Ich appelliere nachdrücklich an die Landesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass endlich dem Landtag uneingeschränkt die Informationen zur Verfügung gestellt werden, die wir benötigen,
um Schaden zu verhindern und rechtzeitig zu solchen Themen unsere Position einzubringen, die unser Land ganz existenziell betreffen! Dazu gehört zum Beispiel diese Richtlinie, die jetzt erst einmal gestoppt worden ist. Das Ganze geht aber nur, wenn wir die Informationen bekommen, die zur Verfügung stehen, die die Landesregierung theoretisch hat. Wir haben allerdings auch gehört, dass etwa drei Viertel der Vermerke – und das sind vor allem auch solche Vermerke, die nicht auf Anforderung geschrieben werden – keinerlei Reaktion durch die Landesregierung erfahren. Das ist uns bei unserem Besuch in Brüssel erklärt worden. Und das ist natürlich eine fatale Tatsache. Wenn wir schon ein Büro haben, das mit knappen Ressourcen ausgestattet ist, und die Mitarbeiter hoch motiviert und qualifiziert sind und uns darauf hinweisen, das heißt, die Landesregierung darauf hinweisen, dass bestimmte Entwicklungen sich anbahnen, müssen wir wenigstens erwarten, dass die Landesregierung aktiv diese Vermerke, die ihr zugesandt werden, auch beachtet, und, wenn sie das schon nicht selbst tun will, dann mindestens dem Landtag 1:1 zur Verfügung stellt, damit aus der Mitte der Fraktion heraus die nötigen Reaktionen erfolgen können. Insofern hat dieses Thema tatsächlich Aktualität, wenn auch die Sache selbst zum Glück erst einmal in Brüssel entschieden ist. – Danke schön.
Herr Dr. Born, Sie gestatten mir, dass ich Ihre Verwunderung darüber, dass es heute Thema der Aktuellen Stunde ist, nicht teile. Sie haben zum Ende Ihrer Ausführungen darauf hingewiesen, dass die Problematik noch nicht vom Tisch ist. Der Richtlinienentwurf in seiner Fassung von Port Package II ist abgelehnt. Sie wissen aber, dass es vom Verfahren her durchaus möglich ist, dass er wieder auf die Tagesordnung kommt in den entsprechenden Gremien. Deshalb ist das Thema so aktuell und deshalb bin ich auch nicht verwundert, dass es auf der heutigen Tagesordnung steht. Die Auswirkungen des zu erwartenden dritten Entwurfes können selbstverständlich unser Bundesland noch treffen. Ich würde den Zahlen, die bisher angeführt wurden, gerne noch hinzufügen, dass der erste Entwurf relativ knapp abgelehnt wurde. Dort war das Stimmverhältnis 229 zu 209. Aus dem Stimmverhältnis der Ablehnung von Port Package II können wir ableiten, dass die Betroffenen durchaus erkannt haben, welche Gefahren von dieser Richtlinie ausgehen können, und deshalb ist der Widerstand so stark angewachsen.
Die Situation in Mecklenburg-Vorpommern ist natürlich allen Beteiligten bekannt. Wir haben eine sich gut entwickelnde Hafenwirtschaft. Die große Gefahr, die besteht, ist, dass, wenn die Regelungen der Richtlinie so bestehen bleiben würden, wir gezwungen wären, alle Verträge innerhalb von drei Jahren auszuschreiben. Das, meine Damen und Herren, ist die Gefahr, die von diesem Richtlinienentwurf für unser Land ausgeht.
Richtig wurde gesagt, die Selbstabfertigung wird abgelehnt. Ich möchte hinzufügen, sie wird deshalb abgelehnt, weil sie existenzsichernde Arbeitsplätze gefährdet, und das ist bei einer Anzahl von circa 10.000 in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmern ein Punkt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen.
Die Wirtschaft spricht davon, dass sich Investitionshemmnisse auftun. Wir haben hier schon einen zweiten Bereich, der uns ganz deutlich vor Augen stehen muss, und zwar Investitionshemmnisse, die sich daraus begründen, dass natürlich Investoren die Langfristigkeit und die entsprechenden Bedingungen, die sie brauchen, um Investitionen durchzuführen, vorher geklärt haben wollen. Wenn Sie die Jahreszahlen angucken, die dort vorgeschrieben sind, könnte man sagen, das sind nur in geringer Weise Abstriche. Aber ich kann Ihnen sagen, es gibt bereits Rückmeldungen, dass das dazu führen könnte, dass sich mögliche Investoren dort zurückziehen.
Der erfolgreiche Widerstand sowohl gegen Port Package I als auch gegen Port Package II bedeutet aber, dass der zurzeit in Vorbereitung befindliche Entwurf Nummer III genauso intensiv beachtet und begleitet werden muss, und das in Verbindung mit der Dienstleistungsrichtlinie. Wir werden im Verlauf der Tagesordnung unserer Landtagssitzung darauf zurückkommen. Hier sind entsprechende Änderungsvorschläge notwenig bis hin zum
Widerstand über eine sehr breite Ebene – Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Gewerkschaften. Genau das hat dazu geführt, dass dieser Richtlinienentwurf in seiner zweiten Fassung abgelehnt wurde.
Darüber hinaus hat bereits der Bundesrat im Februar vergangenen Jahres darauf hingewiesen, welche Gefahren für den Wirtschaftsstandort Deutschland von diesem Richtlinienentwurf ausgehen können. Wir wollen Wettbewerb nicht um jeden Preis, denn Port Package II hätte Verdrängungswettbewerb bedeutet. Und dass Wettbewerb nicht zwangsläufig zur Kostensenkung führen muss, zeigt uns der Strommarkt. Sie wissen, dass die Strompreise in Mecklenburg-Vorpommern mit zu den höchsten in der Bundesrepublik gehören.
Kollege Petters, im Wirtschaftsausschuss wurde die Frage aufgeworfen, ob wir nicht dafür sorgen müssen, dass Monopolstellungen verhindert oder aufgebrochen werden müssen. Es gibt vier große Dienstleistungsanbieter im Hafenbereich, Firmen aus Hongkong, Singapur, Großbritannien und Dänemark, die weltweit in 37 Ländern 90 Hafenstandorte ihr Eigen nennen und dort tätig sind. Ich sehe gerade die Gefahr, dass diese Monopolstellung gefestigt werden könnte.
Welches Fazit ist also zu ziehen? Wettbewerb ja, aber sozialverträglich, soziale Angleichung nicht auf Kosten der Arbeitnehmer und kleiner sowie mittlerer Unternehmen aus unserem Land. Hier ist der Einfluss der Landesregierung und des Landtages gefragt. Der Abbau von Regeln oder Gesetzen darf nicht den Stärkeren stärken und den Schwächeren schwächen, sondern eine Aufgabe der Politik ist genau das umgekehrte Prinzip. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, nach den Debattenbeiträgen kann man feststellen, Landtag und Landesregierung sind sich einig in der Ablehnung dieser EU-Hafenrichtlinie. Die Landesregierung hat sie abgelehnt, die norddeutschen Küstenländer haben diese Richtlinie abgelehnt, die Bundesregierung hat sie abgelehnt und das Europäische Parlament hat sie auch abgelehnt. Diese breite Ablehnung sollte der Europäischen Kommission in Zukunft zu denken geben.
Hier geht es um drei Kernpunkte, die damit verbunden sind. Der erste Kernpunkt ist: Brauchen wir mehr Wettbewerb? Die Antwort ist eindeutig Nein. Es gibt Wettbewerb zwischen den Häfen, es gibt Wettbewerb in den Häfen und deshalb gibt es keinen Bedarf für eine solche Richtlinie unter Wettbewerbsgesichtspunkten.
Der zweite Punkt besteht darin, dass die Reedereien in Zukunft ihre Schiffe selbst be- und entladen dürfen sollen nach dieser Richtlinie. Das hätte Konsequenzen für die Arbeitsplätze, das hätte auch Konsequenzen für die Löhne, die in Europa gezahlt würden. Herr Abgeordneter Schulte hat bereits darauf hingewiesen, wenn die Reeder das selbst machen würden, wäre die Produktivität geringer. Wenn die Produktivität geringer ist und es sich trotz
dem noch für die Reeder lohnt, müssen die Löhne sehr viel mehr geringer sein, als sie heute sind. Das heißt, die Arbeit müsste von Arbeitnehmern vorgenommen werden, deren Arbeitsbedingungen mit europäischen und deutschen Standards nicht zu vereinbaren sind. Das würde bedeuten, deutsche Hafenarbeiter und Hafenarbeiter in Mecklenburg-Vorpommern würden ihre Arbeitsplätze verlieren. Das wollen wir nicht und wir können es uns auch nicht erlauben, dass wir hier Arbeitsplätze aufs Spiel setzen.
Der dritte Punkt ist, dass die Betreiberlizenzen künftig kürzere Laufzeiten haben sollen. Was die Kommission sich da vorstellt ist einfach weltfremd. Wer soll denn noch investieren, wenn er keine Sicherheit hat, dass er über den Investitionszeitraum hinweg diese Anlagen betreiben kann?
Das würde die Hafeninfrastruktur gefährden. Sie würde schlechter werden, als sie heute ist. Investoren würden sich kaum noch finden. Das kann einfach nicht funktionieren. Wir können uns keine schlechten Häfen leisten. Unsere Häfen in Mecklenburg-Vorpommern haben eine gute Entwicklung genommen. Das letzte Jahr war mit 35 Millionen Tonnen Umschlag das bisherige Rekordjahr. Es ging erfreulich aufwärts, es sollte so weitergehen und da können wir uns Einflüsse und Beeinträchtigungen von außen nicht erlauben.
Fazit: Die Europäische Kommission wäre gut beraten, wenn sie ihr Vorhaben aufgeben würde. Die Landesregierung wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass diese Hafenrichtlinie nicht kommt. Nach der heutigen Debatte kann ich davon ausgehen, dass die Landesregierung hier mit Unterstützung und im Sinne des Landtages handeln wird. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Dr. Born, ich hoffe und ich glaube auch, dass Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr schätze.
Ich meine das ernst. Ich bin fest davon überzeugt, dass das, was Sie hier ausgeführt haben, nicht nur Ihre persönliche Meinung ist, sondern der Mehrheit oder der Gänze der CDU-Fraktion entspricht. Da sollte es, glaube ich, zwischen unseren Fraktionen überhaupt keinen Dissens geben.
Aber auf eins möchte ich ganz deutlich hinweisen: Sie haben die Frage aufgeworfen, warum die Aktuelle Stunde heute zu diesem Thema. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich hier die „Deutsche Schiffahrts-Zeitung“ vom 19. Januar. Da heißt es: „Verkehrskommissar Jacques Barrot kündigte eine Neuauflage des Entwurfs an.“ Ich denke, wenn heute der 25. ist und das am 19. durch die Presse gegangen ist, kann eine Stunde wesentlich aktueller gar nicht sein.
Eine Anmerkung erlauben Sie mir noch, und zwar ein Zitat aus derselben Zeitschrift, dort heißt es: „Parlamentsberichterstatter Georg Jarzembowski (CDU) bedauerte, dass mit dieser Entscheidung das Hafenpaket vom Tisch sei. ,Das ist ein fatales Signal für Europa.‘ Wenn die Chancen von Marktöffnungen nicht genutzt würden, dann ,sind alle Bekenntnisse zu mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa der blanke Hohn‘. Sein Parteifreund Werner Langen (CDU) sagte mit Blick auf die Ausschreitungen vom Montag enttäuscht: ,Die Besitzstandswahrer und die Steinewerfer haben sich durchgesetzt.‘“
Herr Kollege Born, ich glaube Ihnen aufs Wort alles das, was Sie hier gesagt haben, und ich bin fest davon überzeugt, dass Ihre Fraktion genau die gleiche Position hat wie die anderen Fraktionen in diesem Landtag auch. Aber was ich von Ihnen dann genauso erwarte, wie ich das von unserer eigenen Fraktion erwarte, wie ich das von der PDS erwarte und wie ich weiß, dass es in den anderen Fraktionen auch geschieht, ist: Setzen Sie sich bitte im Europäischen Parlament bei Ihren Parlamentskollegen dafür ein, dass diese Entscheidung das nächste Mal auch mit den Stimmen der CDU dort abgelehnt wird. – Danke schön.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgesetzes, Drucksache 4/1864, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Bildungsausschusses, Drucksache 4/2070.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgesetzes (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 4/1864 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Drucksache 4/2070 –
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten sowie 5 Minuten für den fraktionslosen Abgeordneten Dr. Bartels vereinbart. Auch dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.