Aber jetzt einmal ernsthaft: Die Situation der Schuldnerberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern ist relativ komfortabel, da ist nichts gefährdet.
Die Beratungslandschaft im Bereich der Schuldnerberatung ist gesichert und wird von denen selbst als gesichert bezeichnet. Das haben wir festgestellt. Als wir mitbekommen haben, dass die Richtlinie noch nicht vorliegt, haben wir Folgendes gemacht: Wir haben irgendwann einmal, ich glaube, es war im April oder Mai, als Arbeitskreis der SPD das Ministerium angeschrieben und gefragt, wie der Sachstand ist. Wir bekamen daraufhin so ein paar Dinge mitgeteilt,
(Torsten Renz, CDU: Die müssen Sie zur Arbeit treiben! Sie müssen Sie zur Arbeit treiben! Deswegen die Missbilligung. Schließen Sie sich dem Antrag an!)
Wir haben dann Dinge mitgeteilt bekommen, die Sie hier auch gerade aus den Ausführungen der Ministerin entnehmen konnten. Das heißt, die Finanzierung ist gesichert, und zwar für mehrere Jahre. Es gibt nach den Ausführungen der Schuldnerberatungsstellen tatsächlich keinen Zusammenhang zwischen sozialen Indikatoren und der Inanspruchnahme von Schuldnerberatung. Das heißt übersetzt: Die Inanspruchnahme der Schuldnerbe
ratung ist im Landkreis Uecker-Randow nicht anders als in Westmecklenburg. Das ist zwar nicht näher untersucht worden, sondern das sind nur Angaben und Zahlen der LAG Schuldnerberatung, die uns die beiden führenden Damen dieser Landesarbeitsgemeinschaft in einem persönlichen Gespräch bei uns im Arbeitskreis dargelegt haben. Das ist eine Geschichte, mit der wir uns weiterhin beschäftigen werden. Nach unserem Dafürhalten waren die Informationen, die wir bekommen haben, nicht erschöpfend und deshalb haben wir uns jetzt noch einmal Material dazu erbeten. Wir werden selber anfangen, uns das ein bisschen zu erarbeiten.
Wir werden die Sache einmal etwas auf der Karte auspunkten, um einmal zu gucken, wie die Beratungsbeziehungen dieser Einrichtung in der Fläche sind. Das machen wir jetzt.
Auf der anderen Seite beklagen die Träger die 10-prozentige Eigenbeteiligung. Das heißt, bei der Schuldnerberatungsstellenförderung sitzt nicht nur das Land im Boot, sondern die Kommunen müssen sich auch beteiligen. Es sind zehn Prozent des Finanzvolumens von den Trägern auch selber noch aufzubringen. Dazu sagen die Träger: Das ist für uns eine missliche Situation, das bringen wir nicht zustande. Und wenn man uns einen Gefallen tun möchte, dann sollte man perspektivisch darüber nachdenken, wie man uns die zehn Prozent erspart. Darüber muss man nachdenken und das habe ich für die SPD-Fraktion schon öfter erklärt, denn die Schuldnerberatung ist angesichts der Verschuldungssituation in Mecklenburg-Vorpommern für uns eines der Schwerpunktthemen. Alleine das gewährleistet es, Herr Renz, dass uns da nichts anbrennt, dass wir dieses Thema …
(Dr. Ulrich Born, CDU: Na ja, aber Sie haben ja die Ministerin noch. Das ist ja das Problem. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)
… stringent und auch konsequent weiterverfolgt hätten. Insofern, und das habe ich schon gesagt, werden wir Ihren Antrag ablehnen.
(Torsten Renz, CDU: Was muss denn noch passieren, bis die Missbilligung kommt? Was muss denn noch passieren?)
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Walther. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung ist angesichts der sozialen Situation bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, aber nicht nur hier, ein unstreitiges Muss.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Torsten Renz, CDU: Wir nehmen eine Auszeit! Wir nehmen eine Auszeit!)
Entschuldigen Sie, ich war ein bisschen durcheinander. Dass ich schon dran war, habe ich nicht gewusst.
Diese Art der Beratungslandschaft, die prekäre Lebenssituation bei uns im Land und die momentane Politik, und zwar auch auf Bundesebene, trägt das Ihrige dazu bei, dass Erwerbslose weiterhin zunehmen und dadurch auch die Binnennachfrage für viele kleine und mittelständische Unternehmen verstärkt sinkt.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, PDS – Lorenz Caffier, CDU: Herr Walther, sind Sie verschnupft wegen Ihrer Ministerin?)
Hätte ich das vorher gewusst, Herr Caffier, ich hätte die Nase ordentlich geputzt, aber das ist jetzt egal.
Auf jeden Fall sinkt logischerweise die Binnennachfrage und es ist auch allen klar, dass sich die Synergieeffekte im negativen Sinne in diesem Bereich auswirken, denn viele Betriebe werden in die Insolvenz getrieben.
Für die Bundesrepublik in Gänze hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen ein Gutachten am 10. Juni dieses Jahres vorgestellt. In diesem heißt es unter anderem, dass eine kontinuierlich steigende Zahl der Haushalte betroffen ist, die mit ihren regelmäßigen Einkünften nicht mehr die laufenden Kosten und ausstehenden Forderungen begleichen kann. Es wird mittlerweile auch eine Zahl von circa drei Millionen Haushalten beziffert. Die Hauptgründe sind hier die Überschuldung, Dauerarbeitslosigkeit und neuerdings kommen jetzt auch zigtausend gescheiterte Ich-AGs hinzu.
All das treibt die Menschen auch bei uns im Land in die Schuldenfalle. Vor allem in Ostdeutschland – in Mecklenburg-Vorpommern – haben wir feststellen müssen, dass rasant zunehmende Kontopfändungen zur Tagesordnung gehören. Dadurch erfolgt kein Zugriff mehr durch die Betroffenen auf ihre eigenen Konten. Und auch die eigentlich pfändungsfreien Lohnanteile, die ja auf die Konten gezahlt werden, werden immer mehr dem Zugriff der eigentlich Betroffenen verwehrt. In diesem Zusammenhang hat das Ganze eine sehr negative Auswirkung auf unser Land.
Ein kompliziertes Geflecht von verschiedenen Anträgen und Wegen steht den betroffenen Schuldnern offen. Allerdings sind diese Anträge auch meist so gestrickt, dass sie ohne Rechtsbelehrung ausgegeben werden und selbst gestandenen Juristen oft Schwierigkeiten bereiten. Beispielsweise bei der Feststellung des genauen Existenzfreibetrages werden dort bis zum Abschluss eines Verfahrens bis zu fünf verschiedene Anträge gebraucht, um dies zu erreichen. In diesen Verfahren dreht sich die Schuldenspirale immer weiter, Lastschriften platzen, Kosten entstehen, Verzugszinsen laufen auf, Kündigungen von Mietund anderen Verträgen drohen und selbstverständlich kommen auch oft Fehler hinzu, die die Gepfändeten selbst noch machen, und somit wird die Antragstellung immer schwieriger.
Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung sind unverzichtbar, das ist klar, zumal der Verbraucherschutz nicht nur auf die eben skizzierten Probleme beschränkt werden kann, sondern, Kollegin Schildt hat das am 1. April hier im Plenum ausgeführt, auch auf Fragen der Produktsicherheit, Lebensmittelsicherheit, Sicherung der Patien
tenrechte, der Telekommunikationsrechte, des Wettbewerbsrechtes und viele andere Fragen auch, die hier in diesem Bereich mitbetroffen sind, ausgeweitet werden muss.
Zum Vorwurf der CDU, die Landesregierung entziehe sich ihrer Verantwortung, hat ja bereits in der Kleinen Anfrage vom 12.02.2003, die der Abgeordnete Herr Glawe gestellt hat, eine sehr interessante Ausführung stattgefunden, in der auch noch einmal darauf abgestellt wurde, was eigentlich in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren geschehen ist, um die Struktur der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen kontinuierlich zu halten und sie hier auch auf einen sicheren Weg zu bringen. Es wurde zumindest damals festgestellt, dass hier bei uns in Mecklenburg-Vorpommern ein qualitativ gutes Netz vorgehalten wird. Allerdings hat die CDU-Fraktion dahin gehend Recht,
Sie wissen, 95 Prozent dieser neuen Richtlinie sollten zunächst auf der normalen Grundlage ausgegeben werden und 5 Prozent wurden als Sonderbedarf für soziale Indikatoren vorbehalten. Hier wurden damals die Erwerbslosenquote, die Langzeiterwerbslosenquote, Sozialhilfebedürftigkeit, die Anzahl der erfolgreichen außergerichtlichen Einigungen pro Beratungskraft, die Anzahl der eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren pro Beratungskraft und auch die Anzahl der Neufälle pro Beratungskraft sowie Kurzberatungen genannt und auch die Fläche der betreffenden Landkreise sollte mit einfließen.
All dies, das musste schließlich im Zuge der Umsetzung festgestellt werden, ließ sich so nicht umsetzen und die fünf Prozent, die auf die Indikatoren anzuwenden waren, wurden nicht verteilt. Allerdings, und das wissen wir alle, hat sich die soziale Lage bei uns im Land nicht verstärkt. Ich muss an der Stelle den Weg der Missbilligung des Antrages der CDU hier doch noch einmal kritisieren. Ich glaube, dass es sehr ratsam gewesen wäre, wenn wir es im Sozialausschuss noch einmal punktuell behandelt und uns in diesem Thema gemeinsam genähert hätten.
(Harry Glawe, CDU: Fragen Sie mal Ihren Ausschussvorsitzenden! Da fragen Sie mal Ihren Ausschussvorsitzenden!)
Und eine Sache möchte ich zum Schluss sagen. Wenn wir uns heute hier über die Verbraucherinsolvenz und die Schuldnerberatung unterhalten, bleibt eines trotzdem im Raum stehen. Wir haben den Beschluss der Evaluierung der Beratungslandschaft letztes Jahr hier verabschiedet und wir haben mehrfach in der letzten Zeit feststellen müssen, dass wir trotzdem –
(Torsten Renz, CDU: Herr Walther, sagen Sie bitte noch was zu der Missbilligung! Zur Missbilligung müssen Sie noch etwas sagen!)
entgegen dieses Beschlusses im Landtag, Herr Renz, wie beispielsweise im Bereich der Verbraucherberatung – hier Tatsachen geschaffen haben, die wiederum auch an diesem Punkt entgegen den Bedürfnissen der Betroffenen sind. Letztendlich können wir trotzdem die Missbilligung in dieser Frage nicht mittragen, Herr Renz.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Was?! Was?! – Torsten Renz, CDU: Das ist aber unverständlich!)