Protocol of the Session on March 9, 2006

Ich muss Ihnen auch eines ganz klar sagen: Das, was sich der Landesvorsitzende der SPD, der ja auch Landwirtschaftsminister ist, geleistet hat, Landräten und Oberbürgermeistern zu unterstellen, sie sagten in einem Ausschuss als dort Geladene etwas anderes als das, was sie woanders sagen, das muss ich hier für alle, die wir angehört haben, zurückweisen. Das finde ich unanständig! So darf man mit Menschen, die das Vertrauen der Bevölkerung haben, nicht umgehen. Wir haben direkt gewählte Landräte und Oberbürgermeister, wir haben Stadtpräsidenten und Kreistagspräsidenten, die von der Mehrheit der gewählten Volksvertreter getragen werden.

(Zuruf von Beate Mahr, SPD)

Meine Damen und Herren, gehen Sie in sich! Lassen Sie das sein, denn das ist nicht fair!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Rudolf Borchert, SPD: Schönen Dank für die Belehrung. – Zurufe von Siegfried Friese, SPD, Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS, und Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Lieber Herr Friese, selbst diese Frage, die Sie stellen, liegt unter dem Niveau, das ich von Ihnen kenne. Wenn er Recht hat, dann soll er bitte die Namen nennen, dann gehen wir zusammen dahin und sprechen darüber. Was ich aber nicht zulasse, das sind anonyme Anschuldigungen gegenüber Leuten, vor denen ich sehr große Hochachtung habe, und zwar unabhängig von ihrem Parteibuch. Das gilt genauso – damit ich einmal jemanden nenne, der nicht in meiner Richtung organisiert ist – für die Bürgermeisterin unserer Hansestadt Wismar wie für Landräte und Oberbürgermeister aller anderen Städte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Also lassen Sie es sein! Lassen Sie es sein! Das ist unfair und unter dem Niveau dieses Hohen Hauses.

(Heike Polzin, SPD: Das können wir konstruktiv im Anschluss machen.)

Meine Damen und Herren, ich möchte aber eines sagen, weil das so querbeet geht – ich bitte um Entschuldigung, dass wir das so getan haben –, Frau Polzin hat gefragt: Nehmen Sie das gegebenenfalls zurück? Ich habe im Vorgriff zu dem, was mein Fraktionskollege, der gerade am Pult stand, hätte sagen können, gesagt: Frau Polzin, wir nehmen den Verdacht, dass Sie das nur verschieben wollen, in dem Augenblick zurück, in dem Sie uns den Nachweis bringen, dass Sie mit uns zusammen eine ordentliche Meinungsbildung in diesem Landtag, auch für den Fall, dass das Volksbegehren Erfolg hat,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

bis zu dem Zeitpunkt erarbeiten wollen.

(Heike Polzin, SPD: Ja, das werden wir konstruktiv im Ausschuss machen.)

Dann stelle ich mich hier vorne hin und sage Ihnen das ganz öffentlich. So viel Ehre und so viel Anstand haben wir, das kann ich Ihnen versprechen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Danke, Herr Dr. Jäger.

Das Wort „Arroganz“ weise ich als unparlamentarisch zurück.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das machen wir. – Zurufe von Rainer Prachtl, CDU, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Polzin von der Fraktion der SPD.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ich kann’s nicht ändern!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung, dass ich meine übrige Redezeit von 30 Minuten doch noch einmal in Anspruch nehme.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Das kann doch wohl nicht wahr sein! – Torsten Renz, CDU: Das ist Ihr Recht als frei gewählte Abgeordnete.)

Mir ist sehr daran gelegen, dass bei diesem Thema, über das ja in großen Teilen sehr sachlich debattiert wurde, das auch sehr konstruktiv angegriffen wurde, nun nicht der letzte Ton wieder mit Attacken, Unterstellungen endet, da meiner Meinung nach auch ein paar absolute Missgriffe in dieser Demokratie passiert sind. Deshalb würde ich gerne noch einmal darauf verweisen, wenn ich das richtig verstanden habe – ich bin ja neu in diesem System, erst 15 Jahre kenne ich das so ein bisschen –, dann war das nicht immer so, dass demokratische Mehrheiten sich durch Wahlen zusammenstellen und ihre Mehrheiten für Entscheidungen nutzen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Wenn das so ist, dann ist das Demokratie, wie wir sie uns alle wünschen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Torsten Renz, CDU: Die Frage ist, ob man vorher noch mit dem politischen Gegner spricht. – Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Wenn das plötzlich eine Diktatur der Mehrheiten sein soll, dann habe ich heute mehrfach einen Sprecher erlebt,

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist völlig absurd!)

der das offensichtlich nicht so verinnerlicht hat, der immer dem anderen unterstellt, bei Mehrheiten diktatorisch zu sein, aber selbst den Baum im eigenen Auge nicht zur Kenntnis nimmt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Torsten Renz, CDU: Ohne Diskussion. Ohne Diskussion.)

Wir haben – und das haben wir alle relativ frisch in Erinnerung, das haben wir miterlebt – Anfang der 90er Jahre eine Einstimmenmehrheit gehabt. Ich kann mich nicht

erinnern, dass die damalige Mehrheit großartig auf Experten,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Genauso ist es, die haben das einfach durchgezogen.)

Fachleute und Schulbetroffene gehört hat,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

um das dreigliedrige Schulsystem aus Bayern hier auf unser System zu knallen. Da gab es überhaupt keine Diskussionen, das war selbstverständlich. Wenn wir jetzt Stück für Stück unsere Überzeugungen tragen, die heißen: Ja, wir erkennen das an, was Europa und vor allem unser Vorbild Finnland uns demonstrieren, dass das gemeinsame Lernen in einer gemeinsamen Schule der richtige Weg ist und nicht das Aussortieren nach der 4. Klasse. Wir haben an diesem Thema hier jahrelang gearbeitet. Jahrelang!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Haben wir darüber gesprochen? – Torsten Renz, CDU: Haben wir darüber gesprochen? Haben wir einen Ton dazu gesagt?)

Die aktuelle Schuldiskussion hat uns im Grunde auch wieder auf dieses Thema geschoben.

(Torsten Renz, CDU: Aber, Frau Polzin, dazu habe ich doch gar nichts gesagt. Dazu habe ich doch bewusst gar nichts gesagt.)

Wir wollen nicht vergessen, wie die Schuldebatte hier ablief.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist doch gar nicht das Thema.)

Alle Punkte, die im Verfahren aufgenommen wurden, sind uns von den Anzuhörenden nahe gelegt worden. Auch das habe ich immer als sehr demokratisch empfunden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Wer war es denn, der uns aufforderte, die selbstständige Schule in das Gesetz aufzunehmen? Das waren die Wirtschaftsverbände, das war IHK, das waren die Eltern.

(Torsten Renz, CDU: Das stand schon vorher drin!)

Nein, das stand nicht vorher drin, sondern das stand in der Änderung drin.

(Torsten Renz, CDU: Ach so?! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Wer hat uns überhaupt dazu gebracht, in dieses Gesetz all die Dinge, die Qualitätsentwicklung bedeuten, jetzt schon mit aufzunehmen, und zwar genau mit der Aufforderung: Wenn Ihr schon die Strukturen ändert, dann ändert die Inhalte mit!

Und zum Zweiten, auch daran erinnere ich noch, war ursprünglich vorgesehen, dass das Gesetz im Grunde seit dem letzten Schuljahr 2005 greift. Es war die CDU – und ich räume ein, nicht ganz zu Unrecht –, die gesagt hat, in diesem kurzen Zeitraum kann es den Planungsträgern überhaupt nicht gelingen, das umzusetzen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das ist richtig.)

Das haben wir aufgenommen und es um ein Jahr mit dem Ergebnis verschoben,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das muss auch.)