Protocol of the Session on September 10, 2003

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Bitte, Herr Dr. Jäger.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, ich brauche nicht zu überziehen. Das, was ich sagen will, kann ich relativ einfach sagen.

Herr Minister, wer Ihnen jetzt richtig zugehört hat, der hat mitbekommen, die Folgen einer miserablen Finanzund Wirtschaftspolitik tragen ausschließlich die Kommunen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Und Sie haben gesagt, es geschieht ihnen recht, denn einige können ihre Haushalte ausgleichen und andere nicht. Wir sehen daraus, dass die, die ihre Haushalte nicht ausgleichen, eben nicht genügend investieren, die machen etwas falsch, also schaffen wir sie ab. So einfach, Herr Minister, ist für Sie die Welt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja.)

Die einzige Person hier im Saal, die Ihnen beifällig zugenickt hat, das konnten Sie nicht sehen, aber ich konnte es

sehen, das war die Finanzministerin. Die Saat ist aufgegangen, meine Damen und Herren. Es läuft, es läuft prima, Herr Minister. Wenn ich Ihren Gedanken weiterdenke, denn Sie haben gesagt, die Kommunen haben in der Vergangenheit so richtig daran verdient, dass wir den Gleichmäßigkeitsgrundsatz und einen Sockelsatz eingeführt haben, wenn ich Ihren Gedanken weiterdenke, wenn die Politik in Schwerin und in Berlin weiter so gemacht wird, dann sind wir bald an dem Punkt, wo die Kommunen sammeln dürfen. Dann zahlen wir an das Land und wir kriegen keinen Finanzausgleich mehr, sondern wir zahlen an Sie.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Und Sie haben gesagt, wir müssen alle den Gürtel enger schnallen. Aber auf die Idee, das mal in den eigenen Reihen zu tun, sind Sie bis heute nicht gekommen. Wir haben immer noch zu viele Ministerien, wir haben zu viele Referate in den einzelnen Ministerien und wir haben zu viele Abteilungen.

(Angelika Gramkow, PDS: Wie viel Millionen könnten wir ersetzen?)

Sie haben bis heute...

(Angelika Gramkow, PDS: Wo ist die Alternative, Herr Jäger?)

Nein, Frau Gramkow.

(Angelika Gramkow, PDS: Wo ist die Alternative?)

Die Alternative ist ganz einfach. Fangen Sie erst mal da an einzusparen, wo Sie aus Koalitionsgründen zusätzliche Ministerien geschaffen haben,

(Reinhard Dankert, SPD: Das ist doch auch keine.)

und dann reden wir darüber, wie die Kommunen noch weiter sparen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Denn – das muss man auch sagen und das sage ich mit großem Bedacht – wenn es um Weltmeisterschaften im Sparen, im Einsparen und im Aufwandverringern geht, dann sind unsere Kommunen auf der Liste der Weltmeister sehr viel näher an der obersten Ebene als die Landesregierung.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Die hat nämlich bisher überhaupt in dieser Richtung nichts getan.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Gabriele Schulz, PDS: Mir kommen gleich die Tränen.)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung legt uns ein Änderungsgesetz – schon wieder eins – zum kommunalen Finanzausgleich vor. Wir wissen schon gar nicht mehr, wie schnell sich die Veränderungen so notwendig machen. Meine Damen und Herren, Sie hätten gar nicht den Aufwand treiben müssen. 24 Änderungsvorschriften, 3 Artikel in diesem Änderungsgesetz hätten Sie einfacher ausdrücken können. Sie hätten „Wortbruch“ drüberschreiben können, dann hätte wenigstens drübergestanden, was drin ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Sie haben in mehreren Schritten die finanzielle Schicksalsgemeinschaft zwischen Kommunen und dem Land aufgehoben. Das waren ausschließlich Sie. Sie haben zunächst den verbindlichen Verbundsatz, der mal im Gesetz definiert war – übrigens 28 Prozent, der eine oder andere dürfte sich noch an die goldenen Zeiten erinnern –, den haben Sie erst einmal abgeschafft. Dann kam der Gleichmäßigkeitsgrundsatz. Frau Ministerin, das war Ihre Erfindung.

(Angelika Gramkow, PDS: Da haben wir von den Sachsen gelernt, Herr Jäger.)

Und schließlich...

Ja, ja. Nur Sie müssen mal gucken, was die Kommunen in Sachsen unterm Strich zur Verfügung haben.

(Angelika Gramkow, PDS: Das habe ich mir sehr genau angeguckt. – Zuruf von Ministerin Sigrid Keler)

Die haben nicht...

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ach, Frau Ministerin, erzählen Sie uns doch nichts!

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Ich werde Ihnen an Ihren eigenen Zahlen belegen, was Sie uns hier immer erzählen und was die Wahrheit ist. Die Wahrheit ist,...

(Angelika Gramkow, PDS: Ach, die haben Sie gepachtet?! Aha!)

Nein, ich habe sie nicht gepachtet, aber Sie können wie ich Zahlen lesen und rechnen können wir beide. Lassen Sie es uns gemeinsam tun!

Die Finanzausgleichmasse, meine Damen und Herren, ist kontinuierlich seit 1999 gesunken.

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Das können Sie noch nicht mal bestreiten. Das hat auch der Minister gesagt. Er hat gesagt, wir müssen alle sparen. Recht hat er.

(Wolfgang Riemann, CDU: Der brave Mann spart bei sich selbst zuletzt. Nicht wahr, Herr Timm?!)

Die Einnahmen aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich, die wir aus Ihrem Entwurf entnehmen können, der also sicher von Ihnen nicht bestritten wird, die geben Sie nämlich ganz anders weiter als vorher. Sie behalten nämlich heute mehr als früher. Frau Ministerin, Herr Minister, 26,86 Prozent sind weniger als 28 Prozent. Und Sie behalten nicht mehr 72 Prozent, sondern Sie behalten über 73 Prozent dessen, was die anderen Länder und der Bund für unser Land aufbringen. Wir sagen ja nicht danke. Wir sagen, in der Bundesrepublik Deutschland gibt es eine Solidarität. Die besser gestellten Länder und der Bund haben eine Finanzverantwortung gegenüber den schwachen Ländern. Aber, meine Damen und Herren, da ist die Solidarität nicht zu Ende, jedenfalls nicht für uns.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

Es geht eben kein Weg daran vorbei, durch die Veränderung des Verbundsatzes, und das können Sie nachle

sen und nachrechnen – ich habe es einfach mit einem Taschenrechner geschafft und ich glaube, das können Sie auch –, würden von den rund 4.523 Millionen Euro, die über die Verbundgrundlagen an das Land fließen, wenn wir 28 Prozent Verbundsatz beibehalten hätten, genau 52 Millionen mehr in den kommunalen Finanzausgleich fließen

(Angelika Gramkow, PDS: Aber Sie haben den Gleichmäßigkeitsgrundsatz eingeführt.)

als das, was Sie jetzt in Ihrem Entwurf vorliegen haben. Und das bedeutet, meine Damen und Herren, im Klartext, dass die 64,9 Millionen Euro, die Sie weniger für 2004 in den kommunalen Finanzausgleich hineingeben wollen, zu 52 Millionen deswegen bestehen, weil das Land die einfach für sich behält.

(Beifall Egbert Liskow, CDU)

Es behält einfach dieses Geld für sich. Und, meine Damen und Herren, da heißt es eben nicht, es ist alles schlimmer und schlechter geworden und deswegen wollen wir gemeinsam sparen, sondern da heißt es, es ist alles schlimmer und schlechter geworden, deswegen sparen wir an den Kommunen. Nicht mit uns, meine Damen und Herren! Das sehen wir nicht ein.