Protocol of the Session on October 8, 2003

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Die böse PDS! – Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Torsten Koplin, PDS)

Ich werde Ihnen sagen, 420 Euro ist der Durchschnittswert pro Monat. Rechnen Sie das mal mal zwölf, Kollege Koplin von der sozialen Seite.

(Torsten Koplin, PDS: Ich sage Ihnen das nachher in der Pause.)

Sie sind ja das soziale Herz der PDS. Es gibt noch viel höhere Beiträge, bis zu 600 Euro pro Monat Mehrbelastungen.

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Über die Finanzierungsarten hat ja Frau Ministerin was gesagt. Aber in diesem Gesetz stehen auch andere Dinge drin. Da steht zum Beispiel drin, das Pflegewohngeld ist auf 8.040.000 Euro begrenzt. Wenn mehr Bedarfe da s i n d – Sie sprachen von 1.000 Plätzen, die noch saniert werden müssen –, dann kommen die in dieses System hinein und dann haben Sie in diesem Gesetz eine Verordnungsermächtigung. Sie können dann dieses Wohngeld, was Sie uns mit 200 Euro schön beschrieben haben, absenken, weil Sie im Benehmen mit dem Finanzministerium stehen – da steht drin, Finanzministerium und Sozialministerium müssen sich einigen –, und dann geht dieser Betrag von 200 noch runter. Das heißt, die Mehrbelastungen für die Angehörigen werden noch größer oder für die Heimbewohner werden noch höher. Das ist soziale Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, nach Definition PDS und SPD! So viel zu Ihrem hervorragenden Gesetzesentwurf.

Und wenn Sie gestern die Diskussion in Teterow mitgemacht hätten, dann hätten Sie, glaube ich, heute diese Rede hier so nicht halten können. Dort ist diesem Gesetz von allen, die dort waren, eine vernichtende Absage erteilt worden,

(Beifall Egbert Liskow, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

in besonderer Weise deswegen, weil viele der Meinung sind, dass es sehr unausgewogen ist und dass es vor allen Dingen dazu führt, dass die Betreiber der Heime jetzt schon wieder Bescheide herausschicken müssen, obwohl sie noch gar kein neues Gesetz kennen. Das heißt, sie müssen vier Wochen vorher Bescheide erlassen oder rausschicken, Erhöhungen ankündigen, ohne dass sie wissen, was der Landtag verabschiedet hat. Denn der Landtag verabschiedet dieses Gesetz im Dezember und bekanntlich liegen zwischen dem 10. Dezember und dem 31. Dezember nicht vier Wochen. Damit verstoßen Sie gegen einen weiteren Grundsatz der Ankündigungspflicht der Betreiber. Sie verunsichern 20.000 bis 25.000 Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. 5.000 Betroffene in besonderer Weise, die in den Pflegeheimen untergebracht sind und ihren Lebensabend dort verbringen, werden erneut verunsichert. Sie haben im vorigen Jahr dafür gesorgt, dass sehr viele Bescheide in diese Richtung ergangen sind. Es gab also erheblichen Unmut in der Bevölkerung und es wird jetzt wieder passieren.

(Torsten Koplin, PDS: Ja, wenn Sie noch nachlegen.)

Ja, Herr Koplin, das sind die Auswirkungen, die Sie zu verantworten haben und nicht wir. Wir zeigen nur auf, was eigentlich hätte besser sein können. Das Gesetz hätte auch rechtzeitig vorgelegt werden können, dass man es hätte vernünftig diskutieren können.

(Gabriele Schulz, PDS: Die Chancen, die Sie haben, können Sie trotzdem wahrnehmen.)

Vor allen Dingen auch die jetzigen und jetzt schon bekannt gewordenen Anhörungsergebnisse sind für Sie nicht gerade das Beste gewesen, denn die Pflegeplanung spielt da eine Rolle, die Frage insgesamt, wie geht es weiter.

Die Befristung in diesem Gesetz ist ein Problem. Denken Sie daran, es ist schon wieder eine Befristung bis zum 31.12.2007. Was soll ein Betreiber davon halten, wenn er nur vier Jahre Planungssicherheit hat? Jeder weiß, wenn ich einen Kredit haben will, muss ich wenigstens einen zehnjährigen Pachtvertrag vorweisen. Sie geben die Rechtssicherheit nicht mal für vier Jahre für die Betreiber aus. Über alle diese Dinge können wir auch noch diskutieren, wenn wir bei der Anhörung sind und im Ausschuss. Das Problem, glaube ich, wird noch intensiv zu diskutieren sein, wie wir mehr Planungssicherheit in dieses Gesetz bringen, wie wir dafür sorgen, dass nicht weiterhin unsere älteren Bürger, die in den Pflegeheimen betreut werden, verunsichert werden.

Noch mal zu Ihren Auslassungen zur Pflegeversicherung insgesamt. Natürlich muss die Pflegeversicherung umgestaltet werden und Sie wissen ganz genau, das Pflegealter in den Heimen wird immer höher. Das heißt, heute ist in der Regel ein Heimbewohner 78 Jahre alt und älter, wenn er in ein Pflegeheim kommt. Damit ist von vornherein klar, dass die Pflegestufen steigen werden, das heißt, wir werden nicht mehr so viele Bürgerinnen und Bürger in Pflegestufe 1 haben. Wir werden sie in besonderer Weise in der Pflegestufe 2 und in der Pflegestufe 3 haben, weil die Lebenserwartung steigt. Für Frauen ist sie jetzt schon bei 82 Jahren. Sie wird weiter steigen. Und das sind die Probleme dieser Gesellschaft. Die können Sie nicht so einfach hinreden und runterreden, sondern man muss sich diesen Problemen stellen.

(Torsten Koplin, PDS: Reden Sie doch mal mit Roman Herzog, was Herr Herzog alles vorhat.)

Wenn Sie als PDS mit sozialem Gewissen und sozialer Gerechtigkeit diese Dinge so hinstellen, als wenn wir verantwortungslos in die Zukunft schauen, dann sage ich Ihnen, genau das Gegenteil ist richtig.

(Torsten Koplin, PDS: Schönen Gruß an Roman Herzog!)

Wir handeln verantwortungsvoll, denn gerade Pflegestufe 2 und 3 werden wichtig sein für die Zukunftssicherung unserer älteren Bürgerinnen und Bürger, um eine vernünftige Gesundheitsversorgung zu sichern, eine vernünftige Pflege bis hin zur Versorgung von Demenzkranken. So weit werden wir gehen, meine Damen und Herren. So weit zu meiner Rede. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Glawe.

Als Nächster hat das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Glawe, ich will eins vorwegstellen: Wenn jemand hier Verantwortung wahrnimmt, dann sind wir das.

(Zuruf von Lorenz Caffier, CDU)

Wir nehmen hier Verantwortung wahr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfes nehmen wir Verantwortung wahr.

(Kerstin Fiedler, CDU: Dito! Dito!)

Welche Konsequenzen das hat, das ist eine ganz andere Geschichte dabei. Aber der Koalition vorzuwerfen, sie nimmt die Verantwortung nicht wahr, das geht voll daneben.

Zum Zweiten kann ich Ihnen sagen, auch durch Wiederholungen werden Behauptungen nicht unbedingt wahr. Sie haben gestern bei dieser Podiumsveranstaltung schon behauptet, dass die Verlängerung des bisher gültigen Landespflegegesetzes auf eine Initiative der CDU zurückgeht. Das ist falsch.

(Gabriele Schulz, PDS: Hört, hört!)

Sowohl die Koalition als auch die CDU hatten eine Initiative dazu ergriffen und das ist hier gemeinsam zu einem interfraktionellen Antrag zusammengefügt und verabschiedet worden.

(Torsten Koplin, PDS: Richtig.)

Ich möchte Sie also bitten, das noch mal deutlich zur Kenntnis zu nehmen

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

und künftig einfach solche Behauptungen zu unterlassen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Zum Dritten muss ich Ihnen sagen, inhaltlich habe ich von Ihnen nichts Verwertbares gehört. Es ist hier der blanke Populismus von Ihnen betrieben worden. Es ist der blanke Populismus betrieben worden. Ich will es von der Historie noch mal durchdeklinieren:

Das Pflegeversicherungsgesetz ist unter der damaligen Bundesregierung der CDU – verantwortlich war der Minister Norbert Blüm – zum 01.01.1995 verabschiedet worden. Die Intention des Pflegeversicherungsgesetzes haben Sie richtig beschrieben. Aber dieses Pflegeversicherungsgesetz wurde 1995 verabschiedet mit dieser so genannten Artikel-52-Förderung. Diese Artikel-52-Förderung bezog sich ausdrücklich nur auf Einrichtungen der neuen Länder – ausdrücklich nur auf Einrichtungen der neuen Länder! – und war von vornherein befristet für den Zeitraum von zehn Jahren.

(Torsten Koplin, PDS: Richtig. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aufgabe der Artikel-52-Förderung war es, Benachteiligungen bei der Pflegeinfrastruktur in den neuen Ländern auszugleichen. Sie haben richtig darauf hingewiesen, dass die Landesregierung das Landespflegegesetz damals so ausgestaltet und verabschiedet hat, um Ungleich

behandlungen bei den Pflegeeinrichtungen zu vermeiden. Ungleichbehandlungen sollten vermieden werden. Das hat man getan. Jetzt muss man aber zur Kenntnis nehmen, dass im Jahr 2001 das Bundessozialgericht Rechtsprechung gefasst hat mit dem Inhalt, dass das Thema Förderung neu überdacht und geregelt werden muss. Das Bundessozialgericht hat nämlich gesagt, nicht nur Einrichtungen, die in einem Pflegeplan drinstehen, dürfen gefördert werden, sondern eine der Hauptintensionen des Pflegeversicherungsgesetzes war, das Thema, Wettbewerb herzustellen.

(Harry Glawe, CDU: Genau, genau.)

Es ging also um Wettbewerb, nicht mehr Bedarfsprüfung, sondern jeder musste in die Versorgung aufgenommen werden, der gewisse qualitative Voraussetzungen erfüllte, und der war dann auch mit einem Versorgungsvertrag durch die Pflege- und Krankenkassen auszustatten. Wettbewerb sollte hergestellt werden.

Und wenn die öffentliche Hand, nach welchen Kriterien auch immer, in diesen Wettbewerb eingreift und gewisse Dinge fördert und andere Dinge nicht fördert, dann ist das eine Wettbewerbsverzerrung. Das ist vom Bundessozialgericht 2001 ausdrücklich als rechtswidrig beurteilt worden. Dem musste sich die hiesige Landesregierung stellen. Das kommt zum Ausdruck in dem jetzt vorliegenden Pflegeversicherungsgesetzentwurf, nämlich dadurch, dass wir die Förderung umstellen von der Objektförderung hin zu einer Subjektförderung. Das heißt, wir fördern nicht mehr die Investitionen in Einrichtungen und Gebäude, sondern wir fördern subjektiv den bedürftigen Heimbewohner. Das ist eine Sache, die sich einfach zwingend aus dieser Rechtsprechung ergibt.

Zugegebenermaßen, wir sind in einer absurden Situation. Wir sind hier in Mecklenburg-Vorpommern ab dem 01.01.2004 in einer absurden Situation, weil wir auf der einen Seite nach Artikel 52 geförderte Einrichtungen haben, wo sich die Belastungen für die dortigen Bewohner sehr in Grenzen halten, und auf der anderen Seite Einrichtungen haben, die diese Artikel-52-Förderung nicht haben in Anspruch nehmen können, wo ab dem 01.01.2004 aufgrund entsprechender gesetzlicher Regelungen Belastungen in Größenordnungen an die Menschen weitergegeben werden müssen. Das ist also eine Geschichte, das gestehe ich Ihnen zu, das kann man betroffenen Menschen kaum vermitteln, warum der eine, der in einem absoluten Neubau wohnt, warum der so gut wie überhaupt nicht zu Investitionskosten herangezogen werden kann, und derjenige, der ein paar Straßen weiter vielleicht in einem schlechteren Gebäude wohnt,

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

warum der ein paar hundert Euro zahlen soll. Und um hier die Spitze zu nehmen, führen wir das Pflegewohngeld ein. Wir führen dieses Pflegewohngeld ein, um zumindest einen im Rahmen unserer Möglichkeiten möglichen Beitrag zu leisten, hier besondere Härten wegzunehmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Das ist die Intention dieses Gesetzentwurfes, um zu verhindern, dass Menschen in die Sozialhilfe abrutschen. Das werden wir nicht bewerkstelligen können, das ist im Grunde jedem klar.