Protocol of the Session on April 20, 2005

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen, dass die Position Deutschlands in der EU-Finanzplanung von gegenläufigen Interessen gekennzeichnet ist. Einerseits möchte der Bund als Nettozahler den EU-Haushalt möglichst klein halten und die Unterstützung aus den Strukturfonds weitestgehend auf die ärmsten Regionen beschränken, andererseits haben die Bundesländer großes Interesse daran, möglichst viele Fördergelder aus den Fonds zu erhalten.

So fürchten die ostdeutschen Regionen, da sie durch die Erweiterung um zehn deutlich ärmere Länder relativ reicher geworden sind, um ihren Status als Ziel-1-Förderregion. Bayern hingegen beansprucht eine Förderung für Regionen entlang der Grenze zu den neuen EU-Ländern. Da die Zahlung an den Gemeinschaftshaushalt der Bund leistet, die Rückflüsse in Form von Strukturbeihilfen aber an die Länder gehen, erscheint eine gemeinsame Position von Bund und Ländern schwierig. Deswegen haben wir im Landtag am 24. Juni 2004 auch beschlossen, zumindest eine Abstimmung in Bezug auf die neuen Bundesländer hinzubekommen, weshalb eine Sitzung unseres Ausschusses mit den Europaausschüssen aller ostdeutschen Landesparlamente geplant ist. Ich könnte mir vorstellen, dass wir anlehnend an die Beschlüsse der Ostministerpräsidentenkonferenz eine gemeinsame Erklärung der EU-Ausschüsse hierzu erarbeiten könnten, die dann der zuständigen EU-Kommissarin zur Kenntnis gegeben werden könnte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zum letzten Punkt: Wenn wir uns mit EUPolitik befassen, wird es aus parlamentarischer Hinsicht auch darum gehen zu prüfen, wie die Wahrnehmung der Interessen unseres Bundeslandes in EU-Angelegenheiten am besten erfolgen kann. Dies war auch ein wichtiger Aspekt des Informationsbesuches vor zwei Wochen in Brüssel. Es

wird darum gehen zu prüfen, wie europafähig MecklenburgVorpommern ist, das heißt, dass wir uns generell in EUAngelegenheiten besser einbringen können, um mitzureden, wie wir eine Qualitätssteigerung im Umgang mit der Befassung von EU-Sachen erhalten, kurzum, welche Perspektiven hierfür aufgemacht werden können. Schon in der nächsten Ausschusssitzung werden wir dieses Thema sehr konstruktiv angehen und ich bin mir sicher, dass wir sie fraktionsübergreifend und gemeinsam zum Wohle unseres Landes befördern können. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Danke schön, Herr Krumbholz.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern Dr. Ringstorff. Bitte schön, Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich mich hier so umschaue, ist für viele scheinbar Europa doch sehr, sehr weit entfernt.

(Rainer Prachtl, CDU: Für die Regierung gilt das aber auch, mein Lieber! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Dabei wird Europa für Mecklenburg-Vorpommern aber immer wichtiger. Viele Entscheidungen erfolgen zwar in Brüssel, haben aber unmittelbare Auswirkungen vor Ort in Mecklenburg-Vorpommern. Auch die ausführliche Befassung der Landtagsausschüsse mit dem Europabericht zeigt, die Bedeutung europapolitischer Themenstellungen in unserem Land nimmt zu.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr wahr.)

Der Berichterstatter hat schon darauf hingewiesen, mit der Vorlage des ersten Europaberichtes startet die Landesregierung ein neues Kommunikationsmanagement auf europapolitischer Ebene.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Übergeordnete europäische Entwicklungen, die für das Land von besonderer Bedeutung sind, sind in Zukunft alle zwei Jahre Teil der Berichterstattung, ohne Parlamentsinformationsgesetz, Herr Abgeordneter Born.

(Harry Glawe, CDU: Wunderbar, wunderbar!)

Dieses neue Kommunikationsmanagement erschöpft sich dabei keineswegs in der schriftlichen Unterrichtung. Der Beschlussentwurf zeigt, glaube ich, dass hier flexibel reagiert werden und der Landtag prüfen kann, ob und wie er sich politisch bei europäischen Themen einbringen möchte. Auf einige, gegenwärtig aus Landessicht bedeutsame Themen möchte ich kurz eingehen.

1. Die zukünftige Ausrichtung der europäischen Struktur und Regionalpolitik

Während meiner Reise nach Brüssel im März 2005 habe ich deutlich gemacht, wie wichtig die Fortführung der EU

Förderung als Ziel-1-Gebiet für Mecklenburg-Vorpommern ist und dass sie nur dann Sinn macht, wenn auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitgestellt werden. Nach den neuesten Daten der EU-Statistiker können wir optimistisch sein, auch weiterhin als Ziel-1-Gebiet unterstützt zu werden.

Wie wichtig die EU-Förderung der ostdeutschen Länder angesichts des unbefriedigenden Wirtschaftswachstums und der viel zu hohen Arbeitslosigkeit ist, habe ich auch noch einmal dem Präsidenten der Europäischen Kommission am letzten Donnerstag in Berlin verdeutlicht. Im Gespräch wies ich darauf hin, dass der wirtschaftliche Aufholbedarf im Osten bei der Neuausrichtung der so genannten Lissabon-Strategie zur Erhöhung von Wachstum und Beschäftigung in der EU berücksichtigt werden muss. Regionen, die wirtschaftlich gegenüber dem Gemeinschaftsniveau Nachholbedarf haben, müssen auch in Zukunft mitgenommen werden, auch wenn der nationale Wohlstand des gesamten Landes vergleichsweise hoch ist.

2. Schiffssicherheit

Im März hat die Staatskanzlei dazu in Brüssel eine internationale Konferenz ausgerichtet. Der Landtag war dort auch vertreten. Der Vizepräsident der Europäischen Kommission und zugleich für Verkehr zuständige Kommissar Barrot war dort, zahlreiche europäische Institutionen und alle auch mit dem Thema befassten internationalen Organisationen waren vertreten. Das zeigt, dass wir im Schulterschluss mit Schleswig-Holstein und Hamburg nicht nur aus Sicht der Ostseeanrainer ein Thema von erheblicher Brisanz aufgegriffen haben. In den Schlussfolgerungen zu der Konferenz werden ganz konkrete Anforderungen genannt, um die auf EU- und IMO-Ebene beschlossenen Maßnahmen möglichst schnell umsetzen zu können. Mit dem Verbot von Schweröltransporten in Einhüllentankern, deren beschleunigter Außerdienststellung und einem neuen Verkehrsführungssystem für die Kadetrinne haben wir dabei schon erste, ich glaube, sehr wichtige Erfolge erzielt.

3. Europäische Meerespolitik

Die Europäische Kommission beabsichtigt, im nächsten Jahr zu dem Thema ein Grünbuch vorzulegen, in dem alle wichtigen Aspekte der Meerespolitik aus unterschiedlicher Sichtweise beleuchtet werden sollen. Ich habe in Brüssel dafür geworben, dass die Kommission im Vorfeld auch die Beiträge aus den Regionen einholt und berücksichtigt. Die Landesregierung strebt übrigens eine gemeinsame Stellungnahme aller norddeutschen Länder an, die dann in den Diskussionsprozess einfließen könnte.

Meine Damen und Herren, die Präsidentin dieses Hohen Hauses hat sich gemeinsam mit den Mitgliedern des Ältestenrates und des Rechts- und Europaausschusses kürzlich selbst in Brüssel aufgehalten und dort einen Eindruck von der effektiven Arbeit unseres Informationsbüros bekommen. Bei der Informationsgewinnung unter Einbringung von Landesinteressen zu europapolitischen Themen sind wir innerstaatlich, aber auch gegenüber der EU gut aufgestellt. Trotzdem dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass europäische Entscheidungsprozesse in aller Regel Kompromisse sind.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Umso wichtiger ist es, bei Landesinteressen mit Europabezug trotz aller Kompetenzfragen politisch möglichst mit einer Stimme zu sprechen,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

denn nur so werden wir auf der EU-Ebene wahrgenommen. Wir müssen uns dabei auf die europäischen Themen konzentrieren, die uns spezifisch betreffen. Wenn wir das möglichst effizient tun, haben wir auch in Europa als kleines Land im großen Europa eine gute Chance, gehört zu werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, PDS und einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Ministerpräsident.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ankermann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Herren Vorredner haben ja bereits wesentliche Kernpunkte des vorliegenden Antrages in ihren beachtlichen Redebeiträgen herausgestellt, so dass ich mich hier nur noch auf einige wenige Punkte konzentrieren möchte, allerdings nicht nach dem Motto: „Es ist zwar schon alles gesagt worden, aber noch nicht von jedem.“ Da können Sie ganz beruhigt sein.

Nicht nur die die Landesregierung tragenden Fraktionen sind positiv angetan von dem Engagement und auch von dem sichtbaren Bemühen der Mitarbeiter in der Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die die Staatskanzlei und die Ressorts mit den erforderlichen Informationen versorgen soll und auch versorgt. Wir haben dieses ja vorhin auch gehört. Unter Beachtung des haushaltsrechtlichen Stellenplanes halten wir dies indes für eine Sisyphusarbeit, die so, wie sie erforderlich wäre, in diesem Umfange gar nicht zu leisten ist.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Hier gilt es, die Qualität deutlich zu verbessern und so zu einer Steigerung der Informationsqualität zu gelangen. Neben der Möglichkeit, hier über PPP zu agieren, über Private Public Partnerchip, ist vielmehr ein hoher Vernetzungsgrad zwischen den betroffenen Ressorts der Landesregierung und der Landesvertretung in Brüssel herzustellen, indem beispielsweise Beamte nach Brüssel abgeordnet werden, die dann so frühzeitig und rechtzeitig Kenntnis von Entwicklungen erhalten, das heißt mit der Möglichkeit der Einflussnahme ihre Häuser in Schwerin jeweils informieren können. Hier sind insbesondere das Landwirtschafts-, das Arbeits- und das Wirtschaftsministerium gefordert, weil gerade diese Ressorts in besonderer Weise mit den Vorgaben aus Brüssel konfrontiert werden. Das wissen wir alle. Dieses sind alles keine neuen Erfindungen, sondern Erfahrungen aus anderen Ländern, die in dieser Hinsicht oft erfolgreicher sind, und – man höre und staune – Erfahrungen aus der 1. Legislaturperiode in Mecklenburg-Vorpommern.

Herr Ministerpräsident, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede sinngemäß gesagt, dass für viele Europa doch weit entfernt sei. Zwischenrufe sind auch gleich erfolgt. Das ist wohl richtig, trifft aber nicht nur für die Abgeordneten, die hier vor uns sitzen, zu, sondern das trifft auch für die Damen und Herren Minister zu.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU)

Denn ich stelle fest, wenn ein Wirtschaftsminister Ebnet in seiner gesamten Amtszeit sich noch nicht einmal persönlich einen Einblick in die Möglichkeiten des Büros der Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Brüssel verschafft hat,

(Volker Schlotmann, SPD: Stimmt das?)

kann er zumindest von diesem Hause nicht erwarten, dass Defizite und Chancen in gleicher Weise erkannt werden. Dann sind und bleiben Wirtschaft und Wirtschaftswachstum im Lande eben so, wie sie sind, nämlich mit dem Namen dieses Ministers verhaftet und gänzlich eingeebnet.

(Beifall und Heiterkeit bei Rainer Prachtl, CDU: Eingeebnet!)

Zum Schluss gestatten Sie mir noch eine Bemerkung. Auch meine Vorredner haben zu erkennen gegeben, welchen Stellenwert Sie und Ihre Fraktion der Europapolitik für erfolgreiche Landespolitik beimessen. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage, auch eine Vernetzung der ostdeutschen Bundesländer wäre in einigen Fragen sinnvoll. Der Kollege Krumbholz hat es auch so erwähnt. Mit größtem Bedauern nehmen wir von der Union und offenbar auch Kolleginnen und Kollegen von PDS daher zur Kenntnis, dass die SPD-Fraktion eine dringend notwendige Beratung aller Europapolitiker der ostdeutschen Landtage zu europapolitischen Themen hier im Schweriner Schloss verhindert, um einer Hand voll rechtspopulistischer oder rechtsextremer Abgeordneter

(Volker Schlotmann, SPD: Sie können auch Neonazis sagen, Herr Ankermann.)

den Eintritt in dieses Hohe Haus zu verwehren. Bei aller Sympathie für Ihre Haltung, Herr Schlotmann und meine Damen und Herren von der SPD, erweckt wird hier der Eindruck, als wedele der Schwanz mit dem Hund. Wir können und dürfen als frei gewählte Abgeordnete aus fünf deutschen Landesparlamenten nicht zulassen, dass uns eine verschwindend geringe Anzahl dieser Abgeordneten handlungsunfähig macht. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Ankermann.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Detlef Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Volker Schlotmann, SPD: Sagen Sie mal, dass das der Sache nicht dienlich war, das hier so zu thematisieren!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie auch mir einige Anmerkungen zu dem vorliegenden Bericht.