Protocol of the Session on November 12, 2003

Ich hoffe, hier wird es in der weiteren parlamentarischen Beratung auch keine Veränderungen geben. Im Übrigen begrüße ich es auch, dass angesichts der Fläche konkrete Regelungen zur Tagespflege getroffen werden sollen. Ich bin zwar nicht der Meinung, und das betone ich ausdrücklich, dass Tagespflege die Betreuung in Kindertagesstätten ersetzen sollte,

(Harry Glawe, CDU: Das gibt es doch heute auch schon.)

aber angesichts der dünnen Besiedlung und auch aufgrund individueller Erfordernisse, Krankheit oder auch Arbeitszeiten halte ich die Tagespflege für dringend erforderlich.

Wenn wir eine verbesserte Bildung und Förderung der Kinder als Beitrag zur Chancengleichheit sehen, so gehört dazu auch eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung der in der Kinderbetreuung Tätigen. Ich habe mich im bisherigen Verfahren dafür eingesetzt, dass diese Möglichkeit auch den Tagesmüttern eröffnet wird, also nicht nur denjenigen, die in der Kindertagesstätte beschäftigt sind. Das entspricht auch dem Wunsch vieler in der Tagespflege Tätiger, wie ich vom Verband der Tagesmütter erfahren habe. Inwieweit eine Verpflichtung zur Fort- und Weiterbildung der Tagesmütter sich in der Praxis realisieren lässt, sollte meines Erachtens auch noch mal im Zuge der Ausschussberatungen mit geprüft werden.

(Harry Glawe, CDU: Jaja.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass eine intakte Kinderbetreuungsinfrastruktur ein Standortvorteil für MecklenburgVorpommern ist. Das Land braucht sich hier nicht zu verstecken, im Gegenteil, wir sollten offensiver auch mit diesem Vorteil werben. Es sind vor allem junge Frauen und Mädchen, die mangels Ausbildungs- und Arbeitsplätzen unser Bundesland verlassen. Mit ihnen gehen zukünftige Bürgerinnen und Bürger. Viele von ihnen, das konnte ich in Gesprächen mit Rückkehrerinnen erfahren, wird der Vorteil der ausgebauten Kindertagesstätten erst dann bewusst, wenn sie in den alten Bundesländern eine Familie gründen.

Investitionen im Bereich der Kinderbetreuung sind Invest i t ionen in die Zukunft unseres Landes. Erst so wird es möglich, dass Väter und Mütter Beruf und Familie vereinbaren können und damit in Mecklenburg-Vorpommern eine Lebensperspektive für sich und ihre Kinder sehen. Nicht vergessen sollten wir auch, dass die durch die Kinderbetreuung gegebene Möglichkeit der Erwerbstätigkeit beider Elternteile, also auch junger Mütter, eine Entlastung der öffentlichen Hand und der Sozialversicherungsträger bedeutet, wie ein Gutachten, basierend auf Daten des Soziooekonomischen Panels des Bundesfamilienministeriums, zeigt. Wir investieren also nicht nur in Kinderbetreuung, sondern haben hierdurch auch ökonomische Vorteile.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe in den Ausschüssen auf konstruktive Beratungen und bitte Sie, meine Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten, während der Beratungen auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit im Auge zu behalten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Frau Dr. Seemann.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/864 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt diesem Überweisungsvorschlag zu, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- und Europaausschusses zu dem Beschluss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern vom 10.09.2003 zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS – Zusammenarbeit des Landtages Mecklenburg-Vorpommern und des Sejmik der Woiwodschaft Pommern, Drucksache 4/734, auf Drucksache 4/886.

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- und Europaausschusses zu dem Beschluss des Landtages Mecklenburg-Vorpommern vom 10.09.2003 zu dem Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS Zusammenarbeit des Landtages Mecklenburg-Vorpommern und des Sejmik der Woiwodschaft Pommern – Drucksache 4/734 – – Drucksache 4/886 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Herr Krumbholz.

(Glocke der Vizepräsidentin)

Meine Damen und Herren, ich bitte doch mehr um Aufmerksamkeit.

Bitte, Herr Krumbholz.

Danke, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt auf Drucksache 4/886 die Beschlussempfehlung und der Be

richt des Rechts- und Europaausschusses zur Zusammenarbeit mit dem Sejmik der Woiwodschaft Pommern vor, weshalb ich hier gerade anlässlich der Beratung über den Tagesordnungspunkt die Gelegenheit ergreifen möchte, zum Inhalt und zu den Rahmenbedingungen der beiliegenden gemeinsamen Erklärung zur Zusammenarbeit zwischen dem Regionalparlament der Woiwodschaft Pommern und unserem Landtag Stellung zu nehmen.

Meine Damen und Herren, anlässlich der Präsentation der Euroregion Pomerania ging am Donnerstag vergangener Woche der Staatssekretär Freund auf das deutschpolnische Verhältnis ein und darauf, dass dieses Verhältnis Belastungen durch die Diskussion um das so genannte Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin ausgesetzt ist. Ich meine daher, man kann, wenn man darüber berät, ob man mit einem ausländischen Parlament zusammenarbeiten will, und erst recht, wenn es sich um ein Regionalparlament aus der Republik Polen handelt, nicht einfach routinemäßig diesen Tagesordnungspunkt abarbeiten, sondern sollte ein paar Momente verharren und über die deutsch-polnischen Beziehungen nachdenken. Nicht erst der legendäre Kniefall des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt am Warschauer Ghettodenkmal vor 33 Jahren oder die genau zum 60. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen von Ministerpräsident Jerzy Karol Buzek verkündete Versöhnungsgeste, dass in Warschau ein Platz nach Willy Brandt benannt wird, zeugen davon, dass das deutsch-polnische Verhältnis mit besonderem Fingerspitzengefühl angefasst werden muss. In Europa ist gerade die Beziehung Deutschlands zu Polen symbolisch und die Beziehung lebt von Symbolen.

Vergleicht man den Stand der deutsch-polnischen Beziehungen im Jahre 2003 mit der Situation im Jahr der Deutschen Einheit, lässt sich unschwer feststellen, dass das Profil und die Probleme des bilateralen Verhältnisses zwischen Deutschland und Polen einen ganz neuen Charakter bekommen haben. Wurde damals das deutsch-polnische Verhältnis noch von den inneren und äußeren Aspekten der Erlangung der Deutschen Einheit dominiert, so wird dieses Verhältnis jetzt von einer Nachbarschaftspolitik im Rahmen der Zugehörigkeit zu den selben Bündnissen wie der NATO und bald auch der Mitgliedschaft in der EU getragen. Allerdings verweisen Missstimmungen und Diskussionen wie um das Vertriebenenzentrum darauf, so, wie es der frühere Außenminister Borislaw Geremek ausgedrückt hat, dass die Beziehungen weiterhin einer dauerhaften Pflege bedürfen und noch weit von einer Normalität entfernt sind. Polen und Deutsche vereint zwar eine tausendjährige Geschichte, die viele Gemeinsamkeiten hat, bei der man aber leider auch nicht über die von Gewalt und Hass gekennzeichneten Etappen hinwegsehen kann. Obwohl zwischen unseren Völkern eine enge Verwandtschaft besteht – es hat zwischen den Herrscherhäusern, und nicht nur in dieser Schicht, sondern generell, hunderttausende Eheschließungen zwischen Polen und Deutschen gegeben –, steht das heutige Verhältnis beider Nationen immer noch unter dem Eindruck des Zeitalters des Nationalismus.

Diesem Eindruck, meine Damen und Herren, müssen wir begegnen. Das können wir am besten, wenn wir uns bemühen, Gemeinsamkeiten zu betonen, denn wir wollen in Europa friedlich und freundschaftlich zusammenleben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Andreas Bluhm, PDS – Siegfried Friese, SPD: Richtig.)

Deshalb ist es so wichtig, dass wir als Parlamentarier zu Prozessen gemeinsamer deutsch-polnischer Zusammenarbeit kommen, wie es die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung mit dem Sejmik der Woiwodschaft Pommern ist. Als Rechts- und Europaausschuss haben wir nebenbei gesagt auch Wert darauf gelegt, dass diese Beschlussempfehlung zweisprachig erscheint, damit auch nach außen hin diese Gemeinsamkeit sichtbar wird.

Der berühmte ehemalige polnische Außenminister Bartoschewski hat darauf hingewiesen, wie die Polen das heutige Deutschland sehen, nämlich als einen zutiefst demokratischen Staat, der eine konstruktive Rolle im europäischen Leben übernommen hat. Und er hat betont, dass das Vertrauen zum deutschen Volk im Geheimnis gut nachbarschaftlicher Beziehungen liegt. Gerade deshalb kommt auf uns als Parlamentarier in Mecklenburg-Vorpommern die Rolle zu, als diejenigen, die unmittelbar Grenznachbarn in Deutschland sind, gleichzeitig auch eine Vorbildfunktion.

Auf dem gemeinsamen Weg zu einem guten Zusammenleben in Europa sind ja schon erhebliche Fortschritte gemacht worden. Nachbarschaftliche Kontakte bestehen zwischen den Menschen auf beiden Seiten der Oder und Neiße. Konkrete Projekte wurden in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Ökologie gemacht und unsere grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Woiwodschaft Westpommern hat unter anderem ein Jugendprojekt entstehen lassen und führt dazu, dass in der Grenzfrage, insbesondere der Schaffung weiterer Grenzübergänge, erheblicher Druck aufgebaut wird.

Die Zusammenarbeit mit der Woiwodschaft Westpommern zeigt, dass bilaterale Arbeit über die Grenzen hinweg möglich ist, zwar manchmal einen langen Atem braucht, was die organisatorischen Rahmenbedingungen anbelangt, aber auch zu Erfolgen führen kann. Deshalb lag auch der gemeinsamen Erklärung zur Zusammenarbeit mit dem Sejmik der Woiwodschaft Pommern und dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern die Erklärung zur Zusammenarbeit mit dem Sejmik der Woiwodschaft Westpommern und unserem Parlament zugrunde.

Um auch eine Zusammenarbeit mit dem Sejmik der Woiwodschaft Pommern auf gute Grundlagen zu stellen, sieht daher die Erklärung vor, dass zwischen dem Sejmik und dem Landtag ein regelmäßiger politischer Meinungs- und Erfahrungsaustausch in allen Bereichen durchgeführt wird, der von den Kompetenzen des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern und der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Pommern umfasst wird. Die Erklärung sieht weiter vor, dass der Sejmik und der Landtag gemeinsam die Anpassungsprozesse der Woiwodschaft Pommern an die Strukturen der Europäischen Union unterstützen. Beide Parlamente wollen die Zusammenarbeit auf der Ebene der regionalen Körperschaften fördern und fühlen sich insbesondere dem deutsch-polnischen Jugend-, Schüler- und Studentenaustausch sowie dem Eingehen von Partnerschaften zwischen Schulen und Hochschulen besonders verpflichtet. Schließlich wird durch die Erklärung angestrebt, dass sich die Zusammenarbeit positiv auf nachbarschaftliche Beziehungen zwischen den Institutionen und Organisationen in allen Bereichen des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens auswirkt.

Meine Damen und Herren, ich habe mich bemüht, in ein paar wenigen Worten darzustellen, warum es bedeutsam ist, eine solche bilaterale Vereinbarung einzugehen. Der

besondere Synergieeffekt, warum es gerade Sinn macht, im südlichen Ostseeraum eine solche Verbindung einzugehen, den hätte ich Ihnen hier auch gerne noch erklärt, leider reicht die Zeit dafür nicht. Aber wir werden als Landtag das Thema Zusammenarbeit mit unseren polnischen Nachbarn hier weiter begleiten und dann wird es dafür nächstes Mal bestimmt eine Gelegenheit geben. Es bleibt mir nur noch, Sie zu bitten, diese Beschlussempfehlung anzunehmen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Rainer Prachtl, CDU)

Danke schön, Herr Krumbholz.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Rechts- und Europaausschusses auf Drucksache 4/886 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Rechts- und Europaausschusses auf Drucksache 4/886 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Zu den Arbeitsmarktreformen des Bundes, Drucksache 4/868, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe – Reformkompromiss für strukturschwache Regionen, Drucksache 4/874.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Zu den Arbeitsmarktreformen des Bundes – Drucksache 4/868 –

Antrag der Fraktion der CDU: Zusammenlegung der Arbeitslosenund Sozialhilfe – Reformkompromiss für strukturschwache Regionen – Drucksache 4/874 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS hat der Abgeordnete Herr Mohr von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem der Deutsche Bundestag am 17. Oktober die so genannten Hartz-Gesetze, also Hartz III und Hartz IV, zur Reform am Arbeitsmarkt verabschiedet hat, hängt nunmehr alles weitere vom Vermittlungsausschuss ab, der vom Bundesrat am 7. November angerufen wurde. Die Lage ist nunmehr so, dass dort die Vertreter der Union den Hartz-Gesetzen das so genannte Hessen-Modell entgegengestellt haben. Eins ist für mich in dieser Situation klar: Auch wenn die Hartz-Gesetze sicherlich einer differenzierten Betrachtung bedürfen, davon wird später noch zu sprechen sein, das Modell des hessischen Ministerpräsidenten Koch bietet jedenfalls keine brauchbaren Alternativen an. Das ist klar.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, Andreas Bluhm, PDS, und Regine Lück, PDS)

Insofern halten wir es für ausdrücklich geboten, alles zu tun, um im laufenden Gesetzgebungsverfahren die Vorstellungen der Herren Koch und Stoiber nicht Realität

werden zu lassen. Der Landtag soll mit dem vorliegenden Antrag der SPD und der PDS die zentralen Eckpunkte zu den Arbeitsmarktreformen auf der Bundesebene beschließen, für die sich dann die Landesregierung natürlich einsetzen soll.

Ich will an dieser Stelle die vier Punkte des Antrags kurz darstellen:

Zu Nummer 1. Das Ziel von Hartz IV, die beiden staatlichen Fürsorgeleistungen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einer Leistung, nämlich dem Arbeitslosengeld II zusammenzufassen und alle Erwerbslosen zukünftig in JobCentern, also grundsätzlich unter dem Dach der neuen Bundesagentur für Arbeit zu betreuen, stellt sicherlich einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar. Mit den teilweise endlosen Verschiebebahnhöfen zwischen Arbeitsverwaltung auf der einen Seite, aber auch auf der anderen Seite von den Sozialämtern der Kommunen wird Schluss gemacht. Jeder Erwerbslose hat zukünftig eine Anlaufstelle, wo ihm individuell und auf seinen Fall zugeschnitten sozusagen eine angemessene Rundumbetreuung zuteil wird. Und das heißt natürlich auch, dass Sozialhilfeempfänger, zukünftig erwerbsfähige Hilfebedürftige genannt, auf die ganze Palette, auf die ganze Palette der aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zugreifen können, was natürlich den Chancen dieser Personen auf eine Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zugute kommt.

Zu Nummer 2 unseres Antrages. Wir alle kennen die äußerst schwierige Situation bei den Finanzen der Kommunen, aber eben auch bei den Finanzen des Landes. Nun ist es so, dass durch die angesprochene Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe mit der bislang von den Kommunen finanzierten Sozialhilfe die Kommunen nach der Intention des Gesetzgebers entlastet werden, denn das Arbeitslosengeld II wird ja bekanntlich vom Bund gezahlt. Natürlich begrüßen wir diese dringend notwendigen Entlastungen der Gemeinden, aber wir lehnen es entschieden ab, dass dieser Vorteil zu Lasten des Landes geht, denn ich denke, jeder von uns weiß, weiß sehr gut, dass eine zusätzliche Belastung in diesem Zusammenhang uns nur noch weiter die Luft abschnüren würde.

Zu Punkt 3. Dieser Punkt betrifft die im Hessen-Modell vorgesehene Einführung eines staatlich geförderten Niedriglohnsektors. Es ist dort nämlich beabsichtigt, Unternehmen den Anreiz zur Schaffung von billigen Arbeitsplätzen – in Mecklenburg-Vorpommern müsste man genauer sagen, zur Schaffung von noch billigeren Arbeitsplätzen – zu geben. Im Klartext heißt das, dass bei Beschäftigung eines Arbeitslosen unter dem Sozialhilfeniveau beziehungsweise zukünftig unter Arbeitslosengeld-II-Niveau ein staatlicher Zuschuss gezahlt wird. Dadurch soll der Lohn des Arbeitnehmers damit auf Sozialhilfehöhe oder ein Niveau geringfügig darüber aufgestockt werden. Wir sind gegen einen solchen staatlichen Niedriglohnsektor, denn es besteht die Gefahr, dass bisher reguläre Arbeitsverhältnisse so in Niedriglohnjobs umgewandelt werden können, die dann sogar noch vom Staat subventioniert werden. Das kann nicht richtig sein. Damit, meinen wir, würde nichts gewonnen, aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land würden viel verlieren. Im Ergebnis würde das gesamte Lohn- und Gehaltsgefüge gefährdet.

Zu Nummer 4 abschließend. Hier geht es nun um das von der Union favorisierte Prinzip Leistung, also Arbeitslo

sengeld II, nur bei Gegenleistung in Arbeit. Wir lehnen dieses Prinzip ab, ganz einfach weil es heißen würde, dass jedem tatsächlich jede Art von Arbeit zu jeder denkbaren Bedingung zumutbar wäre. Damit würde aber selbst die zugegebenermaßen nicht besonders hohe Hürde, die durch die Zumutbarkeitskriterien in Paragraph 10 des neuen SGB II definiert wird, entfallen. Hinzu kommt, dass Hartz IV in diesem Zusammenhang wenigstens eine ortsübliche Vergütung vorsieht, was wir natürlich auch für vernünftig halten. Zudem ist die Verpflichtung, wonach die Kommunen für alle hilfebedürftigen Erwerbslosen Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, jedenfalls in den neuen Bundesländern völlig unrealistisch, denn gerade die Kommunen mit hoher Arbeitslosigkeit, die ja in der Regel finanzschwach sind, wären mit der Organisation dieses so genannten Arbeitsdienstes überfordert und letzten Endes auch nicht in der Lage, die ihnen auferlegte Verpflichtung zu erfüllen. Nur noch mal zur Erinnerung: Wir sprechen hier über round about 110.000 bis 115.000 Arbeitslosenhilfeempfänger, die dann ja zukünftig Arbeitslosengeld II bekommen sollen und demgemäß auch von den Kommunen zusätzlich zu betreuen wären. Wie das also vom Handling, von der Verwaltung und der Organisation her gehen soll, ist uns nicht verständlich, ist für uns nicht nachvollziehbar.

Dies sind also, meine Damen und Herren, die zentralen Punkte, die bei den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss berücksichtigt werden müssen. Es sind Forderungen im Interesse der Länder und der Kommunen, aber vor allem auch im Interesse der arbeitslosen Menschen in diesem Land. – Vielen Dank.