Protocol of the Session on September 15, 2004

Meine Damen und Herren, so, wie die Verlautbarungen aus der CDU zu verstehen waren oder wie ich sie verstanden habe, scheint aber letztendlich der vertragsübergreifende Wille gegeben zu sein, die Gesetzesberatung möglichst noch in diesem Monat abzuschließen, was, denke ich, vernünftig wäre. Und, Frau Strenz, ich habe Ihnen eben gut zugehört. Ich bin Ihnen dankbar und finde es gut, dass Sie hier ausdrücklich auch Ihre Mitarbeit zugesagt haben. Dafür bin ich Ihnen dankbar.

Der Zeitraum ist kurz, dessen bin ich mir bewusst. Wenn sich aber die Verzögerungstaktiken einiger Bundesländer im Vermittlungsausschuss nicht so lange hingezogen hätten, hätten wir natürlich, das muss man einfach sagen – Herr Rehberg, Sie schütteln den Kopf –,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Sie kennen das doch gar nicht.)

auch mehr Zeit zur Beratung gehabt.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Und was noch wichtiger ist, die kommunale Ebene hätte natürlich auch mehr Zeit gehabt, dieses große Reformvorhaben umzusetzen.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Leider sind wir jetzt zeitlich doch sehr gepresst und insofern sind wir gut beraten, wenn wir dieses Gesetz noch in diesem Monat hier durch das Verfahren bringen.

Frau Strenz, Sie hatten die Entlastungen angesprochen, ich habe es mir aufgeschrieben. Die Entlastung der Kommunen, so hatten Sie es dargestellt, wäre fraglich. Da muss ich ganz klar sagen, das sehe ich überhaupt nicht so. Sie wissen, dass eine Revisionsklausel eingearbeitet worden ist im SGB II, und vor dem Hintergrund können Sie sich sicher sein und da können sich auch die kommunalen Träger sicher sein. Ich denke, sie wissen dies auch. Insofern ist es ganz klar, dass die politische Zielrichtung der Bundesregierung, die Kommunen um 2,5 Milliarden Euro zu entlasten, wirklich gewährleistet ist durch das hier vorliegende Gesetzesvorhaben. Da machen Sie sich mal keine Sorgen.

(Heiterkeit bei Egbert Liskow, CDU – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Als letzten Punkt muss ich Folgendes auch noch einmal ansprechen: Frau Strenz, Sie hatten OVP, den Landkreis OVP, also Ostvorpommern, angesprochen, der hier von der Experimentierklausel Gebrauch machen möchte. Ich sage Ihnen dazu kurz und knapp: Ich habe Vertrauen zum hier in diesem Fall zuständigen Innenministerium des Landes.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Es ist klar, es gibt einen internen Kriterienkatalog, Herr Riemann. Die ganze Geschichte ist ja nicht ohne weitere Aspekte oder Kriterien, sage ich einmal, zu berücksichtigen

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Darüber können wir uns gerne mal unterhalten, wie die Stellungnahme aussieht! Darüber können wir uns gerne mal unterhalten!)

oder zu bewerten, sondern es gibt schon gewisse Kriterien, an denen müssen sich alle messen, die hier von dieser Option Gebrauch machen möchten, und offensichtlich – ich gehe davon aus, dass dies gewissenhaft und vollständig geprüft wurde – ist dieser Kriterienkatalog, sind diese Bedingungen hier im konkreten Fall nicht erfüllt worden. Dies glaube ich einfach und davon gehe ich aus.

(Heiterkeit und Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ich möchte am Schluss meiner Ausführungen beantragen, dieses Gesetz in die Ausschüsse zu verweisen, das heißt an den federführenden Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung und natürlich an die mitberatenden Ausschüsse Finanzen, Soziales und, einen habe ich jetzt vergessen,

(Siegfried Friese, SPD, und Wolfgang Riemann, CDU: Innen!)

und den Innenausschuss, Entschuldigung. Und dabei sollte es bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Mohr.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion der PDS.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Entschuldigung, sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

(Heiterkeit bei Ute Schildt, SPD, Wolfgang Riemann, CDU, und Angelika Gramkow, PDS – Angelika Gramkow, PDS: Tja! – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

In meiner Einbringungsrede habe ich gesagt, kein Thema hat die Menschen seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten – im wahrsten Sinne des Wortes – so in Bewegung versetzt wie zurzeit die Umsetzung von Hartz IV. Natürlich gab es seit 1989 schon einmal eine Phase, in der die Menschen damals durch die Bundespolitik massiv auf die Straßen getrieben wurden. Das war die Phase von 1996 bis 1998. Zum Schluss monatlich und

auch bundesweit haben die Menschen gegen die Regierung Kohl und für mehr Arbeitsplätze und soziale Gerechtigkeit demonstriert, Arbeitsloseninitiativen, Gewerkschafter/-innen, Kirchen, Sozialdemokraten und die PDS. Ein Regierungswechsel wurde damals erreicht,

(Beifall Karsten Neumann, PDS)

ein Politikwechsel nicht. Die Gesetze um Hartz IV setzen den eingeschlagenen neoliberalen Kurs der rot-grünen Bundesregierung fort.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wieso? Hat es hier in Mecklenburg-Vorpommern einen Politikwechsel gegeben? – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die eigene Prognose des Bundeswirtschaftsministeriums sagt für die neuen Bundesländer voraus,...

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Herr Riemann, hören Sie doch erst einmal zu! Hören Sie mir doch erst einmal zu!

(Heiterkeit und Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die eigene Prognose des Bundeswirtschaftsministeriums sagt für die neuen Bundesländer voraus, dass 80 Prozent der von Hartz IV Betroffenen vollkommen ohne oder mit geringeren Leistungen auskommen müssen und lediglich 20 Prozent gleichviel oder mehr bekommen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist ja unglaublich!)

Das sind Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums, nicht die Zahlen der PDS.

(Beifall Karsten Neumann, PDS)

Auch die Kirchen und Gewerkschaften haben im Land schwere Bedenken bezüglich der Auswirkungen dieser Gesetze. Sie haben am 3. September in ihrer gemeinsamen Erklärung darauf hingewiesen, dass die Menschen Zukunftsängste umtreiben, die soziale Einheit in unserer Gesellschaft gefährdet ist und auch der Graben zwischen Ost und West tiefer werden könnte. Und wenn ich auf diese Erklärung hinweise, dann ist das keine Vereinnahmung, sondern eben ein Hinweis darauf, dass nicht nur die PDS erhebliche Bedenken gegen diese Gesetze hat

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie meinen das Landespflegegesetz oder das KiföG.)

und große Gefahren für die Zukunft der Gesellschaft sieht.

(Beifall Karsten Neumann, PDS)

Die Frage ist für mich: Wie ernst nehmen wir Politiker die berechtigten Sorgen und Nöte der Menschen? Wie verstehen wir Demokratie?

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU)

Schließlich gehören Versammlungsrecht und Meinungsfreiheit zu den Fundamenten des Grundgesetzes.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Der Gipfel jedoch ist, die PDS dabei in die Nähe rechtsextremistischer Parteien zu rücken. Dagegen verwahre ich mich aufs Schärfste. Sogar in Wahlkampfzeiten erwar

te ich politische Redlichkeit. Für mich ist es schwer erträglich, dass die Polizei in unserem Land Demonstrationen der Rechten schützen muss und dass wir augenscheinlich zu wenig tun im Kampf gegen Rechts. Dahin müssen wir gemeinsam unsere Kräfte richten.

Und noch eine Botschaft an die Adresse mancher Politiker von Rot-Grün: Sie vergessen, dass sie selbst für diesen Protest verantwortlich sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Falsche Konzepte, handwerkliche Fehler und der große Irrtum, man habe lediglich ein Vermittlungs- und Kommunikationsproblem,

(Wolfgang Riemann, CDU: Handwerkliche Fehler müssen wir da ja gleich behandeln beim KiföG. – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)