Protocol of the Session on June 27, 2002

Die Landesregierung widmet sich in ihrer Studie neben den großen Mobilitätsfeldern Straße, Schiene, Schifffahrt und Luftverkehr auch den Fußgängern und Radfahrern. Gerade aus Sicht des Tourismus ist ein sehr wichtiger und nicht zu vernachlässigender Bereich der Bereich Fußgängerwege, Radwege. Und wenn dann in der Studie festgestellt wird, dass nach der länderbezogenen Bedarfsplanung an 80 Prozent der Bundesstraßen und an 50 Prozent der Landesstraßen entsprechende Radwanderwege erforderlich wären, dann muss sich das politische Handeln dieser Dinge annehmen und zielgerichtet daran arbeiten.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU)

Dass dies einen großen finanziellen Kraftakt erfordert und bei Lage der Haushalte nicht einfach zu managen sein wird, versteht sich von selbst. Wenn aber das große touristische Potential und die den Fahrradtouristen anhängige hohe Kaufkraft beziehungsweise Konsumlust nachhaltige Wertschöpfung im Land initiiert, dann ist das Geld mehr als sinnvoll ausgegeben.

(Rainer Prachtl, CDU: Die können sich Lust nicht vorstellen, Herr Dr. Born.)

(Rainer Prachtl, CDU: Die kön- nen sich Lust nicht vorstellen.)

Ja, das ist das Problem. Deshalb stellen sie das ja extra ins Wahlprogramm rein,

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

weil das sonst keiner glaubt, dass da der Bundesvorsitzende Freude am Leben hat.

Ein von meiner Fraktion in den letzten Haushaltsberatungen eingebrachter Antrag zur Vernetzung der Radwege war finanziell durchgerechnet, wurde allerdings mit den Stimmen der Koalitionspartner in den Ausschüssen leider abgelehnt. Die Darstellung der Radfernwege ist eine schöne Sache, durch die fehlende Vernetzung allerdings nur die Hälfte wert.

(Siegfried Friese, SPD: Aber viele sind doch bereits vernetzt.)

Ich denke, die Potentiale des Landes sind begrenzt.

Fragen Sie, verehrter Kollege Friese, fragen Sie mal Ihren Landwirtschaftsminister! Ich habe gerade lange mit ihm darüber gesprochen. Das ist mit den Radwegen nicht sehr viel besser als mit den Reitwegen. Und gerade in Nordwestmecklenburg können Sie das sehr schön feststellen. Also, der ist gerne bereit, das zu koordinieren mit dem Wirtschaftsminister. Da muss wirklich sehr viel mehr getan werden.

(Siegfried Friese, SPD: Die Reit- wege sind ein anderes Thema.)

Also, die Darstellung der Radfernwege ist eine schöne Sache. Durch die fehlende Vernetzung allerdings ist das nur die Hälfte wert. Ich denke, die Potentiale des Landes sind begrenzt. In den erfolgreichsten Bereichen – und der Fahrradtourismus ist ein Paradebeispiel – müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um nicht fahrlässig Chancen zu vertun. Wie Sie richtigerweise in dem Bericht hier lesen können, können mangelhafte Zustände sehr schnell einen deutlichen Imageverlust für das Land bewirken und bisherige Anstrengungen zur Entwicklung dieses Marktsegmentes zunichte machen. Dieses, meine sehr verehrten Damen und Herren, gilt nicht nur für die Fahrradwege, sondern ebenso für die politisch Verantwortlichen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas sehr Persönliches sagen. Ich danke ausdrücklich namens meiner Fraktion und insbesondere der Mitglieder der CDU in den Wirtschaftsausschüssen, und zwar aller Mitglieder seit 1990, einem Kollegen, der seit dem ersten Tag an im Landtag im Wirtschaftsausschuss mitgearbeitet hat in einer Art und Weise, wie man sich das nur wünschen kann. Dieser Kollege gehört nicht meiner Fraktion an. Ich sage es deshalb in dieser Form ganz bewusst auch so öffentlich. Es ist der Kollege Gerloff.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Ich kann nur sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allen politischen Auseinandersetzungen – und wir haben ihn ja in den unterschiedlichsten Konstellationen kennen gelernt, als Oppositionspolitiker, als Koalitionspartner und jetzt aus unserer Sicht als Oppositionspolitiker –, er gehört zu den geradlinigen Politikern, die ihrer Linie vom ersten Tag an treu geblieben sind, sich haben in keiner Weise verbiegen lassen und ihren Sachverstand zum Wohle des Landes eingebracht haben. Es ist sehr bedauerlich, dass dieser Sachverstand im nächsten Landtag nicht mehr zur Verfügung steht. Kollege Gerloff, ich wünsche Ihnen namens meiner Fraktion alles Gute und hoffe, dass Sie weiterhin Ihre mahnende Stimme öffentlich erheben werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU, Beate Mahr, SPD, und Torsten Koplin, PDS)

Herr Born, erlauben Sie eine Frage des Abgeordneten Friese? (Zustimmung)

Bitte sehr, Herr Friese.

Herr Dr. Born, ich möchte an Ihre Ausführungen zum Transrapid anknüpfen. Ist Ihnen bekannt, dass zu Beginn der 90er Jahre, also ’90/91, im Bundesverkehrsministerium verschiedene Projekte für den Transrapid geprüft wurden hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit, planungsrechtlicher Aspekte und auch der möglichen Gewinne – da wurde eine Liste von eins bis neun aufgestellt, eins war die Liste oder das Projekt, das am meisten favorisiert wurde von den Fachleuten unter dem Verkehrsminister Krause – und dass das Projekt Transrapidstrecke Hamburg – Berlin dort auf dem neunten Platz lag?

Herr Kollege Friese, es ist mir bekannt, dass das Projekt Berlin –Hamburg von allen Fachleuten als das sinnvollste Projekt für Deutschland insgesamt angesehen wurde

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

und dass es für das Land Mecklenburg-Vorpommern einen unglaublichen Vorteil gebracht hätte, was Ihnen gerne Ihr eigener Wirtschaftsminister bestätigen wird, der selbst sagt bei allen Gelegenheiten, nicht nur bei Sonntagsreden, dass hier eine Chance vertan worden ist und dass man das sicherlich hätte anders machen sollen. Das sagt auch sein Amtsvorgänger, der bekanntlich auch nicht meiner Fraktion angehört. Und ich denke, hier hätten Sie sich gegenüber Ihrem Koalitionspartner, der aus ideologischen Gründen das Projekt blockiert hat,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Oh, die große Keule!)

durchsetzen und den Fachleuten vertrauen sollen, wie zum Beispiel dem Kollegen Gerloff. Dann hätten Sie dem Land wirklich einen Dienst erwiesen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Erlauben Sie noch eine Nachfrage, Herr Born? (Zustimmung)

Herr Dr. Born, ich möchte das noch mal präzisieren. Ich schätze den Kollegen Gerloff als Verkehrsexperten durchaus, nur 1990 waren im Bundesverkehrsministerium Experten...

Es geht jetzt aber um eine Frage, Herr Friese.

Ja, ich möchte nur...

Kriegen Sie das noch hin?

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Beifall Friedbert Grams, CDU)

Ist Ihnen bekannt, dass die Experten aus dem Bundesverkehrsministerium die Strecke Hamburg–Berlin nicht an Nummer eins, sondern an Nummer neun gesetzt haben?

Herr Kollege Friese, mir ist bekannt,

(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

dass insbesondere der damalige Bundesverkehrsminister so klug war, dass er sich externen Sachverstand geholt hat und nicht bei dem Wissensstand von 1990 stehen geblieben ist. Und deshalb ist die politische Entscheidung unter Beteiligung der Länder Hamburg, Berlin, Brandenburg

(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS)

mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat so getroffen worden, diese Strecke zu realisieren. Und es waren leider Ihre politischen Freunde, die die Realisierung des Projekts dann verhindert haben – zum Schaden dieses Landes.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Schönen Dank.

Jetzt kommt Herr Ritter von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Herr Ritter.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber schön ideologisch!)

Herr Präsident!

Sehr verehrter Herr Born, ich hätte mir in der Legislaturperiode von 1994 bis 1998 schon eine solch interessante inhaltliche Debatte zu einem Verkehrskonzept der Landesregierung gewünscht. Allein diese Debatte hat es nicht gegeben, weil es dieses Verkehrskonzept nicht gegeben hat.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ja, so ist das. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Insofern will ich schon an dieser Stelle sagen, dass ich froh bin,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ach, Herr Born! Herr Born! – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

dass wir jetzt ein solches Konzept haben, was in die Zukunft weist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber zunächst die Frage: Was hat eine Sitzung des Landwirtschaftsausschusses unseres Landtages mit dem Verkehrskonzept zu tun? Auf den ersten Blick herzlich wenig. Aber folgende Feststellung von einem Kollegen, der es wissen muss, nämlich vom Kollegen Brick, geäußert auf einer Ausschusssitzung im Mai, hat mich zumindest nachdenklich gemacht. Sinngemäß hat er da geäußert: Die Hochwasser, die die Felder der Bauern in unserem Land lange Zeit unbrauchbar machen, finden jetzt häufiger als früher statt. Daraufhin angesprochen sagen viele Bürgerinnen und Bürger des Landes, ach ja, Treibhauseffekt, Klimaschutz, Umdenken. Gleichzeitig sammelt eine Bürgeraktion Unterschriften für eine neue Autobahn. Daraufhin angesprochen sagen viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, ach ja, da bin ich dabei, schließlich braucht unsere Wirtschaft, braucht unser Land dieses neue Betonband. Keiner aber redet davon, dass vor 2010 kaum Verkehr auf dieser neuen Autobahn fließen wird, der motorisierte Verkehr bis dahin trotzdem stetig zunehmen wird, die Hochwasser vielleicht noch viel öfter die Felder des Landes unbestellbar machen. Wir werden noch viel öfter im Stau stehen und merken nicht, dass wir selber der Stau sind.