Das, was wir jetzt haben, ist keine soziale Marktwirtschaft. Und da sind wir dann auch bei den möglichen Alternativen und, meine Damen und Herren, es ist mindestens unredlich, diese Richtung der Bundespolitik, die von vielen Wissenschaftlern als falsch eingeschätzt wird, auch als alternativlos darzustellen. Das ist unredlich und auch verantwortungslos. Denn, was meinen Sie, hat der zunehmende Anteil von Nichtwählern etwas mit der aktuellen Politik zu tun, mit der Predigt von der Alternativlosigkeit, mit enttäuschten Hoffnungen? Ich meine, ja, es hat etwas damit zu tun. Und ich rufe von dieser Stelle die Betroffenen, aber insbesondere auch die beiden großen Kirchen, die Gewerkschaften und viele große und kleine Vereine und Verbände im Land auf, machen Sie Protest öffentlich, tragen Sie diesen Protest auf die Straße, so, wie wir es am 1. November diesen Jahres, so, wie es hunderttausende Menschen in Berlin auch getan haben!
(Rainer Prachtl, CDU: Frau Kollegin, machen Sie ordentliche Politik und rufen Sie die Leute nicht zu Protesten auf!)
Die PDS hat dazu ein beschäftigungspolitisches Programm und jüngst die Agenda Sozial vorgelegt. Im Übrigen haben wir unserem Koalitionspartner einen Antrag vorgelegt, mit dem wir Verbesserungen bei der Ausgestaltung dieser neuen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erreichen wollten, denn diese Maßnahmen werden nicht mehr finanzierbar sein, weil das Ziel, Wiedereingliederung, gestrichen wurde und die Zuschüsse nicht auskömmlich sind, auch wenn man die geplanten 300 Euro Sachkosten für Lohnkosten einsetzen kann. Hinzu kommt, dass die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik im Haushalt der Bundesanstalt um die Mittel für die bisherigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe abgesenkt werden. Das heißt nichts anderes, als dass die Entlastung durch aktive Arbeitsmarktpolitik weiter zurückgehen wird. Und wesentlich bei den neuen ABM als einem der bisherigen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist auch, weil im höchsten Maße diskriminierend, dass Beschäftigte in diesen Maßnahmen nicht mehr arbeitslosenversichert sein werden und dies selbst freiwillig auch nicht können.
Damit bin ich am Schluss meiner Ausführungen. Ich bin wieder beim gesellschaftlichen Klima, in dem gesellschaftlich nützliche und gesellschaftliche Arbeit anerkannt wird,
Erstens. Der Begriff der „Zwangsarbeit“ ist ja historisch relativ klar in Deutschland definiert. Sind Sie nicht der Meinung, dass Sie diese Äußerung vielleicht in dem Falle revidieren sollten?
Und Zweitens. Auch der Begriff „soziale Marktwirtschaft“ und die Reform im Hinblick auf die Erhaltung der sozialen Marktwirtschaft, ich denke, da sind sich in Deutschland alle einig, sind Sie nicht der Meinung, dass Sie auch in diesem zweiten Falle Ihre Aussagen revidieren sollten?
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Rainer Prachtl, CDU: Das ist PDS. Was verlangst du denn?!)
Herr Thomas, ich habe mir wohl sehr gut in Vorbereitung meines Diskussionsbeitrages überlegt, welche Ausführungen ich hier mache vor dem Parlament. Da können Sie sich ganz sicher sein. Ich werde meine Meinung dazu auch nicht revidieren.
Ich bin der Auffassung, wenn die Bedingungen der Bundesanstalt für Arbeit so sind, dass in den Arbeitsämtern mit den Arbeitslosen, ob das Jugendliche sind, ob das ältere Bürger sind, so gesprochen wird, dass ihnen dann letztlich eine Arbeit zugewiesen wird, auch wenn ich zum Beispiel eine sehr gute Ausbildung habe, putzen gehen muss, dann sage ich Ihnen, das kann keine gesellschaftliche Lösung für uns sein.
Und wenn ich dann verpflichtet werde und mir wird eine Aufgabe zugewiesen, dann, denke ich, ist das schon eine Arbeit, zu der ich gezwungen werde.
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Rainer Prachtl, CDU: Wie kommen Sie denn dazu, von Zwangsarbeit zu reden?!)
(Rainer Prachtl, CDU: Von welcher kommu- nistischen Partei kommen Sie denn?! Das ist unerhört! – Dr. Ulrich Born, CDU: Wie kommen Sie dazu, von Zwangsarbeit zu reden?!)
Ich halte das, was jetzt gegenwärtig hier in unserer Gesellschaft und auch in Deutschland abläuft, für ganz viele Menschen nicht für sozial
und damit ist dieser Anspruch, soziale Marktwirtschaft, so, wie er mal von dem Erfinder Herrn Erhardt ja grundlegend auch wissenschaftlich begründet wurde, nicht mehr gegeben.
Es gab auf Ihrem Parteitag in Chemnitz eine etwas andere Aussage. Sie erwarten von den großen Volksparteien, dass sie auch einige ihrer Programme in Richtung – einiges kann ich im Übrigen nachvollziehen –, auch ändern in Richtung sozialer Marktwirtschaft.
Sie haben mir jetzt aber ehrlich gesagt keine Frage gestellt. Ich hatte auf diese Frage, die wiederholen Sie ein drittes Mal, geantwortet.
Frau Kollegin Lück, wären Sie bereit, darüber nachzudenken, ob es wirklich angemessen ist, den Tatbestand, den Sie hier mit „Zwangsarbeit“ bezeichnen, im Hinblick auf den historischen Kontext, mit dem dieser Begriff besetzt ist, ob Sie darüber nachdenken wollen, diese Gleichsetzung aufrechtzuerhalten?
(Rainer Prachtl, CDU: Sie hat sich dafür zu entschuldigen. – Angelika Gramkow, PDS: Sie hat ja keinen historischen Vergleich gezogen. – Zuruf von Siegfried Friese, SPD)