Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Koalitionsfraktionen hat sicher einen ganz vernünftigen Sinn. Und wenn ich das recht sehe, Herr Kollege Ritter, hat das auch mit einer Veranstaltung des Flüchtlingsrates zu tun, bei der wir am 15. November zusammen mit dem Innenminister waren. Und auf den ersten Blick könnte man eigentlich sagen, stimmen wir ihm zu.
Ich glaube, ich bin einer derjenigen, der in der praktischen Arbeit vier Jahre in einem Land, das die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat, da wussten Sie überhaupt noch nicht, was das ist, gearbeitet hat, und deswegen gestatten Sie mir bitte auch ein paar praktische Hinweise. Der erste ist, …
Wir sind doch nicht bei der Aktuellen Stunde. Ich möchte ja gerne zitierfähig bleiben, Herr Körner, weil manchmal ist es ja so, dass manche Leute es gar nicht begreifen, und Sie lesen ja gerne. Sie kriegen es von mir.
Aber, meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass die CDU-Fraktion und ich persönlich etwa Nachhilfe beim Begriff der Integration brauchen. Denn, ich darf mal daran erinnern, es war die Berliner Ausländerbeauftragte Frau Barbara John, die als Erste, die als Erste darauf hingewiesen hat, auf den Zusammenhang – übrigens, da stimme ich Ihnen zu –, den Zusammenhang nämlich zwischen Integration, Toleranz und innerem Frieden. In dem Punkt gehen wir zusammen. Aber Sie können uns nicht, wirklich nicht einen Mangel an Integrationsbemühungen vorwerfen.
Interessanterweise sind so unterschiedliche Personen wie Rita Süssmuth, Heiner Geißler, Roland Koch, Günther Beckstein an dem Punkt absolut einig, nicht nur im Sagen, sondern auch im Tun, nämlich die Zielsetzung heißt: zuerst die Integration von zugewanderten Menschen, die dauerhaft in unserem Land leben. Das ist genau das, Sie erinnern sich noch an die Diskussion zur doppelten Staatsbürgerschaft, wo Sie uns nicht abnehmen wollten, dass erst die Integration und dann die Einbeziehung in den Staatsverband kommt. Damals konnten wir Sie nicht überzeugen, vielleicht tun wir es heute. Sie sollten sich einmal ansehen, welche Aufwendungen in den Bundesländern aufgebracht werden, in denen die CDU alleine oder mit anderen regiert. Auch das ist nicht Lippenbekenntnis, hier wird gehandelt.
Aber, meine Damen und Herren, Ihrem Antrag zuzustimmen hieße, nicht genau zu lesen. Sie machen es uns doch auch leider wieder schwer. Immigrantinnen und Immigranten, das ist kein Begriff des Ausländerrechts. Der ist unscharf. Da fallen drunter Gruppen wie Spätaussiedler, Sie haben es gesagt, wie jüdische Mitbürger aus den ehemaligen osteuropäischen Staaten oder aus osteuropäischen Staaten – da weiß ich sehr wohl in Schwerin, wovon ich rede –, dazu gehören auch die EU-Ausländer, wie wir so schön sagen, also Ausländer aus EU-Ländern. Die haben alle einen anderen Status und deswegen wäre es sehr sinnvoll, wenn man das nach Begriffen auch betreibt, was wir hier gemeinsam betreiben wollen, nämlich Integration zu fördern.
Der einzige gemeinsame Begriff für die genannten Gruppen, die ich eben gesagt habe, ist der, dass dies Menschen sind, die aufgrund der rechtlichen Situation in der Bundesrepublik Deutschland hier dauerhaft leben werden. Und für die, meine ich, ist es ganz wichtig, die Integrationsarbeit, die wir alle leisten müssen – egal auf welcher Ebene –, zu verbessern.
Wenn da Ihr Antrag hingeht, findet er unsere volle Zustimmung. Aber Sie widersprechen sich selbst. Wenn Sie – und man merkt, dass das angeklatscht ist oder, Entschuldigung, angefügt ist – „einschließlich hier aufhältiger Asylsuchender“ sagen, da bleiben Sie auch sehr unbegrifflich. Sind es Asylbewerber oder sind es anerkannte Asylsuchende? Wenn es anerkannte Asylsuchende sind, sind sie bei der Gruppe, die ich eben nannte, und die gehören ganz sicher zu denen, für die unsere Integrationsbemühungen noch gesteigert werden müssen, weil sie werden aufgrund unserer Regelung in der Bundesrepublik hier bleiben.
Aber die Asylsuchenden, und das ist Ihr Thema gewesen, weil Sie sprachen auch von Altfallregelungen, das sind diejenigen, von denen 90 Prozent derzeit nach einem Verfahren abgelehnt werden. Und jetzt sage ich Ihnen, Sie haben das sogar, Herr Ritter, fairerweise gesagt, es ist in
der Bundesrepublik schwierig, dieses Thema so nüchtern zu behandeln, weil es dumpfe Vorurteile und was auch immer gibt. Das weiß ich auch. Aber gerade weil Sie in den Begriffen so unscharf sind, weil Sie etwas fordern, was berechtigterweise gar nicht gewährt werden kann, nämlich jemand, der noch in einem Anerkennungsverfahren ist, zu integrieren, gibt es ein Riesenproblem und das ist die Motivation. Und wenn Sie sich etwas mit der Praxis beschäftigen, dann werden Sie feststellen, zur Integration gehört auch der Wille mitzuwirken, sich zu integrieren, und zwar von beiden Seiten, also auch von demjenigen, der hinzugekommen ist, mindestens das auch.
Und dann frage ich Sie: Wo soll die Motivation herkommen, wenn dieser Mensch damit rechnen muss, dass er mit einer 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit dieses Land in Kürze wieder verlassen muss? Die Ausnahmen, die dadurch entstehen, dass wir Duldungen ausgesprochen haben, weil Bürgerkrieg war, die Ausnahmen, die dadurch entstehen, dass unverschuldete Abschiebungshindernisse waren, sind Ausnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dies ist kein Problem dieses Landes. Auch das zeigen die Zahlen.
Wir haben zwei große Aktionen der Innenministerkonferenz gehabt in den letzten Jahren. Die letzte war in 2001. Da wurde eine Entscheidung getroffen, nämlich eine große Anzahl derjenigen, die als Bürgerkriegsflüchtlinge zurückgeblieben sind – Sie wissen, Bosnien, Jugoslawien –, hier mit einer Altfallregelung, mit einem Bleiberecht, mit einem ausländerrechtlich sicheren Status auszustatten, nämlich um sie zu integrieren, um ihnen das Arbeiten zu erlauben, um den Kindern die Sicherheit zu geben, dass sie hier ihre Schulausbildung vollenden, und, und, und, all die Dinge, die sozial notwendig und richtig waren. Und, meine Damen und Herren, in Mecklenburg-Vorpommern waren das 168 Personen, die davon betroffen waren. Ich nehme nur ein Beispiel, ein anderes Land, nämlich in Baden-Württemberg waren es 3.740 Personen.
Übrigens 168, Herr Ritter, wenn ich mich so richtig erinnere – es ist jetzt ein bisschen länger her –, aber ich war mal Landrat in einem Landkreis mit knapp 100.000 Einwohnern und während des Ungarnaufstandes kamen sehr viele zu uns. Wir haben bestimmt mehr als 168 damals aufgenommen und dauerhaft. Also reden Sie mir nicht von Integration und von dem, was Sie dazu so besonders wissen!
Aber es macht Sinn, darüber noch einmal ganz deutlich nachzudenken, welche trügerischen Hoffnungen Sie wecken mit diesem Zusatz. Und das ist nicht fair gegenüber den Menschen, die hierher kommen, die unser System überhaupt nicht kennen, die im Regelfall leider von Verbrechern hierher geschleppt werden. Es geht mir nicht um die Menschen, die dann hier sind. Ich will die nicht verurteilen. Die sind in vielen Fällen gutgläubig, in vielen, vielen Fällen. Aber es geht mir darum, dass mit der Art und Weise, wie wir mit diesen Problemen dann umgehen, wenn wir Ihrem Antrag einschließlich dieses Zusatzes folgen, Hoffnungen wecken, die eigentlich nur Wasser auf die Mühlen der Schlepper sind. Und das werden wir nicht machen.
Und das Letzte, was ich sagen möchte: Wir bitten Sie ganz herzlich, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Wir werden in der Diskussion natürlich gerne mitwirken und wir werden vor allen Dingen auch fragen, wer zahlt es
denn. Denn eins weiß ich auch genau, das wissen wir, die wir uns mit dieser Arbeit beschäftigen hier in diesem Hause, am Ende ist es nur in der kommunalen Gemeinschaft möglich, bei den freien Trägern, bei den Kommunen, auf der Ebene, auf der Menschen miteinander zu tun haben. Dort werden wir die Mittel brauchen und dann werden wir auch darüber entscheiden müssen, wie die dahin kommen zu den Kommunen und zu den Trägern. Also, herzliche Bitte, lassen Sie uns bei diesem Thema, das hoch sensibel ist, nicht getrennt fahren! Helfen Sie uns, zuzustimmen zu einem vernünftigen Antrag! Ich bitte Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, und verspreche Ihnen für meine Fraktion, dass sie zumindest mit großer Mehrheit dem dann vorliegenden Antrag zustimmen wird. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Gäste! Eigentlich brauchte ich zu diesem Leitantrag gar nichts mehr zu sagen. Die CDU weiß schon alles
und wir werden wahrscheinlich ganz schwierig in irgendeiner Form wirklich diesen Leitantrag gemeinsam durchkriegen. Und da ist für mich eigentlich der große Fehler. Wenn Sie, Herr Jäger, später mal Brieftauben schicken wollen, damit Sie Ihre Anfragen, die Sie 2001 umhergeschickt haben zur Integration, etwas schneller bekommen, dann würde ich vermuten, sollten Sie die Möglichkeit nutzen, diesem Leitantrag von uns zuzustimmen. Denn Sie haben eins nicht verstanden: Die Leitlinie heißt, wir wollen sie entwickeln. Das heißt überhaupt noch nicht, dass hier in irgendeiner Form etwas vorgefertigt und festgefahren ist.
Hier werden Leitlinien entwickelt und wir wollen sie gemeinsam entwickeln. Wenn sie entwickelt auf unserem Tisch liegen, dann können wir uns toll darüber streiten und sagen, das geht nicht, das geht nicht, das wird zu teuer und wo macht man das. Also ich glaube, dort ist die Diskrepanz in der Hinsicht, dass wir etwas machen wollen, mit Ihnen gemeinsam machen wollen, was den Menschen, die hierher kommen, hilft, sich zu integrieren. Sie sprachen von Menschen und hier muss ich noch einmal aufmachen, wir sprechen – und vielleicht muss ich das ganz langsam sagen – über 1,87 Prozent der Menschen, die hier in Mecklenburg-Vorpommern leben und die dieses betrifft.
Die meisten dieser Menschen kommen aus Vietnam, die kommen aus dem Irak, die kommen aus Kurdistan und sie kommen aus Westafrika. Diese Menschen brauchen unsere Hilfe.
Diese 1,87 Prozent sind aber trotzdem 4.500 Menschen und es sind 2.500 Aussiedler. Sie wissen, dass das vom
Status – ich brauche darüber nicht mehr zu reden, Sie wissen das alles – unterschiedlich ist. Wir haben ein Problem, wir sprechen immer von diesem ganz kleinen Prozentsatz von Menschen, die unsere Hilfe brauchen, und tun immer so, als würden sie sehr viel Geld kosten – das tun sie – und als würden wir in irgendeiner Form Probleme haben, mit ihnen fertig zu werden. Nein. Die Menschen, die zu uns kommen aus einer anderen Kultur, haben diese Probleme,
denn wir haben es bisher nicht verstanden, dass eine andere Kultur, die hierher kommt, auch Vorteile bringt, was Besonderes bringt.
Wenn Sie in den Urlaub fahren, dann werden Sie merken, wie fühle ich mich denn als Ausländer. Und schon wenn Sie in Casablanca auf dem Souk versuchen einzukaufen oder in Kendy auf der Deutschen Bank etwas umzutauschen, stellen Sie plötzlich fest, ich fühle mich hier als Ausländer, da gibt es ein paar Probleme, die ich habe, alleine mit der Sprache und mit den Umgangsformen dieser Kultur. Ich denke, die Menschen, die zu uns kommen, sind eine Bereicherung und diese Bereicherung sollten wir als Bereicherung verstehen und sie nicht immer von vornherein ablehnen.
Ich hätte gerne diesen Antrag gehabt, wenn das Bundesgesetz beschieden gewesen wäre. Leider ist das nicht der Fall. Aber, Herr Jäger, nicht die SPD und die PDS waren daran schuld, dass das nicht beschieden worden ist,
sondern sogar Ihr Herr Wulff hat nach Amtsantritt gesagt, dass er durchaus dieses Zuwanderungsgesetz so schnell wie möglich verabschieden möchte. Und begreifen wir es doch einmal als Chance, in Mecklenburg-Vorpommern nicht alles immer hundert Jahre später zu machen, sondern einmal Vorreiter zu sein mit unseren Leitlinien,
die die Möglichkeit bieten, auch hier in MecklenburgVorpommern die Dinge auf den Weg zu bringen, die mit dem Bundesgesetz sowieso notwendig sind! Und wenn das Bundesgesetz kommt, und ich hoffe, es wird bald kommen, werden wir durchaus in der Lage sein, damit umzugehen, und unsere Leitlinien, die bis zum zweiten Halbjahr 2003 auf dem Tisch liegen, genau untersuchen, ob sie dann den bundesrechtlichen Gesetzen auch entsprechen werden. Ich denke, das wird das kleinere Übel dabei sein. Ich hätte mir natürlich wirklich gewünscht, dass das Bundesgesetz schon fertig wäre, und wir hätten es auf richtige Füße stellen können.
Dieses Zuwanderungsgesetz, wie die Bundesrepublik dazu sagt, heißt ja, sie will die Zuwanderung steuern. Auf der einen Seite sagen Sie, Herr Jäger, es gibt Probleme mit den Leuten und die gehören nicht dazu, und die gehören nicht dazu, und jene müsste man wieder rausnehmen. Wenn die CDU dem Bundesgesetz zustimmen würde, gäbe es Bundesrichtlinien, die auch die Möglichkeit dieser Zuwanderung begrenzen und auf vernünftige Füße setzen würden, zum Beispiel auch die finanzielle Geschichte, die Sprachgeschichte, die notwendig ist.
Und das Gesetz soll viele Dinge vereinfachen. Wir haben über Bürokratieabbau in diesem Haus gesprochen vor ein paar Stunden. Dieses Gesetz soll helfen, im Sinne von Bürokratieabbau diesen Menschen auch zu helfen in der Hinsicht, dass viele Dinge vereinfacht werden und nicht wir alleine – wie Leute, die sich vielleicht nicht täglich mit Migranten, Immigranten, jüdischen Immigranten, Asylbewerbern, Asylsuchenden beschäftigten – endlich wissen, um welche Menschen handelt es sich denn eigentlich hier. Denn ich denke auch, Menschen die ihr Land verlassen, verlassen es nicht, weil ihnen gerade mal aus Jux und Tollerei so war, sondern sie verlassen es aus bestimmten Gründen.