Protocol of the Session on October 5, 2005

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ganz im Gegensatz zur Landesregierung.)

Meine Damen und Herren von der Landesregierung, mit diesem Gesetzentwurf reden Sie unsere Hochschulen schlecht

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

und Sie machen sie national und international unmöglich. Denn während alle Welt darum bemüht ist, die Reformprozesse an den Hochschulen zu beschleunigen, moderne Steuerungsinstrumente und autonome Strukturen einzuführen, während die Welt des Wissens und der Informationen an uns vorbeirast, müssen wir einen Gesetzentwurf diskutieren, der symptomatisch für die rückwärtsgewandte Alles-bleibt-beim-Alten-Politik dieser Landesregierung ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, es kann doch niemand im Ministerium ernsthaft glauben, dass er in der Lage ist, von Schwerin aus zu entscheiden, welche Studiengänge an welcher Hochschule in welchem Angebotsumfang vorgehalten werden müssen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und dann noch im Finanzministerium zu entscheiden! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das kann und das darf nur in den Hochschulen selbst entschieden werden, denn die Notwendigkeit der Schließung oder Aufrechterhaltung eines Studienganges kann immer nur in der Gesamtbetrachtung der Fächerkombinationen, der interdisziplinären Arbeit und der Lehrund Forschungstätigkeit vor Ort erfolgen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Für die Einzelhochschule stimmt das.)

Daran schließt sich dann auch die Frage an, wie Fachbereiche zusammengelegt oder gemeinsam gegründet werden sollen. Wie soll das organisatorisch ablaufen? Außerdem fehlt im Zusammenhang mit dem Paragraphen 92 a e i ne Differenzierung der Hochschularten. Sie reden hier immer von Hochschulen, noch haben wir aber Fachhochschulen und Universitäten in unserem Land. Oder bereiten Sie hier schon den Weg für eine Landesuniversität Mecklenburg-Vorpommern vor, wie man im Diskussionspapier des Kollegen Brodkorb auf den Seiten 12/13 nachlesen kann?

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sie wissen das doch besser.)

In Ihr Verständnis von Hochschulpolitik würde das passen: eine staatlich detailgesteuerte, gegängelte und gemaßregelte Landeshochschule,

(Reinhard Dankert, SPD: Na, na, na, na, na!)

die vorzugsweise nur noch Landeskinder in einer verschulten Hochschule ausbildet

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Reinhard Dankert, SPD: Jetzt übertreiben Sie aber! – Wolfgang Riemann, CDU: Und für die PDS führen wir noch Parteisekretäre ein.)

und am besten gleich dem Finanzministerium zugeordnet wird. Das ist Ihre Vorstellung von Hochschulpolitik.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Ich möchte auch zum Thema langfristige Finanzierungsvereinbarungen und Zielvereinbarungen an dieser Stelle ein paar Worte sagen. Zielvereinbarungen – damit das dem einen oder anderen vielleicht einmal klar wird – haben die Leistungen des Landes und die Leistungen der Hochschulen über einen festzulegenden Zeitraum, meist zwischen drei und fünf Jahren, zum Inhalt. Während das Land die Finanzierung der Hochschulen sicherstellt, verdeutlichen die Hochschulen ihre Leistungsbereiche, mit denen sie ihren Finanzierungsbedarf begründen. Darüber hinaus können Themenbereiche benannt werden, bei denen bestimmte Ziele oder Verbesserungen erreicht werden sollen, zum Beispiel bei der Erhöhung der Absolventenquote, der Verkürzung der Studiendauer und anderen Bereichen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen Sie aber künftig alleine Zielvorgaben erlassen. Sie wollen nicht mit den Hochschulen verhandeln. Sie betrachten die Hochschulen nicht als Partner auf gleicher Augenhöhe, sondern als nachgeordnete Behörden. Sie wollen die Hochschulen um jeden Preis in Ihr finanzpolitisches Korsett zwängen und nehmen dabei in Kauf, dass der wichtigste Zukunfts- und Innovationsbereich unseres Landes zerstört wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Was Ihre Einlassung zu langfristigen Finanzierungsvereinbarungen bedeuten soll, darauf bin ich sehr gespannt. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass Sie die Finanzierung der Hochschulen kontinuierlich und zielgerichtet herabsetzen. Wollen Sie das jetzt auch langfristig festschreiben? Der 1,5-prozentige Aufwuchs des Hochschulfinanzkorridors ist längst Geschichte. Und auch für das Haushaltsjahr 2006 haben Sie eine Absenkung, aber keinen Aufwuchs geplant.

(Ministerin Sigrid Keler: Das ist doch nicht wahr!)

Dann gucken Sie in Ihren Haushaltsplan!

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist doch nicht wahr!)

Natürlich, und zwar ein Minus von 1,0.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich habe den Haushalt wirklich gelesen. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion wird das von Ihnen geplante Gesetzesvorhaben in keiner Weise unterstützen und lehnt die Überweisung in die Ausschüsse ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die CDU steht in diesem Land für Hochschulautonomie und für die Freiheit von Wissenschaft und Forschung,

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

denn wir haben längst erkannt, was Sie nicht erkennen wollen: „Stirbt der forschende Geist, dann stirbt die Gesellschaft.“

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, machen sich gemäß dieses Cato-Zitates mit Ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Landeshochschulgesetzes zum Totengräber von Hochschule, Wissenschaft und Forschung in unserem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Rudolf Borchert, SPD: Völlig daneben! Völlig daneben!)

Danke, Frau Lochner-Borst.

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Dr. Bartels.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass ich diese Novelle des Landeshochschulgesetzes in vollem Umfang und grundsätzlich ablehne, wird wohl niemanden überraschen. Ich möchte trotzdem noch einige Anmerkungen machen. Zum Dohmen-Gutachten ist einiges gesagt worden, ich will auf eins hinweisen: Es wird immer so getan, als sei dieses Dohmen-Gutachten aufgetaucht, nachdem das LHG beschlossen war.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das stimmt.)

Das ist einfach nicht wahr! Das Dohmen-Gutachten lag schon zwei Jahre auf dem Tisch, als wir dieses LHG verabschiedet haben.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das stimmt.)

Und die zweite Frage in diesem Zusammenhang: Warum werden eigentlich Studien- und Forschungsergebnisse von Professor Matschke, Greifswald, und Professor Kramer, Wismar, nie herangezogen im Zusammenhang mit der Demografie? Stimmen vielleicht deren Ergebnisse nicht? Ein Schelm, wer Arges dabei denkt!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Genau. So ist es. – Harry Glawe, CDU: Offensichtlich.)

Und einen dritten Hinweis in dem Zusammenhang: Ich verweise auf die Anhörung im Rechtsausschuss in der vergangenen Woche,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

wo der Rostocker Verfassungsrechtler Professor Czybulka auf die Verfassungswidrigkeit der Begründung dieses Gesetzes hingewiesen hat, im „Nordkurier“ vom 30.09. dieses Jahres nachzulesen.

Zweitens. Auf der ersten Seite dieses Gesetzentwurfes steht der schöne Satz, der Minister hat ihn auch schon zitiert: „Gegenwärtig bestehen keine gesetzlichen Möglichkeiten für das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, eine derartige Umstrukturierung durchzusetzen.“ Richtig, das ist ein sehr richtiger Satz!

(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist gut so!)

Und ich sage Ihnen, ich bin darauf ein bisschen stolz und sehr traurig. Ein bisschen stolz deshalb, weil wir hier Schritte der Hochschulautonomie im Landeshochschulgesetz verankert haben, die es unmöglich machen, ohne Weiteres 600 Stellen zu streichen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Genau, so ist es!)

Und darum geht es doch in Wirklichkeit!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Genauso ist es!)