Protocol of the Session on September 10, 2003

(Egbert Liskow, CDU: Das möchte ich aber mal sehen.)

Meine Damen und Herren, deshalb sieht der Gesetzentwurf vor, die Mindestfinanzausstattung der Kommunen im Jahre 2004 um 64 Millionen Euro und 2005 um 60 Millionen Euro abzusenken. Der Betrag für die verrechnungsfreie Finanzausstattung soll damit an die stark verminderte finanzielle Leistungskraft des Landes temporär – ich weise darauf hin, temporär – angepasst werden.

Aufgrund der dramatischen Einnahmeentwicklung beim Land bleibt darüber hinaus auch keine andere Wahl, als den verrechnungsfreien Aufstockungsbetrag für die Infrastrukturinvestitionen von bisher 76,7 Millionen Euro stufenweise zu verringern, und zwar auf 50 Millionen Euro im Jahr 2004, auf 35,1 Millionen Euro im Jahr 2005 und auf 20 Millionen Euro im Jahr 2006. Hinter diesen Zahlen, meine Damen und Herren, stecken sehr ernsthafte Debatten zwischen den Regierungskoalitionen und der Landesregierung. Ursprünglich sahen die Zahlen selbst noch anders aus.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Noch schlimmer.)

Zur teilweisen Abfederung erhalten die Kommunen bis 2006 aus Strukturfondsmitteln einschließlich der erforderlichen Kofinanzierungsmittel einen jährlichen Betrag von insgesamt 32 Millionen Euro, davon 24 Millionen Euro aus EFRE-Mitteln und 8 Millionen Euro aus Landesmitteln. Die daneben vorgesehene Einführung beziehungsweise Ausweitung investiver Bindungen bei den Schlüsselzuweisungen beziehungsweise den Zuweisungen für zentrale Orte dient zudem nicht nur der Aufrechterhaltung eines Mindestniveaus an kommunalen Investitionen, sondern diese

Regelungen sollen helfen sicherzustellen, dass unser Land Mecklenburg-Vorpommern seiner Verpflichtung zur Verwendung hier eingegangener Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisungen für Infrastrukturmaßnahmen auch nachkommen kann, und zwar auch auf kommunaler Ebene. Diese Verpflichtung sind wir im Solidarpakt II eingegangen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, neben diesem schmerzhaften und für einen Kommunalminister nicht einfachen Einschnitt in den Finanzausgleich

(Dr. Armin Jäger, CDU: Da haben Sie doch zugestimmt.)

wurden auch Verteilungsschlüssel innerhalb des Finanz

ausgleichs durch neue Kriterien ergänzt. Bei den Vorwegabzügen für die Kosten der Schülerbeförderung soll künftig neben den nachgewiesenen Fahrkosten auch die Zahl der im jeweiligen Landkreis lebenden Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren als potentielle Nutzer des Schülerverkehrs berücksichtigt werden. Um den zurückgelegten Beförderungsweiten Rechnung zu tragen, wurde außerdem die Einwohnerdichte als Maßstab einbezogen, da diese einen Anhaltspunkt für die zurückgelegten Entfernungen beim Schülerverkehr bietet, der so genannte Flächenfaktor. Dieses soll dazu dienen, das wirtschaftliche Denken in der Verwaltung für den ÖPNV zu fördern.

Bei dem Vorwegabzug für die örtlichen Träger der Sozialhilfe – Paragraph 10 g FAG – werden die Zuweisungsbeträge bislang ausschließlich nach dem jeweiligen Anteil an den tatsächlichen Gesamtleistungen aller Träger ausgereicht. Hier nehmen wir eine Veränderung vor. In Zukunft sollen zwei weitere Verteilungsfaktoren daneben treten, nämlich einmal der Anteil der Sozialhilfeempfänger an deren Gesamtzahl im Lande sowie die landesdurchschnittlichen Sozialhilfeaufwendungen je Einwohner in der Gebietskörperschaft. Hierdurch wird einerseits die überproportionale Belastung, insbesondere einiger kreisfreier Städte, mit Hilfebedürftigen besser berücksichtigt und andererseits auch hier ein Anreiz zu mehr Kostenbewusstsein bei den Trägern der Sozialhilfe geschaffen.

Außerdem sieht der Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf vor, die Einführung einer Missbrauchsklausel für Gemeinden vorzunehmen, die keine Gewerbesteuer erheben und sich dadurch auf Kosten anderer Gemeinden einen Standortvorteil verschafft haben. Bisher werden solche Kommunen praktisch noch belohnt, indem die betreffende Gemeinde höhere Schlüsselzuweisungen zu Lasten aller übrigen Gemeinden erhält. Durch diese Gesetzesänderung wird einem ausdrücklichen Anliegen der kommunalen Landesverbände an dieser Stelle gefolgt.

Weiterhin werden im Entwurf die Voraussetzungen zur Gewährung einer Fehlbetragszuweisung nach Paragraph 9 Absatz 3 FAG an die Bedürfnisse der Praxis angepasst. Es gibt zunehmend Fälle, in denen Gemeinden trotz Ausschöpfung aller zum Teil überobligatorischen Konsolidierungsbemühungen einen mittelfristigen Haushaltsausgleich nicht mehr darstellen können. Bisher waren solche Kommunen von der Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Fehlbetragszuweisungen meines Hauses ausgeschlossen. Gleichzeitig wurden die Anforderungen an das zu beschließende Haushaltssicherungskonzept als Voraussetzung für eine Fehlbetragszuweisung konkretisiert. Auch hierdurch wurde einem ausdrücklichen Wunsch der

kommunalen Landesverbände Rechnung getragen und jeder, der die Finanzlage der Kommunen sieht, weiß auch, worum es sich hier im Einzelnen gerade bei den Gemeinden, die in höchsten Schwierigkeiten sind, handelt.

Meine Damen und Herren, wenn wir die einzelnen Haushalte, die kommunalen Haushalte der Kreise, der Städte und der Gemeinden vergleichen, dann stellen wir Unterschiede fest. Es gibt Kreise, die schaffen seit Jahren den Haushaltsausgleich, und es gibt Kreise, die schaffen diesen – teilweise auch bereits seit Jahren – nicht.

(Wolfgang Riemann, CDU: Städte gibt es aber auch, Herr Timm. Die müssen Sie dann auch mit nennen.)

Außerdem zeigt sich...

Das können Sie bei Gemeinden und auch bei kreisfreien Städten ebenso durchbuchstabieren. Das gilt für jede kommunale Ebene, Herr Riemann,

(Wolfgang Riemann, CDU: Immer auf die Kreise!)

möglicherweise nicht für die Insel Usedom. Das mag ja sein.

(Heinz Müller, SPD: Koserow.)

Außerdem zeigt sich im Vergleich der neuen Bundesländer, dass die Kommunen – Herr Riemann, hören Sie zu –, w a h rscheinlich auch auf Usedom, bei der Investitionsquote an vorletzter Stelle liegen.

(Egbert Liskow, CDU: Und warum?)

Warum ist das so?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Warum ist das so?)

Und diese Frage, warum das so ist, meine Damen und Herren, muss beantwortet werden.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. Das liegt an Ihnen. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Denn hier liegen Potentiale zur Stärkung...

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist das Geld, was Sie einbehalten.)

Nee, nee.

... der Leistungs- und Investitionskraft der Kommunen. Trotz aller Einnahmeprobleme, die berechtigterweise diskutiert werden müssen, muss auch darüber diskutiert werden, warum in Mecklenburg-Vorpommern überdurchschnittlich viel Geld in der Verwaltung selbst verbraucht wird,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Auch in der Landesverwaltung.)

das anderenorts, meine Damen und Herren, für Investitionen zur Verfügung steht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Solange wir dieses Problem nicht lösen – und dass einzelne Kreise oder auch Gemeinden besser als andere sind, zeigt, dass es gehen kann –,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Schaffen Sie mal ein, zwei Ministerien ab, dann reden wir weiter!)

solange wir dieses Problem nicht lösen, werden wir zwar an den Symptomen, nicht aber am Kern des Grundübels laborieren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Diese Aufgabe, meine Damen und Herren, nimmt uns Landespolitikern und nimmt auch den Kommunalpolitikern keiner ab,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist so.)

egal, das sage ich in aller Ernsthaftigkeit, egal in welcher Partei jemand Mitglied ist, ob Opposition oder Regierungspartei.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Das spielt vor Ort keine Rolle, wenn es um die Lösung der Probleme geht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Schaffen Sie zwei Ministerien ab, dann sehen wir weiter!)

In diesem Sinne wünsche ich uns in den Beratungen des Landtages, in den Ausschussberatungen viel Erfolg, weil ich der Ansicht bin, wir können auch in schwierigen Zeiten im Blick auf die kommunale Finanzausstattung und das Finanzvolumen, das vor Ort zur Verfügung steht, gemeinsam tatsächlich weiterkommen. Darum, meine ich, sollten wir in diesem Sinne für die Kommunen gemeinsam kämpfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU. Da die Landesregierung die Redezeit um fünf Minuten überzogen hat, erhöht sich die vereinbarte Redezeit für die CDU um fünf Minuten.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)