Protocol of the Session on June 8, 2005

kein so genanntes „Beamtenmikado“ gespielt. Das heißt, wir haben nicht nach der Devise gehandelt, wer sich zuerst bewegt, der verliert. Wir haben bereits seit 1999 über Notwendigkeit und Lösungswege nachgedacht, mit immer weniger Personal die zum Teil steigenden Aufgaben der staatlichen Umweltverwaltung zu lösen, und das bereits bevor wir im Land sehr deutlich über die Notwendigkeit einer großen Verwaltungsreform gesprochen haben.

Zu unseren Überlegungen gehörte damals die Übertragung von Aufgaben innerhalb der staatlichen Umweltverwaltung, um größere Effizienz zu erreichen. Dazu gehörte auch die Aufgabenübertragung auf die Kreisverwaltungen, dazu gehörte die Deregulierung, das heißt das Trennen von Aufgaben in der Verwaltung, dazu gehörte auch die Privatisierung, die Übertragung an private Dritte. Dazu gehörte auch das E-Government. Wir haben uns sehr rechtzeitig eingestellt auf die modernen Medien. Wir haben sehr schnell ein komplettes Intranet im Umweltressort aufgebaut. Und wir haben über Strukturentscheidungen gesprochen und über die Notwendigkeit, Konzentration und Spezialisierung innerhalb der Umweltverwaltung vorzunehmen.

Von 1998 bis 2004 wurde der Personalbestand von circa 1.050 auf 800 reduziert. Im Jahr 2009 sollen es etwa 550 sein. Im Jahr 1999 wurde das Landesamt für Umwelt und Natur mit dem Geologischen Landesamt zum Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie zusammengeführt. Wir haben inzwischen ein staatliches Amt, das in Lübz, aufgelöst und weitere Außenstellen. Wenn man diesen Prozess erfolgreich und ohne Reibungsverluste im Ressort führen will, dann muss man die Leiter und die Mitarbeiter auf diesem Wege mitnehmen, dann braucht man vor allen Dingen eine gute Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen. Dieses haben wir stets gewährleistet, unsere Mitarbeiter informiert und auch mit ihnen über Wege diskutiert.

Wir haben also bereits selbstbestimmt die staatliche Umweltverwaltung modernisiert. Deshalb konnten wir im Jahr 2002 in der Enquetekommission des Landtages auch weitgehende Vorschläge für die Kommunalisierung unterbreiten. Sie können sich vielleicht erinnern, dass wir bereits im Jahr 2002 eine unterschriftsreife Vereinbarung mit dem Landkreistag ausgearbeitet hatten zur Übertragung von Aufgaben der Umweltverwaltung vom Land auf die Kreise.

Dann kam das von beiden Koalitionsparteien gewollte Projekt der großen Verwaltungsmodernisierung mit den Konsequenzen für die Umweltverwaltung, unter anderem eines weiteren Personalabbaus und auch der Auflösung der unteren staatlichen Ämter. Wir haben uns aktiv und konstruktiv daran beteiligt, haben ein besonderes Augenmerk den Interessen der Mitarbeiter gewidmet. Wir haben geachtet auf sozialverträglichen Personalabbau und auf Kündigungsschutz.

Zwei Probleme, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, machen mir es aber heute noch schwer, diesen Weg der Verwaltungsreform zu gehen: Das ist erstens die Abschaffung von über 10.000 Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt und das ist zweitens die Alterung des Personalbestandes in der Umweltverwaltung. Ich kann es einmal positiv formulieren, unser Erfahrungsschatz wird immer größer. Aber wir müssen diesen Weg gehen, auch wenn es schwer ist, um die Zukunft des Landes zu sichern und zu gestalten. Natürlich gehört zur

Zukunftssicherung noch viel mehr als die Verwaltungsmodernisierung. Aber die Verwaltungsmodernisierung hilft uns, Handlungsspielräume zu erhalten und zu schaffen für Bildung, für Investitionen, für Investitionen in Köpfe und Gebäude.

Apropos Gebäude, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Verwaltungsmodernisierung darf nicht oder nur im Ausnahmefall zum Bau von neuen Verwaltungsgebäuden führen. Wir haben davon bereits genug. Das immer weniger werdende Personal muss in den jetzt genutzten, vor allem in landeseigenen Liegenschaften untergebracht werden, soweit es dann eben die Landesverwaltung betrifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe bisher nichts zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und der Bürgernähe gesagt. Die Vorschläge der Landesregierung zur Funktionalreform I und II weisen dafür aus meiner Sicht geeignete Wege aus. Die Bürgernähe wird nach meiner Überzeugung und nach meiner persönlichen Erfahrung in meiner Gemeinde vor allem auf Gemeinde- und Ämterebene entschieden. Diese Vorschläge sind aber durchaus änderungsfähig, vielleicht hin und wieder auch änderungswürdig. Ich gehe davon aus, dass im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen vorgenommen werden auf entsprechende Anregungen hin.

Zur Kreisstrukturreform und damit zur Anzahl der Kreise und ihrem konkreten Zuschnitt will ich feststellen, dass ich zu dem Kompromiss der Koalitionsfraktionen stehe. Ob es in Vorpommern zwei Kreise oder ein Kreis geben wird und wie ein Zuschnitt aussieht, ist im Ergebnis der parlamentarischen Anhörung zu entscheiden. Das ist Ihre Entscheidung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich komme zum Schluss und darf feststellen, die Verwaltungsreform als Funktional- und Strukturreform ist unumgänglich für ein zukunftsfähiges Mecklenburg-Vorpommern. Die PDS in der Landesregierung leistet keinen Widerstand gegenüber unserem gemeinsamen Projekt, sondern beteiligt sich aktiv an der so genannten gleitenden Projektierung. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Herr Umweltminister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 228 Minuten sowie 8 Minuten für den fraktionslosen Abgeordneten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Eckhardt Rehberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! „Alle Gewalt geht vom Volke aus“, so heißt der Gewaltenteilungsgrundsatz von Montesquieu. Nach diesem Grundsatz ist auch unsere Staatsverfassung aufgebaut. Daraus folgt, dass Gesetze vom Landtag verabschiedet werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Nicht die Landesregierung macht die Gesetze, sondern sie ist Teil der vollziehenden Gewalt. Sie führt also die Gesetze, die wir beschließen, lediglich aus.

(Angelika Peters, SPD: Kein Widerspruch.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese simplen Grundsätze muss man sich auch nach den Reden der drei

Minister heute immer wieder vor Augen führen. Noch ist überhaupt nichts entschieden in Sachen Kreisgebietsreform. Wir, der Landtag, können immer noch umsteuern und dieses Land vor einem verwaltungstechnischen Chaos – und ich werde darauf noch eingehen –, vor dem Zusammenbruch bewahren,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Meine Damen und Herren, die Verantwortung für die Zukunft in diesem Land liegt jetzt hier bei den Abgeordneten aller Fraktionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister Timm, was haben Sie denn da am 1. Juni in Greifswald gemacht?

(Minister Dr. Gottfried Timm: Sie waren ja nicht da.)

Was haben Sie denn da in Greifswald gemacht? Nachdem das Kabinett den Gesetzentwurf verabschiedet hat, dem Landtag zugeleitet hat, laden Sie zu einer informellen Anhörung ein. Das ist für mich keine informelle Anhörung gewesen, das ist rechtswidrig, was Sie da veranstalten, sehr geehrter Herr Innenminister.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und, Herr Minister Timm, wenn Sie mal gucken, wen Sie auf der ursprünglichen Einladungsliste hatten, offenbar haben Sie dann Striche gemacht „dafür“ und „dagegen“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nur keine Gewählten.)

und danach haben Sie nacheingeladen, nach unserer Kenntnis über den SPD-Regionalgeschäftsführer. Auch diese Nacheinladungen haben nicht geholfen. Zehn Stimmen waren dafür, darunter Einzelpersonen,

(Regine Lück, PDS: Woher wissen Sie das alles?)

und, meine sehr verehrten Damen und Herren, zwölf dagegen, unter anderem alle Landkreise, alle kreisfreien Städte in Vorpommern, die IHKs und die Handwerkskammern.

(Minister Dr. Gottfried Timm: Das ist falsch.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Timm, den Eindruck, den Sie hier wiedergeben, der ist falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Entscheidend an dieser Stelle ist Folgendes: Herr Ministerpräsident, Sie sagen in Ihrem Interview, der Landkreistag mit seiner CDU-Mehrheit sträubt sich dagegen. Herr Ministerpräsident, nach der Kommunalwahl im Juni 2004, da haben Sie ja die erste Quittung schon zu dieser Verwaltungsreform bekommen mit Ihrem Wahlergebnis als SPD. Sie haben tausende Euro ausgegeben, um in Anzeigen Ihr Vorhaben zu erläutern. Die gewählten Vertretungen, die Vertretungen der Bürgerinnen und Bürger, die Kreistage, alle zwölf, mit Mehrheit, teilweise einstimmig mit den Stimmen von SPD und PDS,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist das.)

fünf von sechs kreisfreien Städten haben ihre Stellungnahmen abgegeben und dieses Verwaltungsmodernisierungsgesetz abgelehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist die Basis der Debatte und keine andere, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Und ich habe den Eindruck, Herr Ministerpräsident, dass Sie den ursprünglichen Gesetzentwurf nicht einmal gelesen haben, die Überarbeitung nicht gelesen haben und dass Sie die 570 Stellungnahmen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich erwarte auch von SPD und PDS – ich komme noch mal auf diese informelle Anhörung in Greifswald zurück –, dass man sich dagegen verwahrt

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

und diese vermeintlichen Ergebnisse der Anhörung überhaupt nicht im Sonderausschuss zur Kenntnis nimmt, sie sind nämlich nichts wert. Die Anhörungen laufen jetzt im Landtag über die Ausschüsse. Das ist gesetzmäßig, das ist nach der Geschäftsordnung so

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

und diese Anhörungen sind dann bindend auch für das Gesetzgebungsverfahren und nichts anderes, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, tolle Töne höre ich hier heute: „Es geht um das Wohl unseres Landes.“ „Was soll mit Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2020 sein?“ „Wir stehen für Zukunft, die CDU aber will Stillstand.“

(Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff: Richtig.)

Herr Ministerpräsident, ich hatte mir eigentlich vorgenommen, heute mit Zahlen etwas sparsam umzugehen, aber Sie haben förmlich provoziert, dass man Ihnen das mal zur Kenntnis gibt. Und, Herr Innenminister Timm, die Zahlen, die der Landkreistag vor zwei Tagen vorgetragen hat, die sind nachzulesen,