Protocol of the Session on January 25, 2006

Erstens. Es ist aus unserer Sicht nicht einzusehen und kaum begründbar, warum bei der Übermittlung von Daten aus dem Melderegister gemäß Paragraf 35 nicht wie bislang eine geltende Widerspruchsregelung durch eine Einwilligungsregelung ersetzt werden sollte. Leider sind entsprechende seit Jahren von dem Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder geäußerte Bedenken nach der Umsetzbarkeit der Widerspruchsregelung und nach ihrer Fragwürdigkeit aus Sicht des Rechts auf informelle Selbstbestimmung lapidar mit der Begründung

weggewischt worden, eine Einwilligungsregelung sei zu teuer und zu aufwändig. Nur kann ich ehrlich gesagt nicht so recht erkennen, warum die Widerspruchsregelung einfacher und billiger wäre. Zu diesem Punkt sollten wir im Rahmen der weiteren Beratungen, denke ich, näheren Einfluss fordern.

Ich will nicht im Einzelnen auf die seit Jahren in diesem Zusammenhang vorgetragenen Argumente eingehen. An dieser Stelle sei aber erinnert, wir hatten es im Land, wenn bestimmte Parteien anlässlich von bevorstehenden Wahlen Meldedaten abforderten, um zuweilen auf ganz vordergründige, zudringliche und aggressive Weise Wählern zu Leibe zu rücken, dass die Meldebehörden freilich ein Ermessen zur Übermittlung haben und es diesbezüglich auch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes vom August 1998 gibt, die die Ablehnung der Meldedatenübergabe in einem konkreten Fall für rechtens erklärt hat. Das ist hinlänglich bekannt, aber leider vermag amtliches Ermessen bei Widerspruchsregelung die Betroffenen nicht vor Gebühren, vor Überraschung beispielsweise in Form dubioser Wahlwerbung oder unerwünschter und aufdringlicher kommerzieller Anmache zu schützen.

(Beifall Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS)

Alles in allem sollte darum noch einmal überlegt werden, ob nicht die Einwilligungsregelung vorzuziehen ist. Das lang geäußerte Argument, die bundesgesetzliche Regelung lasse dieses nicht zu, scheint jedenfalls recht vordergründig zu sein, zieht man nur einmal in Betracht, dass bereits seit Jahren in Nordrhein-Westfalen, Berlin, Sachsen und Hamburg eben diese Regelung besteht.

Zweitens. Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern hatten bereits mit ihrer Entschließung vom März 2001 die Abschaffung der Hotelmeldepflicht angemahnt. Dieses ist mit der Änderung des Melderechtsrahmengesetzes nicht erfolgt und auch das Landesrecht folgt dem Bund und schafft sie nicht ab.

Nun wird in der Begründung des Gesetzentwurfes lapidar gesagt, die Regelung zur Hotelmeldepflicht würde zugunsten der Gäste und der Beherbergungsbetriebe vereinfacht. Nur, meine Damen und Herren, von dieser Vereinfachung ist herzlich wenig zu spüren. Da muss man schon mit der Lupe suchen. Und was wir gefunden haben, wird Frau Wien in ihren nächsten Ausführungen dazu sagen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Frau Borchardt.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Wien. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Guten Tag, Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich bin auch sehr froh, dass dieses Gesetz im Tourismusausschuss gelandet ist, denn wir haben zwar nur zwei Paragrafen in diesem Gesetz, nämlich die Paragrafen 26 und 27, aber die haben es in sich.

Wir haben hier heute schon von der Usedom- und von der Rügencard gehört. Darauf gehen wir im Einzelnen noch einmal im Tourismusausschuss mit Sicherheit ein. Vor Ihnen steht sozusagen ein Praktiker. Ich habe 15 Jahre meines bisherigen Berufslebens im – heute sagt man das

so – Frontofficebereich zugebracht und weiß auch ein bisschen, wie es da zugeht. Wozu braucht man zum Beispiel auf einem Meldeschein einen Namen? Logisch, den braucht auch der Hotelier, er möchte schließlich seinen Gast ansprechen können. Wozu braucht er die Anschrift des Gastes verbunden mit dem Namen? Das ist auch sehr einfach zu beantworten: a) Wenn der Gast nicht bezahlt, möchte man versuchen, ihn ausfindig zu machen. b) Wenn hinterher die Bettwäsche fehlt,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Heinz Müller, SPD)

der Fön, die Stehlampe und der Bademantel, möchte man sich vielleicht noch einmal mit dem Gast in Verbindung setzen können. Das kommt nicht oft vor, aber es kommt vor.

Das Alter ist natürlich wichtig, aber nicht unbedingt das Geburtsdatum, dieses nur insofern, dass man noch jahrelang weiterhin nette Geburtstagsgrüße schreiben kann. Wer schon einmal im Hotel war und sein Geburtsdatum angegeben hat, der weiß das. Das Bundesland ist aber für Marketing genauso wichtig wie das Alter. Man weiß dann einfach zielgerichtet, wo man Marketing machen kann. Und die Kenntnis über An- und Abreisetermin, das ist natürlich klar, ist organisatorisch wichtig für das Hotel, wann ein Abreisezimmer, wann ein Bleibezimmer fertig zu machen ist. Das ist sehr leicht zu erklären. Diese Angaben braucht also bitte schön auch derjenige, der ein Hotel hat und vermietet.

98 Prozent aller Anmeldungen in Mecklenburg-Vorpommern sind vorher, nur 2 Prozent der Gäste reisen sozusagen spontan an. Das heißt in der Praxis, dass alle Daten von diesen 98 Prozent der potentiellen Gäste schon im Rechner sind. Die Rezeptionistin braucht also nur noch auf den Knopf zu drücken, könnte diesen Meldeschein, um den es hier geht, ausdrucken und der Gast braucht nur zu unterschreiben. Die Rezeptionistin nimmt das entgegen, sie weiß schon, was sie ausgedruckt hat, und braucht nur noch mit dem Ausweis zu vergleichen,

(Holger Friedrich, SPD: Das ist das Problem.)

ob das, was auf dem Meldeschein eingetragen wurde, wirklich auch in dem Ausweis steht. Habe ich aber einen handschriftlichen Meldeschein, meine Damen und Herren, was macht dann die Rezeptionistin? Sie guckt nicht mehr, was dort steht, sondern nur, dass dort etwas steht,

(Beifall Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS)

denn sie hat alle Angaben bereits im Rechner. Sie muss nicht mehr gucken, was dort steht, das kann sie auch gar nicht bei der – auf Deutsch gesagt – Klaue, die die meisten von uns haben, das ist nicht mehr zu leisten.

Wer von Ihnen Humor hat, kann vielleicht einmal Folgendes probieren: Gehen Sie, die Damen unter uns, in ein Hotel – Sie haben sich vorher angemeldet – und lassen sich diesen Meldeschein geben. Schreiben Sie beim Vornamen „Rosa“ und beim Nachnamen „Schweinchen“ hinein! 1:100 – die Rezeptionistin wird nicht einmal mit der Wimper zucken, denn sie guckt nicht hin, was dort steht. Sie sieht nur, dass dort etwas steht und Sie eine Unterschrift geleistet haben, mehr nicht.

(Heiterkeit bei Norbert Baunach, SPD)

Sie kann auch nicht überprüfen, ob der Ausweis, den Sie ihr vorlegen, wirklich richtig ist. Das kann sie gar nicht.

Wie soll sie das bitte tun? Und Sie können sie auch nicht wirklich verpflichten, das zu machen. Oder wollen wir jetzt alle Rezeptionisten in Zukunft verbeamten? Das hätte vielleicht auch etwas.

Insgesamt würde ich sagen, das müssen wir vielleicht noch einmal klären, denn wir hatten natürlich bereits im Vorfeld festgestellt, dass letztendlich bei dieser handschriftlichen Ausfüllung eines Meldescheins witzigerweise ausgenommen ist, wer in Zelten übernachtet, wer in Wohnwagen, auf Wasserfahrzeugen und in Jugendherbergen des Deutschen Jugendherbergsvereins zum Beispiel übernachtet. Diese sind von der Meldepflicht ausgenommen. Ich denke, darüber sollten wir im Tourismusausschuss wirklich noch einmal intensiv nachdenken und diskutieren, wie wir diese Kuh vom Eis kriegen können,

(Heiterkeit bei Holger Friedrich, SPD: Weiß ich.)

sodass wir zwar das Bundesgesetz noch beachten, aber diesen alten Zopf vielleicht jetzt schon abschneiden und eine vernünftige Lösung finden, damit letztendlich die Rezeptionistin nicht gezwungen ist, diese Dinge dort zu tun, die wirklich sinnlos und überholt sind, sondern dass sie sich um den Gast kümmern kann, was wieder etwas zu tun hat mit Qualität, mit Offensive im Tourismus. Damit haben wir auch wieder die Verbindung zum Tourismus. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Frau Wien.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/2046 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Rechts- und Europaausschuss, an den Finanza usschuss sowie an den Tourismusausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? –

(Gesine Skrzepski, CDU: Wir alle!)

Danke schön. Die Gegenprobe. – Frau Holznagel, war das eine Gegenstimme? –

(Renate Holznagel, CDU, und Andreas Petters, CDU: Nein!)

Nein. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall, damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Stiftungsgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/2047.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Stiftungsgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesstiftungsgesetz – StiftG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 4/2047 –

Das Wort zur Einbringung hat der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Timm. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben in einer Zeit, in der immer mehr nicht staatliche Initiativen für das Gemeinwohl in Erscheinung treten. Der Staat kann die Entwicklungen im kulturellen Bereich, in Umwelt- und Naturschutzangelegenheiten, in sozialen Bereichen und vielen weiteren gesellschaftlichen Handlungsfeldern nicht mehr allein tragen. Bürgerinitiativen werden gebraucht und – das ist die gute Nachricht – wir treffen Bürgerinnen und Bürger an, die die Ärmel aufkrempeln und auch finanziell in diesen Aufgabenfeldern mithelfen wollen. Um dieses weiter zu mobilisieren, haben wir das Stiftungsgesetz modernisiert. Der Entwurf des neuen Stiftungsgesetzes, der Ihnen vorliegt, verfolgt dabei vor allem drei Zielstellungen. Zum einen will er die bisherige Rechtslage deregulieren und geändertes Bundesrecht aufgreifen, zum anderen strebt er eine verbesserte Transparenz an und drittens soll er dazu beitragen, Stiftungen wieder zu beleben, leichter neu zu gründen und das Stiftungswesen zu stärken.

Bürgerschaftliches Engagement im Rahmen von Stiftungen ist auch immer ein signifikantes Zeichen für eine aktive Zivilgesellschaft und eine lebendige Demokratie. Die vermehrt auch in unserem Bundesland sich zeigenden Bürgerstiftungen machen uns allen in dieser Hinsicht Mut, bringen Bürger doch einen Teil ihres eigenen Vermögens zugunsten allgemeiner Interessen beziehungsweise des Allgemeinwohls ein. Um dieses zu unterstützen, meine Damen und Herren, bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen. Diese sind zwar in rechtlicher Hinsicht grundlegend durch den Bund im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, den Ländern obliegt es aber, in den jeweiligen Landesstiftungsgesetzen das Stiftungsrecht auszugestalten. Der Bund hat vor einiger Zeit das Bürgerliche Gesetzbuch modernisiert und die sich bis dahin aus den Stiftungsgesetzen der Länder ergebenden Entstehungsvoraussetzungen für Stiftungen bundesweit vereinheitlicht.

Meine Damen und Herren, im Zuge der Überlegungen zur notwendigen Anpassung an das neue Stiftungsrecht im BGB ist das geltende Landesstiftungsgesetz von 32 Paragrafen um mehr als die Hälfte reduziert worden. Damit ist das Stiftungsrecht auf das notwendige Maß zurückgeführt worden. Nach gegenwärtigem Verständnis dient das Landesstiftungsrecht im Kern dazu, über eine entsprechend ausgestaltete Rechtsaufsicht sicherzustellen, dass der Stifterwille vor allem nach seinem Tod aus den Stiftungsdokumenten einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechtes fortwährend durch die Stiftungsorgane beachtet bleibt.

Dabei sollen auch Freiräume gestattet werden, Freiräume, die den Stiftungsorganen zur eigenverantwortlichen Verwaltung der Stiftung zu belassen sind. Solche Freiräume sollen nach heutiger Betrachtung ohne zwingenden Grund nicht mehr mit staatlichen Reglementierungen ausgefüllt werden. Damit soll ein modernes und zeitgemäßes Element in unserem Lande als Stiftungsrecht verankert werden. „Dem Stifterwillen verhaftet und zugleich flexibel“ – das könnte das Motto des neuen Stiftungsgesetzes sein. Das Spektrum, das Stiftungen dabei für privates Engagement eröffnen, ist außerordentlich groß. Es reicht auch in unserem Land von verschiedenen sozialen Belangen über Bezüge zur Religion, Kultur, Bildung und Wissenschaft bis hin zum Schutz unseres Lebensraumes, der Natur und Umwelt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch die auflebende Idee der Bürgerstiftung ansprechen. In Wismar,

Schwerin, Parchim und Rostock ist sie bereits mit Leben erfüllt. Dort haben jeweils Bürger unter Beteiligung örtlicher Unternehmen in musterhafter Weise die Initiative ergriffen und ein beträchtliches Vermögen zur Errichtung von Bürgerstiftungen zusammengetragen.

Der Entwurf der Landesregierung für ein neues Stiftungsgesetz greift schließlich auch den vom Deutschen Bundestag an die Länder herangetragenen Wunsch auf, als Serviceleistung zur Information für die Öffentlichkeit ein allgemein einsehbares behördliches Stiftungsverzeichnis einzurichten. Das Verzeichnis soll einen generellen Überblick über die aktiven rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechtes mit Sitz in Mecklenburg-Vorpommern ermöglichen und dabei natürlich auch helfen, den Kontakt zu den Stiftungen zu vermitteln.

Auf der Suche nach der ältesten immer noch tätigen Stiftung würde man bei der Stiftung Hospital Sanctus Spiritus zu Demmin aus dem Jahre 1269, meine Damen und Herren, fündig werden, deren Zweck es ist, älteren und hilfsbedürftigen Bürgern in Demmin Unterstützung zu gewähren. Als bislang jüngste Stiftung wäre aus Warnemünde eine Stiftung verzeichnet, die erst mit dem 24. Dezember 2005 ihre Rechtsfähigkeit erlangt hat und der Pflege des örtlichen Brauchtums dort dient.

Meine Damen und Herren, um unser Land Mecklenburg-Vorpommern über die Landesgrenzen hinaus für das Stiftungswesen noch attraktiver werden zu lassen – und ich will nur darauf hinweisen, dass etliche profunde Stifter gerade in unserer Zeit von außerhalb des Landes zu uns gekommen sind –, bitte ich Sie, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Stiftungsrechtsreform auf Landesebene zur Beratung in den Landtagsausschüssen anzunehmen. Das neue Stiftungsgesetz wird deutliche Signale ausstrahlen, die engagierten Bürgerinnen und Bürger bei uns willkommen zu heißen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Innenminister.