Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ziel der integrierten Versorgung ist es, die sektorale Abgrenzung zwischen dem ambulanten, dem stationären und dem rehabilitativen Bereich im Gesundheitswesen zu überwinden. Krankenkassen erhalten danach die Möglichkeit, ihren Versicherten abgestimmte Versorgungsverträge anzubieten, nach denen Haus- und Fachärzte, ärztliche und nicht ärztliche Leistungserbringer, also der ambulante, der stationäre Bereich sowie gegebenenfalls Apotheken hier zusammenarbeiten. Dafür hat das Gesundheitsmodernisierungsgesetz die Türen geöffnet. In den Jahren 2004 bis 2006 stehen jährlich bis zu einem Prozent der jeweiligen Gesamtvergütung der Kassenärztlichen Vereinigung der Krankenhausvergütung als Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung zur Verfügung. Die Inhalte der Verträge können die Krankenhäuser, die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und andere Leistungserbringer mit den Kassen frei gestalten. Die Praxis hat eine besondere Konstruktion beispielsweise bei Hüftoperationen und anschließender Betreuung und Garantieleistung durch das Krankenhaus entwickelt. Ich erinnere noch einmal: Es war bislang nicht möglich, wenn man im Krankenhaus operativ versorgt, also betreut wird, dass man hinterher durch das Krankenhaus auch eine Nachsorge erhält. Das wird hier verändert.
Das Institut für Community Medicin der Universität Greifswald hat mit dem Modellprojekt „Regionale Gesundheitsversorgung in Vorpommern“ einen Vorschlag erarbeitet, der eine ganze Region in eine integrierte Versorgung einbringen könnte, an der die Krankenhäuser, die Region, die niedergelassenen Ärzte und die Reha-Kliniken teilhaben könnten. Gerade in einer Region, in der sich die zunehmende Überalterung der Bevölkerung mehr und mehr bemerkbar macht, in der schon in absehbarer Zeit nicht mehr alle Arztpraxen, die frei werden, nachbesetzt werden können, in einer Region, in der auf der anderen Seite wirklich hochleistungsfähige Partner wie die Uni Greifswald angesiedelt sind, könnte so maßgeblich in der Zukunft das Problem der ärztlichen Versorgung gelöst werden.
Die integrierte Versorgung, und davon gehen alle Beteiligten aus, kann auf diese Art und Weise enorme Poten
tiale freisetzen, sowohl für die Versorgung, aber auch – was ebenso wichtig ist – bei der Einsparung von Kosten. Gerade die Ärzte in den Praxen und in den Kliniken in den neuen Bundesländern, das hoffe ich sehr, sollten sich hier auf ihre früheren Erfahrungen besinnen und ausgehend von diesen Erfahrungen kooperative Formen der Zusammenarbeit suchen. Auch und gerade für die Versorgung in der Fläche müssen wir auf Dauer die Zusammenarbeit von Krankenhäusern, Reha-Kliniken und niedergelassenen Ärzten suchen und dafür ist alles, was sich um die integrierte Versorgung rankt, bestens geeignet.
Bislang gibt es im Land zehn abgeschlossene Versorgungsverträge. Beispielgebend ist die Techniker Krankenkasse. Sie hat allein neun Verträge zum ambulanten Operieren, zur Intervention bei Rückenschmerzen und zur Integrationsversorgung in der Psychiatrie abgeschlossen. Die AOK Mecklenburg-Vorpommern hat Verhandlungen geführt für einen Integrationsvertrag und es steht der erste zum Abschluss an. Weitere Verträge sind in Vorbereitung. Mein Vorredner sagte bereits, dass die BARMER Ersatzkasse ihren bundesweit geltenden Hausarztvertrag auch in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt hat.
Es gibt neben den bereits abgeschlossenen Verträgen und neben den Fachgebieten, die hier tangiert sind, weitere Handlungsfelder, die sehr wichtig sind, die ich auch nennen möchte. Es handelt sich dabei insbesondere um die umfassende Betreuung älterer Patienten. Hier sind integrative Ansätze außerordentlich wünschenswert. Wir wissen, dass altersgerechte medizinische Betreuung mit den besonderen Mitteln der Geriatrie bestens geeignet ist für derartige integrative Verträge. Die Mobilisierung der älteren Menschen muss schon frühzeitig im Krankenhaus einsetzen, zum Beispiel nach einem altersbedingten Schlaganfall. Hier darf es keine Lücken bei der anschließenden Rehabilitation geben, denn es soll erreicht werden, dass die älteren Menschen ihren Alltag weitgehend allein bewerkstelligen, dass im Interesse der Betroffenen Pflegebedürftigkeit möglichst vermieden wird. Hier bieten sich derartige Verträge an und ich denke, hier haben wir auch noch Reserven.
Ähnlich sieht es aus bei der Versorgung von Frauen und Männern, die am Ende ihres Lebens stehen, denen einfach nicht mehr geholfen werden kann. Hier bietet sich die Möglichkeit, mit solchen Verträgen zu arbeiten, um die Frauen und Männer zu betreuen, um ihnen Beistand zu geben bei der Linderung ihrer Schmerzen. Ich denke, integrative Verträge sind in der Palliativmedizin besonders geeignet.
Mein Haus wird in den nächsten Wochen die Handlungsspielräume, die wir haben, mit den Kassen erörtern, auch mit interessierten Trägern. Ich denke, wir sollten uns alle dafür einsetzen, dass diese Anschubfinanzierung, die bislang für die Jahre 2004 bis 2006 vorgesehen ist, auch über das Jahr 2006 hinaus weitergeht, weil wir noch nicht alle Reserven genutzt haben, weil wir hier wirklich viele Ansätze sehen, die weiterverfolgt werden sollten, auch, was man bei derartigen Verträgen braucht, um Planungssicherheit für die Zukunft zu bekommen.
In diesem Zusammenhang bin ich ebenfalls an der weiteren Umsetzung des Konzeptes der medizinischen Versorgungszentren, die auch eine Form der integrativen Versorgung darstellen, interessiert. Wir sollten uns dafür einsetzen, dass möglichst viele Einrichtungen fachübergreifend zusammenarbeiten. Fachübergreifend heißt,
sowohl was die einzelnen Sektoren anbelangt, aber auch die Fachdisziplinen. Es ist gut, wenn von Seiten der Politik hierbei Unterstützung gewährt wird. Der Antrag der Regierungskoalition, denke ich, ist eine solche Unterstützung. Ich spreche mich für die Annahme dieses Antrages aus. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Die Chancen der integrierten Versorgung sind eine Facette im System der Gesundheitsversorgung auch für Mecklenburg-Vorpommern und das, was hier immer als der große Wurf präsentiert wird, ist sicherlich ein Ansatz dorthin. Es gibt zwei Wege, die der Gesetzgeber seit 15 Monaten eröffnet hat, und zwar kann man die Krankenkassen jetzt mehr in die Pflicht nehmen, dass sie Systeme vorschlagen und auch Module entwickeln, um Verträge mit Hausärzten oder mit Fachärzten zu entwickeln. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist, dass auch die integrierte Versorgung über den Paragraphen 140, also die Versorgung über die KVen, Einzelverträge oder mehrere Zusammenschlüsse von niedergelassenen Ärzten ermöglicht. Auch das ist, denke ich, ein wichtiger Weg. Aber entscheidend ist, dass wir uns die Töpfe ansehen, die zur Verfügung stehen. Wir geben in Mecklenburg-Vorpommern beitragsfinanziert etwa 1,5 Milliarden aus, Frau Ministerin. Dann haben wir für die integrierte Versorgung 10,5 Million e n Euro, die wir verteilen wollen. Was das heißt, kann man sich ausrechnen, wenn man sich die Krankenkassenanzahl ansieht, das sind knapp 30. In Deutschland liegen zurzeit etwa 148 oder 144 Verträge vor. In Mecklenburg-Vorpommern, sagt die Frau Ministerin, sind es 10. Das heißt, wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die aber durch die Finanzmittel begrenzt ist. Sie haben zu Recht angeschnitten, bis zum Jahre 2006 sind diese Mittel sozusagen durch den Gesetzgeber festgeschrieben. Darüber hinaus müssen wir sehen, wie wir damit umgehen.
Aber was ist die praktische Wirkung, wenn man jetzt darauf guckt, dass ein Prozent aus dem stationären Bereich an Mitteln zur Verfügung steht und ein Prozent aus dem ambulanten Bereich? Da muss man auch sagen, dass 500 Millionen Euro für die Versorgung der 1,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern im ambulanten Bereich zur Verfügung stehen und im stationären Bereich 1 Milliarde. Das sind die Grundprämissen, wenn man an das Geld denkt.
Die entscheidende Frage ist: Was machen jetzt die Krankenkassen? Sie sagten vorhin, der Sprecher hätte gesagt, es gäbe jetzt was. Ja, aber die AOK ist die letzte Krankenkasse, die etwas macht.
Am fortschrittlichsten in Mecklenburg-Vorpommern ist die Techniker Krankenkasse. Ambulantes Operieren ist für mich das Stichwort. Da werden entscheidende Aspekte zur Kostenminimierung auf der einen Seite, aber auch zur
Patientenzufriedenheit auf der anderen Seite organisiert und sozusagen zielführend und sinnführend vorangetrieben.
Bei der BARMER muss man sich allerdings genau angucken, was dort gemacht wird. Da schreiben sich Patienten in ein System ein. Da gibt es die Verordnungsfrage, die über Medikamente läuft. Ärzte schreiben sich auch in dieses System ein und verpflichten sich, sage ich mal, in besonderer Weise Generika zu verordnen und andere Dinge, innovative Medikamente, eher nicht. Auch da muss man immer den Grad feststellen, ist das sinnvoll, ist das weniger sinnvoll oder haben wir da noch Reserven.
Was müssen wir insgesamt tun? Wir haben zurzeit einen Auslastungsgrad, sage ich mal, von 0,5 Prozent. Also wir haben noch Reserven. Etwa 5 Millionen werden ausgegeben und 5,5 Millionen Euro könnten wir noch im Rahmen des Systems verteilen in Mecklenburg-Vorpommern.
Das heißt, dort gibt es Reserven. Das ist auch eine Frage, die wir über die Hausarztmodelle diskutieren müssen.
Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass wir die KVen mitnehmen müssen, denn der Versuch, die KVen auszugrenzen im GMG, ist gescheitert. Sie sind weiter da, sie sind weiter existent und die Interessenvertreter der Hausärzte wie der Fachärzte sind da. Die sind sogar jetzt hauptamtlich beschäftigt. Also in dieser Frage, Frau Ministerin, müssen wir auch feststellen, dass dort die Selbstverwaltungsorgane in erster Linie gefragt sind, denn das hat der Gesetzgeber denen auch aufgegeben. Wir haben eher die Aufgabe zu erfüllen, zu kontrollieren und vielleicht auch zu begleiten in der einen oder anderen Frage. Deswegen bin ich heute relativ ruhig hier und stimme Ihnen weitestgehend auch zu.
Die Dinge, die insgesamt für Mecklenburg-Vorpommern zu ordnen sind, sind eine gute Versorgung der älteren Generation und eine gute Versorgung der Krankenhäuser. DRGs sind eine entscheidende Prämisse, haben zwar jetzt direkt mit der integrierten Versorgung nur marginal zu tun, aber auch dort müssen wir uns auf neue Dinge einstellen, das ist nun mal die Kompressionsphase. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie kommen wir mit den Universitäten weiter bei den DRGs? Dort muss man in den nächsten Jahren auch damit rechnen. Nehmen wir den Landesfalldurchschnitt, es gibt den bundesempfohlenen, der liegt bei 2.584 Euro. Ich glaube, die Krankenkassen werden sich einigen auf einen Wert von etwa 2.594. Das wird wohl die Hausnummer sein. Die Maximalversorger haben natürlich ein Problem, weil sie etwa bei 3.200 Euro pro Fall liegen. Es muss also insgesamt eine Diskussion der Wirtschaftlichkeit geführt werden. Gleichzeitig ist die Frage nach der Maximalversorgung, nach den Standorten, nach den Kapazitäten zu klären. Deswegen ist die Diskussion, die wir heute führen, richtig.
Aber ich will nicht abschweifen von der integrierten Versorgung. Frau Ministerin, Sie sagen immer, die medizinischen Versorgungszentren, Beispiel Polikliniken, wären sinnvoll. Es mag wohl sinnvoll sein. Das Entscheidende
ist, da, wo es sinnvoll ist, muss man es machen. Dann muss allerdings gewährleistet sein, dass ein ärztlicher Leiter dort ist und verschiedene Fachgruppen von Ärzten. Aber auch Pflege- und Hilfsbereiche, die in der Physiotherapie oder anderen Berufen in der Pflege aktiv sind, muss man unter einem Dach agieren lassen und unter fachliche Anleitung stellen. Da können auch Hausärzte wie Fachärzte drin sein, aber nur dort, wo es geht. Man kann es nicht generell anordnen, es muss angenommen werden. Andererseits müssen wir dafür sorgen, dass die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung im ambulanten wie im stationären Bereich gesichert wird, und da gibt es genügend Probleme. Das geht schon los bei der Frage: Fährt ein Bus von A nach B, von einem Ort in den nächsten? Also all die Dinge, denke ich, haben wir hier zu besprechen. Alles andere haben Sie weitestgehend ausgeführt, das will ich nicht wiederholen.
Deswegen sage ich, wir stehen hier noch am Anfang einer Debatte. Die Mittel sind – ich habe Ihnen die Zahlen vorgetragen – in dieser Frage doch sehr begrenzt und damit sind auch die Möglichkeiten begrenzt. Wenn man 300 Kassen hat, die alle irgendwelche Programme auflegen wollen, dann müssen auch die Mittel in diesem Bereich verteilt werden. So ergibt sich nicht für jede Kasse die Aufgabe oder der zwingende Wunsch, ein integriertes Versorgungssystem anzubieten. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin eigentlich ein Freund von einfachen Beiträgen. Inhaltlich ist zur integrierten Versorgung nahezu alles gesagt worden. Wir haben in diesem Hohen Hause auch schon des Öfteren über die Perspektiven der ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern gesprochen. Wir wissen, dass es hier Handlungsbedarf gibt. So liegt beispielsweise das Durchschnittsalter der praktizierenden Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern bei 51,9 Jahren. Hier gibt es etwas zu tun.
Wenn man sich die Möglichkeiten der integrierten Versorgung ansieht, gibt es zwei wesentliche Bereiche. Nach meiner Einschätzung kann die integrierte Versorgung geeignet sein, auf der einen Seite einen strukturellen Versorgungsbeitrag zu bieten, wenn man entsprechende Verträge abschließt, und auf der anderen Seite ist die integrierte Versorgung eine Möglichkeit, ich sage mal, mehr Leistung zu bieten bei gleichem Geld. Heute ist es in der Regel noch so, dass Kartelle verhandeln, auf der einen Seite die Kassen, auf der anderen Seite die KVen, die letztendlich immer für alle alles einheitlich verhandeln. Integrierte Versorgungsverträge durchbrechen im Grunde genommen diesen Deckel. Sie durchbrechen diesen Deckel, indem auf der einen Seite die KVen an den Vertragsabschlüssen nicht mehr beteiligt sind und auf der anderen Seite Leistungsanbieter, aus unterschiedlichen Sektoren kommend, Verträge mit Kassen verhandeln können. Wenn man sich den Inhalt der integrierten Versorgungsverträge ansieht, so gibt es diese Verträge inzwischen in mehreren Generationen.
Die von Ihnen angesprochene Hüftendoprothese würde ich als „IV-light“ bezeichnen, ein sehr eingrenzbarer chirurgischer Eingriff, wo von vornherein klar ist, welche Maßnahmen letztendlich durchzuführen sind. Nachfolgende integrierte Versorgungsverträge sind inzwischen erheblich komplexer, also richtig komplexer. Ich sage mal, integrierte Versorgung in der Wunschvorstellung ist letztendlich auch eine populationsorientierte Versorgungsform. Es ist denkbar, dass für eine Region eine beschränkte Anzahl Leistungsanbieter mit der Kasse die Versorgung der gesamten Bevölkerung in dieser Region verhandeln und dafür dann auch die Budgetverantwortung übernehmen. Das sind Dinge, die man sich gerade in unserem strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern näher ansehen und ein Stück weit, denke ich, auch befördern muss.
Meine Fraktion unterstützt diesen Antrag, weil wir bei uns im Land noch nicht so richtig auf Ballhöhe sind. Wenn man sich andere Regionen ansieht, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, oder auch andere neue Bundesländer, dann gibt es da inzwischen wesentlich mehr und auch sehr umfangreich gestaltete Verträge. Der Antrag hat aus unserer Sicht zum Ziel, hier einfach ein Stück weit den Anstoß zu geben, dass wir unsere Bemühungen intensivieren beim Abschluss von Verträgen und bei der Verhandlung über integrierte Versorgungsverträge deutlich schneller und besser vorankommen. Deswegen bitte ich um Unterstützung für diesen Antrag. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag zur integrierten Versorgung steht in Übereinstimmung mit den Forderungen der PDS zu einer Strukturreform im Gesundheitswesen. Für uns ist insbesondere die Stärkung der Gesundheitsförderung als eine zentrale Aufgabe in der Gesundheitspolitik dem vorangestellt. Weiter sind für uns wichtig der Ausbau von Patientenbeteiligungsrechten, die Verbesserung der Versorgungsqualität, die umfassende Vernetzung von Versorgungsangeboten aus dem ambulanten, stationären, Reha- und Pflegebereich. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die momentane Situation der gesetzlichen Krankenversicherungen erhalten wird und eine wirtschaftliche Stabilität danebensteht, die eine Solidargemeinschaft zulässt, eine Solidargemeinschaft aller Versicherten. Als Schlagwort will ich hier nur kurz nennen die solidarische Bürgerversicherung.
Die vernetzten Versorgungsstrukturen und die integrierte Versorgung erinnern sicherlich auch in der Begrifflichkeit an die Polikliniken der DDR, aber sie sind eigentlich nur eine Bestätigung von Sinn und Notwendigkeit für die Versorgungs- und fachübergreifenden Strukturen. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz ermöglicht neben anderen, aus meiner oder unserer Sicht sicherlich auch negativen Rahmenbedingungen, aber zumindest an dieser Stelle Punkte, die die Aufhebung der Abschottung zwischen dem ambulanten und stationären Bereich bisher immer noch bestimmt haben. Bisher scheiterten Initiativen für integrierte Versorgungsmodelle und Zusammenschlüsse zu wohnortnahen medizinischen Versorgungszentren am Wettbewerb unterschiedlicher Interessen der
Beteiligten. Deshalb ist es sicherlich notwendig und es wurde heute auch schon gesagt: Gesonderte träger- und versorgungsbereichübergreifende Budgets müssen letztlich möglich sein, um hier auch einen Anreiz zu schaffen und die integrierte Versorgung praktikabel zu machen.
Ziel der integrierten Versorgung aus Sicht der PDS sind die regionalen Gesundheitszentren mit Versorgung, Beratung und Betreuung der Patienten. Das Hausarztmodell, es wurde heute auch schon genannt, ist im Rahmen der integrierten Versorgung ein wichtiger Faktor und wird mit dazu beitragen, das jetzige Modell schrittweise umzuwandeln. Allerdings sollten wir uns auch nichts vormachen an der Stelle. Dieser Strukturwandel wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Es wird sicherlich, bis es wirklich praktikabel arbeitet und funktioniert, Jahre in Anspruch nehmen, um flächendeckende Strukturen aufzubauen. Das wird nicht im Selbstlauf funktionieren. Hier ist sicherlich eine Moderation und Unterstützung und auch eine Willensbildung aus dem politischen Raum heraus nötig. Herr Glawe hatte bereits auf die Rollenverteilung, auf dieses Rollenspiel aufmerksam gemacht.
Mit Blick auf die rasante Entwicklung in der Medizin werden die Grenzen der heutigen Einzelpraxen sehr schnell deutlich: immer teurere Medizintechnik, die es immer mehr erschwert, hier wirklich über den eigentlichen Rahmen hinaus tätig zu werden, die eigentlich heute einer integrativen Versorgung entgegensteht. Auch im Krankenhausbereich stehen Änderungen auf der Tagesordnung. Ich erinnere hier nur an das Ende des traditionellen Chefarztsystems mit seinen strengen Hierarchien, wie wir es heute immer noch oft spüren, und demgegenüber kooperative Systeme unter den Ärzten, die zweifelsohne erforderlich sind.
Auch zu bedenken, und das ist sicherlich ebenfalls ein Hemmnis, ist bei dieser neuen Situation eine gewollte Vertragsgestaltung zwischen Ärzten und Kassen, insbesondere den KVen. Letztlich ist gerade dieser Punkt der, der im politischen Raum so brisant ist, denn nur gemeinsam mit den Selbstverwaltungsorganen, also auch mit der KV, kann es gelingen, diesen integrativen Ansatz umzusetzen. Die vielen Verträge – hoffentlich nicht nur Einzelverträge zwischen den Kassen und den Ärzten – sind natürlich auch eine Herausforderung im politischen Raum, denn wenn jetzt diese Verträge zwischen den Ärzten und den Kassen gewollt werden, müssen wir mit darauf achten, dass nicht neue Monopole entstehen, Monopole, die wir an anderen Stellen in diesem Zusammenhang ganz massiv kritisiert haben.
Ich möchte jetzt nicht noch einmal zu Zielen und Inhalten der integrativen Versorgung sprechen. Das wurde schon ausführlich von meinen Vorrednern getan. Ich möchte Ihnen das deshalb im Sinne des Themas hier ersparen, weil die inhaltlichen Ausführungen erschöpfend waren.
Zum Schluss vielleicht noch einmal ein ganz kurzer Gedanke mit Blick auf das momentane Monopol, was letztlich bei den Krankenhäusern liegt, die heute aufgrund dessen, wie sie arbeiten – als Insellösung –, oft immer noch das Monopol haben. Wenn wir es wirklich wollen, dass die Hausärzte gemeinsam für die Patienten wirksam werden in gemeinsamer Arbeit mit den Krankenhäusern, dann soll das sicherlich mit die Lösung sein: Weg von der heutigen Insellösung hin zur ambulanten Versorgung als Angebot für die Menschen – auch im ländlichen Raum –,