Protocol of the Session on June 8, 2005

nachvollziehbar. Weiterhin werden wir ein Gutachten der KGSt unterstützen, welche anhand eines zukünftigen Kreises einen Musterstellenplan erarbeitet. Dazu ist allerdings die Zustimmung des Landkreistages erforderlich, die unverständlicherweise bislang noch fehlt.

Hinsichtlich der Konnexitätsfragen zur Funktionalreform I haben wir den Kabinettsbeschluss vom 28. Januar 2005 umgesetzt. Die Ermittlung des für die Aufgabenerledigung notwendigen Personals ist inzwischen aufgabenspezifisch möglich und wird erfolgen. Die Vorschläge zur Effizienzrendite sind ebenfalls weiterentwickelt worden. Wir gehen davon aus, dass wegen des Rückgangs der Einwohnerzahlen ein Rückgang der Finanzzuweisungen um 0,7 Prozent jährlich gerechtfertigt ist. Der notwendige Einspareffekt durch die Aufgabenbündelung wird nun bei 0,5 Prozent pro Jahr für eine Laufzeit von zehn Jahren bei den FAG-Zuweisungen berücksichtigt werden.

Damit komme ich zu dem zweiten Komplex, den wir überarbeitet haben, das sind die Personalüberleitungsfragen. Der Entwurf zum Personalüberleitungsgesetz ist im Kabinett gestern verabschiedet worden und wird dem Landtag zugeleitet.

Bei diesen Personalüberleitungsfragen handelt es sich um folgende Fallgruppen:

1. Personalüberleitung vom Land auf die zukünftigen Kreise

2. Personalüberleitung von den derzeitigen Kreisen auf die zukünftigen Kreise

3. Personalüberleitung von den derzeitigen kreisfreien Städten auch auf die zukünftigen Kreise und

4. Personalüberleitung von den heutigen Landkreisen, und zwar den heutigen Landkreisen, auf die gemeindliche Ebene

Die im Entwurf zum Verwaltungsmodernisierungsgesetz formulierten Grundsätze sind inzwischen und schon seit längerer Zeit umfassend mit den Gewerkschaften und dem kommunalen Arbeitgeberverband erörtert worden. Auch die Personalräte sind mit einbezogen worden. Dabei gibt es zwischen allen Beteiligten im Grundsatz folgendes Einvernehmen in den von mir jetzt aufgezählten Punkten:

Erstens. Für die zukünftigen Regionalkreise wird ein Kündigungsschutz verankert. Die Gewerkschaften allerdings wollen drei Jahre haben, die kommunalen Arbeitgeber wollen keinen Kündigungsschutz. Der Gesetzentwurf spricht von zwei Jahren. Durch Tarifvertrag kann hiervon jedoch eine abweichende Regelung getroffen werden, die dann gilt. Das heißt, der Tarifvertrag hätte Vorrang, wenn es ihn gibt.

Zweitens. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wollen möglichst viel per Tarifvertrag regeln. Das ist so vereinbart worden. Das heißt im Umkehrschluss, nur das Notwendige wird gesetzlich geregelt.

Drittens. Der Personalübergang vom Land auf die zukünftigen Kreise wird per Gesetz vollzogen. Das heißt, auf der neuen Ebene gelten vorerst die alten Verträge fort. Wie gesagt, der Gesetzentwurf ist gestern im Kabinett verabschiedet worden.

Viertens. Die Auswahl des überzuleitenden Personals wird mit den Personalräten abgestimmt.

Fünftens. Vertragliche Regelungen haben Vorrang. Und das heißt, die zukünftigen Kreise können auch auf die

Übernahme von Personal verzichten, was natürlich einen Verzicht auf entsprechende Ausgleichsleistungen zur Folge hat. Damit wird auch dem Einwand begegnet, das Land wolle seine Personalüberhänge auf die Kommunen abwälzen. Die Kreise können entscheiden, ob sie eigenes oder übergeleitetes Personal einsetzen.

Nächster Punkt. Der Personalübergang von den heutigen kreisfreien Städten auf die zukünftigen Regionalkreise soll, so die Einigung, vertraglich geregelt werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet das Innenministerium als Kommunalaufsicht.

Letzter Punkt. Ebenso wird der Personalübergang von den heutigen Kreisen auf die gemeindliche Ebene vertraglich geregelt. Im Konfliktfall entscheidet auch hier die Kommunalaufsicht.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU)

Herr Riemann, wir sind ja alte Bekannte bei solchen Fragestellungen, nicht wahr. Wir können auch diese Frage gern miteinander vertiefen.

Meine Damen und Herren, bei jedem Personalwechsel soll immer nur das zur Aufgabenerledigung notwendige Personal übergehen. Das heißt, jede Verwaltung hat für den vorhandenen Personalübergang die Verantwortung zu tragen, und das heißt auch, in eigener Verantwortung Personalüberhänge abzubauen.

Damit komme ich zu einem dritten Komplex, das sind die verfassungsrechtlichen Fragen. Die Fragen der Finanzeinsparungen und die Fragen des zukünftigen Personalübergangs sowie auch die Fragen der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen sind natürlich auch verfassungsrechtliche Fragen. Wir haben diese Fragen und viele weitere mehr im Gesetzentwurf verfassungskonform beantwortet. Im Kern geht es aber in vielen der eingegangenen Stellungnahmen um die Frage, ob die beabsichtigte Kreisgebietsreform von der Verfassung gedeckt ist. Und zwar geht es um die Frage, ob die Ebene der Landkreise in die Verwaltungsreform überhaupt mit einbezogen werden darf. Die Landesregierung sagt Ja, der Landkreistag sagt Nein. Und es geht um die Frage, ob die zukünftigen Kreise dem Leitbild eines Landkreises nach Artikel 28 Grundgesetz entsprechen. Wir sagen Ja, der Landkreistag sagt Nein.

Warum also ist eine Kreisgebietsreform möglich? Das ist die rechtliche Frage. Die Antwort ist, sie ist deshalb möglich, weil wir gezwungen sind, eine Reform der öffentlichen Verwaltung an Haupt und Gliedern durchzuführen. Die Kreisgebietsreform ist ein Teil der Gesamtreform. Sie muss sich aus diesem Gesamtansatz legitimieren lassen und eben nicht aus sich selbst. Insofern muss nachgewiesen werden, dass es für diese Reform einen zukünftigen Bedarf gibt. Eine klassische Defizitanalyse der gegenwärtigen Kreise kann dieses natürlich nicht leisten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Warum haben Sie das erst gemacht?)

Mit diesem Gesamtansatz betritt das Land Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich Neuland, auch und natürlich verfassungsrechtlich, aber es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es geradezu die Pflicht des Landesgesetzgebers ist, rechtzeitig alles zu unternehmen, um die Handlungsfähigkeit eines Bundeslandes zu erhalten. Dieses ist der Gestaltungsauftrag, der dem Landesgesetzgeber nicht abgenommen wird, auch nicht, meine Damen

und Herren, durch Gutachten oder durch Gegengutachten.

Selbstverständlich ist die Umsetzung des Landtagsbeschlusses vom 12. Mai 2004 auch von erheblicher verfassungsrechtlicher Bedeutung. Das gilt in verschiedener Hinsicht – vom Konnexitätsprinzip über die Art der Aufgabenübertragung bis hin zu der Frage des Kreiszuschnittes in Vorpommern. Wir wissen das auch aus den Stellungnahmen und wir beachten das. Wie gesagt, über meine Anhörungen in Greifswald werde ich Sie unterrichten. Ich habe es eben angesprochen.

Entscheidend ist aber auch die Frage, ob die zukünftigen Kreise das Leitbild eines Landkreises nach Artikel 28 Grundgesetz erfüllen. Hier geht es vor allem um die Flächenausdehnung, nicht um die Größe der Kreise im Sinne der Einwohnerzahl, denn einwohnerbezogen gibt es in Deutschland noch größere Kreise, als wir sie in Mecklenburg-Vorpommern schaffen wollen. Mit Blick auf die Fläche also haben wir die Siedlungsstruktur des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu berücksichtigen. Diese ist ohne Vergleich in Deutschland. Mit 75 Einwohnern pro Quadratkilometer liegen wir weit unter dem Durchschnitt aller anderen Bundesländer. Dieser liegt bei 231 Einwohnern pro Quadratkilometer. Im Jahre 2020 werden es nur noch 65 Einwohner pro Quadratkilometer sein. Das heißt, die Relation wird sich verschärfen. Eine feste Obergrenze für die Fläche eines Kreises besteht nicht. Insofern werden wir darlegen – und wir haben es getan –, dass auch in dünn besiedelten Räumen, ähnlich wie in Skandinavien, kommunale Selbstverwaltung erfolgreich funktionieren kann. Das hat nicht nur mit der Flächengröße der Kreise zu tun, sondern auch mit den Inhalten und Gegenständen, also mit den Gestaltungsspielräumen, mit denen der zukünftige Kreis, besonders der Kreistag, befasst werden wird.

Weiterentwickelt haben wir auch, meine Damen und Herren, die Stellung der kommunalen Selbstverwaltung selbst – auf Kreisebene durch Aufgabenzuwächse beim Kreistag und auf gemeindlicher Ebene zum Beispiel durch die Übertragung der Bauaufsicht auf die gemeindliche Ebene.

Wir haben alle in den Stellungnahmen angesprochenen verfassungsrechtlichen Fragen aufgegriffen und einer Beantwortung zugeführt. Deshalb sind wir sicher, dass wir die vom Grundgesetz und von der Landesverfassung angebotenen Regeln zur Umsetzung der Verwaltungsreform in Mecklenburg-Vorpommern anwenden und nicht etwa verletzen.

Meine Damen und Herren, auch die Funktionalreform II haben wir, wie gesagt, mit der Übertragung der Bauaufsicht auf die gemeindliche Ebene weiterentwickelt. Ebenso haben wir die Gestalt der Aufbaustäbe weiterentwickelt und demzufolge können wir auf den Errichtungsbeauftragten in Zukunft verzichten.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Dieses alles, meine Damen und Herren, und vieles mehr haben Sie in dem Gesetzentwurf, der Ihnen ja nun schon seit einigen Wochen vorliegt, gelesen. Ich biete Ihnen für die weitere Beratung im Landtag die umfassende Unterstützung aller Ministerien, besonders natürlich des Innenministeriums an. Lassen Sie uns immer daran denken, dass es uns um das Wohl unseres Landes und der hier lebenden Menschen und auch der Menschen, die in Zu

kunft hier leben wollen, also unserer Kinder, geht und nicht etwa um die Posten und Pöstchen von einzelnen Laufbahn- oder Wahlbeamten, wo immer sie auch ihren Dienst tun. – Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Innenminister.

Das Wort hat nunmehr der Umweltminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Professor Dr. Methling.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte heute hier vor dem Hohen Haus im Namen der PDS-Minister in der Landesregierung eindeutig erklären, dass wir uns mit dieser Verwaltungsmodernisierung in Mecklenburg-Vorpommern uneingeschränkt identifizieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Wir identifizieren uns mit den Gründen, mit den Zielen und auch mit den Wegen der Verwaltungsreform als unauflösliche Einheit von Funktional- und Strukturreform, auch wenn wir manchmal in Diskussionen im Detail eine andere Auffassung hatten oder heute noch haben. Übrigens ist das nicht typisch für PDS-Minister allein in der Landesregierung, das gilt auch für unsere SPD-Kollegen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich will drei Gründe noch einmal benennen, die uns in dieser Position bestärkt haben:

Erstens. Eine Reduzierung von Personal- und Sachausgaben für die Verwaltung ist angesichts des Rückgangs der Einnahmen aus Steuern, aus den Gemeinschaftsaufgaben, aus dem Länderfinanzausgleich, aus dem Solidarpakt und vielen anderen Zusammenhängen unverzichtbar, wenn wir die Zukunft des Landes Mecklenburg-Vorpommern sichern und gestalten wollen.

Zweitens. Das Land hat keinen Mangel, sondern ein Übermaß an Verwaltung und Bürokratie.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Wir können durchaus weniger an Verwaltung vertragen. Ein Weniger an Verwaltung ist ein Mehr für das Land.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Einfach anfangen!)

Über den Anfang werde ich dann sprechen. Vielleicht können Sie zuhören, Herr Riemann, damit Ihre Einwürfe nicht ganz so daneben sind.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Drittens. Eine Straffung und Beschleunigung von Verwaltungsprozessen ist gut für Bürger, ist gut für Unternehmen und für die Verwaltung selbst. Wir erreichen damit eine Effizienzerhöhung und eine Erhöhung der Schnelligkeit für Entscheidungen. Und dieses ist außerordentlich wichtig für die Zukunft unseres Landes.

Ich möchte unser Agieren am Beispiel der staatlichen Umweltverwaltung belegen. Auch wenn es andere Vermutungen gibt, will ich sehr deutlich sagen, wir haben im Umweltministerium und den nachgeordneten Behörden

kein so genanntes „Beamtenmikado“ gespielt. Das heißt, wir haben nicht nach der Devise gehandelt, wer sich zuerst bewegt, der verliert. Wir haben bereits seit 1999 über Notwendigkeit und Lösungswege nachgedacht, mit immer weniger Personal die zum Teil steigenden Aufgaben der staatlichen Umweltverwaltung zu lösen, und das bereits bevor wir im Land sehr deutlich über die Notwendigkeit einer großen Verwaltungsreform gesprochen haben.