Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Titel des Antrages verspricht mehr, als der Antragstext letztlich enthält. Geht der Titel noch von einem Bericht zur gesamten Wissenschaftsförderung in Mecklenburg-Vorpommern aus, so stimmen Sie im Text lediglich einen Lobgesang auf die Bundesregierung an. Das dürfen Sie auch.
Um es vorwegzunehmen, Sie dürfen und Sie sollen berichten. Ich gehe aber dann davon aus, dass sich der Antrag mit dem 20-minütigen Bericht des Bildungsministers erledigt hat,
Und auch dieses vorweg: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellte am 14. Oktober 2003 im Deutschen Bundestag den Antrag, die Innovationskraft Deutschlands zu stärken, Zukunftschancen durch moderne Forschungsförderung zu eröffnen. Unter Ziffer 3 in diesem Antrag mit dem Untertitel „Stärkung der Forschungslandschaft Ost“ finden Sie die Ziffer 3.3 und folgende Formulierung: „Die Gründung von so genannten ,Zentren für Innovationskompetenz‘ … geht dabei in die richtige Richtung, reicht jedoch nicht aus.“
Meine Damen und Herren, wir werden hier und heute im Landtag keine andere Position vertreten und daher begrüßen wir außerordentlich die Weiterentwicklung des InnoRegioProgrammes und freuen uns natürlich mit Ihnen, dass es zwei sehr gute Forschungszentren in Mecklenburg-Vorpommern geschafft haben, aufgrund ihrer Leistungen an diesem Programm zu partizipieren. Aber, so, wie gerade zitiert, es reicht nicht aus. Damit wollen wir auch nicht die Probleme verschweigen, die wir sowohl im Land Mecklenburg-Vorpommern als auch in Deutschland als Ganzes mit Wissenschaft und Forschung haben.
Mit dem Antragstext verschweigen Sie Ihre nicht so eindrucksvolle Förderbilanz der Wissenschaften in Mecklen
burg-Vorpommern, die ohne Hilfe des Bundes und zahlreicher Drittmittelgeber nicht so rosig sein dürfte. Machen wir einmal die Schwierigkeiten in der kurzen Zeit, die hier verbleibt, deutlich:
Erstens. Der jüngste Tarifvertrag der Landesregierung mit ver.di dürfte für die wissenschaftlichen Nachwuchskräfte an unseren Hochschulen ein Problem werden. Das betrifft auch die beiden Forschungszentren, die durch das Programm des Bundes – ZIK – gefördert werden. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter an diesem Institut arbeiten bis 2010 für 82,5 Prozent des Gehaltes ihrer Kollegen in den westlichen Bundesländern. Sie haben weniger effektive bezahlte Arbeitszeit zur Verfügung, um Forschungsvorhaben zu realisieren. Forschung, sehr geehrte Kollegen, hält sich nicht an Arbeitszeiten. Kreativität kann nicht an Arbeitszeiten gebunden werden. Es wird sehr schwierig für die geförderten Forschungsprojekte weiterzuarbeiten, wenn die wissenschaftlichen Mitarbeiter im Ernstfall circa 60 Tage im Jahr aufgrund von Urlaub und Zeitausgleich nicht zur Verfügung stehen.
Zweitens. Der Landtag hat im Rahmen seiner gesetzgeberischen Pflicht den Haushalt 2004/2005 verabschiedet. In diesem Haushalt sind Bewirtschaftungsgrundsätze für die Fachhochschulen aufgenommen worden, die eine Rücklagenbildung für nicht verbrauchte Haushaltsmittel ermöglichen. Damit sollte für nicht verbrauchte Haushaltsmittel aus dem Jahr 2003 begonnen werden. Der Haushalt ist seit geraumer Zeit verabschiedet. Das Verfahren ist klar. Nur bis heute konnte das Finanzministerium den Fachhochschulen in Mecklenburg-Vorpommern diese Mittel nicht freigeben.
Drittens. Wissenschaftsförderung drehte sich in Mecklenburg-Vorpommern seit einigen Jahren auch immer nur um kw-Vermerke und damit verbundene Institutsschließungen. Auch das Landeshochschulgesetz ist seit einiger Zeit verabschiedet. Um die kw-Vermerke innerhalb der Haushalte abzufedern, wurden im Ministerium Kernaussagen zur Hochschulentwicklung aufgestellt. Bis heute liegen dem Landtag die Eckwerte zur Hochschulentwicklung nach Paragraph 15 LHG nicht vor.
Das sind in der Kürze der Zeit nur einige der Schwierigkeiten der Wissenschaftsförderung in unserem Land, die ein so komplexes Gebilde wie Hochschulen und Forschung doch nachhaltig beeinflussen.
Meine Damen und Herren, ich möchte auch kurz auf den Bundesforschungsbericht 2004 eingehen. Da heißt es im Kapitel 2.7 „Forschung in Ostdeutschland stärken“: „So weist die BioRegion Jena heute eine hohe Gründungsdynamik bei Biotechnologieunternehmen auf. Auch Dresden, Berlin und Potsdam sind hervorragende BioTech-Standorte. … In Mecklenburg-Vorpommern bildet sich u. a. eine Allianz der innovativen maritimen Wirtschaft.“
Wieso, sehr geehrte Landesregierung, taucht BioCon Valley nicht in dieser Aufzählung auf? Hat MecklenburgVorpommern dabei vielleicht auf das falsche Pferd gesetzt? Ich stelle diese Frage nur in den Raum, da scheinbar andere Regionen spürbarer und eindrucksvoller diese Entwicklungspotentiale ausschöpfen.
Um noch einmal auf die 82,5 Prozent des Gehaltes wissenschaftlicher Mitarbeiter zurückzukommen: Sehr geehrte Damen und Herren, der wissenschaftliche Nachwuchs hat heute weltweit sehr gute Entwicklungs- und
Aufstiegsmöglichkeiten. Jährlich verlassen 100.000 Wissenschaftler Europa. Ein Viertel davon stammt aus Deutschland.
Auch wenn das Bundesprogramm für Ostdeutschland ein kleiner Funken Hoffnung ist, die internationalen Herausforderungen werden wir damit nicht bewältigen. Zwischen 2000 und 2002 stiegen die F- und E-Ausgaben in Deutschland um 6 Prozent, in Schweden um 30 Prozent, in den USA um 25 Prozent und selbst im rezessionsgeplagten Japan um 15 Prozent. In Deutschland lassen vor allem die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten des Mittelstandes nach. Hier könnten gerade die Fachhochschulen Partner seien, wenn sie denn in ihren Entwicklungsmöglichkeiten nicht eingeschränkt werden, wie ich es eben beschrieben habe.
Sehr geehrte Damen und Herren, das viel diskutierte Programm – das werden auch Sie zugeben müssen – ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein bei der Entwicklung der ostdeutschen Forschungslandschaft. Ein Bericht der Landesregierung wird daran nichts ändern. Vielmehr sind Taten gefragt, die die unter anderem beschriebenen Defizite aufgreifen und gegensteuern. Grundsätzlich jedoch müssen wir unseren Finanzpolitikern und dem Landesrechnungshof, den ich hier ganz eindeutig einschließen möchte, von der Vorstellung befreien, dass Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen eine kostenintensive Last sind.
Sie sind langfristig einer der wenigen, wenn nicht gar die einzigen Wachstumskerne, die unserem Land verblieben sind.
Ausbauen sollten wir diese und nicht weiter zusammenkürzen. Das wirft das ganze Land zurück, trotz millionenschwerer Bundesförderprogramme. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Opposition im Allgemeinen und Sie, Frau Lochner-Borst, im Besonderen das Thema nutzen, um einiges generell zur Hochschulpolitik zu sagen, wundert mich natürlich nicht. Trotzdem werde ich dem jetzt nicht folgen und auch auf einige Dinge nicht eingehen, sondern ich denke, dass wir das in weiteren Veranstaltungen, im Ausschuss und hier im Plenum tun müssen.
Ich will allerdings auch einen Hinweis geben. Schon der Haushaltsvermerk im Doppelhaushalt 2002/2003 erzwingt die Freigabe der Reste an die Fachhochschulen, nicht erst mit dem neuen Haushalt.
Gestatten Sie mir, dass ich auf das heutige Thema etwas näher eingehe, zumindest in ein bis zwei Punkten, weil ich glaube – und auch da stimme ich Frau LochnerBorst durchaus zu –, dass der Minister mit seinem Bericht darauf hingewiesen hat, dass wir trotz aller Probleme eine insgesamt erfreuliche Bilanz vorzuweisen haben und auch Entwicklungsrichtungen und Entwicklungsschritte deutlich geworden sind.
Ich hoffe, dass wir uns alle einig sind, dass wir auf diesem Weg weitergehen müssen. Ich will in diesem Zusammenhang aber auch an eines erinnern: Eine ganz wichtige Basis für das, was bislang erreicht wurde, sind die großen Anstrengungen des Landes auch im Bereich der außeruniversitären Forschung, nicht nur bei den Hochschulen. Und ich sage, das sage ich ganz ausdrücklich, nicht erst seit 1998, sondern seit 1990, habe aber vielleicht als Koalitionär das Recht, darauf hinzuweisen, dass auch nach 1998 trotz knapper werdender Kassen dieser Weg fortgesetzt worden ist. Ich erinnere an die Entscheidung für den Neubau des organischen Katalyseforschungsinstituts in Rostock, um nur ein Beispiel zu nennen. Ich sage das deshalb, weil ich davon ausgehe, dass auch da, wo kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, diese Basis existieren muss, damit wir in Wissenschaft und Forschung Leuchttürme und/oder Innovationszentren haben. Die außeruniversitäre Forschung sowie gut aufgestellte Hochschulen sind unverzichtbar, um im Bereich von Leuchttürmen wirken zu können.
In diesem Sinne stimme ich dem Minister ausdrücklich zu, wenn er sagt, wir brauchen eine kritische Masse, um eine Spitze haben zu können. Bei Hegel finden sich da Aussagen zur Dialektik von Quantität und Qualität, die auch in diesem Bereich mit Sicherheit Gültigkeit haben. Ich will es bei diesem Hinweis insofern belassen, will aber auch eine Warnung anfügen. Die aktuelle Diskussion um Spitzenuniversitäten und Innovationszentren legt manchmal nahe, als ob man so etwas verordnen könnte. Zumindest als ehemaliger Wissenschaftler bin ich fest davon überzeugt, niemand wird per Verordnung eine Spitzenuniversität,
sondern Spitzenleistungen wachsen auf einer stabilen breiten Basis, auf einer kritischen Masse, durch Leistung und auch durch Förderung. Ich habe in dieser Diskussion ein bisschen Sorge, dass die Mittel für Leuchttürme vielleicht dann doch zu Lasten der Basis der Hochschulen sowie der außeruniversitären Forschung und der Institute gehen könnten, und das darf nicht sein.
Ich bin sehr für zusätzliche Mittel für die Forschung. Das will ich sehr nachdrücklich unterstreichen, aber nicht zu Lasten der Hochschulen und der anderen Forschungseinrichtungen in unserem Land, weil wir diese Breite brauchen.
Eine letzte Anmerkung sei mir gestattet als Greifswalder. Der Minister hat unter dem Stichwort der internationalen Spitzenforschung auch auf die Plasmaphysik in Greifswald verwiesen. Ich habe das an dieser Stelle schon einmal gesagt – ich werde es immer wieder sagen, Professor Wagner vom Institut für Plasmaphysik vom MaxPlanck-Institut weist immer wieder völlig zu Recht darauf hin –, wir haben in Greifswald europaweit einen mindes
tens einmaligen Schwerpunkt und Standort von Plasmaphysik durch die Universität mit ihrer Tradition, durch das Max-Planck-Institut zur Fusionsforschung und durch das Institut für Niedertemperaturplasmaphysik und wir machen zu wenig daraus. Wir werben zu wenig damit und nutzen die Potenzen zu wenig. Das sind aus meiner Sicht Aufgaben sowohl für das Land, für die Landespolitik, das ist aber auch eine Aufgabe für die Hansestadt Greifswald, das ist eine Aufgabe für die Universität Greifswald und für die betroffenen Institute. Und ich hoffe, dass wir im Rahmen dieser Diskussion da einen Schritt weiterkommen.
Eine letzte Bemerkung möchte ich machen. Frau Lochner-Borst, wir sind uns von der Sache her an dieser Stelle einig, dass mit dem Vortrag des Ministers das Berichtsersuchen erledigt ist. Ich muss Sie aber leider darauf hinweisen, dass Sie verfahrens- und geschäftsordnungsmäßig das nicht beantragen dürfen. Das dürfen nur die Antragsteller. Das hat auch eine Ursache in der Geschichte dieses Hauses. Nur die Antragsteller dürfen die Erledigterklärung beantragen und das tue ich hiermit im Namen der Antrag stellenden Koalitionsfraktionen. – Danke.
Im Laufe der Debatte ist von den Fraktionen der SPD und PDS beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1237 gemäß Paragraph 45 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung für erledigt zu erklären. Über diesen Antrag lasse ich zunächst abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1237 gemäß Paragraph 45 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung für erledigt erklärt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Gehörlosenzentrum Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/1198.