Protocol of the Session on January 25, 2006

ELER ausdrücklich begrüßt wird, so werden diese Mittel doch künftig sehr schwer durch das Parlament zu kontrollieren sein. Und das, denke ich, ist auch ein Problem, das wir in den Ausschüssen mit beraten sollten.

(Heiterkeit bei Ute Schildt, SPD)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, insgesamt weist diese Unterrichtung der Landesregierung insofern doch einen geringen Neuigkeitswert auf, weil eben die konkreten Grundlagen, auf die wir alle warten, noch fehlen. Dies kann meine Fraktion so zur Kenntnis nehmen und will es auch so zur Kenntnis nehmen. Wir werden sicher weiterhin darüber debattieren, wenn es konkrete Zahlen der EU gibt. Ich denke, das werden wieder spannende Diskussionen sein. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Holznagel.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Kühnel von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben die Unterrichtung der Landesregierung zu den Grundsätzen der künftigen Förderung zur Entwicklung des ländlichen Raumes aus gutem Grunde auf die Tagesordnung gesetzt. Geplant war es ja bereits vor vier Wochen und es wäre dann vielleicht noch, sage ich mal, impulsiver geworden, aber heute sind wir dran und ich möchte dazu auch einige Ausführungen aus meiner Sicht als agrarpolitische Sprecherin machen.

Im Rahmen der neuen regionalen Programme, die vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung finanziert werden, schlägt die EU-Kommission eine striktere Konzentration der Fördermittel für den ländlichen Raum in der erweiterten Union vor. Die Umsetzung der Politik für den ländlichen Raum – viele haben sicherlich schon das Schlagwort „Lissabon-Strategie“ gehört, da finden wir viele Dinge ebenfalls wieder – soll ab 2007 in einen strategischen Gesamtrahmen eingebunden werden. Dazu sind in den Ländern der Europäischen Union und deren Regionen rechtzeitige Planungen vorzunehmen. Zu den Planungen hörten wir ja schon einiges.

Nach der ersten Euphorie zum Kompromiss der europäischen Regierungschefs sind wir alle etwas verhaltener geworden, denn das endgültige Wort spricht das Parlament. Wir müssen uns aber der Tatsache stellen, dass es mit der gewollten Erweiterung der Europäischen Union weniger Geld für das einzelne Land geben wird. Welche konkreten Auswirkungen hat das für unser Bundesland? Schon in den neuen Haushaltsverhandlungen 2006/2007 gibt es einen Paradigmenwechsel in der Förderung. Es muss deutlich gesagt werden und kam eigentlich wiederholt schon zum Ausdruck, nicht jeder Förderantrag, der förderfähig ist, wird zeitnah realisiert werden können. Ab 2006 wird es nicht mehr möglich sein, Geld für Investitionen aus anderen Fördertöpfen umzufunktionieren. Mit den vorhandenen Fördermitteln ist daher zukünftig noch zielgenauer umzugehen. Es ist in Zukunft gut abzuwägen, welche Förderungen noch Sinn machen.

In der neuen Förderperiode darf es von der 1. Säule, nämlich den Direktzahlungen für die Leistungen der Landwirte, keinerlei Abstriche geben. Der neue Fonds für den

ländlichen Raum ELER, wir haben es schon gehört, sieht einen weitgehenden einheitlichen Finanzierungs- und Programmplanungsrahmen vor mit den bekannten drei Zielen. Ich will sie noch mal ganz kurz nennen:

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft

Schutz von Umwelt und Landschaft

Steigerung der Lebensqualität in ländlichen Gebieten und Förderung der wirtschaftlichen Diversifizierung

Man sollte meiner Auffassung nach die von der Kommission festgelegte Mindestsumme, die ja im Moment noch im Nebel stochert und dann den Mitgliedsländern zur Verfügung steht, als Grundlage nehmen, aber die konkreteren Festlegungen sollten jedem Mitgliedsstaat selber überlassen bleiben. Es ist eins aber heute schon festzustellen, dass die Begehrlichkeiten am ELER sehr vielfältig sind. Deswegen warne ich persönlich davor, dass man sich bei der ELER-Förderung nicht verzetteln darf.

Was Mecklenburg-Vorpommern betrifft, so bedarf es nach meiner Auffassung einer klugen Abwägung zwischen Umweltmaßnahmen und Maßnahmen für den ländlichen Raum. Überzogene Forderungen sind hier fehl am Platze, wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Unternehmen erhalten wollen. Was die Kommunen betrifft, so wollen diese den ELER für die Förderung der kleinen und mittelständischen Betriebe in ihren Regionen beanspruchen. Dieses lässt die Verordnung auch zu und es ist letztendlich im Interesse der Beschäftigung der hier lebenden Menschen. Besonders der Aspekt der Verbesserung der Lebensqualität und auch der Verbesserung der Infrastruktur im ländlichen Raum durch die Förderung von Dienstleistungseinrichtungen für die ländliche Wirtschaft und die Bevölkerung eröffnen weiterhin Möglichkeiten einer Förderung über den ELER-Fonds. Wie das im Einzelnen aussehen soll, wird die Zukunft noch ganz konkret zeigen, wenn die genaue Fondsausstattung und die Kofinanzierung bekannt sind.

Agrarpolitik ist in erster Linie Wirtschaftspolitik. Ich bin froh darüber, dass im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD dieses so festgeschrieben wurde.

Meine Damen und Herren, kein Bundesland wird so von der Arbeit der Landwirte geprägt wie unser Flächenland Mecklenburg-Vorpommern. Der Kampf um Wertschöpfung ist aktueller denn je. Man kann sagen, dass die Landwirtschaft eine erfolgreiche Bilanz aufzuweisen hat, was manche Politiker aber dazu verleitet, die Landwirtschaft in den Hintergrund zu drängen. Das ist nach meiner Meinung grundfalsch, denn, wie man so schön sagt, seine Stärken muss man weiterentwickeln.

Der erreichte Stand in unserem Land von 23.000 stabil Beschäftigten in der Landwirtschaft, eine geringe Insolvenzrate und der soziokulturelle Einfluss der landwirtschaftlichen Unternehmen in den Dörfern zeigen den besonderen Status der Agrarwirtschaft in unserem Land. In Mecklenburg-Vorpommern ist laut Landesraumentwicklungsprogramm jeder 22. oder 21. Erwerbstätige – da gibt es unterschiedliche Auffassungen – direkt in der Agrarwirtschaft beschäftigt, sogar jeder 11. in den vorund nachgelagerten Bereichen.

Die wettbewerbsorientierte Agrarwirtschaft ist ein Garant für gesunde Ernährung, gepflegte Kulturlandschaft und lebenswerte Dörfer. Das möchte ich hier noch einmal

ganz deutlich betonen. Eine gepflegte und erschlossene Kulturlandschaft ist wiederum Garant für den ländlichen Tourismus wie zum Beispiel Reiten, Wassertourismus, Radfahren oder kulturvolle Erlebnisse wie der Musiksommer in Mecklenburg-Vorpommern. Aber auch immer mehr Menschen entscheiden sich für Tierbeobachtungen, Besuchsreisen zu Schlössern und Kirchen in unserem schönen Bundesland. Auch das schafft Arbeitsplätze, wenn auch nicht genug.

In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass es im Rahmen der Haushaltsberatung des 08er Haushaltes gelungen ist, eine Grundfinanzierung für die Koordinierung des ländlichen Tourismus zu erreichen. Dafür möchte ich mich im Namen des Vereins Landurlaub Mecklenburg-Vorpommern e.V. bei allen Fraktionen des Landtages und natürlich beim Ministerium recht herzlich bedanken.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen für die Förderung der landwirtschaftlichen Unternehmen unabhängig von ihrer Betriebsgröße, ihrer Rechtsform oder ihrer Produktionsweise. Größenbezogene Kappungsgrenzen haben wir immer abgelehnt und so steht es auch jetzt im Berliner Koalitionsvertrag.

Ich setze mich ein für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen landwirtschaftlichen Unternehmen, Landwirtschafts- und Umweltbehörden bei der Erfüllung der EU-Kriterien in den Bereichen Umweltschutz, Tierschutz und Produktqualität sowie für eine 1:1-Umsetzung der EU-Richtlinien durch die Bundesrepublik Deutschland.

Ein zentrales politisches Problem für die Landwirte in unserem Bundesland besteht immer noch darin, den landwirtschaftlichen Unternehmen Sicherheit in der Flächenausstattung mit ehemaligen volkseigenen Flächen zu geben. Langfristige Verpachtung von BVVG-Flächen sollte Priorität vor Verkauf haben.

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Der Flächenerwerb von der BVVG, egal ob nach EALG oder Verkehrswert, geht, wie wir alle wissen, immer zulasten von Investitionen und mindert die Liquidität und damit die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Unternehmen, sich im ländlichen Raum zu engagieren.

Die Ernährungsbranche hat in unserem Bundesland, wir hörten es bereits, eine sehr gute Entwicklung genommen. Produkte aus Mecklenburg-Vorpommern sind wettbewerbsfähig und nehmen an Bekanntheit zu. Das ist auszubauen, um im ganzen Bundesgebiet und auch auf dem europäischen Binnenmarkt präsent zu sein. Die Tätigkeit der Marketinggesellschaft stimmt hoffnungsvoll. An Messen und Märkten darf nicht gespart werden. Die gerade zu Ende gegangene Grüne Woche mit der beeindruckenden Präsentation in der Mecklenburg-Vorpommern-Halle, auch wenn ich in diesem Jahr nach 15 Jahren das erste Mal nicht da war, wurde mir aber berichtet, ist ein Beweis für erfolgreiche Präsenz.

Ich möchte noch einige Worte verlieren zur Ausgestaltung der so genannten Cross Compliance. Der eine oder andere wird sich noch daran erinnern. Ich denke, wenn man das wiederholt, bleibt auch immer wieder etwas hän

gen. Im Wesentlichen ist diese Finanzierungsform so ausgestaltet, dass nur die Einhaltung des ohnehin bestehenden Fachrechts hinsichtlich Umweltschutz, Tierschutz, Lebensmittelsicherheit, das heißt gute fachliche Praxis als Grundlage für die volle Prämienzahlung eingefordert wird. Somit kann für jemanden, der sich nicht damit befasst, der Eindruck entstehen, dass Landwirte dafür Geld bekommen, dass sie sich lediglich an die Gesetze halten. Das könnte wiederum zu immer neuen Aufgaben für die Landwirtschaft und zur Aufblähung bürokratischer Regelungsund Kontrollmechanismen führen. Ob das einer sachgerechten Umweltpolitik dient, halte ich für zweifelhaft. Je schärfer Cross Compliance gefasst werden, desto eher wird Nichtproduktion zu einer dominanten Strategie ohne Wertschöpfung, und das kann nicht gewollt sein.

(Beifall Renate Holznagel, CDU, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Die moderne Landwirtschaft – die rote Lampe leuchtet auf – muss heute viele Möglichkeiten nutzen, um im Wettbewerb zu bestehen – deswegen möchte ich jetzt doch etwas schneller zum Schluss kommen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Linkspartei.PDS – Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Aber auch alle landwirtschaftlichen Unternehmen sind in Zukunft angehalten, andere Ressourcen zu nutzen. Ich möchte mit einem Satz enden, denn ich denke, der geht so wunderbar ins Ohr: Kern der Politik muss es sein, den Landwirten und der gesamten heimischen Agrar- und Ernährungswirtschaft Vertrauen entgegenzubringen, neuen Schwung zu verleihen sowie Hemmnisse aus der Vergangenheit zu beseitigen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kühnel.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Wien von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eingangs muss ich erst einmal sagen, ich bin ein bisschen verschnupft,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das tut uns aber Leid!)

dass ich hier von Frau Holznagel höre, dass der Minister ihr schon verraten hat, dass er mit 90 Prozent rechnet. Es wäre schön gewesen, wenn Sie das vielleicht den Koalitionären zuerst gesagt hätten und nicht der Opposition.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Aber ich habe jetzt einfach ein unheimlich erfreuliches Erlebnis, was Sie mir hier bereiten, meine Damen und Herren.

(Holger Friedrich, SPD: Die neue Offenheit.)

In allen vorhergehenden Landtagssitzungen, wenn um diese Zeit, nämlich als letzter Tagesordnungspunkt, so ein Thema aufgerufen wurde, saßen hier in der Regel Frau Holznagel, Frau Kühnel und ich zusammen mit dem Minister, gut, auch zwei, drei, weitere Abgeordnete, und haben uns unsere Reden gegenseitig vorgetragen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU, SPD und Linkspartei.PDS – Beifall Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS Heinz Müller, SPD: Was?! – Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Es ist wirklich spannend, dass Sie hier alle noch sitzen.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Meine Frage an Sie, weil Sie jetzt verstanden haben, dass ELER einfach noch andere Ressourcen betrifft als nur die Landwirtschaft: Versuchen Sie aus dem ländlichen Raum noch Geld abzuzweigen?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das geht. Da wollen jetzt alle ran. – Minister Dr. Till Backhaus: Da wollen jetzt alle ran.)

Ganz offensichtlich haben alle jetzt langsam, aber sicher verstanden, dass der ELER einfach mehr ist als nur der ländliche Wegebau, die Flurneuordnung oder ähnliche Sachen, die nur auf dem Lande zu finden sind. In den letzten Wochen und Monaten reiste ich, und sicherlich meine Kollegen auch, wie verrückt im Land umher zu allen möglichen Veranstaltungen zur, zum öffentlichen Raum, zum, zum,