die zum Erfolg dieser öffentlichen Verbandsanhörung beigetragen haben. Dies beweist natürlich auch, dass es sich lohnt und in dem Falle gelohnt hat, frühzeitig die Betroffenen, die Träger, die Eltern, die Landkreise und die Kommunen mit einzubeziehen, denn schließlich geht es beim vorliegenden Gesetzentwurf nicht nur eben mal um so eine kleine Novelle, sondern es ist eine umfassende Veränderung und ein völlig neuer Ansatz des bisherigen Kindertagesstättengesetzes in unserem Land. Und von daher, Herr Glawe, ist es auch nicht mit einem Federstrich, wie gesagt, als Novelle zu machen, sondern dieses Gesetzesvorhaben ist schon sehr kompliziert und umfangreich
und demzufolge kann es auch nur gelingen, wenn man diesen Prozess möglichst transparent gestaltet und vielen Betroffenen Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten einräumt. So, wie es bisher geschehen ist, wird es auch zukünftig geschehen.
Es ist ein Gesetz, das muss man sich mal vor Augen führen, von dem circa 72.000 Kinder betroffen sind – so circa 90 Prozent aller Kinder in Mecklenburg-Vorpommern besuchen Kindertagesstätten –, deren Eltern und circa 7.000 Erzieherinnen in circa 1.100 Einrichtungen. Das heißt, es gibt wohl kaum ein Gesetz, zumal auch in dieser Legislaturperiode, das ein dermaßen großes öffentliches Interesse gefunden hat
Meine sehr geehrten Damen und Herren, worin bestanden nun die Hauptziele des neuen Gesetzes? Es sind im Wesentlichen drei. Wir wollen die Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung verbessern, wir wollen die Rechte und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Eltern stärken und wir wollen, das ist ganz klar angesagt, das bisherige Finanzierungssystem grundlegend ändern.
Zum ersten Hauptziel. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ausgehend von den Erkenntnissen der modernen Frühpädagogik und der aktuellen Bildungsdiskussion in Deutschland, nicht nur unter Einbeziehung der PISA-Studie, sondern auch anderer Studien, setzt sich Gott sei Dank zunehmend die Erkenntnis durch, dass wir dringend eine Verbesserung der Bildung im frühen Kindesalter brauchen. Es geht hierbei nicht nur um eine bessere Vorbereitung der Kinder auf die Schule. Durch eine hohe Qualität der pädagogischen Arbeit soll die individuelle Entwicklung eines jeden Kindes gefördert und damit ein Beitrag für bessere Chancengleichheit für eben diese Kinder geleistet werden, deren Eltern nicht über die notwendige Erziehungs- und Bildungskompetenz verfügen. Ziel
ist es dabei nicht – das möchte ich ausdrücklich hier auch noch mal sagen –, die Kindheit zu verschulen oder kleine Wissensroboter heranzuzüchten. Das ist nicht das Ziel von frühkindlicher Bildung und Erziehung in Kindertagesstätten. Das Angebot in den Kindertagesstätten muss sowohl der Förderung der Kinder dienen als auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Beides ist wichtig und beides muss in eine Einheit gebracht werden.
Grundlage der frühkindlichen Bildung in unseren Kindertagesstätten, Herr Glawe, wird ein verbindlicher Rahmenplan sein. Ich bin auch sehr gespannt, ihn hoffentlich demnächst zu bekommen. Dieser wird ja zurzeit von Wissenschaftlern der Uni Rostock unter der Leitung von Professor Dr. Toni Hansel unter Einbeziehung von Praktikern und erfahrenen Frühschulpädagogen erarbeitet. Wie gesagt, wir erwarten ihn, denn er wird ja eine ganz wichtige Grundlage der weiteren Arbeit in den Kindertagesstätten sein. Ich bin auch der Meinung, dass das neue Bildungsangebot sich zwar auf das Vorschuljahr konzentrieren muss, aber durchaus als Gesamtkonzept das gesamte Vorschulalter im Blick haben muss. Schließlich wissen wir alle, dass Bildung eigentlich schon mit der Geburt beginnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die frühkindliche Bildung wird das Land 7 Millionen Euro zusätzlich ab dem Jahre 2005 einsetzen und anteilig bereits ab 2004 2,3 Millionen Euro. Dieses Geld dient der Umsetzung zusätzlicher pädagogischer Angebote, der Verstärkung der Fach- und Praxisberatung, wie zum Beispiel die Aufstockung der Fachberater auf 60, und einer verbesserten Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte. Die 7 Millionen Euro entsprechen bezogen auf die Vorschulkinder etwa 500 Euro pro Jahr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum zweiten Hauptziel, die Elternrechte zu stärken. Die Eltern können zukünftig frei entscheiden, bei welchem Träger sie die Förderung in Anspruch nehmen. Das bislang geltende Wohnortprinzip bei der Betreuung entfällt. Diese Regelung ist für die Eltern natürlich sehr vorteilhaft, weil sie unabhängig von ihrem Wohnort die Kita für ihre Kinder aussuchen können und damit Wahlmöglichkeiten erhalten. Stärker als bisher wird die Leistung der Kita im Mittelpunkt der Entscheidung der Eltern stehen, wo sie ihre Kinder betreuen lassen. Die Mitwirkungsrechte der Eltern bei der inhaltlichen Arbeit und Kostengestaltung werden gestärkt und es geschieht über die Elternbeiräte und über die Auskunftsrechte im Paragraphen 9. Es wäre natürlich sehr wünschenswert, wenn möglichst viele Eltern von diesen erweiterten Rechten Gebrauch machen würden. Ich weiß, das ist noch nicht in allen Kindertagesstätten der Fall, aber vielleicht wird sich das zukünftig verbessern.
Was erwarten die Eltern eigentlich von Kindertagesstätten? Grundsätzlich erwarten die Eltern neben kleineren Gruppen vor allem freundliches Personal, flexible Öffnungszeiten und die Nähe zum Wohnort oder zur Arbeitsstätte. Dies hat in einer überzeugenden Art und Weise eine Umfrage in Schwerin ergeben, die dankenswerterweise vom Stadtelternrat durchgeführt wurde, 3.200 Fragebögen, immerhin ein Rücklauf von 1.600. Die Ergebnisse haben das von mir eben Gesagte eindeutig belegt. Ich finde es überhaupt gut, wenn auf diese Art und Weise auch Eltern befragt werden, wie sie sich die Kitas vorstellen. Es gilt natürlich auch zu sagen, dass über 90 Prozent signalisierten, dass sie grundsätzlich mit dem Angebot der Kindertagesstätten in Schwerin zufrieden sind. Ich
vermute mal, das wird in anderen Teilen des Landes ähnlich sein. Eine engere Zusammenarbeit der Kitas mit den Eltern ist also auch zukünftig eine ganz wichtige Aufgabe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum dritten Hauptziel. Das neue Finanzierungssystem bereitete uns großes Kopfzerbrechen und auch zukünftig wird da nicht alles gleich glatt laufen. Aber mit der neuen Festbetragsförderung wird das bisherige Regelkostensystem abgelöst. Das heißt, das Land zahlt zukünftig einen Festbetrag auf 2004 bezogen von 77,7 Millionen Euro jedes Jahr, plus 2 Prozent Dynamisierung an die Landkreise und kreisfreien Städte, die dann auf der Basis von Leistungsverträgen dieses Geld einschließlich der Ergänzung und Restfinanzierung durch die Kommunen, Eltern und kreisfreien Städte an die Träger der Einrichtungen zahlen.
Warum ist nun eigentlich dieses Finanzierungssystem besser als das bisherige? Ich sehe im Wesentlichen drei Gründe, Herr Glawe.
Erstens bin ich der Meinung, das neue Finanzierungssystem ist gerechter, weil eine real erbrachte Leistung durch Vertrag gesichert wird und direkt zwischen Leistungsanbieter und Auftraggeber gehandelt und geregelt wird, was es zu bezahlen gilt. Damit wird die grundsätzlich bewährte Entgeltregelung, die es schon in anderen sozialen Bereichen gibt, auf die Kitas übertragen. Die Regelkosten der bisherigen Form sind nach meinem Dafürhalten, wie es der Name schon sagt, ungerecht, weil sie von Durchschnittskosten ausgehen, die nie und nimmer den Realitäten entsprechen, denn in der Praxis war es so, entweder waren die Kosten, die gezahlt wurden, die Betriebskosten, unter dem, was die Träger benötigen, oder sie lagen auch darüber.
Zweiter Grund, warum ich für das neue Finanzierungssystem bin. Wir kennen alle die Rechtsstreitigkeiten, die es gab und noch gibt. All dies ist ja noch anhängig.
Was will ich damit sagen? Wir werden nie und nimmer, auch wenn das noch so gut gemeint ist, bei der Regelkostenverordnung gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden können. Diese wird es geben zwischen Land und Trägern und sie – und da zitiere ich auch mal die Ministerin – waren und würden auch in Zukunft ein ständiger ewiger Zankapfel sein. Das ist ein guter Grund, zu sagen, wir brauchen ein neues Finanzierungssystem. Bei der Festbetragsfinanzierung sehe ich diese Konflikte so nicht. Dafür haben wir die Schiedskommission. Diese ist wichtig und ich bin der Meinung, dort wird man an der richtigen Stelle diese Fragen dann auch sach- und fachkompetent beraten und entscheiden, die möglicherweise strittig sein werden.
Ein dritter Grund, warum ich für die neue Finanzierungsform bin, ist die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Es ist zwar durch Bundesrecht bereits klar geregelt, das die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Paragraph 80 SGB III, entsprechend ja auch die Zuständigkeit, vorzieht, aber bisher war es nicht in dem Maße der Fall und so dürfte zukünftig besser geregelt sein, dass die Gemeinden stärker verantwortlich sind für die Qualität, Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Mit Gemeinden meine ich natürlich in erster Linie die ört
lichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Ich weiß, dass dieses für die Kitas nicht nur eine gute Chance bedeutet, sondern möglicherweise auch mit Risiken verbunden ist. Aber das muss man im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung dann vor Ort politisch austragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Beratung im Sozialausschuss sehe ich noch eine Reihe von Fragen und Problemen, die es zu lösen gilt, federführend im Sozialausschuss. Aber auch die mitberatenden Ausschüsse werden sicherlich noch eine Reihe von Punkten zu diskutieren haben. Ich möchte nur mal vier herausgreifen.
Als Erstes bin ich schon der Meinung, dass wir am Paragraphen 21, wo es um die Elternbeiträge geht, besonders im Abschnitt II, noch mal ernsthaft die Frage diskutieren müssen, wer die Elternbeiträge festlegen wird. So, wie es jetzt vorgesehen ist im Gesetz, sind es die Gemeinden oder, wie es auch mehrfach diskutiert wurde, die Landkreise. Überhaupt gilt es, bei der Thematik Elternbeiträge – und da pflichte ich Ihnen ausdrücklich bei, Herr Glawe – noch mal sehr verantwortungsvoll darüber zu reden, welche Auswirkungen das Gesetz auf die Elternbeiträge hat,
Einen zweiten Punkt möchte ich ansprechen. Die Hortförderung, die im Paragraphen 5 geregelt ist, ist nach meinem Dafürhalten bezüglich Betreuungsumfang und Bildungsauftrag zumindest noch diskussionswürdig, so, wie es momentan im Paragraphen 5 formuliert ist.
Ich sehe nach wie vor die Aufgabe, noch einmal die Frage zu diskutieren – und nicht nur zu diskutieren, sondern möglicherweise auch noch zu Entscheidungen zu kommen –, wie auch im Gesetz ein deutliches Zeichen gesetzt werden kann bezüglich der besonderen Förderung, der Unterstützung von Kindern aus sozial schwachen Familien, die vom bisherigen Angebot teilweise nur unzureichend erreicht werden.
Einen letzten Punkt möchte ich ansprechen: Die Entscheidungsgrundlage für das wichtigste Instrument – nämlich für die Leistungsverträge in Paragraph 16 – müsste nach meinem Dafürhalten eindeutig geregelt werden. Die Formulierung des Paragraphen 16 lässt da im Moment sehr vieles offen und das muss auch noch einmal diskutiert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das neue Kindertagesstättengesetz für Mecklenburg-Vorpommern – entsprechend der neuen Formulierung dann das Kindertagesstättenförderungsgesetz, da gewöhnen wir uns dann an die neue Abkürzung KiföG – wird eines der modernsten und zukunftsorientierten sein. Es ist jetzt schon gut, aber es wird besser und es wird eines der besten in Deutschland sein, um die uns sehr viele Bundesländer in Deutschland beneiden.
Ich bin auch der Meinung, das neue KiföG passt in die heutige Zeit, denn gerade in Zeiten finanzieller Engpässe muss man in die Zukunft investieren, indem man in die Bildung investiert
und dazu gehört natürlich auch die frühkindliche Bildung. Gleichzeitig ist dies nach meiner Meinung der sinn
vollste Weg der Familienförderung. Während andere Länder bei den Kitas sparen, werden wir in den nächsten Jahren erhebliche Ausgabensteigerungen vornehmen. Waren es in 2002 noch 72,4 Millionen Euro, werden es 2008 circa 92 Millionen Euro sein.
In sechs Jahren ein Zuwachs von 20 Millionen Euro und von diesen 20 Millionen Euro, Herr Glawe, der größte Anteil durch Dynamisierung und durch die zusätzlichen 7 Millionen Euro.
Ich hoffe, dass die Kommunen dann auch finanziell in der Lage und auch politisch dazu bereit sind, ihren entsprechenden Beitrag zur Gesamtfinanzierung der Kitas zu leisten, denn man muss sich mal vorstellen, im Gesamtsystem Kindertagesstättenfinanzierung stecken zurzeit 270 Millionen Euro. Es ist also nicht nur das Land gefordert, auch alle anderen müssen ihren Beitrag leisten, damit wir insgesamt hier für die Zukunft dann auch die entsprechenden qualitativen Schritte noch vollziehen können. Denn, das will ich auch sagen, trotz vieler positiver Aspekte des neuen Gesetzes kann dies auch nur ein Schritt in die richtige Richtung sein. Weitere wichtige Schritte, Herr Glawe, da sind wir uns vermutlich einig, müssen in den nächsten Jahren folgen in Abhängigkeit der finanziellen Möglichkeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Direktor des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München Professor Dr. Wassilios E. Fthenakis hat im Auftrag des Bundesfamilienministeriums ein Gutachten mit dem Titel „Perspektiven zur Weiterentwicklung des Systems der Tageseinrichtungen für Kinder in Deutschland“ erstellt. In diesem Gutachten deckt Herr Fthenakis schonungslos die Defizite der Kinderbetreuung in Deutschland auf. Sein vernichtendes Urteil: Im europäischen Vergleich ist Deutschland bei der Kinderbetreuung ein Entwicklungsland. Diese Einschätzung trifft auf unser Land nur zum Teil zu, denn schließlich ist das quantitative und zum Teil auch das qualitative Kita-Angebot in Ostdeutschland – auch in Mecklenburg-Vorpommern – bereits jetzt europäische Spitze. Es ist also völlig unstrittig, dass wir hier in Deutschland eine sehr unterschiedliche Kita-Landschaft haben.
Was müsste in den nächsten Jahren noch getan werden? Welche Ziele sollten wir weiter gemeinsam verfolgen? Das sind aus meiner Sicht im Wesentlichen vier:
Als Erstes geht es darum, dass wir auch zukünftig nicht aus dem Auge verlieren dürfen, dass eine qualifizierte Bildungsarbeit entsprechend unseren Ansprüchen nur in kleineren Gruppen als bisher möglich sein dürfte.
Herr Glawe, ich stelle fest, und Sie werden sicherlich nicht widersprechen, dass es bei den Kindertagesstätten unseres Landes nach wie vor einen großen Nachholbedarf gibt in der Sanierung.