Protocol of the Session on December 15, 2004

Sechstens. Das neue Disziplinarrecht bringt schließlich einerseits mehr Effektivität, andererseits aber zugleich eine Verbesserung rechtsstaatlicher Garantien für den jeweils betroffenen Beamten. Nach derzeitigem Recht ist die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtes nur möglich, wenn das Verwaltungsgericht diese Berufung ausdrücklich zulässt. Dieses Zulassungserfordernis

soll zukünftig für Disziplinarverfahren entfallen. Für den betroffenen Beamten bedeutet die neue Regelung, dass er ein verwaltungsgerichtliches Urteil somit ohne Erfüllung besonderer Zulassungsvoraussetzungen durch eine zweite Instanz jederzeit überprüfen lassen kann.

Des Weiteren soll zukünftig gegen Disziplinarentscheidungen des Oberverwaltungsgerichtes die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht möglich sein. Den betroffenen Beamten stehen dadurch drei statt bisher zwei Rechtsschutzinstanzen zur Verfügung. Damit wird dem rechtsstaatlichen Gedanken des effektiven Rechtsschutzes in einer Weise nachhaltig Rechnung getragen, die es so im Bundesrecht und auch in den anderen Disziplinargesetzen der Länder nicht gibt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch klarstellen: Dieser Gesetzentwurf ist in der Gesamtschau keinesfalls strenger als das Bundesrecht, wie schon jene weitergehende Regelung zum Rechtsschutz zeigt. Der Gesetzentwurf ist in weiten Teilen anders strukturiert und sicherlich nicht nur eine Eins-zu-eins-Abbildung des Bundesdisziplinargesetzes. Damit würden die Landesregierung und auch der Landesgesetzgeber das Ziel verfehlen, wirklich eigenes Landesrecht aufgrund eigener landespolitischer und Verwaltungserfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen.

Meine Damen und Herren, die aufgezeigten Eckpunkte des Gesetzentwurfs machen deutlich...

(Tonstörung)

Was ist jetzt los?

(Torsten Renz, CDU: Abbruch der Sitzung! Das geht ja so nicht weiter!)

Die aufgezeigten Eckpunkte des Gesetzentwurfs machen deutlich, dass es sich bei der vorgeschlagenen Reform des Disziplinarrechts keineswegs um bloße kosmetische Korrekturen handelt. Vielmehr wird eine wesentliche Rechtsmaterie innerhalb des öffentlichen Dienstrechtes völlig neu gestaltet. Dies ist ein Baustein auf dem Weg zu einem modernen Dienstrecht. Die aktuelle Diskussion in der Föderalismuskommission, von der heute früh ausführlich hier die Rede war, die selbst vor einer Änderung der grundgesetzlichen Festlegungen zu den so genannten hergebrachten Grundsätzen des Beamtentums keinen Halt macht, zeigt, welche Schubkräfte für eine grundlegende Reform des Dienstrechtes jetzt vorhanden sind. Die Länder erhalten im Dienstrecht deutlich mehr Gestaltungsspielräume als vorher und diese sollten wir in Mecklenburg-Vorpommern nutzen. Eine Entbürokratisierung des Disziplinarrechts ist daher das Gebot der Stunde. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Innenminister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Dr. Jäger. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Innenminister, das war ja schon richtig mit Herzblut vorgetragen,

(Heiterkeit bei Rainer Prachtl, CDU: Sieht so das Herzblut des Ministers aus?)

als sei das das Kernstück der Bedürfnisse, die dieses Land hat. Also ein Herzstück oder ein Prunkstück der Deregulierung ist dieser Gesetzentwurf nicht. Ich hätte als Erstes daran gedacht, nachdem sich das Bundesrecht vor einigen Jahren geändert hat und wir mittlerweile die gleichen Gerichte haben, die das Landesdisziplinarrecht und das Bundesdisziplinarrecht in unserem Lande vollziehen, ob man nicht einfach die bundesrechtliche Regelung übernimmt. Das hätte den Vorteil, dass wir die Rechtsprechung, die auf Bundesrecht beruht, auch ins Land übernehmen könnten. Das wäre ein wirksamer Beitrag zur Rechtssicherheit. Nein, Sie machen das anders. Sie gehen jetzt her und ändern die Verfahrensordnung im Disziplinarrecht und geben dem Dienstvorgesetzten statt der doch sehr schlagkräftigen Materie – ich verweise auf die Strafprozessordnung – das Verwaltungsverfahrensrecht.

(Minister Dr. Gottfried Timm: Ja.)

Glückwunsch, das funktioniert überhaupt nicht! Haben Sie im Verwaltungsverfahrensrecht eine einzige Bestimmung zur Zeugenvernehmung? Haben Sie eine einzige Bestimmung zur Durchsuchung? Herr Minister, wissen Sie, was Sie machen? Sie behindern das Disziplinarrecht dadurch, dass Sie jetzt fast zwingend in jedem Fall aussetzen müssen, das Disziplinarverfahren und ein paralleles Strafverfahren abwarten müssen, während auf Bundesebene das eine Kann-Bestimmung ist. Sie bekommen nämlich nicht die Erkenntnisse und Sie werden dann überrascht durch eine strafrechtliche Beurteilung, die möglicherweise erheblich abweicht von dem, was der Disziplinarvorgesetzte gemacht hat. Wir werden das im Rahmen der Ausschussberatungen sehr deutlich untersuchen müssen. Da werden wir auch auf die Dinge eingehen, die Sie noch in das Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes mit hineingepackt haben nach dem Motto: Schieben wir das mal rein, schauen wir mal, ob die Abgeordneten das merken. Wir werden es genauer untersuchen.

Aber es gibt einen Kernpunkt, den haben Sie zu Recht angesprochen. Sie haben das als Vorteil angesehen. Darüber werden wir uns sehr genau unterhalten müssen. Sie erweitern die Befugnisse des Disziplinarvorgesetzten und sagen uns fröhlich, ja, aber dafür erweitern wir auch den Rechtsschutz des Beamten, er bekommt auch noch eine Berufungsinstanz und möglicherweise noch die Revisionsinstanz beim Bundesverwaltungsgericht. Aber es prüft in den Fällen, bei denen bisher nur die Disziplinarkammer derartige Disziplinarstrafen aussprechen konnte, vorweg keiner, sondern es ist das Gericht erst vom Beamten anzurufen, und wie lange es bei uns im Lande dauert, bis klar ist, wer denn Recht hatte, der Disziplinarvorgesetzte oder der Beamte oder der Untersuchungsführer oder, wie es jetzt heißt, der Ermittlungsführer, das stellt sich nach drei Jahren heraus. So lange hängt das. Und da, würde ich sagen, lassen Sie uns noch einmal gemeinsam prüfen, ob wir uns lieber an die bundesrechtliche Regelung anlehnen. Ich will nicht sagen, dass die Arbeit schlurrig gemacht worden ist. Ganz im Gegenteil, wenn man Ihre Prinzipien so anlegt, dann ist das Gesetz in sich folgerichtig. Was ich aber nicht glaube, ist, dass Ihre Prinzipien an diesem Punkt alle so richtig sind, und das werden wir untersuchen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Dr. Nieszery. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Ministers und dem juristischen Kurzseminar durch Herrn Jäger ist im Prinzip das Wesentliche gesagt. Ich darf seitens der SPD-Fraktion sagen, dass wir der Überweisung natürlich zustimmen. Gleichwohl sind uns auch Bedenken zugetragen worden, seitens der Gewerkschaften im Hinblick auf Fristbindungen und so weiter, die wir ausführlich im Beratungsverfahren in den Ausschüssen beraten werden.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU)

Das werden wir auch tun. Und ich hoffe, dass wir mit der Opposition dort eine einvernehmliche Regelung herbeiführen können. Ich bin da sehr zuversichtlich. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Egbert Liskow, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

Danke schön, Herr Dr. Nieszery.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Ritter. Bitte schön, Herr Ritter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich an Herrn Dr. Nieszery orientieren und auch auf einen Teil meiner vorbereiteten Rede verzichten, aber dennoch, auch wenn der Minister hier den wesentlichen Inhalt des Gesetzentwurfes vorgestellt hat, auf zwei kritische Punkte aus unserer Sicht hier aufmerksam machen.

Das ist erstens der Punkt der Fristenverlängerung bei Verwertungsverboten, der aus meiner Sicht einfach zu deftig ausgefallen ist. Und da in der Gesetzesbegründung gesagt wird, dass beabsichtigt ist, mit dem Bundesdisziplinargesetz Gleichklang herzustellen, fragt man sich als Beteiligter natürlich, wieso dies bei der Fristenregelung nicht gemacht wird. Im Bundesrecht greifen ganz einfach kürzere Fristen und wir sollten uns auch an dieser Stelle am Bundesrecht orientieren. Es will mir schlicht und einfach auch die diesbezügliche Argumentation nicht in den Kopf, dass die drastische Fristverlängerung deshalb begründet sei, weil das Vorermittlungsverfahren abgeschafft würde. Da beißt sich das ganze Anliegen doch selbst an dieser Stelle. Ich finde, dass aus dieser Argumentation kein Schuh wird, weil das Vorermittlungsverfahren nämlich bislang drei Monate betrug. Damit ist es doch ein relativ kurzfristiges Verfahren und seine Abschaffung rechtfertigt aus meiner Sicht nicht die enorme Fristausweitung, wie sie jetzt vorgesehen ist.

Und der zweite kritische Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, den wir auch in den Ausschussberatungen ansprechen werden, betrifft die Einführung einer neuen Sanktion für Ruhestandsbeamte, die Geldbuße und zugleich deren Aufstockung von 250 auf 500 Euro. Man ist vielleicht versucht zu sagen, der Personenkreis kann eine solche Buße tragen, dennoch habe ich Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Regelung. Ehrlich gesagt, ich frage mich, was das soll, zumal auch hier vom Bundesgesetz

abgewichen wird. Aber vielleicht hat man einen bestimmten Fall im Auge, wo man irgendeinem Sünder, der seinem Ruhestand frönt, gleichsam einen deutlichen Nachschlag verpassen will. Und auch hierzu finde ich die Begründung doch recht merkwürdig, wenn uns gesagt wird, es würde keine neue Sanktion geschaffen, sondern nur der Geltungsbereich der bisherigen Geldbuße ausgedehnt. Ich halte diese Argumentation für haarspalterisch. Jedenfalls in Bezug auf den Ruhestandsbeamten ist es doch wohl eine neue zusätzliche Sanktion, die hier eingeführt wird. Ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten in den Ausschüssen beide Punkte noch einmal in Ruhe beraten. Ich plädiere für die Überweisung des Gesetzentwurfes. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Reinhard Dankert, SPD)

Danke schön, Herr Ritter.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf der Drucksache 4/1423 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe nunmehr auf den Z u s a t z t a g e s o r d n u n g spunkt 1: Nachwahl eines Mitglieds der Parlamentarischen Kontrollkommission gemäß § 27 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Mecklenburg-Vorpommern, hierzu Wahlvorschlag der Fraktion der PDS auf der Drucksache 4/1474.

Nachwahl eines Mitglieds der Parlamentarischen Kontrollkommission gemäß § 27 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Mecklenburg-Vorpommern (LVerfSchG)

Wahlvorschlag der Fraktion der PDS: Nachwahl eines Mitglieds der Parlamentarischen Kontrollkommission gemäß § 27 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Mecklenburg-Vorpommern (LVerfSchG) – Drucksache 4/1474 –

Meine Damen und Herren, nach Artikel 32 Absatz 4 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit Paragraph 93 Absatz 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung findet in der Regel bei Wahlen eine geheime Abstimmung statt. Sie erfolgt durch die Abgabe von Stimmzetteln.

Wir kommen zur Wahl.

Den für die geheime Abstimmung allein gültigen weißen Stimmzettel erhalten Sie nach Aufruf Ihres Namens von der Schriftführerin zu meiner Rechten. Auf dem Stimmzettel ist der Name des Kandidaten aufgeführt. Ich darf Sie bitten, sich nach Erhalt des Stimmzettels in die Wahlkabine zu meiner Linken zu begeben. Der Stimmzettel ist in der Kabine anzukreuzen und so zu falten, dass eine geheime Wahl gewährleistet ist. Bevor Sie den Stimmzettel in die Abstimmungsurne, die sich hier vor mir befindet, geben, bitte ich Sie, dem Schriftführer Ihren Namen zu nennen. Die Stimme ist ungültig, wenn auf dem Stimmzettel mehr als eine Stimme vergeben wurde sowie wenn

der Stimmzettel nicht amtlich hergestellt ist, außerhalb der Kabine gekennzeichnet wurde, einen Zusatz oder Vorbehalt enthält, zerrissen ist oder den Willen des Abgeordneten nicht zweifelsfrei erkennen lässt.

Bevor ich die Wahl eröffne, bitte ich die Schriftführer sich davon zu überzeugen, dass die Abstimmungsurne leer ist.

(Die Schriftführer überzeugen sich davon, dass die Abstimmungsurne leer ist.)

Ich eröffne die geheime Abstimmung zur Wahl. Ich bitte den Schriftführer, die Namen der Abgeordneten in alphabetischer Reihenfolge aufzurufen.

(Die geheime Wahl wird durchgeführt.)

Haben alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Wahl beteiligen wollen, ihre Stimme abgegeben?

(Die Abgeordnete Sylvia Bretschneider wird nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Haben jetzt alle Mitglieder des Hauses, die sich an der Wahl beteiligen wollten, ihre Stimme abgegeben? – Das scheint so zu sein. Dann unterbreche ich die Sitzung zur Auszählung der Stimmen für fünf Minuten.