Von der Warte aus, muss ich sagen, kommen wir dann eigentlich etwas spät. Wenn ich hier einmal die Frage 1 betrachte, darauf wird uns geantwortet: „Im Übrigen ist auf die laufende Arbeit der Expertengruppe zu verweisen.“ Antwort auf die Frage 2: „Hier ist auf die laufende Arbeit der Expertengruppe zu verweisen.“
(Harry Glawe, CDU: Die Antworten sind kurz und knapp und inhaltsreich. – Heiterkeit bei Gerd Walther, PDS: Die sind übersichtlich, ne?!)
Da muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, wenn dann die Frau Ministerin uns schreibt: „Die Sozialministerin wird die Öffentlichkeit darüber in geeigneter Form informieren“, ist es eigentlich von der Logik, von der Verfahrensweise her schon etwas komisch,
(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Bei einem Schnaps können wir darüber noch mal reden! – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)
dass wir uns heute mit diesem Antrag hier befassen. Herr Koplin, ich kann Ihnen deutlich sagen, wie Sie auf alle Fälle argumentieren würden, wenn der Antrag von uns gewesen wäre. Dann hätten Sie gesagt: Meine Damen und Herren von der CDU, können Sie nicht lesen? Das Thema ist erledigt. Das ist eigentlich auch so.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Torsten Koplin, PDS: Das ist Spekulation! – Zuruf von Gabriele Schulz, PDS)
und dass man es einfach nur tun muss, nämlich es in diesen Gesundheitsbericht einfach mit aufnehmen muss.
Wir haben uns natürlich inhaltlich, auch nachdem wir diesen Antrag von Ihnen bekommen hatten, noch einmal intensiver damit befasst
und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass in diesem Gesundheitsbericht der zentrale Punkt die Formulierung bezogen auf Kinder und Jugendliche sein sollte. Und deshalb haben wir diesen Änderungsantrag gestellt, um deutlich zu dokumentieren, dass in einem eigenen Teil beziehungsweise in einem eigenen Kapitel die Kinder- und Jugendgesundheit abgearbeitet wird.
Das sehen wir als Fraktion als den Schwerpunkt, als die Verbesserung, die in so einen Bericht aufgenommen werden sollte.
(Torsten Koplin, PDS: Wichtiger ist ja Ihr zweiter Punkt! Ihr zweiter Punkt ist wichtiger. – Harry Glawe, CDU: Nee, nee! – Torsten Koplin, PDS: Ihr zweiter Punkt ist wichtiger! – Harry Glawe, CDU: Der erste Punkt ist auch wichtig.)
Deshalb hoffe ich, dass Sie unseren Antrag, so, wie Sie es angedeutet haben, wirklich auch unterstützen werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass auch in anderen Bundesländern, das wurde im Vorfeld hier gesagt, ebenfalls an dieser Problematik gearbeitet wird. Mir liegt zum Beispiel ein niedersächsischer Kinderund Jugendgesundheitsbericht vor, der fast 150 Seiten umfasst. Das zeigt und unterstreicht eigentlich noch einmal die Bedeutung dieser Problematik. Deswegen, ich wiederhole das sehr gerne, müssen wir diesen Punkt separat im Gesundheitsbericht herausstellen.
Wir freuen uns, dass wir diesen Anstoß so geben konnten und Sie den Ball aufgenommen haben und uns in diesem Fall auch unterstützen werden. Wir wünschen uns alle, dass auf diesem Gebiet weiter kontinuierlich gearbeitet wird, denn das sollte uns die Sache im Sinne der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in diesem Lande wert sein. – Danke schön.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Walther. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Werte Gäste! Umsetzung der Gesundheitsziele für Kinder und Jugendliche in Mecklenburg-Vor
pommern, das hört sich zunächst recht unspektakulär an. Klar ist aber allen, das, was wir hier heute für unsere Kinder, sprich für die nächste Generation, auf den Weg bringen, wird die Zukunft bestimmen.
Die NROs, die Nichtregierungsorganisationen, haben in der Kinderagenda für Gesundheit und Umwelt 2001 den Begriff der „Enkeltauglichkeit“ geprägt. Sie wenden sich damit an Politik, Wirtschaft, Medien, Wissenschaft, Umwelt und Gesundheit, das tägliche Handeln präventiv zu gestalten, nachhaltig zu handeln, damit gesundheitsfördernde Lebensbedingungen hergestellt werden können.
Kindergesundheit, dieses Thema lohnt sich, um genauer hinzuschauen, denn der Trend der vergangenen Jahre stimmt eher nachdenklich. Gespräche mit den Ärzten für die Schuleingangsuntersuchung sprechen da eine ganz deutliche Sprache: Bewegungsarmut, Haltungsschäden, Übergewicht, Sprechstörungen, Allergien, Passivrauchbelastung, seelischer Stress und Verhaltungsstörungen schon in den jüngsten Jahren. Wir wissen, Kinder sind besonders gefährdet, sie sind besonders empfindlich und sie sind besonders anfällig, und das bereits bei der Entwicklung im Mutterleib, als Klein- und Schulkinder und im Jugendalter. Deshalb ist in unserem Katalog zur Entwicklung der Gesundheitsziele auch der Bereich, in dem sich Kinder aufhalten, sprich ihre Lebensräume, benannt. Durch die Aufnahme in die Gesundheitsberichterstattung schaffen wir vergleichbare Maßstäbe über Jahre hinweg.
Um die Notwendigkeit einer verbesserten Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung zu verdeutlichen, will ich ein paar Resultate aus verschiedenen Forschungs b erichten benennen:
Ein Drittel der 6- bis 8-jährigen Kinder glaubt, dass Milchschnitten, Hamburger und Cola gesunde Lebensmittel seien. Leider weist der Bericht nicht darauf hin, wie hoch die Quote der Eltern ist, die Gleiches glauben.
16 Prozent der 18-jährigen männlichen Raucher und 11 Prozent der weiblichen Raucher haben bereits im Alter von 13 Jahren mit dem Rauchen begonnen und die Tendenz für diesen Einstieg in den Drogenkonsum geht weiter abwärts, was den Geburtenjahrgang angeht.
Programme zur Rauchprävention in der Schwangerschaft, durchgeführt vom Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin, besagen, dass der Anteil der rauchenden werdenden Mütter von 23,6 auf 17,5 Prozent sank, nachdem sie eine umfassende Information und Beratung zu den Folgen des Rauchens für die Kinder erhalten hatten. Eine andere Studie zeigt auf, dass die Körperhaltung auch Spiegel des seelischen Gleichgewichtes ist. So führen emotionale Probleme, Überforderung und Stress gerade in der zweiten Wachstumsphase, vom fünften Lebensjahr bis zur Pubertät, oft zu hängenden, nach vorn gezogenen Schultern, zu Rundrücken und Hohlkreuzen.
Im selben Alter aber liegt die Idealzeit zum Erlernen von gesundheitlichem Verhalten, um bei der Ausbildung von Lebensgewohnheiten prägend zu sein. Da müssen natürlich Schlussfolgerungen für die Gesundheitserziehung in der Kita der logische Schluss sein. Wir sind als Land mit dem neuen KiföG in dieser Hinsicht auf vorbildlichem Weg. Das muss in der Grundschule bei der Motivierung der Lehrerinnen und Lehrer mit einbezogen und natürlich
auch bei der Erstellung der Lehrpläne bedacht werden. Wir müssen Eltern sensibilisieren und befähigen, wir müssen gesundheitliche Versorgungsstrukturen darauf orientieren, dass diesem Fakt der Gesundheitserziehung der Kinder mehr Augenmerk gewidmet werden muss.
Gerade an dieser Stelle macht es sich dann aber auch n otwendig, das gesellschaftliche und politische Umfeld nicht zu vergessen. Hier haben wir aber momentan eindeutig die Tendenz zu erkennen, dass Reden und politisches Handeln weit auseinander klaffen. Um es deutlich zu sagen: Wer der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zustimmt, nimmt billigend in Kauf, dass die nun einsetzende Zunahme von Armut in der Gesellschaft Gift ist für gesundheitsfördernde Kindererziehung. Schon heute wachsen 2,8 Millionen Kinder unter 15 Jahren in Deutschland in Armut auf.
Das ist praktisch, die Sozialministerin hatte es vorhin gesagt, jedes fünfte Kind, in Mecklenburg-Vorpommern knapp 20 Prozent.
Und wenn in der Gesundheitsreform der Bundesregierung präventives gesundheitsförderndes Verhalten postuliert wird, aber quasi die Schaltstelle der Information, der Arzt, oft auch der Kinderarzt, durch ein Eintrittsgeld – die Praxisgebühr – weniger aufgesucht wird, aufgesucht werden kann, weil die 10 Euro bei vielen schlicht nicht vorhanden sind, dann muss man eben feststellen, die Agenda 2010 der Bundesregierung verbaut Millionen Kindern die Chance auf ein wirklich gesundes Leben – vielleicht ungewollt, aber praktisch erlebbar.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Aber so kann man mit der SPD nicht umgehen!)
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hat Mitte Februar festgestellt, dass Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien bei der Gesundheitsreform nicht genügend berücksichtigt werden.
(Torsten Renz, CDU: Und schuld ist die SPD – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Torsten Renz, CDU: Das hat er doch eben gesagt.)