Protocol of the Session on November 12, 2003

So sieht das Gesetz eine Kostenteilung zwischen Gemeinden und Eltern vor. Der Anteil der Eltern darf also nicht höher als derjenige der Gemeinden sein. Eltern müssen nicht befürchten, dass sich die Gemeinde zu ihren Lasten von Verpflichtungen freimacht. Eltern dürfen Einsicht in die Kostenentwicklung der Kita nehmen, sie können auch damit Fehlentwicklungen vorbeugen. Träger, die die Kosten in die Höhe schrauben, müssen damit rechnen, dass die Eltern von der Wahlmöglichkeit Gebrauch machen. Auch das wird die Träger daran hindern, ungebremst Kosten den Eltern und Gemeinden in Rechnung zu stellen. Im Ergebnis ist deshalb nicht mit nachhaltigen Abweichungen gegenüber der bisherigen Kostenstruktur zu rechnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Ihnen vorliegenden Novelle hat die Landesregierung im dafür vorgesehenen Zeitplan eines der wichtigsten Vorhaben dieser Landesregierung, dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht. Das ist ein Durchbruch zu einer modernen Neugestaltung der Kindertagesbetreuung in unserem Land. Das ist aber auch eine gute Basis für die weitere Zusammenarbeit in dieser Koalition. Wir haben damit als Land Mecklenburg-Vorpommern Neuland innerhalb der Bundesrepublik beschritten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Rot-rote Politik wird mit dieser Novelle spürbar in diesem Land. Mecklenburg-Vorpommern erweist sich damit als ein kinderfreundliches, der Zukunft zugewandtes Land. Und das ist ein Erfolg, auf den wir in dieser Regierung und in dieser Koalition sehr stolz sein können. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Kita-Gesetz liegt hier nach zweijährigen Geburtswehen und nach den Dingen, die die PDS mal als Gutscheine im Wahlkampf verteilt hat, die jeder sozusagen, der einen Gutschein erhalten hat, ja einlösen konnte.

(Angelika Gramkow, PDS: Das geht nicht.)

Ich hoffe, das ist mittlerweile passiert bei Ihnen.

Frau Ministerin sprach von einem kostenlosen Vorschuljahr. Ich weiß nicht, ob sie bei den letzten Verhandlungen nicht mehr dabei war in Ihren Koalitionsgesprächen.

(Angelika Gramkow, PDS: Doch, sie war dabei. – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

All die Dinge stehen jedenfalls nicht so auf dem Papier, wie sie mündlich vorgetragen werden, meine Damen und Herren.

Es gibt noch zwei, drei positive Aspekte zu diesem Gesetz zu sagen. Ich will mal feststellen, einige Kritikpunkte,

die die CDU im Vorfeld ja angebracht hat – in besonderer Weise zu den Fragen der Standards oder zu den Fragen von Betreuergrößen und Gruppengrößen sowie die ganze Frage, wie wir damit umgehen –, finden sich mittlerweile in Ihrem Gesetz wieder.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Nachdem Sie ja vorher alles herausgenommen haben, haben Sie sich doch entschlossen, nach der Kritik nicht nur unsererseits, sondern auch der Kirchen und der Verbände, das wieder hineinzuschreiben. Dazu sei ausdrücklich Dank gesagt an die Ministerin

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

und auch, denke ich, an die Abteilung, die sozusagen im Rücken sitzt, dass alles so gemacht wurde.

Andererseits wissen wir weiterhin, dass das Land durch diese Festbetragsfinanzierung sich ja doch weitestgehend aus der Verantwortung stiehlt.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist nicht wahr.)

Die Dinge werden auf die Gemeinden und auf die Eltern abgewälzt. Und da Frau Ministerin davon sprach, dass die Dinge per Fuß oder mit den Füßen abgestimmt werden: Was wird passieren, nachdem die Schule die Fläche verlassen hat? Werden jetzt auch die Kitas die Fläche im Land Mecklenburg-Vorpommern verlassen?

(Dr. Margret Seemann, SPD: Viel Vertrauen in die kommunale Ebene haben Sie nicht.)

Das ist eigentlich nicht, zumindest mit den Dingen, die etwas mit Raumordnung und mit Regionalentwicklung zu tun haben, vereinbar.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz hat den einen oder anderen Vorteil, es hat aber auch sehr viele Nachteile. Ich habe schon mal gesagt, die Gruppengrößen waren eines der entscheidenden Kritikpunkte von Seiten der CDU. Diese sind jetzt wieder im Gesetz. Die Frage, ob Elternbeiträge erhöht werden oder nicht, Frau Ministerin, denke ich, wird in Zukunft beantwortet werden, und wir sagen Ihnen voraus, dass die Elternbeiträge in den Kitas steigen werden. Das werden Sie auch mit diesem Gesetz nicht verhindern, denn Sie haben es de facto jetzt freigegeben. Da die Gemeinden Satzungen erlassen müssen, Standards und auch Vereinbarungen treffen mit Leistungsverträgen, ist es also eine recht komplizierte Materie. Die Deregulierung wird auf die kommunale Ebene verschoben und damit werden die Gemeinden und Landkreise über Gebühr beschäftigt und über allem schwebt dann die Schiedsstelle. Auch über diese Dinge muss weiterhin diskutiert werden.

(Rudolf Borchert, SPD: Wollen wir die Schiedsstelle dann abschaffen oder wie?)

Ein weiteres Problem, das Sie richtig angesprochen haben, ist die Frage nach einem verbindlichen Rahmenplan, also die Frage der Bildung. Wann ist der denn zu erwarten, Frau Ministerin? Das wäre noch eine der wichtigen Botschaften, die Sie vielleicht nachher in der Diskussion in den Ausschüssen, vielleicht auch in der zweiten Rede bringen könnten. Das würde uns schon mal grundsätzlich interessieren.

Wir sagen, eigentlich hätte es keiner Novelle in diesem Bereich oder eines neuen Gesetzes bedurft. Das alte Kita

Gesetz – ich stelle es hier noch mal fest – ist nie beklagt worden. Beklagt worden sind immer die Regelkosten oder die Betriebskosten, Verordnungen des Ministeriums, also das, was regierungsseitig zu verantworten war.

(Torsten Koplin, PDS: Die sind Bestandteil des Gesetzes.)

Nein, das Gesetz wurde nicht beklagt, Herr Koplin. Lesen Sie es doch endlich mal richtig nach und begreifen Sie es doch mal!

(Zurufe von Dr. Martina Bunge, PDS, und Peter Ritter, PDS)

Das Gesetz ist nicht beklagt worden. Die Regelkostenverordnung ist beklagt worden oder die Betriebskostenverordnung, Herr Koplin.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

Nehmen Sie es zur Kenntnis!

Meine Damen und Herren, ich denke, ich will es hier nicht weiter ausbreiten. Die ganzen Zahlen sind genannt worden. Wir haben jetzt gerade mal noch 1.100 Kitas von 1.800, also der Abmarsch der Kitas aus der Fläche in die Städte beginnt

(Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Torsten Koplin, PDS)

und er wird durch dieses Gesetz beschleunigt, meine Damen und Herren. Und alles andere, was Sie unter Bildung verkaufen, ist heute in vielen Konzeptionen und Einrichtungen, in den Kindergärten gang und gäbe.

(Torsten Koplin, PDS: Herr Glawe, das wird jetzt flach.)

Es ist nichts Neues, es ist nur eine neue Verpackung. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Peter Ritter, PDS: Na, doll war das ja nicht.)

Danke, Herr Glawe.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in Erster Lesung den Entwurf zum neuen Kita-Gesetz, das zum 1. Juli nächsten Jahres das jetzige Gesetz aus dem Jahr 1995 ablösen wird. Bis zur Beschlussfassung des Gesetzes im Landtag am 3. März 2004 bleibt also von heute aus gesehen noch genügend Zeit, mit dem Sozialausschuss zu beraten und dabei insbesondere die Ergebnisse der Anhörung auszuwerten. Ich verweise auch auf die mitberatenden Ausschüsse Innen beziehungsweise Finanzen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch zu Veränderungen am Gesetzentwurf kommen wird, denn schon die bisherigen Verbandsanhörungen haben auch umfangreiche Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf bewirkt, wie zum Beispiel der Verzicht auf die Kostenfreiheit der Eltern beim Vorschuljahr und die Beibehaltung von Personalstandards. Sicherlich, Herr Glawe, hat auch die CDU ihren gewissen Anteil daran.

(Beifall Torsten Renz, CDU)

Aber ich glaube schon, dass ganz entscheidend war, in welcher Art und Weise sich die Träger und die Verbände eingebracht haben in diese Diskussion,

(Harry Glawe, CDU: Natürlich.)

und von daher möchte ich mich an dieser Stelle auch noch mal bei allen bedanken,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)