Protocol of the Session on June 26, 2002

(Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS: Die hat uns in Ruhe arbeiten lassen.)

Sie haben mit einer Kritik am Gesetzentwurf und zur gegenwärtigen Hochschulpolitik vom 12.10.2001 wichtige Aspekte angesprochen und bei dieser Einschätzung, scheint es mir, ist der Beitrag von Herrn Rehberg stehen geblieben. Das Gesetz hat sich wesentlich verändert und hat eine solche Einschätzung nicht mehr verdient.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Meine Damen und Herren, Sie müssen die Kritik neu schreiben.

Sie haben die enttäuschte Erwartung ausgedrückt, dass dieses Gesetz keine Zustimmung finden wird bei den Betroffenen. Nun, meine Damen und Herren, warten wir das Echo der nächsten Tage ab und warten wir ab,

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

was die Hochschulen mit diesen neuen Handlungsmöglichkeiten tatsächlich auf die Beine stellen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Wenn man an die Gestaltung eines solchen Gesetzes herangeht, hat man ja bestimmte Visionen, hat man Vorstellungen, welche Chancen sich denn damit ergeben. Und ich hatte oder habe die Vorstellung, dass es eine Brücke für die Hochschulen ist zu neuen Dimensionen, zu neuen Chancen in unserem Land. Und eine Brücke ist immer etwas Erhabenes, etwa Erhebendes. Man geht über die Brücke und schaut ein Stück zurück, ein Stück nach vorne, ein Stück nach unten, mit neuen Zukunftschancen vor Augen.

Ich komme damit ein bisschen zu PISA. Denn, Herr Rehberg, Sie können lesen.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ehrlich? Kann er das? – Ministerin Sigrid Keler: Er liest doch immer so viel.)

Sie haben sicher auch verstanden – wie Frau Schnoor –, welche Ansätze und Möglichkeiten in dem neuen Gesetz enthalten sind. Aber wenn man dann ausdrückt, dass man nicht verstehen will, dann frage ich mich: Sind nicht einige Schüler vielleicht auch dabei gewesen, die die PISA

Studie für uns so nach unten gedrückt haben, weil sie einfach nicht verstehen wollen, was sie gelesen und eigentlich verstanden haben?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS – Harry Glawe, CDU: Schöne Spekulationen, ne?!)

Und Sie haben etwas Wahres hier ausgedrückt, Herr Rehberg, nämlich dass unsere Hochschulen im Ranking, in der Einschätzung der Studenten, also derer, die davon profitieren sollen, sehr gut abschneiden. Sie haben auch gesagt, dass die Hochschulen mit wenigen Mitteln offensichtlich eine solche Position zustande gebracht haben, dass man vor ihnen praktisch den Hut ziehen möge oder könnte. Die Hochschulen sind leistungsbereit, Herr Rehberg, sie haben mit diesem Gesetz neue Chancen, diese Leistungsbereitschaft auch ausnutzen zu können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Lassen Sie mich zu einigen Dingen des Gesetzes noch ein paar Bemerkungen machen, zunächst zur 5. Novelle des Hochschulrahmengesetzes, zur Dienstrechtsreform. Ihnen ist sicher allen noch erinnerlich, dass es einen heftigen Protest von mehr als 3.000 Professoren gegeben hat, eine Anzeige in der „Frankfurter Allgemeinen“, Kern: Juniorprofessuren sind nicht der Königsweg, um junge Wissenschaftler heranzubilden, die mehr Chancen und bessere Chancen brauchen. Die Gruppenzugehörigkeit der Juniorprofessuren ist kritisiert worden, kritisiert worden ist, dass der Mittelbau geschwächt würde mit diesem neuen Konzept, und einige Kritikpunkte mehr. Wir standen vor der Frage, ob wir nach der Vorlage des Regierungsentwurfes diese Regelungen einarbeiten sollten oder nicht. Und die Äußerungen aus dem Hochschullehrerverband, von den Professoren waren: Eigentlich haben wir doch drei Jahre Zeit, diese Regelungen an unsere gesetzlichen Regelungen anzupassen, es ist doch nicht zwingend nötig, das jetzt mit diesem neuen Hochschulgesetz gleich zu tun. Aber, meine Damen und Herren, wir haben uns davon leiten lassen, dass wir eben nicht warten wollen, bis eventuelle Klagen zu einem Ergebnis geführt haben. Der Zeitaufwand dafür ist nicht kalkulierbar. Wir haben nicht warten wollen oder akzeptieren wollen, dass in den nächsten Monaten, Jahren dann wieder Änderungen vorgenommen werden müssen, um die Anpassung vorzunehmen. Und wir haben uns von dem Aspekt leiten lassen, dass bereits eingearbeitete Veränderungen in unser Hochschulgesetz auch einen Vorteil, eine Akzeptanz bei jungen Leuten, die diese Entwicklung mit den Juniorprofessuren wahrnehmen wollen, bedeuten.

Der nächste Aspekt, die Autonomie, landauf, landab diskutiert. Meine Damen und Herren, für mich ist Autonomie eine Hülle, die demnächst mit Inhalten vor allem der Verantwortlichen seitens der Hochschulen und begleitend seitens der Politik ausgefüllt werden wird.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Und wenn man damit beginnt, ist das eigentlich noch nicht der Endpunkt, und man kann eigentlich davon ausgehen, dass es immer einige geben wird, die Autonomie in der Forschung, frei, ohne staatlichen Einfluss, als individuelle Chance des Gebietes oder des einzelnen Professors oder des einzelnen Forschers sehen möchten. Das allein ist es natürlich nicht. Die Handlungsfähigkeit der

Hochschulen insgesamt unter Einbeziehung aller individuellen Möglichkeiten und die Abwägung, was innerhalb der Hochschule geleistet werden kann und soll, welche Schwerpunkte zu setzen sind, das ist die Ausgestaltung der Autonomie, die natürlich ihren finanziell verlässlichen Rahmen braucht. Und das ist etwas, um das wir mit der Landesregierung seitens beider Fraktionen – da mal auf einer Linie – sehr lange gestritten haben.

Wenn über Jahrzehnte der Eindruck bei den Hochschulen entstand, dass sich eine Regelungsdichte, fast eine Gängelung, eine fürsorgliche Umarmung durch den Staat, fast bis zum Ersticken eigener Möglichkeiten, entwickelt hat, meine Damen und Herren, das ist dann ja wohl dringend einer Änderung zuzuführen. Mehr Spielraum für eigenverantwortliches Handeln nach außen wie nach innen, Haushaltsvorgaben möglichst einschränken, so dass Möglichkeiten an den Hochschulen selber genutzt werden können, Einschränkungen zu Studiengängen, zu Berufungen, die Genehmigungsvorbehalte in großer Zahl abbauen, das war eines der Ziele dieses neuen Hochschulgesetzes. Und Professor Müller-Böling vom Centrum für Hochschulentwicklung hat mal ein passendes Zitat gebracht, das das sehr deutlich hervorhebt: „Hochschule lebt vom ausgewogenen Verhältnis zwischen individueller und korporativer Autonomie. Sie muss mehr sein als eine Ansammlung von Benutzern einer Zentralheizungsanlage.“

Lassen Sie mich noch etwas sagen zu dem Thema Zielvereinbarungen. Die Wiedereinrichtung des Studienganges Zahnmedizin hat so einen Vorgeschmack geboten dafür, wie mühsam es ist, Standpunkte miteinander so weit zu einem Konsens zu bringen, dass man dann damit leben kann. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen, das auszuhandeln ist, in Augenhöhe, ein Ergebnis einer gleichberechtigten Diskussion, das ist eines der Beispiele, das ich hier tatsächlich bei der Zahnmedizin vor Augen habe. Nun kann man natürlich darüber streiten, ob es gerade die Zahnmedizin und das Zahnmedizinstudium ist, was wichtig für das Profil einer heutigen Universität mit Zukunftschancen sein muss. Aber es ist eines der Beispiele, wie man miteinander zäh bis zu einer Lösung kommen kann,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

verhandeln kann, um dann am Schluss ein Ergebnis zu erreichen, mit dem beide einigermaßen zurechtkommen können. Ich bedanke mich auch an dieser Stelle bei allen Kolleginnen und Kollegen, die dieses Vorhaben „Unterstützung der Volksinitiative“ unterstützt haben, auch bei der Regierung, dass letzten Endes das Zugeständnis, auch diesen Studiengang wieder einrichten zu können, erfolgt ist.

(Harry Glawe, CDU: Der Minister musste aber ganz schön getragen werden vom Parlament. – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Zu den Zielvereinbarungen: Sie haben natürlich eine begrenzte Dauer. Korrekturen der Zielvereinbarungen, um neue, andere Prioritäten setzen zu können, sind selbstverständlich. Aber Zielvereinbarungen sind nicht Zieldiktate, sondern Verträge, sind Kontrakte zwischen beiden Beteiligten, zwischen Landesregierung und Hochschulen, und zu genehmigen, zu bestätigen durch den Gesetzgeber, durch das Parlament. Das ist meiner Meinung nach, unserer Ansicht nach eine wichtige Voraussetzung für eine Planungssicherheit, für eine Verlässlichkeit, die beide

Universitäten, die Studentenvertreter, der Hochschullehrerverband, die Fachhochschulen gefordert haben. Wenn denn Zielvereinbarungen abzuschließen sind, dann mögen sie auch die finanzielle Verlässlichkeit haben, sonst sind sie nicht mit dem Vertrauensbonus ausgestattet, den eine Uni, den eine Fachhochschule für die Ausgestaltung von Zielvereinbarungen braucht.

Nächster Punkt, zu dem ich etwas sagen möchte, ist der Paragraph 10, die Erprobungsklausel. Neue Modelle zur Leitung, Organisation der Hochschulen mit dem Ziel, einfachere Entscheidungsprozesse, bessere Wirtschaftlichkeit und internationale Kooperation zu ermöglichen, betreffen die Studiengänge, das Studienziel, die Regelstudienzeit, postgraduale Studiengänge, weiterbildende Studien. All das kann in anderer Weise auf Antrag der Hochschule bestätigt, genehmigt werden durch das Ministerium und hier so neue Möglichkeiten für die Hochschulen bedeuten. Auch die Berufungsverfahren und Strukturen betreffende Dinge sind mit dieser Erprobungsklausel erfasst, etwas, um das eigentlich gleichlautend alle, fast alle Anzuhörenden nachgesucht haben und dem wir nachgekommen sind.

Ich sehe in dem jetzt vorliegenden Gesetz eine derartige Vielzahl an Veränderungen, die substantieller Natur sind – etwa die Hälfte der Anträge betreffen solche Sachbereiche –, dass man mit diesem jetzigen Gesetz sehr zufrieden sein kann. Es sind unter anderem auch die Voraussetzungen geschaffen worden, dass die Universitätskliniken in Anstalten öffentlichen Rechts überführt werden können auf dem Verordnungsweg. Gut, ein Gesetz wäre sicher der verlässlichere, der bessere, von den Universitätskliniken bevorzugte Weg gewesen, aber wir haben diese Zeit genutzt. Die Verordnung ist weitestgehend vorbereitet, so dass sie jetzt mit diesem Gesetz im Grunde Handlungsgrundlage für die Universitätskliniken werden kann.

Meine Damen und Herren, wir haben sehr gewissenhaft die Verantwortung des Landtages bei der Ausgestaltung dieses Gesetzes in die Hand genommen. Hochschulen sind nicht irgendein Politikbereich. Ich habe bei der Einbringung des Gesetzes eine grundlegende Motivation für die Hochschulen begründet, die darin liegt, dass Motivation durch Verantwortung initiiert werden kann, unterstützt werden kann, dass klare Regeln – und darum haben wir uns bemüht – Basis für ein Vertrauen sind, Vertrauen, das mir schien im Laufe der Jahre doch arg in Zweifel gezogen worden zu sein von beiden Seiten, seitens der Hochschulen gegenüber der Landesregierung, gegenüber dem Parlament, gegenüber der Landespolitik und seitens der Politik gegenüber den Hochschulen. Ja, können die denn das, wenn wir ihnen die Verantwortung auch für finanzielle Dinge übertragen? Ich sehe in diesem Gesetz, meine Damen und Herren, echte, gute Chancen für die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und ich bedanke mich an dieser Stelle noch einmal bei allen, die an der Ausgestaltung beteiligt waren, und bin froh darüber, dass das erste Echo auf diesen, jetzt vorgelegten Beschluss, das am 12. Oktober 2001 von der CDU erwartet worden ist, nämlich eine Ablehnung, nicht bestätigt wurde. Sie werden die Zustimmung, das Begrüßen des Landeshochschulgesetzes nicht nur unter dem Aspekt, dass es endlich da ist, sondern auch, dass gut Ding Weile haben will, von den Universitäten, von den

Hochschulen, von den betroffenen Studenten, wahrscheinlich auch als Echo von anderen, die die Hochschullandschaft wirklich nicht mehr zwischen dem Bau von Straßen und Gefängnissen in der öffentlichen Akzeptanz in unserem Land wahrnehmen, vernehmen.

Und was die Autonomie der Hochschulen angeht, es ist ein ganzes Stück gegenüber dem alten Entwurf mehr an Autonomie. Und dieser alte Entwurf stammt ja wohl noch aus einer ganz alten Zeit,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

in der noch vieles schwarz war.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Und wenn ich vorhin von der Brücke für unsere Hochschulen gesprochen habe, von den Chancen des Landes eben,

(Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Friedbert Grams, CDU)

dann meine ich schon, dass die Brücke ein wesentlich erhebenderer Eindruck

(Harry Glawe, CDU: Wie lange hat die SPD dieses Ressort denn nun schon inne? Acht Jahre!)

und ein anderes Bild ist im Vergleich zu einem schwarzen Loch, zu einem Tunnel,

(Harry Glawe, CDU: Alles, was schief geht, war schwarz, ne?)

an dessen Ende das Licht nicht zu sehen war. Jetzt beginnt für die Hochschulen die neue Chance, für unser Land. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Das Wort hat die Vorsitzende der PDS-Fraktion Frau Gramkow. Bitte sehr, Frau Gramkow.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Rehberg, wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Felsbrocken werfen.

(Reinhard Dankert, SPD: Den kriegt er nicht angehoben.)

Und wer PISA analysiert, muss als Ausgangsbedingung formulieren, die CDU dieses Landes war dafür verantwortlich, dass ein komplettes Schuljahr gestrichen worden ist, beginnend mit Mathe- und Deutschstunden, und 1992/93 5.000 Lehrerinnen und Lehrer aus Spargründen