Protocol of the Session on December 10, 2003

Gleichzeitig mit der Verbindung Prämie und Fläche sollten wir unbedingt darauf achten, weil dann wirklich ab 2015 nur derjenige anspruchsberechtigt ist, der die Fläche auch bewirtschaftet, es sollte in keinem Falle automatisch der Eigentümer anspruchsberechtigt werden, denn der Eigentümer ist ja nicht der Besitzer, er ist ja nicht der Bewirtschafter. Dann haben wir wieder das Problem, was ich vorher genannt habe. Notfalls und schlimmstenfalls ist hier eine Aufforstung erfolgt. Und darüber müssen wir einfach reden, ob wir das vielleicht auch so möchten.

Eine weitere Sache, die wir unbedingt zu bedenken geben, ist, wenn wir diese reine Flächenprämie eingeführt haben, dann sollten wir auch ganz dringend die Ziele der Modulation mit berücksichtigen. Ich möchte hier etwas aus dem Kanzleramtspapier vom 23.01.2001 zitieren. Da war zu lesen, dass Betriebe wenigstens Minimalkriterien erfüllen müssten.

(Lorenz Caffier, CDU: Datenschutz! – Vincent Kokert, CDU: Das ist intern. – Andreas Petters, CDU: Das ist doch intern.)

Und hier ist im Kanzleramtspapier vom 23.01.2001, wie gesagt, zu lesen – allerdings für ganz Deutschland, aber da kann man gut mitgehen –, dass die Tierhaltung zum Beispiel an Fläche gebunden wird und maximal zwei Tiere pro Hektar erlaubt sind und dass Landschaftselemente und Strukturen wie Hecken, Raine, Feldholzinseln, Bauläufe, Trockenmauern et cetera mindestens einen bestimmten Anteil ausmachen müssen. Es wird eine Mindestfruchtfolge vorgeschrieben, keine der angebauten Früchte darf mehr als den Prozentsatz von 25 bis 30 Prozent der Anbaufläche ausmachen. Die Landschaft wird offen gehalten, es findet eine Mindestbewirtschaftung statt und die Schlaggröße wird begrenzt.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU)

Und als letzten und fünften Punkt würde ich zu bedenken geben, dass unbedingt bei der Flächenprämie mit berücksichtigt wird, dass auch neue Betriebe entstehen können. Wir werden in der Landwirtschaft in den nächsten Jahren einen Generationswechsel haben und wir brauchen auch neue Betriebe. Es muss geregelt sein, dass diese neuen Betriebe auch entstehen können. Ansonsten sind wir daran interessiert, dass die Hinwendung zu einer Landwirtschaft stattfinden wird, die ökonomisch rationell arbeitet, die wettbewerbsfähig ist, die Verbrauchersicherheit garantiert und die die Umwelt schützt.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Egbert Liskow, CDU: Lassen Sie sie doch noch ein bisschen!)

Vielen Dank, Frau Wien.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete der SPD-Fraktion Frau Monegel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu Anfang meiner Rede einige Zitate aus der Presse der letzten Tage: „Minister Till Backhaus stößt den Tierhaltern damit ein Messer in den Rücken.“

(Gesine Skrzepski, CDU: So, so!)

„Wachsen oder weichen?“ „Mit der neuen EU-Agrarpolitik wird es ab 2005 definitiv Gewinner und Verlierer geben.“ Und: „Landwirte sind in erster Linie Unternehmer... Als solcher wartet er jetzt erstmal ab, welche Produktion sich noch lohnt.“ Dieses letzte Zitat führte Verbandspräsident Kröchert aus. Frau Holznagel hatte darauf auch schon Bezug genommen, hatte ich gehört.

Dies sind einige Reaktionen auf die letzten Beschlüsse der Agrarministergespräche der Bundesrepublik in Vorbereitung auf die Gesetzgebung zur Umsetzung der EUAgrarrichtlinie. Ich denke, wir können alle heraushören, es klingt Abwehr, Wartehaltung, aber auch Unsicherheit heraus. Und uns ist eigentlich allen klar, Änderungen bringen es mit sich, dass bisheriges Handeln völlig neu gesichtet und auch bewertet wird. Und so ist es auch mit der EUAgrarreform. Fakt ist, dass mit der neuen EU-Agrarreform seit langer Zeit beklagte Zustände geändert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und ich möchte diese Zustände, die geändert werden sollen, auch noch mal ganz klar benennen: subventionierte Überproduktion von Produkten, Aufkauf dieser Produkte durch die EU und eine kostenintensive Lagerhaltung eben dieser Produkte. Dieses ist der Gemeinschaft der Steuerzahler immer suspekter geworden.

In Zukunft werden nicht mehr Produkte gefördert, sondern die Bewirtschaftung des Landes durch die Landwirte wird durch Flächenprämien honoriert. Nachhaltige Bewirtschaftung des Landes und Erhalt der Naturlandschaft sind dabei wichtige Kriterien für die Auszahlung dieser Mittel. Wir alle haben das bisher gefordert, auch die Landwirte. Und ich denke, auch für uns als Tourismusland ist das ein wesentlicher Gesichtspunkt.

(Beifall Detlef Müller, SPD)

Aus unternehmerischer Sicht werden Landwirte zukünftig ihre Produktion den Markterfordernissen anpas

sen. Dabei werden sie Früchte anbauen, die sowohl in der Ertragslage dem Boden angepasst sind als auch in der Nachfrage der Verbraucher stehen. Ich möchte an dieser Stelle einmal ausführen, weitere Chancen ergeben sich aus landschaftspflegerischer Sicht.

Zum einen: Der Deutsche Landschaftspflegeverband hat angeregt, Landschaftselemente wie Hecken und Streuobstwiesen in den förderfähigen Flächen zu integrieren. Damit würden Landwirte, die mit Hecken, Gebüschgruppen und Einzelbäumen den Charakter der Kulturlandschaft erhalten haben, nicht weiter diskriminiert werden. Und auch das verwaltungsaufwendige Verfahren des Herausrechnens dieser Flächen aus der Förderung würde entfallen können.

Der Generaldirektor der EU-Kommission Rodríguez hat in einem Brief vom 12.11. diesen Jahres dem Deutschen Landschaftspflegeverband bestätigt, dass diese Regelung in den Ländern getroffen werden kann. Wir hörten schon, dass die Ausgestaltung dieser EU-Agrarreform jetzt auf Länderebene erfolgt. Ich denke, auch dieses ist eine Chance, die wir mit in Erwägung ziehen sollten.

Zum anderen: Die Entwicklung des ländlichen Raumes wird durch die EU favorisiert. Die Förderung lokaler Partnerschaften wird auch zukünftig möglich sein. Zahlreiche Beispiele auch in unserem Land belegen, dass für eine nachhaltige Entwicklung ein qualifiziertes Management erforderlich ist. Land- und Forstwirtschaft, Handwerk, Naturschutz, Tourismus und Kommunen müssen zum gemeinsamen Nutzen zusammenarbeiten.

(Beifall Detlef Müller, SPD, und Ute Schildt, SPD)

So könnten verschiedene Maßnahmen sinnvoll miteinander verknüpft werden, wie zum Beispiel Agrarumweltprogramme, Agrarinvestitionen, Regionalvermarktung und auch Landschaftspflege. Ich denke, auch Landschaftspflegeverbände und ähnliche Organisationen, die vergleichbar sind im Aufbau, könnten dieses Management aufgrund ihrer Erfahrungen effizient ausführen.

Grundlage für einen hohen Erfolg sind jedoch klare Qualitätskriterien, die natürlich in der EU-Umsetzungsverordnung auch verankert sein müssen. Dabei möchte ich noch einmal betonen, wir wollen keine und dürfen auch keine Wettbewerbsverzerrungen zulassen, aber wir sollten diesen Rahmen ausloten. Diese Organisationen sollten in der Region verankert sein, also nicht von außen kommen, verschiedene Partner der ländlichen Räume integrieren und dabei natürlich eine sehr anspruchsvolle Entwicklungsstrategie dann auch erarbeiten.

Dieses sind nur einige Chancen, die die EU-Agrarreform auch bietet neben allen Unsicherheiten, Unwägbarkeiten und auch Problemen, die sie mit sich bringt. Ich denke, wir werden uns weiterhin mit der Umsetzung dieser EU-Agrarreform auch in unserem Land beschäftigen und sie auch intensiv weiterbegleiten. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Frau Monegel.

Um das Wort gebeten hat jetzt der Landwirtschaftsminister Herr Dr. Backhaus.

(Torsten Renz, CDU: Der muss jetzt alles rausreißen.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar, dass meine Fraktion das Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt hat. Das ist doch die Möglichkeit, hier noch mal darzustellen, welche Chancen, Perspektiven, aber auch welche Risiken die europäische Agrarpolitik in sich birgt.

Zum einen ist festzuhalten, dass wir in der europäischen Agrarpolitik ein Politikfeld haben, das sehr stark durch Europa beeinflusst ist. Wenn man sich mal vor Augen hält, 42,5 Milliarden Euro hält der Steuerzahler der Europäischen Union bereit, hochwertige Lebensmittel, eine intakte Natur, einen hochwertigen Tierschutz in Europa zu ermöglichen. Das ist das Ziel im Übrigen, dass das in der Zukunft so bleibt. Die Kritiker sagen, weg mit diesen Subventionen. Das hätte zur Konsequenz, dass wir einen Großteil der Landbewirtschaftung sicher in Europa einstellen müssten. Dieses wollen wir nicht, ausdrücklich nicht.

Betrachtet man das für Deutschland, so haben wir insgesamt einen Beitrag, der hier zur Diskussion steht, von 5,4 Milliarden Euro, die in die Landwirtschaft, in die ländlichen Räume, in diese wettbewerbsfähige Landwirtschaft hineinfließen. Schaut man sich das in Mecklenburg-Vorpommern an, dann sind es im Übrigen knapp 400 Millionen Euro, die mittlerweile zum Glück auch in diesem Jahr bei den Landwirten auf die Konten geflossen sind.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Das Ergebnis ist – ich betone das noch mal – mit dem Paradigmenwechsel, der hier eingeleitet worden ist, für den ich seit Jahren gekämpft habe, nämlich zu einer einheitlichen Flächenprämie zu kommen, erreicht. Darüber bin ich jedenfalls sehr froh und ich weiß auch aus den vielen internen Gesprächen mit den Landwirten, dass sie auch darüber froh sind, diese Mittel weiterhin auch in der Zukunft zu erhalten.

Was wir als Zielstellung in der europäischen Agrarpolitik festgeschrieben haben, ist, dass wir in der Zukunft – und die Redner haben alle darauf hingewiesen –, dass wir eben ein Stückchen mehr Marktwirtschaft in die Landwirtschaft hineintragen und dass die Landwirte in der Zukunft dafür honoriert werden, dass sie den Tierschutz umsetzen, dass sie den Umweltschutz und, ausdrücklich sage ich das, den Verbraucherschutz umsetzen, nämlich hochwertige, sehr hochwertige Lebensmittel zu produzieren, die dann auch noch zu fairen Preisen angeboten werden. Und so vor der Weihnachtszeit, glaube ich, darf man das auch mal sagen: Das, was die Landwirte in diesem Jahr wieder geleistet haben, uns nämlich satt zu essen zu geben, ist auch keine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielleicht sollten alle auch einmal in dieser Zeit darüber ein bisschen nachdenken, dass dieses keine Selbstverständlichkeit ist, dass wir alle satt zu essen haben.

Ich habe mich immer dafür ausgesprochen, dass wir Wettbewerbsfähigkeit wollen und benötigen. Ich glaube, wir sind uns in diesem Hohen Hause einig, dass die Wettbewerbsbedingungen gerade für die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern außerordentlich gut sind, die wir

weiter ausbauen wollen. Ich sage auch da noch einmal ein paar Zahlen. Wenn man sich überlegt, in Mecklenburg-Vorpommern bewirtschaftet der Durchschnittsbetrieb gut 270 Hektar. Ich sage es noch einmal, 270 Hektar! In Deutschland haben wir eine Durchschnittsfläche in den Landwirtschaftsbetrieben von 36 Hektar. Da liegt es schon auf der Hand, Frau Wien, dass wir einen ganz klaren Wettbewerbsvorteil in Mecklenburg-Vorpommern und auch in Europa haben. Denn wenn man sich die Erweiterung der Europäischen Union anschaut, dass in Polen im Durchschnitt heute der Betrieb 9 Hektar bewirtschaftet, dann liegt es auf der Hand, dass wir uns da in der Wettbewerbsfähigkeit nicht verstecken müssen, ganz im Gegenteil.

Dieses dann an bestimmte Kriterien zu binden, nämlich an den Verbraucherschutz, an den Umweltschutz, und die Landwirte dafür zu honorieren, dass sie uns diese intakte Landschaft bereitstellen, das ist insbesondere auch für den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern ein ganz wesentliches Kriterium.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dafür gibt es auch eine Akzeptanz, dass die Landwirte dafür honoriert werden. Deswegen sage ich, jawohl, das ist richtig, wir haben uns zum Glück durchsetzen können und die Mehrheit der Bundesländer – dafür bin ich ausgesprochen dankbar –, nämlich 14 Bundesländer haben erklärt, jawohl, sie wollen unser Modell. Bereits im „Agrarkonzept 2000“ – da haben andere noch gar nicht daran gedacht, überhaupt in die Verantwortung zu gehen – haben wir dieses niedergeschrieben. Und dies ist Wirklichkeit geworden. Dass ich da ein bisschen froh darüber bin, glaube ich, liegt auf der Hand. Denn MecklenburgVorpommern ist ein Agrarindustrieland und das wird es auf längere Sicht auch bleiben. Dass wir in diesem Bereich auch einen hohen Stellenwert umgesetzt haben, ist richtig und notwendig. Das heißt, wir werden zu diesem so genannten Kombinationsmodell und damit zu einer regionalen Flächenprämie kommen, mit dem Ziel – ich gehe davon aus –, Ende 2012 zu einer einheitlichen, betone ich, Flächenprämie zu kommen, und dieses in Deutschland insgesamt.

Das ist ein Riesenschritt voran, den wir geschafft haben. Und dass die Agrarministerkonferenz in diesem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern war, ist uns allen nicht entgangen. Das heißt, wir haben ein Stückchen positive Geschichte für die Agrarwirtschaft und die ländlichen Räume in Deutschland mitschreiben können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Dann gibt es sicher auch die Fragestellungen, die uns alle berühren: Die Entkopplung bedeutet, dass der Landwirt eben in der Zukunft nicht mehr für Getreide honoriert wird, für die Milch, die er produziert, oder das Fleisch, sondern er wird diesen Preis am Markt erzielen müssen. Dieses abzufedern in einer sinnvollen Weise, dass die Betriebe, wenn ich das mal so sagen darf, nicht koppheister gehen, das ist erklärtes Ziel der Landeregierung. Hier werden wir unterstützen.

Wir sind uns einig, 2005 werden wir die Entkopplung vornehmen. Das heißt, dann beginnt der Prozess der Umlage auf die Fläche der Mittel, die zur Verfügung stehen. Wir werden uns darauf verständigen, dass es zu einer Umverteilung von Prämien kommt, vom Ackerland auf das Grünland und von den Tieren in das Grünland hinein.

Im Übrigen war das immer erklärtes Ziel dieses Bundeslandes und auch der Bauern.

(Beifall Ute Schildt, SPD)