Protocol of the Session on June 29, 2006

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Walther von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Sprecher der quasi Nichtraucherfraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern,

(Beifall und Heiterkeit bei Minister Dr. Dr. Hans-Robert Metelmann, und Minister Erwin Sellering)

der Fraktion der Linkspartei.PDS, möchte auch ich mich zum Thema äußern.

Vorerst abschließend für diese Legislaturperiode wollen wir uns heute mit dem Antrag der CDU zu den rauchfreien Schulen in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch mit dem Landesaktionsplan „Suchtprävention in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen in MecklenburgVorpommern“, vorgelegt durch die Landesregierung, beschäftigen. Um es gleich vorwegzuschicken: Wir werden heute den CDU-Antrag ablehnen, da der vorgelegte Landesaktionsplan das Ziel der CDU mit einschließt.

Wir haben uns in den vergangenen zwei Jahren immer wieder zu diesem Thema verständigt und festgestellt, dass wir alle rauchfreie Schulen in unserem Land wollen. Die Koalitionäre gehen allerdings weiter, sie wollen nicht nur Rauchfreiheit, sondern Suchtfreiheit, und das umfassend in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen.

Im April 2005 forderte der Landtag mehrheitlich die Landesregierung auf, einen Aktionsplan in diesem Sinne vorzulegen. Dies ist nun erfolgt. Man kann sich über den Zeitpunkt streiten, aber erfolgt ist es. In der Logik der Sache begründet ist, dass wir nun diesen Plan auch umsetzen wollen, um das erklärte Ziel zu erreichen. Bestandteil des Planes ist unter anderem ein 6-Phasen-Modell „Mecklenburg-Vorpommern auf dem Weg zur rauchfreien Schule“.

Für uns als Linkspartei kann ich deutlich formulieren, dass wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt haben. Wir wollen, dass alle Schulen in unserem Land bis zum Jahr 2009 rauchfrei sind. Dies betrifft natürlich nicht nur die Jugendlichen ab 16 Jahren – andere dürfen ohnehin nicht rauchen –, nein, es betrifft alle Personen, die sich in Schulen aufhalten.

(Harry Glawe, CDU: Wo leben Sie denn, Herr Walther?!)

Und um ein Weiteres deutlich und offen zu sagen – denn, Kollege Glawe, ich lebe genauso wie Sie hier im Land Mecklenburg-Vorpommern –, wir wissen, dass oft auch Lehrerinnen und Lehrer ein ganz massives Problem in Bezug auf das Rauchen an den Schulen darstellen. Wir sind also dafür, dieses ehrgeizige Ziel mit Nachdruck zu versehen, um am Ende der Freiwilligkeitsphase – und um nichts anderes geht es ja im Aktionsplan – eine stringente Regelung stehen zu lassen. All jene, die es nicht aus eigener Kraft schaffen, bis zum Jahr 2009 das Ziel der rauchfreien Schule zu erreichen, werden per Verordnung beziehungsweise per Gesetz dazu verpflichtet. Ich glaube, diese Motivationshilfe, so kann man es nennen, wird für einen erheblichen Schub sorgen. Beginnend mit dem Schuljahr 2006/2007 soll eine neue Freiwilligkeitsphase einsetzen, die es den Schulen ermöglicht, sich selbstbestimmt und durchaus differenziert nach den jeweiligen Bedingungen vor Ort ausgerichtet auf den Weg zur rauchfreien Schule zu begeben.

Im Übrigen ist der Landesaktionsplan zur Suchtprävention ein geeignetes Mittel, um in unserem Land eine neue Qualität in Sachen Aufklärung, Motivation, Fürsorge, also wirklicher Prävention zu erzielen. Gesundheitserziehung von klein an, Bildung in der Sache, Unterstützung von Familien, über die wir in diesem Zusammenhang viel zu wenig sprechen, Unterstützung von Kitas, von Schule, von Freizeiteinrichtungen, all dies will bedacht sein. Der alleinige Fokus auf die Schulen, zumal nur auf das Rauchen, greift hier zu kurz.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Dr. Margret Seemann, SPD)

Wir wollen Angebote mit den Schülern gemeinsam entwickeln, damit sie ihre beste Wirkung entfalten können. Dazu gehören natürlich auch Angebote an Jugendliche, deren Zahl übrigens erheblicher ist, als man oft annimmt, die bereits Suchtverhalten in jungen Lebensjahren aufweisen. Wie wollen Sie aus den Reihen der CDU diejenigen Jugendlichen per Rauchverbot mit auf den Weg nehmen, die bereits abhängig sind? Ich sehe hier eher katastrophale Entwicklungsschäden in der Biografie, die bei denjenigen vorprogrammiert wären, die bereits Suchtverhalten aufzeigen. Wir setzen hingegen hier auf Angebote speziell für diese Klientel. Diese mitzunehmen ist uns ein wichtiger Anspruch.

Wir haben es heute mehrfach gesagt, wir sehen die Schule nicht losgelöst. Sie wollen eine Insellösung, eine

Insel der Glückseligkeit quasi, wir einen umfassenden suchtfreien öffentlichen Raum. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion, die ja auch in unserem Land zweifelsohne potenziert durch das Engagement der CDU geführt wird, braucht man keinen Zweifel daran zu lassen, was im öffentlichen Raum zurzeit stattfindet. Man kann durchaus noch einmal sagen, wenn es uns wirklich ernst ist, gemeinsam dieses Thema anzupacken und nach Lösungen zu suchen, dann ergreifen wir doch sofort Aktivitäten – ich habe es im Sozialausschuss gesagt, ich will es heute gern wiederholen –, Aktivitäten hin zu einem stringenten Werbeverbot für Rauchartikel. Das müsste man natürlich auf der Bundesratsebene einbringen. Aber lassen Sie uns gemeinsam zeigen, dass es uns hier ernst ist.

Und wenn wir über den öffentlichen Raum reden, umschließt das sicherlich auch alle Einrichtungen, die beispielsweise im Hotel- und Gaststättenbereich sind. Und ich wäre äußerst gespannt auf die Haltung der CDU in einer etwaigen Anhörung im Sozialausschuss, wenn wir der Lobby der DEHOGA-Vertreter gegenübersitzen, ob sie dann auch noch so konsequent sind wie heute, wenn es um ein generelles Verbot im öffentlichen Raum geht.

(Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Frau Fiedler-Wilhelm, Sie wissen doch genau wie alle anderen, die in diesem Land leben, dass die Zivilcourage bei den Erwachsenen das eigentliche Problem ist. Und Zivilcourage fängt doch damit an …

(Michael Ankermann, CDU: Sie sind das Beispiel dafür. – Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Die Zivilcourage würde sich doch darin zeigen, dass wir uns einig sind, dass alle, die durch unser Land gehen, den Mut und die Kraft haben …

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Genau, Herr Liskow, fangen wir mal gemeinsam an,

(Egbert Liskow, CDU: Dann stimmen Sie doch zu! Stimmen Sie doch zu!)

zum Beispiel die 12- und 13-jährigen Jugendlichen anzusprechen, die morgens um acht auf der Straße rauchen. Wer hat denn von uns hier die Kraft, die Jugendlichen anzusprechen? Geht hier irgendeiner als Pionier voran und sagt, ich bin’s, der hier regelmäßig die Jugendlichen anspricht? In dem Sinne glaube ich nicht, dass wir das Problem lösen können durch Verbote, auch für die Lehrer, und zu schauen, wie macht man es in den Schulen. Wir alle selbst müssen an der Stelle mal ein bisschen Arsch in der Hose haben und das gemeinsam anpacken.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Walther.

(Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS: Ich entschuldige mich für den unparlamen- tarischen Ausdruck. – Heinz Müller, SPD: Das war schon in Ordnung. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schubert von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider werden die Redebeiträge ja immer so gelegt, dass wir fast als Erste dran sind und nachher auf die Argumente der anderen Redner nicht eingehen können. Aber lassen Sie mich auf zwei, drei Argumente noch mal eingehen.

(Zuruf von Alexa Wien, Die Linkspartei.PDS)

Herr Bildungsminister, eigentlich bin ich von Ihnen enttäuscht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Gleichzeitig sind Sie Mediziner und müssten wissen – und das haben Sie auch versucht darzustellen –, welche Auswirkungen das Rauchen gerade bei jungen Menschen hat. Wir reden hier nicht über uns Parlamentarier oder über eine Gruppe von 18- bis 65-Jährigen, wir reden hier über Kinder.

(Egbert Liskow, CDU: Unsere Kinder!)

Kinder sind Schutzbefohlene und da haben wir eine Verantwortung. Das habe ich in diesem Landtag schon mal gesagt. Das ist eine ganz andere Debatte.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und, Herr Heydorn, das ist es, was mich so ein bisschen befremdet. Wenn wir rauchen – und ich habe ja auch gesagt, dass ich selbst rauche –, …

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Was, immer noch?! – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Lassen Sie mich bitte mal ausreden!

… dann ist es unsere eigene Verantwortung, wie wir damit umgehen. Aber das sind Kinder, die muss man schützen und da gibt es auch eine ganz andere Einstellung dazu.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

In dem Podiumsgespräch, Herr Dankert, wo wir diesen Wettstreit hatten um rauchfreie Schulen, stellten Sie die Frage: Warum rauchen gerade Kinder und Jugendliche? Ja, weil das ein Statussymbol ist. Damit wollen sie zeigen, wir sind erwachsen.

(Holger Friedrich, SPD: Die Vorbildwirkung durch die Erwachsenen!)

Vorbildwirkung durch die Erwachsenen. Und deswegen ein generelles Rauchverbot an Schulen.

(Zuruf von Holger Friedrich, SPD)

Zweitens möchte ich noch mal sagen, es gibt bereits jetzt Zahlen, die belegen, dass Rauchverbote, die gesetzlich geregelt worden sind, Erfolge haben. Ich habe es ja hier genannt, das beste Beispiel ist Hamburg. Hamburg kann man natürlich nicht mit Mecklenburg-Vorpommern vergleichen, weil man sich in der Stadt als unentdeckter Raucher besser verstecken kann als in einem großen Flächenland.

Herr Abgeordneter Schubert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Ritter von der Linkspartei.PDS?

Ja, bitte.

Herr Kollege Schubert, wie beurteilen Sie den Fakt, dass der Direktor des deutsch-polnischen Gymnasiums in Löcknitz an seiner Schule das Rauchverbot durchgesetzt hat ganz ohne Landtagsbeschluss?