

Es geht in diesem Punkt eigentlich darum, das richtige Maß für eine Deregulierung im Interesse der Landwirte zu finden. Ich könnte mir da durchaus flexible Abstandsregelungen vorstellen, die sich an den Verhältnissen vor Ort orientieren, denn zum Beispiel sind die Gewässerrandstrukturen, die Gewässertypen, die Bodenstruktur und die Ausbringungstechnik sehr unterschiedlich. Eine pauschale Streichung der Abstandsregelung im Landeswassergesetz ist aber aus meiner Sicht nicht zielführend.

Wenn ich diese Gedanken vorbringe, frage ich mich aber: Werden diese flexiblen Abstandsregelungen gewollt sein? Das erfordert natürlich Kompromissbereitschaft von allen Seiten und es bringt unter Umständen auch mehr Bürokratie mit sich.

(Rudolf Borchert, SPD: Das muss so sein.)