Protocol of the Session on November 13, 2003

Das habe ich in der ersten Rede, wo ich etwas länger Zeit hatte, gesagt. Das können Sie dann gerne noch einmal nachlesen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das hat er schon vergessen. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Es geht also aus meiner Sicht nicht darum, hier eine Befürchtung zu unterstützen, diese Daten, die dort gewonnen werden, könnten missbraucht werden für Versicherungen oder sonst etwas.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das habe ich nie behauptet. Das will ich hier feststellen.

Zweitens, Herr Kollege Born, und das ist das Problem, Sie fordern eine Ausweitung des jetzigen Rechtszustandes. Aber es ist mir bisher, außer an den zwei Punkten, die der Kollege Krumbholz jetzt nannte, nicht konkret gesagt

worden, was ausgeweitet werden soll zur gegenwärtigen Rechtslage. Die Ausführungen des Innenministers haben es ganz deutlich gemacht: Die gegenwärtige Rechtslage lässt das meiste von dem schon zu, Herr Kollege Born, die lässt es schon zu.

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Ich kann jetzt nur eins herausnehmen: Landgericht Hannover, DNA-Identitätsfeststellung, NSTZ-Rechtsprechungsreport 2000: „Bei Entnahme von Körperzellen macht die Einwilligung des Betroffenen, sofern er über Umfang, Sinn und Tragweite seines Weigerungsrechtes und seiner Duldungspflicht belehrt worden ist, die richterliche Anordnung entbehrlich.“

Sie wissen es doch ganz genau, wenn ich im Strafverfahren den Beschuldigten entlasten möchte

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

und darauf bestehe, dass eine DNA-Analyse gemacht wird auf freiwilliger Basis, muss sie gemacht werden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Nur wenn der Täter sich selber überführt.)

Aber Sie tun so, Herr Kollege Born, als sei das gegenwärtig noch nicht möglich. Es ist möglich. Wir haben das Rechtsinstrument.

Und auf den Widerspruch der Diskussion zu dem konkreten Fall im Innenausschuss zu Ihren Ausführungen will ich gar nicht hinweisen. Und das ist es, denke ich, was die Diskussion aus meiner Sicht so schwierig macht, die Aussage „Täterschutz geht vor Opferschutz“. Niemand will hier irgendjemanden, der als Straftäter zur Verantwortung gezogen werden muss, schützen. Auch diese Behauptung stellen Sie auf und niemand von denjenigen, die ihre kritischen Stimmen erheben gegen eine Aushöhlung von bürgerlichen Rechten. Denn es geht eben auch um den Schutz, so, wie es der Kollege Krumbholz schon wesentlich besser als ich gesagt hat, derjenigen, die im Strafverfahren als Unschuldige in das Visier gelangen und sich hier entlasten wollen. Denn für die, Herr Kollege Born, ich betone es noch einmal, gibt es bereits heute die Möglichkeit, über den genetischen Fingerabdruck einen Entlastungsbeweis zu führen. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Neumann.

Es hat noch einmal das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Dr. Born. Bitte schön, Herr Dr. Born.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, es macht wenig Sinn, die Sachargumente, die nun auch noch einmal durch den Innenminister untermauert wurden, hier noch einmal zu wiederholen. Herr Kollege Neumann, es ist eben so:

Erstens. Anders als bei dem Fingerabdruck, der die Persönlichkeitsrechte viel stärker beeinträchtigt, ist es bei der DNA-Analyse erforderlich, eine richterliche Anordnung einzuholen. Was das in der Praxis bedeutet, weiß jeder, der mit Gerichten in diesem Lande zu tun hat.

Zweitens. Es ist nach geltendem Recht so, dass nach Paragraph 81 g der StPO Folgendes gilt: „Zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren dür

fen dem Beschuldigten, der einer Straftat von erheblicher Bedeutung,“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben.)

„insbesondere eines Verbrechens, eines Vergehens gegen die sexuelle Selbstbestimmung, einer gefährlichen Körperverletzung, eines Diebstahls in besonders schwerem Fall oder einer Erpressung verdächtig ist, Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters molekulargenetisch untersucht werden, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, daß gegen ihn künftig erneut Strafverfahren wegen einer der vorgenannten Straftaten zu führen sind.“ So weit das Zitat.

(Gerd Walther, PDS: Das reicht vollkommen aus.)

Ich glaube, es dürfte jedem in diesem Saal klar sein, was das bedeutet, dass man jemandem, der einmal eine schwere Straftat begangen hat, erst einmal eine Prognose verpassen muss, dass er eine entsprechend schwere Straftat wieder begehen wird, wenn er dazu Gelegenheit hat. Es ist geradezu makaber, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Beifall Kerstin Fiedler, CDU, und Rainer Prachtl, CDU)

wenn man darauf wartet, dass eine solche Prognose erstellt werden muss, und nicht das macht, was jeder von uns tut, wenn er einen Ausweis beantragt. Er gibt ein Lichtbild ab, er gibt persönliche Daten ab. Das ist ein viel, viel stärkerer Eingriff in die Persönlichkeit als DNA-Material, das keinerlei Schlüsse auf Erbmasse zulässt, abzugeben.

(Gerd Walther, PDS: Das ist gar kein Vergleich.)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt noch einmal zu unserem Änderungsantrag. Wir nehmen insbesondere den Justizminister hier beim Wort. Wir unterstellen ihm in keiner Weise, dass er das nicht umsetzt, was er hier angekündigt hat, sondern,

(Wolfgang Riemann, CDU: Unterstützungen sind keine Absichten.)

und, Herr Minister, dafür...

Herr Kollege Riemann, auch wenn Sie sagen Absichten, ich gehe davon aus, dass der Justizminister Herr Sellering in voller Verantwortung hier erklärt hat, dass eine Ausweitung der DNA-Analyse notwendig ist und dass er sich deshalb im Bundesrat dafür einsetzt, dass das so geschieht, wie wir es gemeinsam für erforderlich halten.

Und damit hier keiner in Schwierigkeiten kommt und sagt, wir reichern das mit irgendwelchen Problemen an, lautet der Änderungsantrag jetzt lediglich noch wie folgt: „Der Landtag unterstützt die Bemühungen der Landesregierung im Bundesrat, die DNA-Identitätenfeststellung als weitere erkennungsdienstliche Maßnahme wie den Fingerabdruck zu behandeln.“ So weit der ganze Antrag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegt an Ihnen, ob Sie die Landesregierung in ihren Bemühungen unterstützen wollen. Wir als CDU-Fraktion, als Opposition werden das jedenfalls tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Es hat noch einmal ums Wort gebeten der Justizminister des Landes Herr Sellering.

(Wolfgang Riemann, CDU: Jetzt fällt ihm wieder eine neue Ausrede ein: Wir brauchen die Unterstützung nicht.)

Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist in der Tat, wie der Innenminister gesagt hat, ein sehr wichtiges Thema. Deshalb erlaube ich mir, ausnahmsweise zum zweiten Mal hier nach vorne zu gehen.

Zu zwei Punkten möchte ich etwas sagen. Ich denke, wenn wir in dem Bereich „Schwerste Sexualstraftaten“, wenn wir in dem Bereich „Einbruchsdiebstahl“ darauf angewiesen wären, dass wir Proben auf freiwilliger Basis bekommen, dann läuft dieses Mittel leer, Herr Neumann. Das überzeugt mich nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Heinz Müller, SPD – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Ich möchte zu einem anderen Punkt etwas sagen und das geht in beide Richtungen, nämlich zu dem, dass mein Antrag oder meine Initiative so aussieht, dass ich sage, ich möchte den Anwendungsbereich der DNA-Analyse – das ist die politische Richtung – so weit ausweiten, wie das verfassungsrechtlich möglich ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Daran liegt mir sehr. Ich möchte auch noch einmal deutlich machen, dass das keine Leerformel ist. In die eine wie in die andere Richtung möchte ich das deutlich machen. Das ist keine Leerformel, das ist auch kein Verstecken dahinter.

Wir müssen realisieren, dass es drei Urteile gibt, die sehr weitgehende Ausführungen dazu machen. Herr Neumann hat einige davon zitiert,

(Bodo Krumbholz, SPD: Ich auch eins. – Dr. Ulrich Born, CDU: Herr Ankermann auch.)

Herr Krumbholz ebenfalls, Herr Ankermann erst recht.

Ich möchte auf Folgendes hinweisen: Heute sind schon mehrfach die Juristen erwähnt worden. Ich glaube, dass man in diesem Bereich einiges deutlich machen muss. Das, was die Verfassungsrichter entschieden haben – und wenn die entscheiden und sagen, ja, das ist in Ordnung, wenn es um Straftaten von erheblicher Bedeutung geht –, möchte ich den Laien klar machen. Ich möchte ihnen klar machen, was damit gemeint ist, wie das Verfassungsgericht arbeitet. Der Gesetzgeber macht ein Gesetz und schafft einen bestimmten Handlungsrahmen. Und wenn ein Einzelner dagegen vorgeht vor dem Bundesverfassungsgericht, dann sagt das Bundesverfassungsgericht nicht, wie sie es sich vorstellen, wie man möglicherweise eine Regelung fassen sollte, sondern es sagt nur, ist diese Regelung, so weit, wie sie gegangen ist, noch in Ordnung oder ist sie nicht in Ordnung.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Gerd Walther, PDS: Eben.)