Protocol of the Session on October 8, 2003

Das ist die Intention dieses Gesetzentwurfes, um zu verhindern, dass Menschen in die Sozialhilfe abrutschen. Das werden wir nicht bewerkstelligen können, das ist im Grunde jedem klar.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das muss man offen sagen. Die Regelung ab 01.01. 2004 wird dazu führen, dass so in Größenordnungen Menschen wieder auf Sozialhilfeanträge angewiesen sein werden, um ihre Heimkosten zu bezahlen. Das können wir nicht in vollem Umfang verhindern. Wir können da nur einen relativ bescheidenen Beitrag leisten, um hier gewisse Härten wegzunehmen. Denn eins ist doch auch klar, wir haben in unserem Landeshaushalt nur gewisse Mittel zur Verfügung und mehr kann man nicht ausgeben.

Ich möchte jetzt noch eins zum Zeitpunkt der Verabschiedung sagen. Von Ihnen ist ja in die Runde geworfen worden, dass das Ministerium wieder nicht rechtzeitig war.

(Torsten Renz, CDU: Richtig.)

Ja, nun will ich Ihnen was dazu sagen, Herr Renz.

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

Bevor man kritisiert, sollte man sich erst informieren. Man sollte sich erst informieren, denn es sind innerhalb der Bundesländer unterschiedliche Wege beschritten worden. Das Land Nordrhein-Westfalen macht beispielsweise Folgendes: Es gibt dieses Pflegewohngeld über die Heime aus, das heißt, die Heime erhalten dieses Pflegewohngeld. Das ist zum Beispiel eine Förderalternative, die auch hier in Betracht gezogen worden ist, aber wo man abwarten musste. Es gibt ein Rechtsverfahren beim OVG in Niedersachsen, wo gerade diese Praxis auf rechtlichem Wege angegriffen worden ist. Das heißt, man muss erst die Entscheidung abwarten, wie wird sich das OVG Niedersachsen positionieren genau zu diesem Thema, wie kann Förderung ausgereicht werden. Das ist passiert. Das ist abgeklärt und das OVG Niedersachsen hat deutlich gesagt, dass die Auskehrung des Pflegewohngeldes an die Heime nicht rechtens ist.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und das muss man abwarten, bevor man dann Dinge tut, die letztendlich auch wieder rechtswidrig sind. Und deswegen wird die SPD-Fraktion, wie beantragt, der Überweisung dieses Gesetzentwurfes zustimmen und ich möchte Sie bitten, Herr Renz, das Gleiche auch zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Heydorn.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Koplin. Bitte schön,

Danke schön, Herr Präsident. Sehr geehrte Damen und Herren! Auch zu Beginn meinerseits ein Wort zur Rechtzeitigkeit der jetzt vorgelegten Regelung beziehungsweise des Entwurfs. Die Rechtzeitigkeit war unter anderem dadurch gegeben, dass wir Koalitionsfraktionen bereits vor einem Jahr vereinbart haben und es allen mitgeteilt haben, dass wir im Pflegebereich die Förderung von der Objektförderung auf die Subjektförderung umstellen wollen, also direkt die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner mit einer Förderung versehen wollen, um die Wohnkosten in den Einrichtungen zu tragen beziehungsweise deren Lasten zu mildern.

Diese Umstellung sollte aus unserer Sicht mit drei Prämissen versehen sein:

1. Sozialverträglichkeit

2. die Gewährleistung differenzierter Wohnverhältnisse und

3. die Sicherstellung der Finanzierbarkeit auf allen Seiten

Dieser Maßgabe sollte der Gesetzentwurf Rechnung tragen und aus unserer Sicht tut er das auch. Bei allen besorgten und kritischen Hinweisen, die es gegeben hat und, ich denke mal, die es auch weiterhin geben wird, sind zwei Sachverhalte aus unserer Sicht schon klarzustellen.

Erstens. Der Systemwechsel, der hier in Rede steht, also die Förderung zu verändern, ist keine fixe Idee, sondern hat seine Ursache im Ausstieg des Bundes aus seiner Förderung. Und das war auch seit 1996, das ist hier gesagt worden, bekannt.

Zum Zweiten. Bereits seit 1996 hat der Bundesgesetzgeber ebenfalls deutlich gemacht, dass er sich für die konsequente Durchsetzung marktwirtschaftlicher Mechanismen auf diesem Gebiet ausspricht. Das sind Rahmenbedingungen, denen wir ganz einfach landesseitig Rechnung tragen müssen.

Angesichts einer solchen Situation ist es keine Selbstverständlichkeit, ein Landespflegewohngeld einzurichten. Ich habe gestern mit Interesse in der Zeitschrift „Altenheim“ einen Artikel von Anja Möwisch, Rechtsanwältin aus Hannover, gelesen. Sie schreibt: „Niedersachsen – Neue Rechtslage zur Berechnung von Investitionskosten“ und führt dann aus: „Mit der Novellierung des Landespflegegesetzes will sich das Land Niedersachsen aus der subjektbezogenen Förderung und der indirekt objektbezogenen Förderung zurückziehen.“ Ich sage das nicht mit Verweis darauf, welche Farben die Regierungskoalition in Niedersachsen hat, sondern ganz einfach als eine Feststellung, denn die Tatsache, dass unser Land trotz seiner dürftigen Mittel nicht aus der Mitfinanzierung der Investitionen in der Pflege aussteigt, lässt die PDS an keiner Stelle und von niemanden schlechtreden.

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Mehr noch, sehr geehrte Damen und Herren, in dem Gesetzentwurf sind klare sozialpolitische Ziele formuliert:

1. die Vorhaltung einer leistungsfähigen Versorgungsstruktur

2. das Wohl des Pflegebedürftigen und

3. die Beachtung der Grundsätze der Pflegequalität

Bei der PDS eingegangene Stellungnahmen zeigen eine differenzierte Reaktion auf den Entwurf. Ich denke, diese Schreiben sind Ihnen auch zugegangen. Und insofern hätte ich eine etwas seriösere, weit ausgewogenere Darstellung von Ihnen, Herr Glawe, schon erwartet und nicht nur sozusagen die kritischen Seiten beleuchtet, das ist völlig legitim, das ist klar, aber der Korrektheit halber auch zu sagen, was ist denn begrüßt worden. Begrüßt wird zum Beispiel die Entkopplung der öffentlichen Förderung von der Aufnahme in die Landes- oder kommunale Pflegeplanung. Unterstützung findet die Beibehaltung der Grundlagen für die öffentliche Förderung ambulanter Pflegedienste. Das ist ein ganz wichtiger Punkt,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

dass die ambulanten Pflegedienste in diesem Gesetz eine Berücksichtigung finden.

Wertschätzung erfährt die verbindliche Förderung von allen teilstationären Einrichtungen. Gleiches gilt für den Verzicht auf Unterhaltsansprüche gegenüber Kindern und Eltern. Das ist eine mir zumindest in den Heimen oft begegnete Frage von Angehörigen. Werden wir mit herangezogen, wenn es zu den Belastungen kommt? In diesem Falle gibt es eine klare Regelung, insofern auch eine Schutzklausel im Rahmen der Möglichkeiten, die unser Land hat. Ebenso Wertschätzung erfährt die Förderung von Modellprojekten im Rahmen von Einzelfallentscheidungen. Ich verweise auf Stellungnahmen der Liga der Wohlfahrtsverbände oder der Bundesvereinigung privater Anbieter.

Ohne Zweifel wird auch deutlich Kritik geübt. Zum Beispiel spricht die Vereinigung kommunaler Pflegeeinrichtungen von einer mit dem Gesetz entstehenden Ungleichbehandlung der Heime. Auf der einen Seite haben – das hat Herr Heydorn hier bereits ausgeführt, ich kann das insofern noch einmal bekräftigen – die Heime, die nach dem Artikel 52 SGB XI gebaut wurden, den Vorteil, ihren Heimbewohnern relativ geringe Rechnungsbeträge für anteilige Investitionskosten abverlangen zu müssen. Auf der anderen Seite gibt es Heime, die vor In-Kraft-Treten des Artikels 52 SGB XI gebaut wurden beziehungsweise zukünftig zu bauen sind. Diese Heime müssen hohe Rechnungsbeträge ausstellen. So kann es durchaus geschehen, wie zum Beispiel auch in meiner Heimatstadt, dass unter einem Dach und in einem Gebäudekomplex, die einen täglich 2,66 Euro für Investitionen zu zahlen haben und die anderen 12,38 Euro.

Hier schließt sich ein weiterer Kritikpunkt an, und zwar werden durch die Erhöhung der gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen viele Pflegebedürftige, so heißt es, bei gleicher Leistung in die Sozialhilfe gedrängt, so der O-Ton. Ich möchte aber ein Wort dazu sagen, denn Sozialhilfe ist ein Rechtsanspruch. Oftmals wird das Gefühl vermittelt, als wäre der Sozialhilferechtsanspruch etwas mit Makel behaftet. Ich sage es deshalb, weil es oft auch ausgenutzt wird zu Attacken, um Menschen in Angst und Unsicherheit zu wiegen oder, besser gesagt, in Unsicherheit zu drängen. Das ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar, denn Sozialhilfe ist niemandem zu wünschen. Wir haben auch alle im Rahmen unserer Möglichkeiten eine Verantwortung dafür, das Landespflegewohngeld von Sozialhilfe fern zu halten. Aber Sozialhilfe mit einem Makel zu versehen, ist, denke ich mal, auch recht unanständig.

(Beifall Gerd Walther, PDS)

Das Wohngeld würde, lassen Sie mich das sagen, an dieser Stelle sicherlich nicht so viel ändern. Aber wie gesagt, es ist schon eine Leistung, die es nicht schlechtzureden gilt.

Mit diesen Kritikpunkten, aber auch mit Anregungen, die zum Beispiel vom Arbeitslosenverband gekommen sind, müssen wir uns konstruktiv auseinander setzen. Wir müssen damit im Ausschuss sorgfältig umgehen und insofern, denke ich mal, können wir gemeinsam einer konstruktiven Debatte zum Beispiel im Sozialausschuss entgegensehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Koplin. Gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Friedrich? (Zustimmung)

Herr Koplin, ist es gewährleistet, dass das Pflegewohngeld pünktlich zum 01.01.2004 gezahlt wird?

Und die zweite Frage lautet: Ein Pflegewohnheim, welches sich in unterschiedlicher Bauart in einem Haus befindet, also zu unterschiedlichen Zeiten gebaut wurde – da entstehen ja jetzt unterschiedliche Leistungen und dadurch entsteht eine Konkurrenz im eigenen Haus und es handelt sich um die gleiche Gesellschaft –, gibt es dafür eine Sonderregelung? Ist das vorgesehen?

Also, Herr Friedrich, wir haben heute diesen Gesetzentwurf entgegenzunehmen. Wir werden sehr zügig mit der Beratung im Sozialausschuss beginnen und eine Anhörung durchführen. Die Fragen, die Sie aufgeworfen haben, müssen eine Beantwortung in der Ausschusssitzung finden und die Regelungen, die jetzt getroffen werden, müssen hinterfragt werden, um zu diesen Antworten zu kommen beziehungsweise die Regelungen noch zu modifizieren. Wir werden nicht alle Probleme damit lösen können. Die Sorgen, die einzelne Träger beziehungsweise auch Heimbewohnerinnen und Heimbewohner und deren Angehörige vorgetragen haben, sind ernst zu nehmen. Wir werden nicht auf alle Sorgen und Probleme eine Antwort finden. Das muss man so klar und deutlich sagen.

Aber kann ich davon ausgehen, dass Sie darauf eingehen werden?

Wir werden mit hundertprozentiger Sicherheit darauf eingehen.

Danke schön.

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat noch einmal um das Wort gebeten für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Glawe. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

(Torsten Renz, CDU: Beant- worte du mal die Frage, Harry!)

Mache ich gleich.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht mehr viel zu den aufgeworfenen Dingen sagen, aber vielleicht noch etwas zu Ihrer Frage, Herr Kollege Friedrich. Je nachdem, wie ein Gesetz gestrickt wird, heißt es ja, das Gesetz tritt am 01.01.2004 in Kraft. Ab dem Tag kann ein Heimbewohner oder sein Betreuer einen Antrag stellen. Dann beginnt die Frage, wo wird das bearbeitet? In der Regel doch in der Kreisverwaltung und das nennt sich dann Pflegewohngeldverwaltungsstellen. Also ein toller Name, Riesenmonster!

(Torsten Koplin, PDS: Na, na, na! Da sitzen Menschen, die geben sich alle Mühe.)

Ja, Herr Koplin, das ist nicht menschlich. Das Problem ist nur so, dass die Dinge bearbeitet werden müssen. Jeder muss sozusagen seine Finanzlage offen legen und dann wird entschieden, ob er finanzstark ist, ob er das Wohngeld erhalten kann oder ob er in Sozialhilfe fällt. Das muss dann noch einmal in der Kreisverwaltung bearbeitet werden und dann können Sie sich sicher vorstellen, wann die ersten Bescheide rechtswirksam sind. Sie werden mit Sicherheit nicht im Januar beschieden werden können. Ich denke, im ersten Quartal wird es aber die ersten Entscheidungen geben und um ihnen sozusagen die Sorge zu nehmen, wird es dann rückwirkend ausgezahlt.