Protocol of the Session on April 7, 2006

Und jetzt komme ich zu dem, was Sie gesagt haben. Sie haben kritisiert, dass zu wenig in Fragen Opferschutz und Zeugenschutzprogramm getan wird. Das Problem besteht meiner Meinung nach zum einen darin, dass diese Thematik viel zu wenig bekannt ist, und zum anderen, dass die Frauen selbst sich dagegen viel zu selten wehren. Sie haben Angst vor der Ausweisung, sie haben Angst, dass – wie es hier dargestellt wurde – sie den Lebensunterhalt ihrer Familien in den Heimatländern nicht weiter mitfinanzieren können. Sie haben weiterhin Angst, selbst wieder in die Länder zurückgehen zu müssen, aber vor allem mit den damit im Zusammenhang stehenden kulturellen Problemen, sie haben Angst vor der Unkenntnis über Hilfsmöglichkeiten. Genau zu dieser gesamten Problematik muss ihnen geholfen werden.

Da es sich aber, und jetzt kommt das große Problem, welches hier in der Bundesrepublik Deutschland besteht, um Ausländerinnen handelt, die auf sehr unterschiedliche Art und Weise in die Bundesrepublik gekommen sind, und es sich deshalb um eine illegale Einwanderung handelt, die als illegale Migration betrachtet wird, und das vordergründige Delikt nicht die Menschenrechtsverletzung ist, gegen die vorgegangen werden muss, sondern leider dieses Delikt als solches in den Vordergrund gestellt wird, werden sie ausgewiesen und abgeschoben, was von Seiten des Rechtsstaates vorgenommen wird. Deswegen ist für die Möglichkeit, sich mit den Menschenrechtsverletzungen auseinander zu setzen, es sehr wichtig, sie als Zeuginnen in diesen Prozessen zu hören. Dazu ist es notwendig, sie hier vor Ort zu haben, da ja sonst gar nichts passiert. Deshalb ist dieses Thema auch so schwer zu

erhellen, um die Straftäter, die mit Frauen handeln und daraus Gewinne und Nutzen ziehen, vor Gericht zu bringen. Aus diesem Grund ist es ein sehr weites Feld, mit dem man sich beschäftigen muss.

Ich denke, wir sollten auch für diese Konzeption deshalb unbedingt aufnehmen, was der unabhängige Frauenverband im vorigen Jahr schon am 15.09.2005 in einem Schreiben folgendermaßen als Aufforderung an die Politik und auch an die hier im Landtag sitzenden Fraktionen formuliert hat. Ich zitiere: „Mit Erschrecken mussten wir feststellen, dass es bisher in Mecklenburg-Vorpommern im Gegensatz zu anderen Bundesländern noch keine Beratungsstellen für die Opfer gibt, geschweige denn einen Opferfonds zur Finanzierung einer umfassenden medizinischen und psychologischen Betreuung, die über die eingeschränkten Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes hinausgehend erforderlich ist. Wir bitten Sie dringend, sich im Landtag dafür einzusetzen, dass in unserem Land eine Beratungsstelle für Opfer von Frauenhandel und Zwangsprostitution mit besonders ausgebildetem Fachpersonal eingerichtet und ausreichend finanziert wird, und zwar so, dass auch eine mobile Krisenintervention unmittelbar nach einer Razzia möglich wird, ein Opferfonds eingerichtet wird, durch den der Aufenthalt der Opfer über die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hinaus finanziert wird, insbesondere die Kosten einer umfassenden psychologischen und medizinischen Betreuung, der Aufenthaltsschutz für die Frauen, die als Zeuginnen zur Verfügung stehen, verbessert wird, damit sie bis zum rechtskräftigen Ende des Strafverfahrens und eines zivilrechtlichen Schadenersatzverfahrens eine berufliche Ausoder Weiterbildung absolvieren können, die sie dann auch nach Beendigung der Verfahren beenden dürfen sollten, den Frauen eine Arbeitserlaubnis zu Ausbildungszwecken erteilt wird, finanzielle Ausstattung für die Beschäftigungs-, Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für die betroffenen Frauen bereitgestellt werden, für Personenkreise, die beruflich mit den betroffenen Personen zu tun haben, also insbesondere Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ausländerbehörde, Sozialamt und Agentur für Arbeit, Sensibilisierungen und Schulungen stattfinden, ähnlich der im Prora-Modell-Projekt Interventionsprojekt ,Prora contra Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Mecklenburg-Vorpommern‘ durchgeführten Schulungen.“

Das sind Aufforderungen an uns. Wir werden und müssen uns diesen Aufforderungen stellen und natürlich des Weiteren und nicht heute hier abschließend dazu beitragen, dass für dieses Thema sensibilisiert wird, um auch die nachfolgenden und dargestellten Maßnahmen miteinander realisieren zu können im Interesse der Betroffenen und im Interesse der Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Schmidt.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/2218 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer

stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksac h e 4/2218 bei Zustimmung der Fraktion der CDU und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/2171 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/2171 bei Zustimmung der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD, einigen Stimmen der Fraktion der CDU, ohne Gegenstimmen und mit einigen Stimmenthaltungen aus der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Flächendeckende Einführung der „Rauchfreien Schule“ in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 4/2174.

Antrag der Fraktion der CDU: Flächendeckende Einführung der „Rauchfreien Schule“ in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/2174 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Schubert von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag ist Ihnen nicht unbekannt. Im November 2004 hat die CDU-Fraktion bereits einen Antrag „Rauchfreie Schule“ eingebracht. Leider wurde dieser Antrag aufgrund der Arroganz der Mehrheiten von SPD und Linkspartei.PDS

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

in diesem Landtag abgelehnt.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na! – Heinz Müller, SPD: Das ist ja eine richtige Einladung für uns.)

Ja, das ist leider so. Wir hätten als Gesundheitsland Nummer eins in Mecklenburg-Vorpommern, diesen Slogan haben wir ja,

(Zuruf aus dem Plenum: Am besten denen, von denen man was will, vors Schienbein treten. Das fördert die Freundschaft.)

eine Vorreiterrolle für das Verbot des Rauchens an Schulen übernehmen können.

(Heike Polzin, SPD: Wie kann man so dumm sein?!)

Diese Chance haben wir leider vergeben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

In der Zwischenzeit haben die Länder Hessen, Bayern, Berlin – Berlin, Rot-Rot regiert – sogar die Vorreiterrolle übernommen

(Heinz Müller, SPD: Herr Schubert ist ein großer Verfechter der rot-roten Koalition in Mecklenburg-Vorpommern.)

und unsere Nachbarländer Schleswig-Holstein, Brandenburg und Hamburg haben ein generelles Rauchverbot an Schulen eingeführt, Herr Müller.

(Vincent Kokert, CDU: Genau, Herr Müller.)

In der Landtagssitzung im April hat die CDU-Fraktion noch einmal den Versuch unternommen, ein generelles Rauchverbot an Schulen per Gesetz einzuführen. Ein Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/1632 fand dann letztendlich die Mehrheit. Das Ergebnis dieses Antrages war ein Landesaktionsplan zur Förderung eines suchtfreien Lebens unter Berücksichtigung eines zu erwartenden Präventionsgesetzes des Bundes. Ein suchtfreies Leben sollte durch Aufklärung erreicht werden. Kinder sind vom Kindergarten an gesundheitsbewusst zu erziehen und ihnen sind frühzeitig die Gefahren des Rauchens bewusst zu machen. Ein weiterer Punkt war die Ermutigung zu einem gemeinsamen Wirken und Handeln der Lehrkräfte und Eltern für rauchfreie Schulen und der dritte Punkt die Fürsorge für rauchende Schüler, aber auch Lehrer, soziale und medizinische Hilfe.

Das Ziel wurde mit dem Landesaktionsplan nicht erreicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

So sind gemäß einer Befragung im Oktober 2005 von 172 Regionalschulen lediglich 10 rauchfrei, von 73 Gymnasien sind es 6. Bei Sonderschulen sind von 56 lediglich 8 und bei 13 Berufsschulen sogar nur eine einzige rauchfrei. Erschreckend ist diese Tatsache, dass MecklenburgVorpommern im Vergleich zu anderen ostdeutschen Ländern deutlich über dem Durchschnitt liegt. 46,7 Prozent der Jungen und 48,4 Prozent der Mädchen im Alter von 15 bis 16 Jahren rauchen mehr als eine Zigarette pro Tag, bei 14,4 Prozent der befragten Jungen und 12,3 Prozent der befragten Mädchen sind es sogar mehr als zehn Zigaretten pro Tag.

Und, meine Damen und Herren, …

(Heike Polzin, SPD: Wie schaffen die das eigentlich am Vormittag, zehn Zigaretten?)

Das frage ich mich auch. Da müssen Sie einmal die Lehrer fragen, Frau Polzin.

(Heike Polzin, SPD: Fragen Sie mal die Eltern. Oh, oh, da fangen Sie mal mit an! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

… ein großes Problem, darauf machte Professor Haustein aufmerksam, ist beim Rauchen das verzögerte Auftreten von Gesundheitsschäden. An den meisten Organsystemen, bevorzugt an der Lunge und am Herz-Kreislauf-System, treten die Erkrankungen erst nach 10 bis 2 0 Jahren ein. Dieses Wissen und diese Überlegungen haben die jungen Menschen nicht und kennen nicht die Folgen, die nach 10 bis 20 Jahren auftreten.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Herr Schubert, hören Sie denn jetzt auf zu rauchen?)

Und ein ganz konkretes Beispiel – Frau Präsidentin, gestatten Sie mir, dass ich aus dem „Nordkurier“ zitiere –, der Sozialausschuss des Landkreises Ostvorpommern und der Hansestadt Greifswald haben einen Besuch in der Herzklinik Karlsburg durchgeführt. Ich zitiere einmal, was der Zeitungsredakteur darüber schreibt: „Bislang galt die Regel, dass drei Viertel der Herzpatienten Männer seien. In den letzten Jahren steige der Frauenanteil allerdings an. Das ist das Ergebnis veränderter Lebensgewohnheiten, als viele Frauen vor einigen Jahrzehnten begannen, den schlechten Lebensstil der Männer zu kopieren“,

(Ministerin Sigrid Keler: Ja, der Männer.)

„sagte Professor Eckel. Und nun zögen die Damen mit dem ,neuen Lebensgefühl‘ eben auch in den OP-Sälen mit den Männern gleich. Aber auch 40-jährige und jüngere Herzpatienten seien nicht mehr jene Ausnahmen, die sie noch vor Jahren waren. Hier sei mehr Aufklärung über Herzrisiken nötig, meinte ein Ausschussmitglied.“ Jetzt kommt eine kleine Anekdote dazu: „,Die Aufklärung ist da. Sie nutzt aber nichts‘, stellte Eckel resigniert fest. Und in der Tat: Gleich nach dem Besuch steckten sich einige Politiker erst einmal eine Zigarette an …“

Leider habe ich auch wieder angefangen zu rauchen, das ist natürlich kein Beispiel.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Oh, ein schlechtes Vorbild! – Rudolf Borchert, SPD: Enttäuschend. – Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Vincent Kokert, CDU)

Ich möchte mit diesem Antrag natürlich dafür werben, dass die jungen Leute gerade nicht in diese Situation kommen.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Herr Schubert, gehen Sie in sich! – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Einfach aufhören! Das ist das beste Vorbild.)

Das ist insofern überzeugend. Wenn Sie unserem Antrag heute zustimmen würden, dann würde ich natürlich meine Verpflichtung hier abgeben, dass ich wieder aufhöre zu rauchen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU – Rudolf Borchert, SPD: Gehen Sie in sich! – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Das Beste ist, Sie hören gleich wieder auf.)

Ich weiß ja nicht, vielleicht kann Sie das dazu bewegen.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Einfach aufhören!)

Angesichts dieser Zahlen bringt die CDU-Fraktion heute erneut diesen Antrag „Flächendeckende Einführung der ,Rauchfreien Schule‘ in Mecklenburg-Vorpommern“ ein.