Protocol of the Session on September 11, 2003

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Es ist ein offenes Geheimnis, dass circa 80 Prozent der Asylbewerber ständig unterwegs sind und vermutet wird, dass viele davon auch schwarzarbeiten. Nach Zeitungsberichten hat die Schwarzarbeit im Hotel- und Gaststät

tengewerbe zu milliardenschweren Steuerausfällen geführt. Bei einer bundesweiten Aktion stellten die Behörden bei jedem vierten der über 6.000 kontrollierten Beschäftigten Unregelmäßigkeiten fest. Nach Angaben der Oberfinanzdirektion Nürnberg wurden 370 Straf- und Bußgeldverfahren eingeleitet. 96 Personen wurden wegen Verstößen gegen das Ausländerrecht festgenommen, so die „Ostseezeitung“. Wollen wir denn das noch mit fördern? Das hat doch was mit Residenzpflicht zu tun.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS)

Das sind nur die Steuerausfälle, das sind aber auch Arbeitsplätze in diesem Land. Wird mal einer zum Beispiel in Hamburg erwischt, wird nur der eine Tag abgezogen. Macht einer etwas Druck, weil er zum Beispiel – und das ist wahr – in Nordrhein-Westfalen mit 2.000 Dollar erwischt wurde, die er zurückzahlen soll beziehungsweise mit dem Sozialhilfesatz verrechnen soll, dann wird zurückgezuckt. Man will nicht ausländerfeindlich sein. Die Zahl der wirklich anerkannten Asylbewerber ist äußerst gering. Abschiebungen sind eben nicht an der Tagesordnung. Auch die sind äußerst gering. Wenn Behörden von Kontrollmöglichkeiten bei Duldung mit Entzug der Duldung Gebrauch machen wollen, werden sie sofort in die ausländerfeindliche Ecke gestellt.

Ab 2004 kommt noch ein Problem auf die Kommunen zu. Das Land plant die Budgetierung für die Landkreise im Bereich der Ausländerheime mit all den Kosten. Das heißt, dass ab 2004 die Steigerungen, also die Mehrkosten bei den Landkreisen hängen bleiben werden. Diese Steigerungen wird es weiterhin geben. Es ist doch wohl legitim, auch darüber in diesem Landtag mal nüchtern und sachlich reden zu dürfen.

Die Dauer der Asylverfahren beträgt im Schnitt fünf bis sechs Jahre. Fünf bis sechs Jahre, meine Damen und Herren! Ich will jetzt nicht fragen, warum. Ich würde den Justizminister jetzt fragen. Fakt ist eins: Es ist üblich, dass Anwälte Asylbewerber sehr gut beraten. Das ist in Ordnung, dafür gibt es auch gute Gründe.

(Siegfried Friese, SPD: Das ist ihre Verpflichtung, ihre Pflicht!)

Das ist eine Verpflichtung, aber sie werden auch sehr gut dafür vergütet.

(Siegfried Friese, SPD: Das ist in Ordnung.)

Wie läuft das aber praktisch?

(Karsten Neumann, PDS: Das gibt es nicht!)

Im Zuge des Abschiebungsverfahrens wird ein Asylfolgeantrag gestellt. Die Folge ist, die Abschiebung wird abgebrochen, der Antrag wird geprüft und ein neues Rechtsmittelverfahren in Gang gesetzt. Mit dem Folgeantrag hat der Asylbewerber die Möglichkeit, neue Verfolgungsgründe – also auch seine eigenen, die er meint, die er hat – anzuführen, die rechtsstaatlich geprüft werden müssen. Meinen Sie nicht, dass das etwas überzogen ist, dass man hier auch etwas straffen muss? Da gibt es Fälle, die machen das vier- bis fünfmal und nichts passiert, keine Konsequenzen. Die Verfahren ziehen sich deswegen in die Länge, die Verwaltungsgerichte sind völlig überlastet. Wir zahlen weiter hohe Kosten für Asylbewerber, die eigentlich schon hätten abgelehnt sein können, die aber weiter in unserem Lande leben. Ich glaube, wir machen, ich sage ruhig „wir“, da etwas falsch in Deutschland. Das kann nicht gut gehen, mit Humanität hat das nichts mehr zu tun.

Johannes Rau hat deswegen schon vor zwei Jahren vor, Zitat, „falscher Ausländerfreundlichkeit“ gewarnt: „Falsche Ausländerfreundlichkeit nenne ich es, wenn so getan wird, als gebe es keine Probleme im Zusammenleben.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Manche Deutsche fühlen sich fremd im eigenen Land, darauf müsse die Politik Rücksicht nehmen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Weiter im Zitat: „Nur der ist willkommen, der die Werteordnung unseres Grundgesetzes für sich annimmt. Zu dieser unserer Werteordnung im Grundgesetz gehört das Asylrecht für politisch Verfolgte.“ Dazu stehen wir alle. Zu unserem Asylrecht gehören aber auch, das muss man deutlich sagen, die Residenzpflicht und eben das Sachkostenprinzip. Es ist doch wohl legitim, als demokratische Opposition hier im Landtag das im Parlament einzufordern.

(Siegfried Friese, SPD: Wer hindert Sie daran?)

Was ist daran illegitim? Nur weil es nicht Ihrer Meinung entspricht?

(Siegfried Friese, SPD: Wer hindert Sie denn daran?)

Ich will Ihnen mal etwas sagen: Was da zum Teil auch in der Presseerklärung rübergekommen ist, das ist unterschwellig eine Richtung. Wer eine andere Meinung hat, wird in eine Ecke gestellt. Das ist eben kein politischer Stil und davon sollten wir uns verabschieden, auch bei diesem Thema.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich bitte trotz Ihrer Ablehnung natürlich um Zustimmung für unseren Antrag, weil dieser Antrag auf dem Boden des Grundgesetzes steht, genau wie wir als Union und wie wir als Opposition in diesem Landtag. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat noch einmal ums Wort gebeten der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

(Jörg Heydorn, SPD: Meine Frage.)

Ja, Entschuldigung. Herr Innenminister, einen kleinen Moment bitte.

Herr Thomas, …

(Reinhardt Thomas, CDU: Die Frage möchte ich nicht beantworten, das können wir sein lassen.)

Also, dann doch jetzt der Innenminister Herr Dr. Timm. Bitte schön, Herr Dr. Timm.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin von Herrn Dr. Jäger gefragt worden, wo sich die Rechtsgrundlage für die Verordnung findet

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

und das möchte ich Ihnen gerne mitteilen. Die findet sich im Asylverfahrensgesetz Paragraph 58, der die Überschrift trägt: „Verlassen eines zugewiesenen Aufenthaltsbereichs“. In Paragraph 58 Absatz 6 heißt es: „Um örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen, können die Lan

desregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen, daß sich Ausländer ohne Erlaubnis vorübergehend in einem die Bezirke mehrerer Ausländerbehörden umfassenden Gebiet aufhalten können.“ Von dieser Befugnis hat die Landesregierung in Schwerin Gebrauch gemacht.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Vorübergehend.)

Vorübergehend heißt in Mecklenburg-Vorpommern bis zu fünf Tagen. Ich will Ihnen, Herr Thomas, auch noch mal die Zahlen in Erinnerung rufen für den Zuzug von Asylbewerbern im letzten Jahrzehnt. Wir hatten 1992 438.191 Asylbewerber in Deutschland

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

und 2002, also zehn Jahre später, 71.000. Das ist eine sehr deutliche Reduzierung. Und weil das so ist und Mecklenburg-Vorpommern an dieser Reduzierung einen Anteil hat, sind wir in der Lage, die Bestimmungen etwas zu lockern, und daran werden wir festhalten. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Körner von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Es hat ja immer einen hohen Unberechenbarkeitsfaktor, wenn man nach den beiden Vorrednern, Kollege Jäger und Kollege Thomas, an das Rednerpult treten muss.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Dr. Timm dürfen Sie nicht vergessen.)

Im Prinzip ist man ja vor Überraschungen nicht sicher. Da sich aber die Überraschungen in diesem Raum verdichten, weiß man so ungefähr, was kommt, und insofern kann man dann auch wieder ganz gelassen bleiben. Herr Jäger ist seiner Rolle treu geblieben, dass er wie üblich allen hier im Raum, außer dieser Fraktion natürlich, mehr oder weniger signalisiert hat, dass sie von der Sache ja eigentlich nichts verstehen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist so. Der Minister hat es doch gerade gezeigt. Er kann nicht mal ein Gesetz zitieren!)

Das ist seine übliche Tour, die er heute auch wieder angebracht hat. Und dann ist mir aufgefallen, Kollege Jäger, dass der Zusammenhang zu dem Wort „Asylbewerber“,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

der einzige den Sie hergestellt haben, kriminelle Handlung ist, kriminelles Umfeld ist, sprich Schlepper.

(Beifall Beate Mahr, SPD)

Andere Assoziationen im Zusammenhang mit dem Wort „Asylbewerber“ habe ich bei Ihnen und Ihren Ausführungen nicht registriert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)