Protocol of the Session on March 12, 2003

Danke schön, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/256. Wer dem vorliegenden Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Bei drei Stimmenthaltungen der Fraktion der CDU, ansonsten Zustimmung ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/256 angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern, auf der Drucksache 4/263.

Antrag der Fraktion der CDU: Die aktuelle Lage am Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/263 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Timm für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Lage am Arbeitsmarkt ist ernst, sie ist überaus ernst, uns allen bekannt und bedauerlich die Situation. Der deutsche Arbeitsmarkt glitt in den letzten Monaten ins Bodenlose. Doch sprachen wir im November bis Januar in Größenordnungen von 170.000 bis 197.000 Erwerbslosen in unserem Land, haben wir in den letzten Wochen Zahlen geliefert bekommen, die alle da gewesenen Negativrekorde gebrochen haben. 201.508 arbeitslose Menschen in Mecklenburg-Vorpommern sind eine schaurige Bilanz.

(Beifall Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und wieder sind wir das Schlusslicht in der Arbeitslosenstatistik geworden. Noch nie kletterte die Zahl der Erwerbslosen in unserem Land über die magische Grenze von 200.000. Damit hält Mecklenburg-Vorpommern die rote Laterne fest in der Hand und mit einer Abgabe derselben ist auf absehbare Zeit nicht zu rechnen, denn von konkreten Reformen in Schwerin und in Berlin ist leider nichts zu erkennen.

Meine Damen und Herren, die Probleme sind bekannt. Es fehlt also nicht an Erkenntnissen. Deutschland hat keine Erkenntnisprobleme, Deutschland hat Umsetzungsprobleme, was uns eine immer höhere Arbeitslosigkeit beschert.

Meine Damen und Herren, gut ein Drittel der arbeitslosen Menschen in unserem Land gelten als Langzeitarbeitslose. Für mich ist das ein deutliches Zeichen, dass es der Landesregierung an geeigneten Konzepten fehlt, dieser dramatischen Entwicklung zu begegnen und sie zu verändern.

Und ich gehe noch weiter, meine Damen und Herren. Äußerst betroffen macht mich der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit. Sage und schreibe 25.040 junge Menschen unter 25 Jahren sind in Mecklenburg-Vorpommern ohne Arbeit, ja ohne Perspektive. Das heißt doch, das Heer der Abwanderer könnte um über 25.000 junge Fachkräfte ansteigen, wenn die Landesregierung nicht mit geeigneten Maßnahmen dieser unheilvollen Entwicklung entgegenwirkt.

Herr Minister Holter, Sie sind Arbeits- und Bauminister.

(Angelika Gramkow, PDS: Und Landesentwicklung.)

Sie haben die Möglichkeit, über schnellstens dezuregulierende Gesetze durch Bundesratsinitiative im Baugesetzbuch zum Paragraphen 35 Arbeit zu schaffen. Sie haben die Möglichkeit, durch Vereinfachung der Baugenehmigungsparagraphen der Landesbauordnung dezuregulieren und den Arbeitsmarkt zu begünstigen. Die kommunale Investitionspauschale muss erhöht und nicht stranguliert werden, denn das schafft Arbeit beim Mittelstand. Vereinfachung und Deregulierung der Landesfördervorschriften sind dringend geboten, um Geld im Land zu behalten und neue Arbeit zu schaffen. Also, Herr Minister, werden Sie Ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht und machen Sie auch nicht vor unpopulären Maßnahmen Halt! Bei der Beschäftigung von teuren Anwaltskanzleien aus Berlin sind Sie auch nicht zimperlich und hauen richtig Kohle auf die Back. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne damit die Aussprache.

Als Erstes erhält das Wort der Abgeordnete Mohr für die Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der hier vorliegende Antrag der CDU greift leider wieder einmal viel zu kurz, wenn es um das wichtige Thema Arbeitsmarkt geht. Er zielt nämlich einzig und allein darauf ab, eine politische Debatte für die Galerie zu führen, die, wie ich heute sehe, nur noch mäßig besetzt ist. Das dazu.

Ich kann an dieser Stelle nur noch einmal wiederholen, was ich Ihnen bereits in der Landtagssitzung im Dezember vergangenen Jahres gesagt habe. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, Herr Timm, gegen die von Ihnen gewünschte Debatte ist ja im Grundsatz überhaupt nichts einzuwenden. Aber, Herr Timm, in einer Debatte sollten nach meinem Verständnis Ideen, Vorstellungen und Konzepte diskutiert werden. Und ich frage mich angesichts Ihres Antrages: Wo ist denn hier die Substanz und wo sind Ihre konkreten Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Sie in die Debatte einführen und mit uns diskutieren wollen? Da habe ich bis jetzt also noch nicht viel gehört, was Sie hier eben gerade angedeutet haben, angerissen haben. Davon sind Sie offensichtlich selber nicht so überzeugt, denn dann würden Sie es einkleiden in einen Antrag, hier einbringen in den Landtag und dafür kämpfen, dass Sie hier Mehrheiten gewinnen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Da dies nicht der Fall ist, wie gesagt, ist das hier ein Spiel für die Galerie und relativ substanzlos. Wenn ich mir den Antrag anschaue, dann ist das letzten Endes ein bloßer Berichtsantrag.

(Zuruf von Udo Timm, CDU)

Da heißt es: „Die Landesregierung wird aufgefordert, zur aktuellen Lage des Arbeitsmarktes in MecklenburgVorpommern Stellung zu nehmen.“ Aber jetzt mal ehrlich, Herr Timm, wir alle kennen doch die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt genau. Sie haben ja eben auch ein paar Worte dazu gesagt. Und ich denke, die Landesregierung, sei es der Ministerpräsident oder der Arbeitsminister, nimmt anlässlich der monatlichen Veröffentlichungen der Arbeitslosenstatistik ständig, zuletzt beispielsweise auch vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse in der vergangenen Woche, zur hiesigen Arbeitsmarktsituation Stellung. Die Haltung der Landesregierung kann also bezogen auf den Antrag aufmerksamen Beobachtern hier überhaupt nicht entgangen sein.

Was den konkreten Inhalt Ihres Antrages hinsichtlich der geplanten Landesinitiativen zur Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit angeht, hat der Arbeitsminister bereits darauf hingewiesen beziehungsweise, Entschuldigung, hat er nicht.

(Bernd Schubert, CDU: Aha!)

Aber ich kann dem vorgreifen, dass also derartige Initiativen derzeit nicht in Planung sind, zumindest ist mir solches nicht bekannt. Ich denke, der Arbeitsminister wird, wenn er nachher noch hierzu sprechen wird, dies bestätigen.

Und wenn ich mir die Antragsbegründung ansehe, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, dann schreiben Sie dort, dass Sie einen ständigen Dialog

über zukünftige Landesinitiativen führen möchten. Gut! Dann lassen Sie uns doch diesen Dialog führen und mögliche Initiativen diskutieren. Über Ihre konkreten Vorstellungen zu solchen Landesinitiativen habe ich jedoch bis heute kein einziges Wort gehört. Bislang habe ich Ihre Meinungsäußerungen, Herr Timm, Herr Rehberg, wenn ich mich an die letzten Landtagssitzungen erinnere, vielmehr so verstanden, dass Sie eine größtmögliche Deregulierung des Arbeitsmarktes einfordern, was wohl aber eher gegen die Auflage von neuen arbeitsmarktpolitischen Initiativen des Landes sprechen dürfte. Deshalb, Herr Timm, Herr Rehberg, insbesondere Frau Strenz, lassen Sie uns bitte über Ihre wahren Intentionen nicht länger im Unklaren!

Ich möchte an dieser Stelle der guten Ordnung halber noch einmal eins festhalten: Die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt ist natürlich, wie wir alle wissen, äußerst gespannt und hier ist die Politik insgesamt gefordert, nach Lösungen dieser Problematik zu suchen. Aber eine Klarstellung sei erlaubt in dem Zusammenhang. Im Februar 1998 waren zu Zeiten der CDU-geführten Regierung in Mecklenburg-Vorpommern 199.611 Menschen arbeitslos. Zu diesem Zeitpunkt gab es 17.636 ABM – ich muss das jetzt einfach mal so sagen –, 14.766 SAM und 15.043 FBWMaßnahmen. Insgesamt ergab sich summa summarum durch diese drei Arbeitsförderungsinstrumente eine Entlastung des Arbeitsmarktes um 47.445 Personen. Zum Vergleich dazu sind nach der amtlichen Statistik im vergangenen Monat, also Februar 2003, 201.508 Menschen ohne Arbeit in diesem Land.

(Zuruf von Kerstin Fiedler, CDU)

Im direkten Vergleich zum Februar 1998, meine Damen und Herren, befinden sich zu diesem Zeitpunkt aber nur noch 8.638 Menschen in ABM, 6.614 in SAM und 13.327 in Weiterbildungsmaßnahmen. Die genannten Maßnahmen führen zu einer Arbeitsmarktentlastung um 28.579 Personen. Summa summarum waren deshalb im Februar 2003 18.866 Menschen weniger in ABM, SAM und in Weiterbildungsmaßnahmen als noch im selben Monat des Jahres 1998. Das sollte man berücksichtigen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Im Ergebnis heißt das nichts anderes, als dass die Arbeitslosigkeit heute praktisch genauso hoch ist wie vor fünf Jahren zum selben Zeitpunkt bei hingegen circa 20.000 arbeitsmarktentlastenden Maßnahmen weniger.

(Kerstin Fiedler, CDU: In absoluten Zahlen bei weniger Bevölkerung!)

Noch nicht einmal berücksichtigt dabei …

Entschuldigung, das müssen Sie sich schon mal anhören!

(Kerstin Fiedler, CDU: Nennen Sie mal Quoten, nicht absolute Zahlen!)

Noch nicht einmal berücksichtigt dabei ist die Tatsache, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, 1998 im Wahlmonat September die Zahl der ABM von circa 16.000 im Januar 1998 um fast 20.000 – und ich wiederhole das noch mal –, um 20.000 auf fast 35.000 erhöht haben und sich deshalb tatsächlich ein erheblich höherer Jahresdurchschnitt an ABM im Jahr 1998 ergeben hat als die Zahl für Februar 1998, die ich hier vergleichend herangezogen hatte.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Da sehen Sie mal, was Sie aus den Menschen im Osten gemacht haben!)

Nicht berücksichtigt ist ferner, dass angesichts der Kürzungen von Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit für aktive Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg-Vorpommern um circa 140 Millionen Euro im Jahr 2003 mit einem weiteren drastischen Rückgang insbesondere bei ABM und SAM zu rechnen ist.

Zieht man vor diesem Hindergrund, meine Damen und Herren, anstelle der konkreten Monatszahlen die Jahresdurchschnittszahlen im Vergleich 1998 „Ist“ und 2003 „zu erwarten“ heran, kommt heraus, dass wir aktuell circa 40.000 arbeitsmarktentlastende Maßnahmen weniger haben als zu Zeiten der CDU-geführten Landesregierung, dies alles bei einer etwa gleich hohen Arbeitslosigkeit. Damit hier eins ganz klar ist: Die aktuelle Situation auf dem hiesigen Arbeitsmarkt ist äußerst angespannt, das habe ich bereits gesagt. Daran ändert mein Zahlenvergleich natürlich überhaupt nichts.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Absoluter Irrsinn, was Sie hier erzählen!)

Aber es wird wohl, Herr Rehberg, hoffentlich deutlich, dass Sie, insbesondere Sie, Herr Rehberg, überhaupt keinen Grund haben, ständig zu suggerieren, dass Sie hier größter und überaus kompetenter Wirtschafts- und Arbeitsmarktfachmann sind. Dies können die Zahlen auf jeden Fall belegen.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Ihre Arroganz lässt grüßen, Herr Mohr!)

Und das, was ich von Ihnen gehört habe, Herr Glawe – ich glaube, er ist im Moment nicht im Raum –, Sie haben vor ein paar Stunden hier der SPD/PDS-Landesregierung vorgeworfen,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist schon eine tolle Arroganz, die Sie da an den Tag legen!)

60.000 Arbeitsplätze vernichtet zu haben, da kann ich nur sagen, das ist blanker Unsinn!

(Eckhardt Rehberg, CDU: Es ist auch kein blanker Unsinn, das sind die Fakten.)

Entschuldigung!

Und wenn der Kollege Timm hier ernsthaft behauptet hat, dass von Reformen nichts zu merken ist, dann sage ich mir, Sie sind nicht mehr auf diesem Globus,