Herr von Storch, ist Ihnen bekannt, dass bei der verfassungskonformen Neuregelung des Erbschaftssteuergesetzes, was Sie ja nach Ihrer Aussage auch wollen, in jedem Fall es zu einer Erhöhung der Steuereinnahmen kommen wird, denn eine verfassungskonforme Regelung wird eine Mehreinnahme von 500 Millionen Euro ergeben?
Das sehe ich anders, und zwar deshalb: Wenn ich die Grundlagen der Besteuerung verändere, muss ich nicht zwingend zu einer Erhöhung kommen. Das mag ein gewollter Effekt sein, aber den wollen wir gerade nicht. Denn das heißt, dass die Bewertungsgrundlagen gerechter gestaltet werden müssen. Da sagen wir, wenn es denn so ist, dass man Betriebsvermögen höher in der Bewertung ansetzen muss, müssen wir in unserer Verantwortung für die Wirtschaft dafür sorgen, dass wir die Wirtschaft damit nicht abwürgen. Das ist unsere Überzeugung.
Herr von Storch, ist Ihnen damit klar, dass Sie mit Ihrer Position nie zu einer verfassungskonformen Neuregelung des Erbschaftssteuergesetzes kommen werden?
Ich pflege, nie nie zu sagen. Mit Sicherheit wird es am Ende auf einen Kompromiss hinauslaufen. Den können wir im Augenblick nicht voraussehen. Das wäre Spekulation. Ich werbe dafür, dass ertragsneutral korrigiert wird, wenn das Bundesverfassungsgericht dazu kommt.
Der Abgeordnete Herr Brodkorb von der Fraktion der SPD hat noch einmal um das Wort gebeten und hat noch acht Minuten Redezeit. Bitte, Herr Brodkorb.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde diese acht Minuten vermutlich nicht nutzen. Aber ich muss auf Herrn Storch doch noch mal reagieren. Es gibt zwei Punkte, die in der Debatte, ob solche Steuern einen Sinn machen oder nicht, vielleicht noch einmal zu diskutieren sind. Das eine ist die Frage der Leistungsfeindlichkeit. Frau Gramkow hat im Prinzip alles gesagt. Nehmen wir mal einen konkreten Fall.
Da ist ein Mann oder eine Frau, wir bleiben bei einem Mann, der ist ganz fleißig und baut sich einen Betrieb auf. Dieser Betrieb ist toll erfolgreich und hat ganz viel Vermögen angehäuft. Der Vater hat einen Sohn, der nicht einer der Cleversten ist. Aber der Vater hat vorgesorgt und einen ordentlichen Geschäftsführer eingestellt. Dann verstirbt der Vater und vererbt den Betrieb an den Sohn und der Geschäftsführer ist ein guter Geschäftsführer und führt den Betrieb weiter. Der Sohn, der nicht einer der Cleversten war, hat weiter großes Vermögen und großes Einkommen. Jetzt muss mir mal jemand erklären, wo das dann irgendetwas mit Leistungen zu tun hat, wenn dieser Sohn, das mag es vielleicht geben in der Bundesrepublik, nicht unbedingt eine Spitzenkraft ist, trotzdem Spitzeneinkommen und Spitzenvermögen hat. Erster Punkt.
Zweiter Punkt. Die Legende ist nicht minder großartig, aber falsch. Es handelt sich bei einer Vermögenssteuer um eine ungerechte Doppelbesteuerung. Nur mal so als allgemeiner Hinweis: Jeder, der Einkommenssteuer zahlt, muss über die Mehrwertsteuer eine zweite Besteuerung über sich ergehen lassen. Der Unterschied zwischen Personen mit geringem Einkommen, die hohe Anteile ihres Einkommens ausgeben müssen, um überhaupt leben zu können, und zwischen Vermögenden, die nicht den gesamten Prozentsatz ihres Einkommens ausgeben müssen, ist nämlich genau der, dass Vermögende sich einer Zweitbesteuerung entziehen können über die Mehrwertsteuer, weil sie einen so hohen Anteil ihres Konsums gar nicht haben. Mit anderen Worten ist die Einführung von Vermögens- oder Erbschaftssteuern nichts anderes als ein gerechter Ausgleich dafür, dass Vermögende in der Lage sind, sich einer Zweitbesteuerung zu entziehen, weil sie nicht den gesamten oder den größten Teil ihres Einkommens auch ausgeben müssen. Insofern spricht da unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit alles dafür. – Herzlichen Dank.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/442. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/442 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – ITER-Bewerbung des Standortes Greifswald/Lubmin bei der Europäischen Kommission, Drucksache 4/435.
Antrag der Fraktion der CDU: ITER-Bewerbung des Standortes Greifswald/ Lubmin bei der Europäischen Kommission – Drucksache 4/435 –
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erneut befassen wir uns heute mit der Standortbewerbung für den ITER in Greifswald/Lubmin. Die fachlichen und inhaltlichen Argumente wurden bereits in den vergangenen Sitzungen ausgetauscht. Heute geht es darum, Farbe zu bekennen. Und deshalb beantragt die Fraktion der CDU auch eine namentliche Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt.
Meine Damen und Herren, hier und heute geht es um eine reine Willensentscheidung. Wollen wir unsere idealen Chancen nutzen und eine Standortbewerbung über den Bundesrat bei der Bundesregierung erwirken oder wollen wir auf der Landkarte ein weiteres Kreuz für eine nicht genutzte Chance entstehen lassen? Wollen wir technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt oder wollen wir ihn nicht? Wollen wir Impulse für die wirtschaftliche Situation in Vorpommern oder wollen wir sie nicht?
Die CDU-Fraktion in Land und Bund will das, es liegt nun bei Ihnen, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, endlich auch Farbe zu bekennen. Was wir momentan sicher nicht gebrauchen können, sind Bedenkenträger, die aus vorgeschobenen Gründen diesen Antrag ablehnen. Sollten auf das Land tatsächlich finanzielle Belastungen zukommen, wird es wie bei der BMW-Bewerbung Möglichkeiten geben, diese abzudecken. Außerdem würden wir damit Mittel in ein Projekt stecken, das wirtschaftlich und wissenschaftlich positive Auswirkungen für die Region, das Land und die Bundesrepublik hätte.
Auch greift die Argumentation der Bundesregierung nicht, dass man lediglich die Politik der Vorgängerregierung weiter verfolge. Die Diskussionen in 1996 basierten auf völlig anderen Voraussetzungen.
Dies zeigt sich sehr deutlich daran, dass Frankreich eine Bewerbung heute wieder fest ins Auge gefasst hat. Damals wollten weder Frankreich noch Deutschland mit einer Standortbewerbung ins Rennen gehen.
Meine Damen und Herren der Koalition, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, der vorliegende Antrag bietet Ihnen die Möglichkeit, mit Vehemenz auf die Bundesregierung einzuwirken. Erinnern Sie den Kanzler an seine Versprechen, Großforschungseinrichtungen in den neuen Ländern anzusiedeln!
Führen Sie der Bundesregierung vor Augen, dass wir hier von einer Region mit 23,3 Prozent Arbeitslosen reden! Tun Sie einfach das Beste für unser Land und nicht für die rot-grüne Koalition in Berlin! Darauf können wir keine Rücksicht nehmen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie heute diesem Antrag zustimmen, setzen Sie ein positives Signal für die Menschen in Vorpommern und im ganzen Land. Dass dies nur der erste Schritt in die richtige Richtung ist, dürfte hier allen klar sein. Aber eine Standortbewerbung mit Zaudern und Zagen anzugehen, das ist sicherlich der falsche Weg. Wir haben ausgezeichnete Voraussetzungen in unserem Land, es gibt keine innerdeutsche Konkurrenz, wir können diesmal den Zuschlag erhalten. Suchen Sie nicht nach Gründen gegen, sondern für diesen Antrag und damit für unser Land!
Lassen Sie uns mit Zuversicht und – das gehört bei einer Standortbewerbung dazu – auch mit Optimismus an diese Sache herangehen! – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
lenburg-Vorpommern hat auf dem Forschungsgebiet Energie durch Kernfusion eines der weltweit führenden Forschungsinstitute, nämlich das Max-Planck-Institut in Greifswald mit dem Projekt Wendelstein 7-X. Dieser Wendelstein gehört mit einigen anderen internationalen Zentren, das NCSX Princeton zum Beispiel, zu den entscheidenden Pilotprojekten für die nächsten Stufen der Fusionsforschung, nämlich das ITER-Projekt. Das Problem, an dem wir im Augenblick in diesem Lande arbeiten müssen, ist, dass das Wendelstein-Projekt in einer Entwicklungsverzögerung steckt. Der Zeitplan ist um Jahre überschritten. Die Finanzierung aus dem Euratom-Programm steht unter Kürzungsdruck. In Teilen der Regierungskoalition in Berlin gibt es grundsätzliche Bedenken gegen das Wendelstein-Projekt und es wird immer wieder überlegt, die dort eingesetzten Mittel umzuwidmen.
Wir haben also zwei Fragen, mit denen sich die Landesregierung und der Landtag beschäftigen müssen. Die erste Frage lautet: Wie sichern wir die Forschungsarbeit an Wendelstein? Und die zweite Frage ist: Wie beteiligen wir uns am Zukunftsprojekt ITER?
Die Landesregierung hat sich bei der ITER-Standortfrage für die Berücksichtigung von Greifswald/Lubmin vielfach und vehement eingesetzt und sie hat damit bei der Europäischen Kommission erreicht, dass Wendelstein 7-X in eine Netzwerklösung für das ITER-Projekt prioritär einbezogen wird. Und damit geht die Forschungsperspektive bereits über ITER hinaus in die Entwicklung von Fusionskraftwerken.
Kommissar Busquin hat dazu am 15. Mai in einem Schreiben an den Ministerpräsidenten mitgeteilt, und ich zitiere jetzt wörtlich, dass „die Kommission … Ende dieses Jahres dem Rat Vorschläge zur internationalen Implementierung ITER’s und zur Struktur der gemeinsamen Unternehmung vorlegen … wird. Das Projekt Wendelstein 7-X ist … für das Fusionsprogramm in dieser langfristigen Perspektive als prioritär empfohlen.“
Und damit, sehr geehrte Damen und Herren, kommt eine Netzwerklösung für ITER unter Beteiligung des Wendelsteins in Gang. Uns kommt dabei zugute an dieser Stelle, dass Frankreich und England in der ersten Phase und jetzt Frankreich und Spanien in der zweiten Phase sich nicht einigen können. Uns kommt dabei auch zugute, dass wir da zurückkehren in die erste Diskussionsphase – damals war ich persönlich beteiligt, weil ich im Wissenschaftsrat für die Deutsche Krebsgesellschaft war –, nämlich zu dem Grundgedanken, dass wir ein Grundlagenexperiment haben, und das ist Wendelstein. Damals ging man noch davon aus, von einem Kraftwerk, und das ist ITER, wir kommen wieder zu dieser Netzwerklösung zurück.