Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß unserer Geschäftsordnung Paragraf 85 Absatz 1 der Fraktion der CDU zusätzliche zehn Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Minister Dr. Till Backhaus: Das hängt mit den Fragen zusammen.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema könnte auf der einen Seite aktueller nicht sein, wurde doch gerade in der letzten Woche der Kompromissvorschlag des Ministerrates hinsichtlich der künftigen Finanzierung des europäischen Haushaltes vom Europäischen Parlament abgelehnt. Zu einem Ergebnis ist man bis heute nicht gekommen. Die einen wollen ihre Nettozahlerposition reduzieren, die anderen wollen ihren Rabatt beibehalten und dann gibt es noch einige, die erst in den Genuss der Zahlungen kommen wollen. Der Minister ist auch schon darauf eingegangen. Auf der anderen Seite fehlen uns eben dadurch die eindeutigen Aussagen zur Finanzausstattung, die die ganze Unterrichtung sicherlich spannender gemacht hätten.
Meine Damen und Herren, wenn die Mitglieder in der EU mehr werden und der Kuchen gleich groß bleibt, dann gibt es weniger zu verteilen. Glücklicherweise wurde der Finanzrahmen für die marktbezogenen Ausgaben und Direktzahlungen in der Landwirtschaft bereits im Oktober 2002 bis zum Jahr 2013 festgelegt. In 2003 wurde eine grundlegende Reform der gemeinsamen Agrarpolitik beschlossen, die mit einem zweiten Paket im August des Jahres 2004 ve rvollständigt wurde. Diese Reformen sollen einen stabilen
Rahmen für den Sektor Landwirtschaft bis zum Jahr 2013 schaffen. Seitens der Bundesrepublik wurden diese Vorgaben mit dem Gesetz zur Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik bereits umgesetzt.
In der vorliegenden Unterrichtung durch die Landesregierung ist nunmehr die dritte Ebene, die regionale Ebene in der Politik für den ländlichen Raum näher dargestellt worden. Das ist sicherlich eine schwierige Aufgabe – der Minister äußerte sich auch in dieser Art und Weise –, weil eben die festen Vereinbarungen noch fehlen, auf die wir alle gewartet haben. Zwingend hierbei ist aber, dass nach guter alter kaufmännischer Regelung vorgegangen wird, die da besagt, immer die schlechtesten Annahmen voraussetzen, auch wenn man ein Optimist ist, Herr Minister. Und hier liegt der Fehler.
Während andere Länder bei der Planung ihrer Haushalte von 80 Prozent der bisherigen EU-Mittel ausgegangen sind, rechnen Sie mit 90 Prozent. Dadurch sind die Defizite schon vorprogrammiert und die Planung stellt sich in manchen Eckwerten dann selbst in Frage.
Das habe ich deutlich gemacht, aber man hätte von 80 Prozent ausgehen können. Das kreide ich ihm jetzt an.
Zum ELER-Fonds haben Sie sich ja eben, Herr Minister, deutlich geäußert und ich denke, da sind wir uns auch sehr einig. Klar ist, dass in Zukunft die Maßnahmen der so genannten zweiten Säule der Agrarpolitik nur noch aus einem europäischen Fonds finanziert werden. Nach Aussagen der Europäischen Kommission soll sich die Politik ab dem Jahr 2006 auf drei Ziele konzentrieren:
2. Schutz von Umwelt und Landwirtschaft durch Unterstützung der Landbewirtschaftung einschließlich Kofinanzierung von Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung im Zusammenhang mit Natura 2000
3. Steigerung der Lebensqualität in ländlichen Gebieten und Förderung der wirtschaftlichen Diversifizierung durch gezielte Maßnahmen im Agrarsektor und anderen Akteuren im ländlichen Raum
Diese Ziele, und das möchte ich deutlich unterstreichen, werden durch meine Fraktion ausdrücklich unterstützt und auch mitgetragen. Ich möchte hier vielleicht sogar noch die Aussage des Bundesministers Herrn Seehofer unterstreichen, der sagt: Der ländliche Raum ist mehr als Landwirtschaft, aber die Landwirtschaft ist das Rückgrat des ländlichen Raumes. Und das kann eben nur in Form dieser drei Ziele umgesetzt werden. Das gibt uns hier auch die EU-Politik vor.
Meine Damen und Herren, über die Bedeutung und Schwerkraft der Landwirtschaft als bedeutendster Wirtschaftszweig in Mecklenburg-Vorpommern sind wir uns sehr einig. Herr Minister hat es eben deutlich ausgeführt, sodass ich mir das sparen kann. Ich denke, es ist auch sehr schön gewesen auf der Grünen Woche, dass gerade hier die Bedeutung unserer Landwirtschaft als Wirtschaftszweig so dargestellt wurde durch den Minister, durch das Ministerium, die Landesregierung und auch
durch unser Parlament. Das möchte ich deutlich sagen und ich erinnere mich sehr gerne an den Abend, den wir bei der Grünen Woche hatten.
Meine Damen und Herren, im Mittelpunkt der heutigen Debatte sollte aber die strategische Ausrichtung der künftigen Förderung des ländlichen Raumes in MecklenburgVorpommern durch die Landesregierung stehen. Obwohl sich in unserem Land wettbewerbsfähige Strukturen in der landwirtschaftlichen Produktion herausgebildet haben, muss ich doch etwas Wasser in den Wein schütten. Gerade in den zurückliegenden Jahren ist es durch die Politik der Bundesregierung und dann auch der Landesregierung immer zu Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil unserer Landwirte gekommen. Ob in Bereichen des Umwelt- und Naturschutzes oder des Tierschutzes, immer wieder wurden europäische Vorgaben durch nationale A l l e ingänge beziehungsweise Alleingänge unserer Landesregierung gestoppt. Gerade die in Ihrer Unterrichtung explizit aufgeführten Förderungen von Agrarumweltprogrammen und die Zahlung von Ausgleichszulagen in benachteiligten Gebieten wurden stark reduziert oder sind mit einem solchen Antragsaufwand verbunden, dass die Landwirte Ausgleichszahlungen nicht in Anspruch nehmen können.
Die überbetonte Ausrichtung der Agrarpolitik der Landesregierung auf den ökologischen Bereich wurde nicht nur von meiner Fraktion, sondern auch von ökologischen Verbänden mehrfach kritisiert. So ist es keine Neuheit, dass auch für die ökologische Produktion die marktwirtschaftlichen Gesetze von Angebot und Nachfrage gelten. Hier ist es meines Erachtens zwingend notwendig, in Zukunft nachzujustieren. Der Markt muss erhalten bleiben, auch für den Ökobauern, denn die wirtschaftliche Grundlage ist nur so zu bilden.
Meine Damen und Herren, des Weiteren gehen Sie auf die Schaffung von Infrastruktur im ländlichen Bereich ein. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir den Haushalt 2006/2007 verabschiedet haben mit schwerwiegenden Einschnitten im Bereich der Flurneuordnung und der Dorferneuerung, werden hier Probleme auf uns zukommen. Die Fragen vom Kollegen Schubert haben es auch noch mal deutlich gemacht.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Landesregierung will die Förderschwerpunkte in der investiven Förderung legen. Hiergegen ist nichts einzuwenden. Aber dennoch möchte ich betonen, wir dürfen konsumtive Förderungen wie zum Beispiel die Förderung der benachteiligten Gebiete nicht in Gänze ausgeschlossen lassen,
denn nur so ist in großen Teilen des Landes wie zum Beispiel dem Uecker-Randow-Kreis oder der Griesen Gegend eine Landbewirtschaftung überhaupt möglich. Meine Damen und Herren, das ist wirklich zu beachten.
Im Bereich der Einkommensdiversifizierung haben Sie mit der Neuausrichtung Ihres Agrarinvestitionsförderprogramms den Kreis der Zuwendungsempfänger ab 10. Ja
nuar 2006 stark eingeschränkt. Unternehmern Vorgaben hinsichtlich der Ausrichtung ihres Unternehmens zu diktieren, das schafft weder Vertrauen in die Politik und es schafft auch keine Arbeitsplätze. Das, denke ich, sollte man hier noch mal überlegen und diskutieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein besonderes Anliegen ist es der Landesregierung, die Ansiedlung oder Weiterentwicklung bestehender verarbeitender Unternehmen im Bereich der Nahrungsgüterwirtschaft oder der energetischen Verwertung zu unterstützen. Auch das begrüßen wir sehr. Aber hier schließt sich dann zum Beispiel auch ein Kreis zur Abfallwirtschaft, denn es sind doch wohl Anlagen zur Verwertung der hoch kalorischen Fraktionen, die nun aus dem Hause des Landwirtschaftsministers gefördert werden sollen und wo aus dem Bereich Flurneuordnung Mittel in den Bereich Anpassungsmaßnahmen umgeschichtet werden.
Für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist sicherlich ein marktgerechter Absatz der landwirtschaftlichen Produkte von entscheidender Bedeutung. Dennoch ist es „Linke Tasche, rechte Tasche!“ und geht zulasten der Primärproduzenten und der Landwirte. Und das ist das, was ich hier kritisieren möchte. Ich möchte noch mal deutlich sagen, es geht nicht gegen die Anlagen und auch nicht gegen die Unternehmen, die gefördert wurden, es geht hier um die Art und Weise und darum, dass die Primärproduzenten benachteiligt wurden. Das ist mein Anliegen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn auch künftig die Förderung durch europäische Mittel auf kleine und mittlere Unternehmen beschränkt wird – der Minister sagte es und hat es beschrieben –, so können Sie nicht die Förderung der Flurneuordnung dadurch reduzieren, Herr Minister, denn dies ist die Voraussetzung für effiziente Landwirtschaftsbetriebe, die als Primärproduzenten weiterverarbeitende Betriebe mit Rohstoffen beliefern.
Dies bestimmt den ländlichen Raum, dies stärkt den ländlichen Raum und hier ist es wichtig, Arbeitsplätze zu erhalten und neu zu schaffen. Ich möchte es noch mal darstellen: Die Flurneuordnung bedeutet eben nicht nur, dass jetzt Flächen anders gestaltet werden, sondern Sie wissen, dass sie eine viel größere Bedeutung hat. Deswegen möchte ich noch mal dafür eintreten, sich hier stark zu machen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Worte zur Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz verlieren. Viele der Maßnahmen, die aus diesem Topf gefördert werden, haben eine Laufzeit von fünf Jahren. Aus diesem Grunde gibt es schon heute kaum noch Handlungsspielräume für neue Fördermöglichkeiten. Diese wird es sicher auch in Zukunft nicht geben. Das sehen wir auch und leider ist es so.
Vielleicht noch ein Wort zum Bereich der Forstwirtschaft. Durch umfangreiche Fördermaßnahmen nahm die Holz verarbeitende Industrie einen solchen Aufschwung, dass der Holzbedarf von heute nicht durch die Forstbetriebe des Landes allein gedeckt werden kann. Ich denke, es ist hier einfach vergessen worden, die Holzproduzenten mitzunehmen. So ist es vor dem Hintergrund dieser Förderpolitik verständlich, dass die Waldvermehrung in
unserem Land zu wünschen übrig lässt. Einem Zuwendungsbescheid, der unter dem Vorbehalt der Finanzierungsmöglichkeiten aus dem Haushalt besteht, wird nicht viel Vertrauen entgegengebracht. Hier müssen meines Erachtens Planungs- und Investitionssicherheiten geschaffen werden, um die Waldvermehrung in unserem Land auch im Interesse des Klimaschutzes zu forcieren. Zudem würde ich mir einen Einsatz der Landesregierung dahingehend wünschen, dass die Waldvermehrung eine größere Rolle beim Immissionshandel und der Ausgabe von Immissionszertifikaten spielt, denn, meine Damen und Herren, wir wissen alle, Wälder sind CO2-Senker, und gerade in dieser Hinsicht sollten wir überlegen, wie damit besser umgegangen werden kann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Unterrichtung ist der Bereich Umwelt- und Naturschutz. Gerade in diesem Bereich stehen wir mit der Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-, der Vogelschutz- und der Wasserrahmenrichtlinie vor großen Herausforderungen.
Diese Herausforderungen konnten oder wollten Sie nicht finanziell untersetzen. Das kann ich auch verstehen. Obwohl der Umweltminister bei der Meldung von FFHGebieten vor Jahren mal Milch und Honig versprach, sieht die aktuelle Situation doch anders aus. Das wissen wir auch. Vor diesem Hintergrund kann ich nur vor einer übermäßigen Ausweisung an Vogelschutzgebieten warnen.
Mehr denn je sollte hier das Prinzip des Notwendigen und nicht des Machbaren gelten. Ich denke, bei diesem Anliegen müssen Sie mir das auch gestatten, in dieser Hinsicht ein Wort dazu zu sagen.
und Wohnqualität in unseren ländlichen Gebieten ist ein weiterer Schwerpunkt der Unterrichtung. Gerde die aktuelle Diskussion – und hier komme ich noch mal zur Flurneuordnung – macht deutlich, dass es in diesem Bereich künftig erhebliche Einschnitte geben wird. 2006 sollen so zum Beispiel – und das ist ja eine besonders hohe Summe – 25 Millionen Euro, die noch im verabschiedeten Haushalt als investive Maßnahmen im Bereich der Flurneuordnung ausgewiesen wurden, nicht mehr verausgabt werden. Fragen haben es belegt, dass hier wirklich Schwerpunkte zu setzen sind und noch mal überlegt werden muss, denn die Bedeutung der Flurneuordnung habe ich versucht noch mal darzustellen. Genauso wichtig ist es, in diesem Bereich auch eine Lösung zu finden zum Beispiel für die Landgesellschaft, die hier viele Aufgaben bewältigen könnte und damit auch Arbeitsplätze schafft. Ich denke, Herr Minister, wir sollten in dieser Hinsicht doch noch mal sehen, wie vielleicht pragmatische Lösungen hier helfen können.
möchte ich noch meine Bedenken hinsichtlich des künftigen Umgangs mit den Mitteln des Europäischen Strukturfonds zum Ausdruck bringen. Wenn von Seiten der Landesregierung die erhöhte Flexibilisierung im Bereich des
ELER ausdrücklich begrüßt wird, so werden diese Mittel doch künftig sehr schwer durch das Parlament zu kontrollieren sein. Und das, denke ich, ist auch ein Problem, das wir in den Ausschüssen mit beraten sollten.