Protocol of the Session on September 7, 2005

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS – Heinz Müller, SPD: Aber an wem lag’s denn? – Dr. Armin Jäger, CDU: Weil Sie das nicht können, weil Sie es nicht verstehen, Frau Keler, und anderen immer die Schuld geben! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Aber – Moment! Sie ist nicht zustande gekommen, weil sie an der Blockadehaltung der CDU/CSU im Bundesrat gescheitert ist. Und das ist die Wahrheit!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS – Ministerin Sigrid Keler: Ja. – Dr. Armin Jäger, CDU: Nee, nee, das ist nicht wahr!)

Ich plädiere noch einmal dafür, dass wir die Finanzsituation der Kommunen nicht schönreden. Der Steuerzahlerbund wird sie Ihnen so nicht deklariert haben, wenn es so nicht wäre, sondern wir erleben dieses. Es ist ein Ursachengeflecht von eigenen Problemstellungen innerhalb der Landkreise, Gemeinden und der Städte, der Kleinteiligkeit unserer kreisfreien Städte. Verdammt noch mal, wir haben doch eigentlich schon in der Enquetekommission gewusst, dass die Frage der Konstruktion der kreisfreien Städte eine politische war und wir darüber reden müssen.

(Minister Dr. Gottfried Timm: So ist es.)

Warum stellen wir denn das jetzt auch wieder in Frage? Wir erleben es doch. Und die Frage der Zwangseingemeindung kann nach meiner Ansicht in diesem Zusammenhang auch nicht das alleinige Motto sein.

(Minister Dr. Gottfried Timm: Sagt doch keiner.)

Zum Beispiel bei der Einkommensteuer haben wir das immer wieder diskutiert. Wir erhalten die Einkommensteuer gegenwärtig nach dem Wohnort. Wir bekommen für die 5.000, die bei uns arbeiten, aber nicht leben, keine Einkommensteuer. Da hätte man über eine Splittung nachdenken können.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, ja.)

Es gibt doch Lösungsansätze,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

die es nicht notwendig machen, uns gegenseitig zu unterstellen, dass die verantwortliche Landespolitik alles auf Kosten der Kommunen sucht,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

sondern wir sind bereit, die Partnerschaft mit den Kommunen wirklich zu pflegen und uns mit ihnen auch auseinander zu setzen. Ich denke, da geht kein Weg an einer effizienten, bürgernahen und demokratisch durchgesetzten Verwaltungs- und Funktionalreform in diesem Land vorbei. Das wird doch inzwischen auch nicht mehr von den beiden großen Spitzenverbänden bestritten, sondern es ist nur die Frage, wie wir den Weg gehen, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Ich denke, selbst wenn wir mit einem Kraftakt 200 Millionen Euro den Kommunen sofort zur Verfügung stellen, werden wir die eigentlichen Probleme, die wir in der kommunalen Ebene haben, nicht lösen.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

Es sind strukturelle Probleme, Fragen der Ausrichtung der wirtschaftlichen Entwicklung, der hohen Arbeitslosigkeit. Da kann eigentlich nur ein Umdenken in der Bundespolitik und Landespolitik sowie die kommunale Entscheidung helfen, und nicht nur, weil diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen nicht gewillt sind, die Kommunen zu unterstützen, das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Vielen Dank, Frau Fraktionsvorsitzende Gramkow.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass sich dieser Landtag eine Geschäftsordnung gegeben und das Wort der jeweilige Redner hier vorn hat. Bei allem Verständnis für emotionale Situationen und für die Abgeordneten, die sich in solchen Situationen geneigt fühlen, zu reagieren oder sich mit Äußerungen zu melden, wenn das am laufenden Band geschieht und in eine Art Dialog ausartet, dann hat das nichts mehr mit der Einhaltung der Geschäftsordnung zu tun. Ich möchte dringend darum bitten, dass wir uns das Leben hier nicht unnötig schwer machen und Sie sich daran halten.

Bevor ich jetzt das Wort an den nächsten Redner übergebe, begrüße ich an dieser Stelle ganz herzlich im Saal den Amtsvorgänger, den ehemaligen Landtagspräsidenten Herrn Hinrich Kuessner.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Dr. Bartels.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angesichts meines Zeitlimits möchte ich zwei Zitate in die Debatte einbringen, die Ihnen sicher zum Teil bekannt sind. Das erste Zitat stammt aus einem Brief der Landrätin des Landkreises Rügen an alle Mitglieder des Landtages. Ich zitiere: „Die Reduzierung der Schlüsselzuweisungen um 520.000 Euro erhöht voll den Fehlbedarf, der dadurch für 2006 bei über 4 Millionen Euro liegen wird. Dabei kann ich die Auswirkungen des SGB II und des Kindertagesstättenförderungsgesetzes (Übernahme Elternbeiträge) nicht einschätzen. Eine Haushaltskonsolidierung aus eigener Kraft ist nicht mehr möglich. Die Finanzausstattung der Kommunen sichert nicht mehr die Aufgabenerfüllung.“ Und weiter im Zitat: „Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich habe volles Verständnis dafür, dass auch das Land nach Konsolidierungsmöglichkeiten sucht. Kein Verständnis habe ich dafür, dass bei der Berechnung der Finanzausgleichsleistungen die Aufgaben der Landkreise und sich daraus ergebende Ausgaben kaum Berücksichtigung finden.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist genau der Punkt. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Also wenn schon, dann „Die Linkspartei.PDS“, so viel Zeit muss sein, Herr Kollege Liskow.

Das zweite Zitat stammt aus der Monatszeitschrift des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern e.V. „der überblick“, Heft 8/2005, Seiten 470/471. Vorher wird in einer Kurzfassung der Redaktion zum Verfassungsgerichtsurteil Thüringens, das Herr Dr. Jäger schon erwähnt hat, über die Grundsätze, die dort angewandt wurden, geredet und dann wird fortgefahren, ich zitiere: „Nach Maßgabe dieser Grundsätze verstoßen die angegriffenen Regelungen des ThürFAG zur Bildung und Verwendung der Finanzausgleichsmasse, insbesondere auch für besondere und investive Finanzzuweisungen nach Maßgabe des Landeshaushaltes gegen Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Verfassung,“

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

„die den Kommunen zum Schutz des Kernbereichs ihres Selbstverwaltungsrechtes eine finanzielle Min

destausstattung und – über dieses absolute Minimum hinaus – eine von der jeweiligen Leistungsfähigkeit des Landes abhängige angemessene Finanzausstattung sichert. Das Urteil dürfte nicht nur für die anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen das FAG 2004 in Mecklenburg-Vorpommern sondern auch für die Diskussion um die Neuregelung des FAG 2006 Bedeutung besitzen.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

In diesem Zusammenhang – Frau Gramkow hat darauf hingewiesen, dass Verfassungsklagen anhängig sind – bin ich sehr gespannt, wie das Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern urteilen wird. Nun wird mir sicher entgegengehalten werden, bei uns ist alles anders, wir haben Absprachen mit dem Städte- und Gemeindetag sowie dem Landkreistag, was die Konnexität betrifft und, und, und. Ich bin trotzdem sehr gespannt auf das Urteil des Verfassungsgerichtes. Nach den jüngsten Erfahrungen über Urteile des Landesverfassungsgerichts und dessen, was wir hier tun, sollte mensch nicht so sicher sein, dass das, was schon beschlossen ist, und das, was hier heute zur Diskussion gestellt wird, am Ende wirklich Bestand haben wird. – Danke.

(Beifall Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Dr. Bartels.

Ums Wort hat jetzt noch einmal gebeten der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich alles gesagt, was ich sagen wollte, nur ich möchte...

(Heiterkeit bei Beate Mahr, SPD: Das stimmt.)

Ja, ich hoffe, ich habe Sie aufgerüttelt. Aber ich möchte eins sagen, um Legenden entgegenzuwirken: Herr Kollege Müller, den Musterstellenplan wollte der Innenminister für eine Region seines Zuschnitts haben. Und der hat mit den derzeitigen Kreisen überhaupt nichts zu tun.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD: Mit den derzeitigen.)

Er hat selbst im Ausschuss gesagt, weil das nun nicht klappt bis zu der von Ihnen geplanten Beschlussfassung des Landtages, er brauche ihn nicht. Jetzt müssen Sie sich schon überlegen, was Sie hier sagen und was Sie im Ausschuss sagen. Also der Innenminister hat gesagt – und er ist nun mal Teil der Regierung und Sie noch nicht, nun lassen wir es mal dabei –, man braucht ihn nicht. Ich weiß, dass das alles so ist. Warum er das meint, hat er uns nicht gesagt, aber das werden wir vielleicht noch erfahren.

Und zur Gewerbesteuer sage ich Ihnen mal etwas: So verkürzt, wie Sie das darstellen, darf man das, aber es ist nicht ganz seriös. Die Diskussion um die Gewerbesteuer ist fast so alt wie die Diskussion um eine vernünftige Finanzausstattung der Kommunen. Ich darf hier vielleicht ein bisschen referieren, was eigentlich der Hintergrund ist. Die Gewerbesteuer ist von ihrer Besteuerungsgrundlage, das haben wir feststellen müssen, einfach zu schmal geworden. Nachdem sie eine reine Gewerbeertragssteuer, was wir alle wollten, geworden ist, ist ihre Bemessungsgrundlage so schmal, dass wir leider in den Gemeinden...

(Heinz Müller, SPD: Und die wollten wir verbrei- tern, aber das war ja mit Ihnen nicht möglich.)

Augenblick! Langsam, langsam! Nun lassen Sie mich doch mal ausreden!

(Hans-Heinrich Jarchow, SPD: Heinz, der Oberlehrer spricht.)

Nein, das hat mit Oberlehrer nichts zu tun, ich referiere das, was wir eigentlich alle wissen, was hier vom Pult dann aber immer anders dargestellt wird.

(Heinz Müller, SPD: Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Herr Müller, Sie wissen, dass die Gewerbesteuer die Schwäche hat, einmal wegen der schmalen Erhebungsbreite, zweitens wegen der sehr starken Konjunkturabhängigkeit und drittens wegen einer vollkommen ungleichen Verteilung auf die kommunalen Ebenen. Das hat Frau Gramkow gesagt, das ist vollkommen richtig. Deswegen ist die Überlegung legitim, übrigens auch von den Bundesverbänden der Kommunen sehr stark diskutiert, ob wir nicht übergehen auf eine andere Beteiligung an so genannten wachstumsstarken Steuern. Und da wissen wir, dass die Mehrwertsteuer und die Lohnsummensteuer sehr interessante Alternativen sind. Wenn eine politische Kraft in dieser Bundesrepublik sagt, wir hätten lieber das und schließen uns der einen Richtung der kommunalen Gebietskörperschaften an, und die andere sagt etwas anderes, dann meine ich nicht, dass die einen kommunalfreundlicher sind und die anderen nicht, sondern dann ist der Erkenntnisprozess offenbar nicht weit genug gewesen. Deswegen war auch der Zwischenruf von Frau Finanzministerin einfach falsch, dass ausgerechnet CDU und CSU eine vernünftige Gemeindereform verhindert hätten.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

Ja, Frau Finanzministerin, darüber können wir lange reden.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das habe ich aber gesagt, das war wirklich so.)

Was ich gegeißelt habe, und davon bringen Sie mich nicht ab: Dieses Land bekommt dankenswerterweise Sonderbedarfsergänzungszuweisungen vom Bund,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)