wohl wissend, dass wir diesen de facto bereits in Mecklenburg-Vorpommern haben, wohl wissend, dass dies makroökonomisch unsinnig ist
(Kerstin Fiedler, CDU: Das müssen Sie erst einmal beweisen! – Zurufe von Kerstin Fiedler, CDU, und Rainer Prachtl, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)
Sie wollen für die betroffenen Arbeitslosen und im Übrigen auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den weiteren Abbau ihrer Rechte und ihrer Leistungen.
„Ein schlecht bezahlter Arbeitsplatz ist besser als keiner. Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau ist besser als gar kein Einkommen. Und wenig zu haben ist immer noch besser, als an Hunger zu sterben.“ Und das kann es nicht sein, meine Damen und Herren! Das ist Ihre Logik, die der CDU, und ich finde es einfach zynisch.
(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS – Reinhardt Thomas, CDU: In welchem Land leben Sie eigentlich?)
Denn es ist schon zu einer Volksweisheit geworden, einen schlanken Staat können sich eben nur Reiche leisten.
(Beifall Karsten Neumann, PDS – Zuruf von Udo Timm, CDU – Rainer Prachtl, CDU: Die starken, starken Marxisten!)
Der Zugang von arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern zu allen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten und heraus aus der Sozialhilfe ist eine Forderung der PDS und der Erwerbslosenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland. Nur – und dort trennen sich auch wieder unsere Wege –, Sie wollen die Leute nicht aus der Sozialhilfe herausholen, sondern hunderttausend Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und mehr als eine Million in der Bundesrepublik Deutschland auf das Niveau der Sozialhilfe drücken.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)
Nun zu unserem Antrag, dem Antrag von SPD und PDS. Um damit hier von Anfang an keine Unklarheiten aufkommen zu lassen: Die PDS in Mecklenburg-Vorpommern lehnt die Hartz-Gesetze klipp und klar ab!
Das Grundproblem ist nicht ein Vermittlungsproblem, sondern das Fehlen von Arbeitsplätzen. Hartz I bis IV bieten dafür keine Lösung, sondern verschärfen den Druck auf Arbeitslose, jede Arbeit anzunehmen, auch unterqualifizierte und nicht existenzsichernde. Damit bin ich ganz schnell bei meiner soeben gegen den Antrag der CDU geführten Argumentation und dreimal können Sie raten, warum.
Das liegt daran, weil sich auf Bundesebene die Politik, die Richtungen, in die CDU/CSU und SPD, die Bündnisgrünen marschieren, nicht mehr sehr unterscheiden. Die Punkte in meiner Argumentation gegen den Antrag der CDU will ich hier nicht noch einmal wiederholen.
Die Einrichtung von Job-Centern, die Betreuung aus einer Hand ist vom Ansatz her nach wie vor eine PDS-Forderung. Allein wenn ich mir den Gesetzentwurf ansehe, dann ist dieser Punkt am wenigsten ausgestaltet und lässt mich an einer guten Umsetzung auch zweifeln.
Auch die geplante finanzielle Entlastung der Kommunen ist vom Ansatz her zu begrüßen, nur ist es leider so, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern zum Glück relativ wenig arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger/-innen haben und die Kommunen demzufolge, wenn überhaupt, nur gering entlastet werden. Umgekehrt haben wir aber eine hohe Anzahl von Arbeitslosenhilfeempfänger/-innen in unserem Bundesland und diese Zahl wird sich durch die Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld auf über 100.000 erhöhen. Das heißt, die Absenkung im neuen Arbeitslosengeld II trifft die Menschen hier und unser Land besonders.
Da dies auch für den gesamten Osten Deutschlands zutrifft, haben sich die Ministerpräsidenten aller ostdeutschen Länder am vergangenen Sonntag parteiübergreifend für Nachforderungen in Form eines finanziellen Ausgleichs ausgesprochen. Auch dies ist ein Konsens auf niedrigem Niveau, denn betroffen sind ja vor allem die Menschen.
Die PDS lehnt die Einführung eines staatlich geförderten Niedriglohnsektors ab. Und das ist eine ebenso eindeutige Position, nicht erst seit der bundesweiten Einführung des Mainzer Niedriglohnmodells, von dem wir wahrscheinlich deshalb nichts mehr gehört haben, weil es so „große Erfolge“ hatte. Und natürlich lehnen wir ab, dass Arbeitslosengeld I und II oder Sozialgeld nur noch gegen Ableistung einer Arbeit, also Zwangsarbeit, gezahlt werden.
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Wovon reden Sie? Zu DDR-Zeiten war das üblich, Zwangsarbeit. – Zuruf von Ilka Lochner-Borst, CDU)
Wir lehnen auch ab, dass bei mangelnder Mitwirkung nicht nur Sperrfristen ausgesprochen werden, sondern der Leistungsbezug insbesondere eingestellt wird.
Wir, die PDS, lehnen Hartz I bis IV ab und wir haben unsere berechtigen Zweifel, dass die wenigen positiven Elemente so umgesetzt werden, dass sie zu tatsächlichen Verbesserungen für die Betroffenen führen.
Wir lehnen diese Arbeitsmarktpolitik auch ab, weil hier ein Problem statistisch geschönt wird und nicht gelöst wird. Wenn der Rückgang der Arbeitslosenzahlen allerdings Folge der Anwendung des Paragraphen 428, die vorruhestandsähnlichen Regelungen, Folge von Sperrzeiten oder Folge der neuen Anrechnungen bei der Arbeitslosenhilfe ist, dann kann dies nicht unsere Zustimmung finden.
350.000 der mehr als 480.000 über 58-jährigen Arbeitslosen haben bis zum Sommer ihren Verzicht auf eine weitere Vermittlung durch das Arbeitsamt durch Unterschrift erklärt und sind damit nämlich aus der Statistik herausgefallen, wie wir alle wissen, nicht in jedem Fall zum Vorteil der Betroffenen. Mit diesem Paragraphen wird schon seit Jahren Druck auf diese Altersgruppe ausgeübt. Auch die Zahl der Abgänge in andere Nichterwerbsfähigkeit durch Sperrzeiten oder anderweitigen Wegfall des Leistungsbezuges ist angestiegen. Also es ist in jeder Hinsicht Vorsicht bei der Bewertung der Arbeitsmarktzahlen geboten.
Der vorliegende Antrag ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den wir mit der SPD-Mehrheit in der Landtagsfraktion uns verständigen konnten. Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Mehrheit der SPD-Landtagsfraktion die Veranstaltung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung am vergangenen Samstag in Rostock-Warnemünde gegönnt hätte. Vielleicht hätte das den Erkenntnisgrad zu den aktuellen Gesetzesänderungen, die im Bundestag beziehungsweise im Bundesrat und jetzt im Vermittlungsausschuss behandelt wurden und werden, erhellt.
Herr Backhaus, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, wenn Sie dort ausgeführt haben, wir brauchen ein neues Gesellschaftskonzept, um Arbeit gerecht zu verteilen, und wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, in dem gesellschaftlich nützliche Arbeit wieder anerkannt und – ich vervollständige, damit es eindeutig wird – auch so bezahlt wird.
Und ich stimme Ihnen auch zu, dass Niedriglohnarbeit, also schlecht bezahlte Arbeit, junge Leute natürlich aus dem Land treibt.
Eine weitgehende Erkenntnis ist mittlerweile auch, dass die Steuerreform 2000 zu Lasten öffentlicher Investitionen ging. Allerdings gab es auch davor schon einen Investitionsrückgang, Herr Rehberg. Ein weiterer Einnahmerückgang, das ist auch klar, wird die öffentlichen Kassen und damit die Investitionsmöglichkeiten weiter schwächen.
Meine Damen und Herren, Steuersenkung und die Hartz-Gesetze sind kein beschäftigungspolitisches Konzept. Ein solches ist im Moment nicht erkennbar. Hartz I bis IV schaffen keine Arbeitsplätze. Sparen auf Kosten der Arbeitslosenhilfeempfänger/-innen bringt nur negative Effekte. Insgesamt stimmt die Richtung nicht.
Das, was wir jetzt haben, ist keine soziale Marktwirtschaft. Und da sind wir dann auch bei den möglichen Alternativen und, meine Damen und Herren, es ist mindestens unredlich, diese Richtung der Bundespolitik, die von vielen Wissenschaftlern als falsch eingeschätzt wird, auch als alternativlos darzustellen. Das ist unredlich und auch verantwortungslos. Denn, was meinen Sie, hat der zunehmende Anteil von Nichtwählern etwas mit der aktuellen Politik zu tun, mit der Predigt von der Alternativlosigkeit, mit enttäuschten Hoffnungen? Ich meine, ja, es hat etwas damit zu tun. Und ich rufe von dieser Stelle die Betroffenen, aber insbesondere auch die beiden großen Kirchen, die Gewerkschaften und viele große und kleine Vereine und Verbände im Land auf, machen Sie Protest öffentlich, tragen Sie diesen Protest auf die Straße, so, wie wir es am 1. November diesen Jahres, so, wie es hunderttausende Menschen in Berlin auch getan haben!