Protocol of the Session on October 9, 2003

drittens, durch den Verfall der kommunalen Investitionstätigkeit und

viertens, den faktischen Verzicht auf eine Vielzahl freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben.

Die wichtigsten Gründe für die sich verschlechternde finanzpolitische Lage vieler Kommunen sind zum überwiegenden Teil nicht selbst verschuldet, sondern sie sind die Konsequenz von Bundes- und Landesgesetzen und zunehmend von Entscheidungen der Europäischen Union. Außerdem verschlechtern konjunkturelle und bevölkerungspolitische Entwicklungen ebenfalls die kommunale Finanzkraft.

Meine Damen und Herren, ich möchte wie mein Vorredner Herr Müller ebenfalls den Artikel 28 Absatz 2 des

Grundgesetzes noch einmal hervorheben. Hier ist die institutionelle Garantie der Selbstverwaltung dargelegt und hier wird deutlich, dass wir es gegenwärtig mit einer schleichenden Aushöhlung des kommunalen Finanzsystems zu tun haben. Ein gewichtiger Grund hierfür ist die finanzielle Abhängigkeit der Gemeinden von den Ländern, in Ostdeutschland noch mehr als in den westlichen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Insbesondere in Zeiten knapper Kassen ist die landespolitische Versuchung manchmal groß, sich zu Lasten der Kommunen selbst zu entlasten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Ein weiterer Grund ist aber, und das möchte ich ausdrücklich unterstreichen, die fehlende Konnexität auf Bundesebene. Herr Müller hat darauf verwiesen. Hinzu kommen aber auch unscharfe Regelungen im Grundgesetz zum kommunalen Steueranteil.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Wenn dort von einem grundsätzlichen Anspruch, der grundsätzlichen Beteiligung der Kommunen oder dem möglichen Ausgleich gesprochen wird, muss dies für die Kommunen einfach unbefriedigend sein.

Meine Damen und Herren, diese Situation kann deshalb auch nicht mehr allein durch einschneidendes Sparen verändert werden, was ja flächendeckend stattfindet. Es bedarf vielmehr einer umfassenden Reform der Kommunalfinanzen. Die strukturelle Schieflage der kommunalen Finanzausstattung im föderalen System muss dauerhaft und nachhaltig überwunden werden. Dabei geht es nach meiner Auffassung primär um mehr Stabilität und Planungssicherheit in den Kommunen und erst sekundär um höhere gemeindliche Einnahmen sowie Ausgabenentlastungen. Hier ist der Bund in der Pflicht. Und wenn ein altes Sprichwort meint, dem Geld dürfe man nicht nachlaufen, man müsse ihm entgegengehen, dann will die Koalition mit dem heute vorliegenden Entschließungsantrag genau diesen Weg gehen. Wir wollen die Bundesregierung ermutigen, sich zu einer modernisierten Gewerbesteuer zu bekennen, und dies dann gesetzlich umsetzen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Parteipolitische Fingerzeige, wie sie Herr Rehberg in seiner Rede immer wieder hervorgehoben hat, sind hier einfach wenig angebracht. Und die Angriffe auf den Innenminister, denke ich, waren hier an dieser Stelle auch nicht angebracht. Ich kann das von ihm Gesagte nur ausdrücklich unterstreichen, denn er hat das in seiner Rede auch deutlich gemacht.

Durch gesetzgeberische Eingriffe bei der Gewerbesteuer wurden seit 1980 unter wechselnder politischer Couleur zunehmend die Einnahmen demontiert. Einschränkungen beim Kreis der Steuerzahler beispielsweise oder die nicht berechenbaren unstetigen Einnahmen durch eine starke Gewinnabhängigkeit haben zu Fehlentwicklungen geführt und das muss geändert werden.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Und deshalb werbe ich bei allen Landtagsabgeordneten dieses Hauses um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Der Abgeordnete Dr. Armin Jäger bittet um das Wort für eine Anfrage.)

Vielen Dank, Frau Schulz.

Sie müssen ans Mikro treten, Herr Abgeordneter.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das tu ich, das tu ich, Frau Präsidentin. Ich habe nur ge- wartet, bis Sie mich sehen. Hier bin ich.)

Gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Dr. Jäger?

Frau Kollegin, ich habe eine Bitte, die ich auch an den Innenminister gerichtet habe, ich kleide sie in eine Frage. Sind Sie mit mir zusammen bereit, über den Innenausschuss hinweg in allen Einzelplänen des Haushaltes nach Einsparungsmöglichkeiten zu suchen, damit wir den Kommunen die Garantie wieder zurückgeben können?

(Heinz Müller, SPD: Auf die Frage habe ich auch gewartet.)

Ich habe vorhin schon durch einen Zwischenruf deutlich gemacht, Herr Dr. Jäger, dass Sie nicht alleiniger Abgeordneter dieses Hohen Hauses sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich weiß hier viele Kollegen mit mir, denen bewusst ist, dass wir eine Verantwortung haben in der Haushaltsdebatte, und die nehmen wir wahr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön.

Vielen Dank, Frau Schulz.

Ums Wort gebeten hat jetzt die Finanzministerin des Landes Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Bevor ich zur Gewerbesteuer komme, will ich vorweg noch auf ein paar Punkte besonders von Herrn Jäger reagieren. Er hat es ja jetzt zweimal gemacht. Herr Jäger, das war eine richtige Steilvorlage für mich.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Prima!)

Ich habe noch eine gute Erinnerung an die gestrige Diskussion zum Sondervermögen

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

und daran, wie Sie sich hier für Ihre Fraktion hingestellt haben und eine populistische Rede gehalten haben,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Habe ich doch gar nicht gemacht! Ich habe doch gar nichts gesagt!)

die eigentlich den Realitäten nicht entspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich weiß nicht, wie mein Kollege in Hessen, Herr Weimar, und wie meine Kollegin in Thüringen, Frau Diezel, von

ihrer Opposition dazu befeuert worden sind, aber das, was Sie gestern gemacht haben, das war von der feinsten Art und Weise, nämlich dass Sie sich um die Solidität von Finanzen überhaupt nicht scheren, sondern dass es Ihnen nur rein um populistische Anwürfe geht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das will ich Ihnen mal vorwegsagen.

Dann stellen Sie sich heute hin und sagen, Sie sind bereit,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Natürlich. Ja, natürlich.)

mit mir gemeinsam Einsparungen zu suchen. Gestern hatten Sie nicht mal das Kreuz zu sagen, das ist notwendig, das müssen wir machen, weil der Haushalt es anders nicht hergibt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der PDS)

So ist Ihre Art!

Zum Zweiten, zur Mindestgarantie und zu Ihrem Einwurf, was Sachsen betrifft.