Protocol of the Session on October 5, 2005

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/1767 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Rechts- und Europaausschuss sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der Linkspartei.PDS und der Fraktion der CDU bei einer Gegenstimme der Fraktion der CDU zugestimmt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung der Landesbauordnung und zur Änderung anderer Gesetze, auf Drucksache 4/1810.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung der Landesbauordnung und zur Änderung anderer Gesetze (Erste Lesung) – Drucksache 4/1810 –

Das Wort zur Einbringung hätte der Minister für Arbeit, Bau und Landesentwicklung.

Frau Gramkow?

Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS (zur Ge- schäftsordnung): Ich bitte für die Fraktion der Linkspartei.PDS um eine Unterbrechung für drei Minuten, Beratungsbedarf.

Also wir unterbrechen die Sitzung um drei Minuten.

Unterbrechung: 15.05 Uhr

Wiederbeginn: 15.06 Uhr

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe also noch einmal auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung der Landesbauordnung und zur Änderung anderer Gesetze, auf der Drucksache 4/1810.

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Herr Holter. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gut Ding will Weile haben, sagt der Volksmund. Das stimmt besonders, wenn es sich um so einen umfangreichen Gesetzentwurf handelt wie die Landesbauordnung. Im Vergleich stehen wir gar nicht schlecht da. Erst vier Bundesländer haben die Musterbauordnung des Bundes, die 2002 von der Bauministerkonferenz beschlossen wurde, in Landesrecht umgesetzt. Im März vergangenen Jahres haben wir uns an dieser Stelle auf Antrag der CDU schon einmal mit dem Gesetzgebungsverfahren beschäftigt. Ich war damals hocherfreut, dass es zu diesem Vorhaben in der Sache offenbar eine große Übereinstimmung zwischen den Fraktionen gibt.

Heute sind wir einen Schritt weiter, denn wir haben seither intensiv an einem Gesetzentwurf gearbeitet mit dem Ziel, die Forderungen nach Vereinheitlichung des Bauord

nungsrechts der Länder mit den spezifischen Interessen unseres Landes in Einklang zu bringen. Dies ist gelungen. Neben den nötigen Abstimmungen innerhalb der Landesregierung haben wir natürlich formelle Anhörungen durchgeführt, aber auch ungezählte Gespräche mit Verbänden, Kammern, Vertretern verschiedener Berufsstände geführt. Viele Vorschläge sind in diesen Diskussionen eingebracht worden. Jeder ist intensiv geprüft worden, aber letzten Endes muss man entscheiden, welche Anregungen angesichts der Ziele für die Neugestaltung der Bauordnung in Mecklenburg-Vorpommern berücksichtigt werden können beziehungsweise welche Vorschläge nicht berücksichtigt werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht alle der gemachten Vorschläge Eingang in den Gesetzentwurf finden konnten.

Wir haben uns als Regierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf entschieden, dem Vorbild der Musterbauordnung einen hohen Stellenwert einzuräumen, und das aus gutem Grund, denn es hat sich gezeigt, dass sich durch die Einführung von eigenen Regelungen in den Bundesländern in den 90er Jahren das Bauordnungsrecht auseinander dividiert hat. Es driftete faktisch auseinander und es hat sich zu einem ernst zu nehmenden Hemmnis für die Wirtschaft entwickelt. Die Rechtszersplitterung im Bauordnungsrecht wird als nachteiliger Standortfaktor beurteilt. Die Musterbauordnung des Bundes sollte Abhilfe schaffen mit dem Ziel, das Bauordnungsrecht der Länder wieder zu vereinheitlichen.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, das Verfahren bis zum Baubeginn für den Bauherrn entschieden zu vereinfachen. Von herausragender Bedeutung ist dabei die beabsichtigte Konzentrationswirkung der Baugenehmigung oder einfach gesagt, es geht um die Baugenehmigung aus einer Hand und nicht nur um die Baugenehmigung, sondern mit dieser Baugenehmigung aus einer Hand sollen alle anderen notwendigen Genehmigungen dem Bauherren ausgereicht werden. Das ist ein Novum in Mecklenburg-Vorpommern. Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken, dass wir diese Lösung gefunden haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Norbert Baunach, SPD, und Siegfried Friese, SPD)

Wir wollen auch, meine Damen und Herren, vereinfachen, indem mehr Bauten genehmigungsfrei gestellt werden. So sehen wir vor, dass in Bebauungsplangebieten alle Wohngebäude unterhalb der Hochhausgrenze baugenehmigungsfrei gestellt werden. Damit wird es für den Bürger, der ein Eigenheim oder auch ein Mehrfamilienhaus errichten möchte, in der Tat einfacher. Damit fällt aber den Architekten und den Bauingenieuren die volle Verantwortung für die Einhaltung des öffentlichen Rechts zu. Das ist eine Konsequenz solcher Entscheidungen, die öffentlich gefordert werden, denn die Verantwortung für die Standsicherheit und für das Leben der Menschen und auch der Tiere, die in diesen Gebäuden leben, muss natürlich wahrgenommen werden. Eine bauaufsichtliche Prüfung soll in der Regel dann nicht mehr stattfinden.

Gewerblich genutzte Gebäude, auch diejenigen, die in Bebauungsplangebieten errichtet werden, müssen weiterhin ein Baugenehmigungsverfahren durchlaufen, um die Verträglichkeit mit der Nachbebauung prüfen zu können. Ich will Ihnen sagen, dass wir das lange diskutiert haben, ob in Bebauungsplangebieten eine Genehmigungs

freistellung möglich wäre. Aber gerade wegen einer möglichen Belästigung der Nachbarn haben wir uns entschieden, genau dieses Genehmigungsverfahren weiter beizubehalten.

In Gebieten ohne Bebauungsplan kommt für die Wohnbauvorhaben das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren zur Anwendung. Das heißt, hier wird die bauaufsichtliche Prüfung ausschließlich auf die städtebaurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beschränkt. Gegebenenfalls geht es um Standsicherheit und um den Brandschutz. Das volle Baugenehmigungsverfahren, also das, was unter der kompletten Prüfung zu verstehen ist, wird ausschließlich bei nicht hohen Gebäuden, also Gebäuden, die nicht den Wohnzwecken dienen, angewendet oder eben bei Bauten besonderer Art und Nutzung. Das ist ein neues Element in Mecklenburg-Vorpommern und orientiert sich an der Musterbauordnung. Wir wollen damit viele Dinge vereinfachen und die Bauaufsichtsbehörden sollen mehr Dienstleister gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern beziehungsweise Investorinnen und Investoren sein.

Die neuen Regelungen, meine Damen und Herren, machen es erforderlich, die Prüfung und Überwachung bautechnischer Anforderungen an die Standsicherheit und den Brandschutz verfahrensunabhängig zu gestalten. Ich habe das ja gerade erläutert. Bei der bautechnischen Prüfung hat sich die Landesregierung für eine hoheitliche Prüfung durch Prüfingenieure im Auftrag der Bauaufsichtsbehörde entschieden. Dies hat sich in der Vergangenheit in unserem Land in der Tat bewährt. Die Prüfingenieure müssen von der obersten Bauaufsichtsbehörde anerkannt werden, das heißt also durch das Landesbauministerium. Bauvorhaben des Bundes und des Landes werden weit mehr als bisher baugenehmigungsfrei gestellt. Wenn die Gemeinde den Bauvorhaben zugestimmt hat, bedarf es künftig keines bauaufsichtlichen Verfahrens.

Im Bereich des materiellen Rechts sind die Vorschriften über die notwendigen Abstände von Gebäuden zur Grundstücksgrenze vereinfacht worden. Die Abstandsflächentiefe beträgt bei einem Mindestabstand von drei Metern nur noch das 0,4-Fache der Wandhöhe. Die Brandschutzvorschriften für Standardbauten sind umfassend überarbeitet worden und somit können auch in Mecklenburg-Vorpommern zukünftig Wohngebäude mit bis zu fünf Geschossen aus Holz gebaut werden. Das war vorher nur bei bis zu zwei Geschossen möglich. Und wer gestern Abend am Parlamentarischen Abend über die Holzstadt Wismar teilgenommen hat, weiß das insbesondere zu würdigen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Stimmt.)

Eine spürbare Erleichterung, meine Damen und Herren, für Bauherren wird sein, dass Garagen und Carports bis 30 Quadratmeter Grundfläche innerhalb einer zusammenhängenden Bebauung baugenehmigungsfrei sind. Das war immer eine Forderung. Sie wird jetzt mit der neuen Landesbauordnung, wenn denn das Hohe Haus sie letztendlich verabschiedet, auch so eingeführt.

Wir wollen auch im Sinne der Deregulierung einen Beitrag leisten. Die gesetzliche Pflicht zur Herstellung von Kraftfahrzeugsstellplätzen, also Pkw-Stellplätzen, auf dem Baugrundstück entfällt. Stattdessen wollen wir den Gemeinden das Recht einräumen, notwendige Stellplätze durch Satzungen zu bestimmen. Das heißt, die Gemein

den entscheiden über die Anzahl, die Größe und die Beschaffenheit dieser Pkw-Stellplätze.

Lange und zu Recht wird diskutiert über das barrierefreie Bauen. Wir haben das bei der ersten oder bei der vorangegangenen Novellierung – mit der ersten meine ich die, an der ich selbst beteiligt war –, also bei der vorangegangenen Novellierung der Landesbauordnung ebenfalls mit den Behindertenverbänden und anderen sehr intensiv diskutiert. Auch im Bauausschuss, Herr Baunach, ist das ja noch mal debattiert worden.

Die Musterbauordnung macht hier klare Vorgaben. Wir hatten die Absicht, auch diese Musterbauordnung ohne Abstriche in Landesrecht umzusetzen. Das traf aber im Lande auf Bedenken. Ich will das hier offen bekennen. Nach der Musterbauordnung sollten in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen tatsächlich Wohnungen eines Geschosses barrierefrei sein. Wir haben uns hier den Verbänden, den Wirtschaftsverbänden, den berufsständischen Vereinigungen der Kommunalen Spitzenverbände angeschlossen. Sie hielten die Forderung für überzogen, so dass wir also bei der jetzt geltenden Regelung geblieben sind. Das heißt, dass in Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen mindestens eine Wohnung barrierefrei sein muss. Von den Verbänden wurde befürchtet, dass wir weit über den Bedarf barrierefreie Wohnungen in Mecklenburg-Vorpommern schaffen und dass das unangemessene Belastungen für die Bauwirtschaft und die Wohnungswirtschaft mit sich bringen würde. Deswegen haben wir uns hier zu dem Erwähnten entschieden.

Genauso war die Frage, wie sich das bei der Barrierefreiheit von Verkaufsstätten und Gaststätten verhalten wird. Die Musterbauordnung sieht hier eine grundsätzliche B a rrierefreiheit vor. Wir haben uns im Kabinett entschieden, das bei der bisherigen Regelung zu belassen. Das wird möglicherweise im Ausschuss und während der parlamentarischen Debatte zu weiteren Diskussionen führen.

Der Normbestand wurde insgesamt kritisch geprüft und auf das Notwendige reduziert, geht es doch darum, dass für Unternehmen wie für den einzelnen Bürger zügiges, aber eben auch rechtlich abgesichertes Bauen möglich ist. Zugleich ist das materielle Recht durchgängig so gefasst worden, dass es für den Anwender ablesbar ist. Uns ging es um Rechtsklarheit, so dass nicht große juristische Beratungen und Interpretationen der Regelungen notwendig sind, sondern der Anwender, der Bauherr beziehungsweise der Architekt, der Planer selbst diese Lösungen finden kann. Deswegen haben wir feste Regeln formuliert, die eindeutig sind und keiner weiteren Interpretation bedürfen. Das macht das Vorgehen, die Vorgaben insgesamt transparent, erleichtert damit die Anwendung für die Beteiligten, also für die Bauherren, Architekten und für die Bauingenieure.

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt heute der Entwurf für eine schlanke moderne Bauordnung vor. Wir haben das in der Vergangenheit intensiv diskutiert. Deswegen: Gut Ding braucht eben seine Zeit. Wir sollten den Weg der Neuerung des Landesbaurechtes konsequent und ohne Zögern beschreiten. Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen, dass wir gemeinsam zügig beraten können, und ich hoffe, dass wir uns auch hier wieder zügig dazu verständigen können. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Norbert Baunach, SPD, und Siegfried Friese, SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne damit die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Timm. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Holter! Kollege Baunach!

Herr Minister Holter, erst einmal herzlichen Dank für Ihren Vortrag.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Ich möchte auch erwähnt werden. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Wer war das? – Herr Koplin, auch Sie, natürlich.

(Heiterkeit bei Norbert Baunach, SPD: Er ist nicht in unserem Ausschuss.)

Ich möchte an den Anfang meiner Ausführungen setzen, dass ich sehr froh darüber bin, dass wir an dem Punkt angekommen sind, den wir hier heute beraten können. Ich bin gestern Abend auf einem Gehöft gewesen und habe gerade da festgestellt, um eine unnötige Petition abzuwehren, wie wichtig und sinnvoll es ist, dass das Bauordnungsrecht in dieser Form, wie es jetzt vorliegt, gestaltet werden soll.

Wir sind uns also einig in der Feststellung, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern eine Landesbauordnung haben, die nicht die schlechteste ist. Das will ich ganz bewusst verbessern: Nein, sie ist gut. Sie war und ist gut handhabbar und wurde auch immer wieder zeitlich angepasst. Aber die Bauministerkonferenz stellte fest, dass sich die Bauordnungen der Bundesländer in den Jahren nach 1990 erheblich auseinander entwickelt haben. Wir sprachen davon heute schon mal. Eine große Chance, die wir 1990 hatten, ist hier leider nicht genutzt worden. Als Wirkung drohte die Rechtseinheit in Deutschland im Bauordnungsrecht unterzugehen. Im Kern geht es aber um ein einheitliches materielles Baurecht, um gleichartige Verbraucherschutzstandards und um identische bauaufsichtliche Verfahrensgrundsätze. Auch Minister Holter stellte in der Vergangenheit die Rechtseinheit stets als einen nicht zu unterschätzenden Standortvorteil dar. Er kokettierte oft damit, dass sich eine entbürokratisierte Landesbauordnung positiv auf die Wirtschaftstätigkeit auswirkt.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich kenne ihn gar nicht kokettiert.)

Laut Minister Holter verbessert die Orientierung auf ein bundesdeutsches einheitliches Baurecht die Wettbewerbssituation im Land. Vor allem für Investoren, Architekten, Ingenieurbüros und Bauunternehmen, die über die Landesgrenzen hinweg tätig sind, wird die Arbeit erleichtert. Die Auseinandersetzung mit länderspezifischem Bauordnungsrecht kann damit weiter reduziert werden. Ja, er versteht es gut, gutes Wetter zu machen, doch der große Wurf ist noch nicht ganz angekommen. Die Bauministerkonferenz hatte bereits im November 2002 die neue Musterbauordnung einstimmig beschlossen, und das vorrangig mit dem Ziel der Rechtsharmonisierung zwischen den Bundesländern. Nur unser Bauminister legte nach

seiner Zustimmung nach meinem Dafürhalten die Hände etwas lange in den Schoß. Ganze drei Jahre mussten wir nun auf diese Gesetzesablösung warten. Und zuletzt wollte er auch gar nicht mehr Bauminister sein, da verbrachte er seine Zeit lieber im Wahlkreis 17, um sich um ein Bundestagsmandat zu bewerben,

(Reinhard Dankert, SPD: Aber jetzt ist er im Ministerium.)

aber er ist uns, Gott sei Dank oder wie auch immer, erhalten geblieben.