Protocol of the Session on June 25, 2003

Wenn ich Sie frage, Frau Gramkow, wie denn Ihre Basis und die Partei zum Beispiel zum Thema Steuer- und Abgabensenkung, Bürokratieabbau, Verringerung der Regelungsdichte und so weiter, alles, was man mit Innovation verbindet, steht, dann habe ich meine Zweifel, ob das, was hier in Schwerin vorbereitet wird, auch insgesamt mit einem Ruck für Arbeit, Ansiedlung, Aufträge, insgesamt für ein Innovationsprojekt Ost reicht.

(Angelika Gramkow, PDS: Sie werden sich noch wundern!)

Ich habe in dieser Legislaturperiode einfach einmal in der Vergangenheit recherchiert, um herauszufinden, wie innovativ denn die Kabinettsmitglieder dieser Landesregierung waren. Eine Pressemitteilung vom 18.06.2003, Sozialministerin Dr. Marianne Linke, PDS: „Die Starken zur Kasse bitten“. Das ist Innovation à la PDS, meine Damen und Herren! Oder die FFH-Gebiets-Diskussion. Einfach ein paar Gebiete nachmelden, hat das was mit Innovation zu tun, ohne dass die Unternehmer, die davon betroffen sind, etwas wissen? Ich weiß nicht, was das mit Innovation zu tun hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Torsten Koplin, PDS: Machen Sie sich doch erst einmal kundig, worum es geht!)

Oder, meine Damen und Herren, wenn Herr Holter vor norddeutschen Wohnungsunternehmern eine Rede hält und diesen Menschen aus ganz Norddeutschland sagt: Innovation statt Billiglohn, modernes Verwaltungshandeln statt wilder Deregulierung und aktive Beschäftigungspolitik statt passiver Sanierung – ich weiß nicht, was die Unter

nehmer von so einem Minister halten, der sich eigentlich um den Wohnungsbestand Gedanken machen müsste.

(Norbert Baunach, SPD: Der Eindruck war sehr positiv. – Ute Schildt, SPD: Wie ist denn Ihre Vorstellung? – Dr. Margret Seemann, SPD: Sie können ja nur mies machen. Sie haben gar keine eigenen Vorschläge.)

Oder wenn wir einfach einmal schauen, was Sie zu den Großstandorten vorgeschlagen haben. Sie haben gesagt, dass demnächst ja einiges passieren wird. Noch vor der Wahl haben Sie angekündigt, dass dort einiges passiert. Und was ist bisher passiert? Sie haben ein paar Pläne gezeichnet, das haben Sie auch bei der Verwaltungsstrukturreform gemacht. Und wie wir alle sehen, weit sind wir damit nicht gekommen, meine Damen und Herren.

Und wenn wir zur Denkwerkstatt, auch einer der Innovationen, kommen –

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU: Sonderdenkwerkstatt!)

heute sitzen ja unsere polnischen Freunde auf der Bank – und wenn wir hören, dass es ein Essen gab mit dem Ministerpräsidenten und in fröhlicher Runde hat man zum Thema Osterweiterung etwas besprochen. Was ist denn bisher vorgelegt worden zum Thema Osterweiterung? Wo sind denn die Innovationen der PDS in diesem Bereich, meine Damen und Herren?

(Beifall Rainer Prachtl, CDU)

Abschließend muss ich noch etwas zu dem Bereich Arbeitsplatzschaffung sagen. Die Innovation der PDS im Bereich der Kreierung von Arbeitsplätzen ist auch ziemlich begrenzt. Wenn man lesen kann in einer Pressemitteilung, unterdessen ist es sogar gelungen, 872 Arbeitsplätze in 270 gemeinwohlorientierten Arbeitsförderprojekten zu schaffen, und dass in diesem Fall sogar Doppelförderungen vermieden werden konnten, dann ist das auch aus meiner Sicht nicht sehr innovativ. Sie müssen sich einfach auch an den aktuellen Themen messen lassen.

Und, meine Damen und Herren, wenn ich zu diesem Thema abschließend sagen kann, dass innovatives Handeln in der PDS von den Führungsspitzen angestrebt wird, dann finde ich das auch gut. Wenn Sie Ihre Partei mitnehmen können, dann finde ich das auch gut. Aber wo soll es denn hingehen mit der PDS? Soll es in Richtung linke Parteibasis der SPD gehen, die jetzt im Rahmen der Diskussion um die Agenda 2010 eigentlich auch auf das Abstellgleis gestellt worden ist?

(Zuruf von Birgit Schwebs, PDS)

Aus meiner Sicht müssen wir uns fragen, was Innovation wirklich noch mit der Partei des Demokratischen Sozialismus zu tun hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Petters.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schildt von der Fraktion der SPD.

(Reinhard Dankert, SPD: Herr Mohr sollte zuerst reden, wenn es geht.)

Ich gebe dann jetzt Herrn Mohr das Wort von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Mohr.

(Reinhard Dankert, SPD: Irrtum bei uns, ich bitte um Entschuldigung.)

Schönen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Innovation – eine Chance für Mecklenburg-Vorpommern“. Ich denke, dass der Begriff Innovation, so, wie wir ihn verstehen, nämlich als Synonym für Reform und Entwicklung von neuen Ideen, von Hause aus natürlich positiv belegt ist. Und klar ist auch, dass die so verstandene Innovation zwangsläufig als Chance für neue Politikansätze und für eine neu ausgerichtete Politik in vielen Bereichen steht. Das Thema drückt aber, meine ich, eine Selbstverständlichkeit aus.

(Rainer Prachtl, CDU: Deswegen ja auch keine Aktuelle Stunde.)

Besser und treffender wäre deshalb, meine ich, gewesen, zu titeln: „Innovation – eine Notwendigkeit für Mecklenburg-Vorpommern“. Dieses um deutlich zu machen, dass unsere Politik natürlich nicht darauf ausgerichtet sein kann, hier stetig den Status quo zu halten, sondern vielmehr durch die Zielstellung verfolgen muss, Prozesse zu optimieren und hier eben auch an der einen oder anderen Stelle gänzlich neue Wege zu beschreiten. Um es kurz zu sagen: In der heutigen Informations- und Kommunikationsgesellschaft ist die einzige Konstante der permanente Wechsel, die permanente Veränderung. Das ist so, ob wir das wollen oder nicht.

In Anbetracht der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Situation in unserem Land, nicht zu vergessen natürlich erst recht die finanzielle Situation, angesichts dieser Lage sind wir längst an dem Punkt angekommen, wo unser gesamtes politisches Handeln auf den Prüfstand gestellt werden muss. Wenn wir nur weitermachen wie bisher und ausschließlich auf die Mechanismen setzen, auf die wir hier seit Jahren und Jahrzehnten bauen, wenn wir nicht erkennen, dass der Verwaltungsapparat mit seinen vielschichtigen und komplexen Strukturen, die wir über lange Jahre hinweg aufgebaut haben – und dieser Verwaltungsapparat, der heute in einigen Bereichen, in Teilbereichen selbst von Fachleuten nicht mehr überschaut und durchschaut werden kann –, wenn wir nicht endlich begreifen, dass die heutigen Strukturen, in die staatliche Gelder fließen, wenn wir dies alles so nicht sehen und zu der Erkenntnis gelangen, dass wir hier mittelfristig diesen ganzen Apparat nicht mehr finanzieren können, und diese Erkenntnis eben nicht bei der zukünftigen politischen Entscheidung berücksichtigen, denke ich hier zum Beispiel nur an den Haushalt 2004/2005, meine Damen und Herren, dann werden wir Schiffbruch erleiden.

Da wir aber entschlossen sind, unserer politischen Verantwortung gerecht zu werden, kann die Devise nur lauten: Kurs halten! Und wenn ich vom Kurshalten in diesem Sinne spreche, dann meine ich – wie auch eingangs dargestellt –, dass alle Maßnahmen der Landespolitik auf ihren Sinn, auf ihren Zweck und ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen sind und darüber hinaus natürlich auch ganz wesentliche Politikfelder und politische Zielstellungen als Prioritäten zu benennen sind. Klar ist, dass bei einer solchen notwendigen Prioritätensetzung in einigen Bereichen erhebliche Abstriche gemacht und notfalls, zumindest mittelfristig, auch vollständiger Verzicht geübt werden muss. Das geht gar nicht anders und ist einer Prioritätensetzung natürlich immanent. Dazu mache ich später noch einige Ausführungen. Dann heißt Kurshalten

aber auch, in dem von mir beschriebenen Sinn, Mut haben zu Innovation und Veränderung.

Und, meine Damen und Herren, wenn es darum geht, dann ist diese Landesregierung und im Übrigen auch die Bundesregierung, wie ich meine, äußerst aktiv und auf einem guten Weg. Ich möchte einige Beispiele nennen. Tatsache ist, dass wir in einigen wichtigen Bereichen der Arbeitsmarktpolitik des Bundes den Staub vieler Jahre weggeblasen haben,

(Heiterkeit und Unruhe bei einzelnen Abge- ordneten der CDU und Torsten Koplin, PDS)

zum Beispiel die längst überfällige Reform der Bundesanstalt für Arbeit im Rahmen der Umsetzung von Hartz III, im Herbst des Jahres auf den parlamentarischen Weg gebracht.

(Torsten Renz, CDU: Sie blasen die Arbeitsplätze ja gleich mit weg! – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Die Bundesanstalt wird endlich zu einer schlanken, schlagkräftigen und auch dienstleistungsorientierten Behörde entwickelt, jedenfalls wird dieser Entwicklungsprozess jetzt zeitnah eingeleitet. Darüber hinaus gilt die Zielstellung der Bundesregierung, die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu bündeln

(Harry Glawe, CDU: Entschul- digung, da muss ich lachen.)

und die einschlägigen Regelungen des SGB III, die ja den rechtlichen Rahmen für die Arbeitsmarktpolitik bilden, diese Regeln, die teilweise sehr schwer verständlich und undurchschaubar sind, deutlicher zu formulieren und damit transparenter zu gestalten.

Was die Arbeitsmarktpolitik des Landes angeht, haben wir in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Arbeitsmarktund Strukturentwicklungsprogramm, abgekürzt ASP, sicherlich neue Maßstäbe gesetzt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Ja. – Harry Glawe, CDU: Zwei Jahre zu spät. – Wolfgang Riemann, CDU: In der Abwan- derung haben Sie neue Maßstäbe gesetzt.)

Das kann sich sehen lassen, meine Damen und Herren.

(Harry Glawe, CDU: Zwei Jahre zu spät haben Sie die gesetzt! – Dr. Armin Jäger, CDU: Das hat er gar nicht gemerkt.)

Herr Rehberg, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, da können Sie ruhig lachen, nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

(Harry Glawe, CDU: Fragen Sie mal Herrn Holter! Der kennt das ganz genau. – Glocke der Vizepräsidentin)

Mit dem ASP wurde ein Programm geschaffen, das sich...

(Harry Glawe, CDU: Hat zwei Jahre immer mehr Geld ausgegeben und jetzt will er das sparen.)

Hören Sie doch zu, Herr Glawe! Hören Sie doch zu!

Mit dem ASP wurde ein Programm geschaffen, das sich konsequent und direkt an den maßgebenden beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen

Union orientiert. Und die Grundarchitektur des Operationellen Programms zum Europäischen Sozialfonds für die Förderperiode 2000 bis 2006 spiegelt sich eben im ASP wider. Mit dem ASP setzen wir die Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik konsequent um,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ah ja!)

denn mit diesem Programm, meine Damen und Herren, haben die Landkreise, die Städte, die Sozialpartner und natürlich auch die Arbeitsverwaltungen vor Ort ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht bei der Vergabe und bei der Bewilligung von Arbeitsförderungsprojekten. Und ich denke, so sollte eine sachnahe und kompetente Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik auch aussehen.

Wir können uns aber gleichwohl natürlich nicht selbstzufrieden zurücklehnen und uns hier auf die Schultern klopfen, das ist klar, denn es gilt, das ASP weiterzuentwickeln und noch effektiver und natürlich auch zielgenauer auszugestalten. Außerdem scheint es mir dringend angeraten, das Instrument des Initiativfonds, welches ja auch im ASP angegliedert ist, zu verstärken, denn dieser Fonds war in der Vergangenheit sehr erfolgreich.

Ich denke, dass wir durch diesen Fonds die Kommunen direkt unterstützen und so bei der Ansiedlung von Investoren hilfreich sein konnten. Viele Gemeinden hatten hier Schwierigkeiten, bürokratische Hürden zu überschreiten oder zu überwinden. Mit Hilfe des Initiativfonds sind hier Möglichkeiten geschaffen worden, diese Ansiedlungsprojekte dann letzten Endes doch zu realisieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir über Innovation sprechen, dann muss an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Landesregierung mit der eingeleiteten Verwaltungs- und Funktionalreform ein mutiges und äußerst anspruchsvolles Innovationsprojekt in Angriff genommen hat. Und ich bin sicher, auch wenn im Moment einige politische Bremser sich dieser weitreichenden Reform versuchen in den Weg zu stellen, Sand ins Getriebe zu streuen versuchen,