Protocol of the Session on March 9, 2005

Eine weitere Seite des Anliegens des Antrages ist es, dass in Mecklenburg-Vorpommern künftig viel mehr älte

re einheimische Menschen aus anderen Bundesländern, aber eben auch Migranten, hier ihren Lebensabend verbringen wollen und auch können. Deshalb ist es von Bedeutung, nicht nur aus demographischen Gründen, sondern auch aus gesellschaftspolitischer Verantwortung heraus sich künftig intensiver mit älteren und älter werdenden Migranten zu beschäftigen. Dazu sind am ehesten Sozialpädagogen und Pflegekräfte mit Migrationshintergrund aus dem eigenen Erfahren geeignet. Informationen über das deutsche System der Versorgung von älteren Menschen sind häufig nicht bekannt. Andererseits sind deutsche Institutionen auf Neuklientel bisher nur in Ausnahmefällen vorbereitet. Es ist also Personal erforderlich, das hilft, zum Beispiel Altenhilfestrukturen interkulturell zu öffnen. Ziel ist es, älteren Migranten, ebenso wie allen anderen auch, ein würdevolles Leben im Alter zu ermöglichen.

Aufgrund der speziellen Alterszusammensetzung und des noch nicht überwiegenden Anteils Jüngerer unter älteren Migranten werden in der Zukunft zunehmend gesundheitliche Probleme in diesen Gruppen zu erwarten sein. Der dritte Altenbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2001 verweist darauf, dass bislang ein häufiges Auftreten von Krankheiten bei älteren Bürgerinnen und Bürgern durch deutsche Ärzte behandelt wird, aber viel zu wenig interkulturelle Qualifikationen beachtet werden. So wird zum Beispiel der Gesundheitszustand aufgrund besonderer Belastungsfaktoren schlechter. Hinzu kommt, dass migrationsspezifische Belastungen auf das seelische Wohl wirken, Wohnungen von Migranten oft schlecht ausgestattet und für Pflegebedürftigkeit gar nicht geeignet sind. Die meisten Migranten kommen aus Ländern mit niedriger Lebenserwartung, so dass 55-Jährige häufig gleiche Krankheitssymptome wie bei uns die 70-Jährigen haben.

Dringend ist die interkulturelle Öffnung der sozialen und medizinischen Dienste. Durch Fortbildung ist größere Rechtssicherheit und mehr Information über Gründe und Hintergründe von Migration herzustellen. Der Antrag ist auch in der Tatsache der veränderten Rolle Deutschlands und damit Mecklenburg-Vorpommerns im Herzen Europas einzuordnen. Interkulturelle Bildung im Zusammenleben der verschiedenen Kulturen ist dabei von großer Bedeutung und daher gesamtstaatliche Aufgabe. Insofern ist der Antrag auch als Beitrag zur Einsicht zu verstehen, dass wir eine offene Gesellschaft sind und Menschen aus vielen Kulturen hier leben und auch weiterhin leben wollen.

Zukünftig werden sich alle Bereiche sozialer und medizinischer Arbeit, von Kita bis Altenheim, von Pflegeschwester bis stationäre Einrichtung, interkultureller Themen annehmen müssen. Bei einem Fehlschlagen der Integration der Migranten entsteht eine Situation mit verfestigten ethnischen Minderheiten mit daraus erwachsenden negativen Konsequenzen und auch einem gewissen Gefährdungspotential. Deshalb dürfen wir die alten Fehler nicht wiederholen und müssen eine erfolgreiche Einwanderungspolitik anstreben, die sich mehr mit Inhalten als nur mit Quotenfestsetzungen und Kriterienkatalogen sowie wünschenswerten Qualitäten künftiger Migranten beschäftigt.

Es bedarf – und das ist mein letzter Satz – einer Aussicht für die sich Niederlassenden und einer Aussicht für die, die sich sozial aufstellen wollen. In diesem Sinne würden wir einen Beitrag leisten, um dem bestehenden bezie

hungsweise prognostizierten Arbeitskräftemangel, wie im Antrag angesprochen, und damit den hiermit verbundenen Gefahren für die Sozialsysteme in der BRD zu begegnen.

(Beifall Regine Lück, SPD – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Die Begrün- dung sagt was ganz anderes, Herr Walther.)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Renz?

Selbstverständlich.

Bitte, Herr Renz, fragen Sie.

Sehr geehrter Herr Walther, Herr Glawe hat ausgeführt, dass im Bereich Gesundheitsberufe 3.165 Arbeitskräfte in Mecklenburg-Vorpommern arbeitslos sind. Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund Ihres Antrages hier diese Zahl und die Notwendigkeit Ihres Antrages? Ich möchte zur Unterstützung noch mal sagen, bei den Krankenschwestern sind es 721 Arbeitslose, bei Ärzten 183 Arbeitslose. Wie bewerten Sie diesen Zusammenhang?

(Birgit Schwebs, PDS: Das ist wohl Stammtischgerede?!)

Kollege Renz, ich kann sagen, Arbeitslosigkeit hat sehr unterschiedliche Hintergründe und es gibt auch in jedem Fall der persönlich Betroffenen immer, glaube ich, eine ganz unterschiedliche Situation, warum der Einzelne, die Einzelne nicht in Arbeit ist. Es sind manchmal auch, das muss man sagen, selbstgewählte Wege. Es gibt logischerweise einen genügend großen Raum von Personen, die betroffen sind, die gern arbeiten würden, aber aus welchen Gründen auch immer, weil die fehlende Struktur beispielsweise es nicht hergibt, eben keine Arbeit finden.

Ich kann an der Stelle nur noch mal auf den Fall aus dem Petitionsausschuss verweisen. Wir hatten den Fall, dass eine Migrantin abgeschoben werden sollte, die die fachliche Ausbildung hatte, für die Bedarf da war. Sie sollte von einer Klinik eingestellt werden und diese wollten sie auch haben, die gute Frau, aber sie sollte abgeschoben werden. Also an der Stelle sage ich immer, wenn sie es geschafft hat in der kurzen Zeit, in der sie in Deutschland war, für sich eine Stelle zu finden, dann sollte man das nicht bremsen.

(Bernd Schubert, CDU: Er hat doch eine ganz andere Frage gestellt.)

Und dieses, eine Stelle für sich zu finden, ist natürlich die Situation, vor der viele andere auch stehen. Dementsprechend kann ich jetzt nicht für die 3.000 Schicksale, die Sie hier als Zahl benannt haben, definieren, was zu den einzelnen persönlichen Biographien geführt hat, warum sie heute arbeitslos sind. Also wir werden bei den 5,2 Millionen Arbeitslosen in Deutschland in Gänze sicherlich auch nicht fragen, warum sie alle im Einzelnen arbeitslos sind.

Gestatten Sie mir eine Nachfrage?

Noch eine Nachfrage?

Ja, bitte.

Bitte, Herr Renz.

Also ich beziehe mich jetzt auf die 210.000 Arbeitslosen in Mecklenburg-Vorpommern und wiederhole noch mal die Zahl von über 3.000 Arbeitslosen im Gesundheitsbereich in Mecklenburg-Vorpommern und nirgendwo anders. Sollte ich Ihren Ausführungen jetzt entnehmen, dass diese enorme Zahl von über 3.000 Einzelschicksale sind, oder ob es nicht doch eine größere Anzahl Betroffener ist, wo man das Argument Einzelschicksal außer Acht lassen sollte?

(Unruhe bei Ministerin Dr. Marianne Linke)

Das möchte ich so jetzt nicht bewerten, Herr Renz. Es ist ein bunter Blumenstrauß, sag ich jetzt mal, nicht im Positiven, aber in den verschiedenen Lebensbiographien, die dazu führen können, dass man arbeitslos wird oder arbeitslos ist. Und ich möchte nicht hier vom Podium aus beurteilen, wie das bei diesen 3.000 Menschen konkret aussieht. Es ist jeder für sich genommen ein ernst zu nehmender Fall und ich möchte hier nicht heute sagen, dass es, aus welchen Gründen auch immer, passiert ist. Das steht mir gar nicht zu. Ich erkenne das Problem. Wir haben uns darauf verständigt, wie wir einen Teil des Problems, das gebe ich zu, lösen können, und ich hoffe, dass möglichst viele – und das haben ja auch Frau Voland und alle anderen Rednerinnen und Redner gesagt – von den jetzt beispielsweise von Ihnen benannten Zahlen unter den Aktivitäten, die bereits durch die Sozialministerin angeschoben wurden, wieder in Arbeit bei uns in Mecklenburg-Vorpommern kommen. Dazu sollten aus meiner Sicht selbstverständlich auch möglichst viele derer gehören, die Sie eben beschrieben haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Walther.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Timm von der Fraktion der CDU.

(Angelika Peters, SPD: Donnerwetter!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin kein Mediziner, aber ich habe sehr viel damit zu tun. Und sehr viel damit zu tun heißt, dass ich sehr gut einschätzen kann, wie die Lage der ärztlichen Versorgung in diesem Land ist. Wenn wir davon ausgehen, dass die ärztliche Versorgung in diesem Land gefährdet ist, dann kann ich mich nur den Worten unseres Ministerpräsidenten anschließen, der immer so sagt: „Die CDU redet dieses Land schlecht.“ Meine Damen und Herren von der PDS und von der SPD, in diesem Falle reden Sie das Land schlecht!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Egbert Liskow, CDU: Genau. – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Genauso ist das, Herr Kollege Dankert, genauso ist es. Es ist unangenehm, wenn man den Spiegel vor das Gesicht gehalten bekommt,

(Heinz Müller, SPD: Das kommt darauf an.)

das geht mir manchmal auch so.

(Reinhard Dankert, SPD: Ich fürchte den Spiegel nicht.)

Das ist in Ordnung. Aber dann sollten Sie auch sachlich damit umgehen.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Was wir brauchen, sind vernünftige Eingangs- und Einstiegsbedingungen für junge approbierte Ärzte, vor allen Dingen auch im privatwirtschaftlichen medizinischen Bereich.

(Beifall Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Der ist derzeitig in Mecklenburg-Vorpommern nicht vorhanden, überhaupt nicht vorhanden.

Herr Kollege Dankert, falls Sie mir das nicht glauben wollen, was natürlich möglich ist, dann würde ich Ihnen empfehlen: Suchen Sie mal Ihren Hausarzt oder Ihren Facharzt, den Sie kennen, auf und fragen Sie ihn, wie er denn Vorsorge betreiben kann in seiner Praxis, dass er einen in der Fachausbildung befindlichen oder bei ihm anfangenden jungen Arzt, wenn er Facharzt ist, vorbereiten kann in fünf Jahren, und zwar in dem Prognosezeitraum, den wir hier jetzt besprechen und behandeln, so ausbildet und auch auf seinen Versorgungsbereich orientiert. Das ist nicht möglich, meine Damen und Herren. Das ist nicht möglich. Das geben unsere derzeitigen, ich würde das sehr vorsichtig ausdrücken, Vorschriften und gesetzlichen Bedingungen nicht her.

Und es kommt noch etwas hinzu, was ich von diesem Punkt hier auch mit ansprechen will: Krankenhäuser gehen vermehrt mit in die ambulante Behandlung hinein. Damit sind besonders im Bereich der Fachpraxen Existenzgefährdungen vorhanden, akute Existenzgefährdungen.

Sehr geehrter Herr Kollege Walther, ich lade Sie dazu ein – ich bezahle auch die Fahrt, damit Sie nach Rügen kommen können – und dann werde ich Ihnen das mal zeigen, wie das geht und wie das gemacht wird.

(Siegfried Friese, SPD: Er hat eine Freifahrt- karte. Das brauchen Sie nicht zu bezahlen.)

Die Frau Sozialministerin – ich nehme an, dass sie von ihrem Staatssekretär unterrichtet worden ist – weiß, was ich meine. Ich will Folgendes: Es geht mir nicht darum, dass ich hier etwas in Bausch und Bogen niederreden will. Ich bin aber der Meinung, dass es uns außerordentlich schwer fallen wird, das, was hier in diesem Hause jetzt besprochen worden ist und was zur Abstimmung steht, den Medizinern, den Pflegern und dem Pflegepersonal in diesem Land zu vermitteln.

(Beifall Bernd Schubert, CDU)

Wenn Sie dazu auch in der Lage sind und bewiesen haben, dass Sie das können, dann will ich gern Ihrem Antrag zustimmen. Derzeit ist das für mich unmöglich. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Timm.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende Herr Schlotmann von der Fraktion der SPD.

Meine Damen und Herren! Ich hatte nicht vor, hier zu dem Thema noch zu reden, aber was hier abgelaufen ist, ist mehr als absurd. Worum geht es denn hier tatsächlich bei diesem Antrag? Ich weiß nicht, wozu Sie geredet haben.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das haben wir doch eben gehört.)