Protocol of the Session on April 21, 2005

(Wolfgang Riemann, CDU: Sehr richtig.)

Die Arbeitslosigkeit ist das zentrale Problem und deren Bekämpfung muss alles andere hinter sich lassen und unterordnen. Also heißt es für uns, Vorfahrt statt Sackgasse. Die Bestands- und Zugangszahlen der Bundesagentur liegen offen. Die Arbeitsmarktentlastung lässt sich errechnen. Im Monat März waren es 23.701 Personen. Dadurch konnte die Arbeitslosenquote um 2,7 Prozent entlastet werden. Im Land Mecklenburg-Vorpommern sind solche Zahlen in dichten Nebel gehüllt,

(Ute Schildt, SPD: Das ist doch gar nicht wahr.)

Zwischenstandsmeldungen, und das ist der Punkt, unmöglich. Außerdem, meine Damen und Herren, hat sich dem Anschein nach in Mecklenburg-Vorpommern eine zu hinterfragende Praxis bei der Vergabe von Fördermitteln herausgebildet. Zeitlich verkettete Förderungen von Ar

beits- und Wirtschaftsministerium sind auch im Bereich der Existenzgründungen an der Tagesordnung. Jeder Minister will seine Visitenkarte verbunden mit einem kleinen oder größeren Förderscheck abgeben. Und, Frau Schildt, das ist dann nicht die Verzahnung von Arbeitsministerium und Wirtschaftsministerium, das ist dann schon eine Art Verzettelung. Und es wundert mich, wenn es ein so wirtschaftspolitisches Thema ist, dass heute nur der Arbeitsminister sprechen möchte und nicht der Wirtschaftsminister.

Meine Damen und Herren, ich biete Ihnen jetzt zwei Beispiele, wie sich das Arbeitsministerium und das Wirtschaftsministerium fast gleichzeitig unterhaken und aktiv werden im Land:

Am 10. Juni 2004 lud der Arbeitsminister zu einem Erfahrungsaustausch diverse Existenzgründer ein. Er lud Jungunternehmer – man höre gut zu –, stolze sechs an der Zahl, zu zweien, seiner „Einfach-Anfangen“Schützlinge in luftige Höhen nach Schwerin ein, stand er doch dort mit „Einfach Anfangen“ vor zwei Jahren schon einmal helfend zur Seite. Laut Arbeitsminister zählt besagter Betrieb 20 Mitarbeiter. Nun dachte sich der Wirtschaftsminister, was Holter kann, kann ich viel besser, und half besagtem Gastronomen noch einmal mit einem Darlehen. Am 16.03.2005 legte er mit einem günstigen Existenzgründerdarlehen noch einmal einen oben drauf. Er ging allerdings davon aus, dass dort nur 13 Arbeitsplätze vorhanden sind. Es hat den Anschein einer Existenzgründung nach der Existenzgründung. Dabei versichert der Staatssekretär des Arbeitsministeriums uns im Bauausschuss immer und immer wieder, dass ein Antrag auf Förderung aus seinem Hause vor der Gründung gestellt wird und nicht zwischendurch oder hinterher.

So weit das Beispiel aus Mecklenburg. Und damit die Vorpommern nicht benachteiligt werden,

(Beifall Renate Holznagel, CDU – Heinz Müller, SPD: Das ist richtig.)

auch noch ein Beispiel aus Vorpommern.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das wollen wir auch hören.)

Dabei beglückte unser Arbeitsminister einen Handwerker mit 100.000 Euro, damit dieser drei seiner Azubis in einem Jugendbetrieb übernehmen kann. Dem allgemeinen Branchentrend und vielen älteren Arbeitslosen trotzend brauchte es nur drei Worte: „Jugend“, „Arbeit“, „Zukunft“ – und der Fördertopf ward gefunden. Doch Dr.Otto Ebnet wäre nicht unser Wirtschaftsminister, wenn er da nicht noch einen hätte draufsatteln können.

(Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD)

Für die weitere Produktveredelung überbrachte er persönlich den Zuwendungsbescheid. Doch auch noch so vehementes Bohren von Journalisten konnte dem Wirtschaftsminister nichts entlocken, wie viel sich das Land diese Optimierung des Handwerks kosten lässt. „Geheimniskrämerei um Steuergeld“ titelte daher die lokale Presse. Die gut unterrichteten Kreise waren in diesem Falle sichtbar sehr verschwiegen.

Meine Damen und Herren, wenn sich Arbeits- und Wirtschaftsminister immer ein und demselben Arbeitsplatz widmen, wird sich am Status quo der Arbeitslosigkeit in Mecklenburg-Vorpommern wenig ändern.

(Beifall Egbert Liskow, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Ohne die notwendige Transparenz entwickelt sich dann schon eine Art Dauerfördermechanismus.

Meine Damen und Herren! Verehrte Minister! Genau schauen, was aus den Strukturfondsmitteln, letztlich ja Steuergeldern wird, müssen wir nicht erst ab der neuen Förderperiode, in der Mecklenburg-Vorpommern letztmalig Ziel-1-Gebiet sein wird, sondern eigentlich schon seit gestern.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und, meine Damen und Herren, wenn hier im Raum jemand sitzt, der meint, das mit dem Antrag geht nicht, muss ich Ihnen sagen: Geht nicht, gibt es nicht! Wo ein Wille, ist auch ein Weg.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU: Genau.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Strenz.

Das Wort hat jetzt der Arbeitsminister Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Frau Strenz, schönen Dank für den großen Wurf, den Sie hier gerade vorgelegt haben. Ich habe mich da natürlich aufgebaut gefühlt für meine Rede, so, wie Sie das angekündigt haben. Aber mir wird eins nicht klar, was Sie eigentlich erreichen wollen. Wollen Sie nun über Ich-AGs sprechen oder wollen Sie über die Existenzgründerförderung in Mecklenburg-Vorpommern – verantwortet durch die Landesregierung – sprechen? Das wird nicht deutlich.

(Heinz Müller, SPD: Hauptsache sie spricht.)

Und Ihre Rede, Herr Liskow, nach drei Jahren im Landtag hätte ich erwartet, dass Sie mehr Sachkunde hier zutage gebracht hätten. Es wird nicht deutlich, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall Heinz Müller, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Sie verwechseln und vermischen Äpfel mit Birnen. Deswegen ist auch eine sachliche Auseinandersetzung ziemlich schwierig.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Sie als CDU-Fraktion haben immer kritisiert, dass Berichte eingefordert werden, dass Gutachten gemacht werden. Ihr Antrag beinhaltet genau dieses: Berichte und Gutachten über Förderprogramme, egal von wem sie gerade verantwortet werden. Und ich weiß nicht, woher dieser Sinneswandel kommt. Werden die größten Kritiker der Elche plötzlich selber welche, fragte einst Cˇ apek. Dem kann ich mich nur anschließen.

Zweitens, bin ich der Auffassung, sollte man diesen Antrag ablehnen, weil wir als Landesregierung aufgefordert werden, Rechenschaft abzulegen über die Arbeit einer Bundesbehörde, und da fällt es in der Tat schwer, Auskunft zu geben. Und das, was in der Kleinen Anfrage beantwortet wurde, war innerhalb der kurzen Zeit auch möglich, an Antwort zu geben. Wenn Sie zum Beispiel fragen, was ist aus den gescheiterten Ich-AGs denn gewor

den, bedarf das umfassender Recherchen der Bundesagentur für Arbeit. Diese Zahlen und diese Angaben liegen bei niemandem vor. Das hier irgendjemandem vorzuwerfen, das können Sie doch nicht tun, Herr Liskow!

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, Angelika Gramkow, PDS, und Regine Lück, PDS – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Diese Maßnahmen wie Existenzgründerzuschüsse für so genannte Ich-AGs oder das Überbrückungsgeld sind originäre Instrumente der Bundesagentur für Arbeit und liegen nicht in der Zuständigkeit der Landesregierung. Auch wir müssen Anfragen stellen über solche Angelegenheiten, die Sie einfordern. Wir tun das gerne für Sie, aber wir können nur das beantworten, was wir selber als Auskunft von der Bundesagentur erhalten, in der vorgegebenen Zeit.

Sie wissen auch, Herr Liskow und meine Damen und Herren der CDU, dass die Bundesagentur rund 90 Prozent der Mittel verantwortet, die für die Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung stehen. 10 Prozent unterliegen der Gestaltungshoheit des Landes. Die Existenzgründerförderung, Sie sind alle darauf eingegangen, ist nur ein Teil davon. Und dem Wunsch Ihrer Fraktion, sämtliche Landesaktivitäten zur Existenzgründerförderung, so heißt es ja in Ihrem Antrag, darzulegen, möchte ich gerne kurz nachkommen. Die Existenzgründerförderung meines Ministeriums, über die des Wirtschaftsministers kann er selber reden, wird von vier Säulen getragen:

Es ist erstens die Existenzgründungsbeihilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Anfangsphase eines Unternehmens.

Das ist zweitens die Betreuung und Qualifizierung.

Drittens geht es um die Förderung des Unternehmergeistes.

Und viertens, seit letztem Jahr ist es das Mikrodarlehen.

Die Existenzgründerbeihilfe wird denen gewährt, die entweder arbeitslos sind oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Das ist genau der Unterschied, weil Frau Strenz in ihrem Beitrag die Förderung des Handwerksbetriebes in Vorpommern erwähnte. Das ist die Förderung, die ich ausgesprochen habe, bezogen auf die drei jungen Leute, damit sie nicht arbeitslos werden.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Die Förderung des Wirtschaftsministers ist darauf bezogen, letztendlich die Marktfähigkeit des Unternehmens weiter zu erhöhen. Das sind zwei unterschiedliche Förderziele, die nach meiner Auffassung zu Recht in einem Unternehmen zur Anwendung gekommen sind.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Ich würde das gar nicht als Gegensatz betrachten, sondern ich würde es tatsächlich als gemeinsame Aktivität der Landesregierung gegenüber den Unternehmen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen in Mecklenburg-Vorpommern verstehen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Ute Schildt, SPD)

Darum geht es nämlich – und das kommt hier auch ganz konkret zum Ausdruck –, und nicht darum, wer sich welche Sache bei wem an die Brust heften kann. Das ist doch gar nicht Inhalt der Politik der Landesregierung. Also diejenigen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind beziehungsweise selbst arbeitslos sind und in die Gründung gehen, können diese Existenzgründungsbeihilfe in der Höhe von 150 Euro pro Woche tatsächlich in Anspruch nehmen.

(Egbert Liskow, CDU: Wie viel werden denn jeden Tag arbeitslos?)

Schauen wir uns das doch mal an, weil es hier kritisiert wird. Herr Caffier ist jetzt rausgegangen. Ich will Ihnen sagen, wie die Zahlen aussehen, und sie sehen eben nicht gut aus für Ihre Fraktion und Ihre Partei, die sich ja immer als einzig wahre Förderin des Unternehmertums in Mecklenburg-Vorpommern hier gekürt hat.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

In Mecklenburg-Vorpommern sind von 1994 bis 1997 – zu Zeiten der CDU-Regierungsführung – etwas mehr als 7 Millionen Euro für Gründerbeihilfen ausgegeben worden,