Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 81. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 81. und 82. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 81. und 82. Sitzung gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich unserem Kollegen Herrn Klaus Schier nachträglich ganz herzlich zu seinem 50. Geburtstag
und ebenfalls nachträglich unserer Kollegin Frau Finanzministerin Sigrid Keler ganz herzlich zum 60. Geburtstag gratulieren.
Nach Paragraph 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die heutige und morgige Sitzung die Abgeordnete Frau Peters als Schriftführerin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion stellt folgenden Dringlichkeitsantrag für die heutige beziehungsweise morgige Tagesordnung:
„Personalpolitik der Landesregierung bei früherer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR
1. zur Personalpolitik der Landesregierung in Bezug auf Mitarbeiter, die für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR tätig waren, Stellung zu nehmen,
2. sich zur Überprüfungspraxis der Landesregierung bei Bewerbern um Dienstposten in der Landesverwaltung in der 3. Legislaturperiode des Landtages zu äußern,
3. sich zu der Frage zu äußern, wo im Rahmen des Auswahl- und Einstellungsverfahrens in der Personalangelegenheit Klinger aus der zurückschauenden Sicht der Landesregierung, insbesondere unter dem Eindruck des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, Unregelmäßigkeiten auftraten,
4. sich dahingehend zu äußern, wie in Zukunft die vom Arbeitsgericht Schwerin der Landesregierung bzw. dem Ministerium für Arbeit und Bau vorgeworfenen Nachlässigkeiten im Umgang mit eindeutigen Hinweisen auf die Vergangenheit von Herrn Klinger als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR bei zukünftigen Auswahl- und Einstellungsverfahren verhindert werden können,
5. sich zu den anstehenden personellen Konsequenzen in der Landesregierung bzw. im Ministerium für Arbeit und Bau nach der arbeitsgerichtlichen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren von Herrn Klinger zu äußern.
Mit dem Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 22.05.02 im Kündigungsschutzverfahren von Herrn Klinger wird die damalige Kündigung durch das Ministerium für Arbeit und Bau wegen Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR für nichtig erklärt. In der mündlich vorgetragenen Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass ein Bruch des Vertrauensverhältnisses durch Täuschung von Seiten von Herrn Klinger nicht angenommen werden kann. Vielmehr hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass sich das Ministerium für Arbeit und Bau jeglichen Verdachtsmomenten in Bezug auf eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR bei Herrn Klinger verschlossen hat. Damit hatte das Ministerium für Arbeit und Bau als Arbeitgeber aus Sicht des Arbeitsgerichtes Schwerin jedes weitere Kündigungsrecht bezüglich dieser früheren Tätigkeit verwirkt. Die diesbezüglichen Aussagen des Ministers für Arbeit und Bau konnten das Gericht nicht überzeugen.“
„Der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern wird im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz und als oberster Dienstherr in diesem Zusammenhang gebeten, sich zur Personalpolitik der Landesregierung bei früherer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR zu erklären.“
Für die PDS-Fraktion kann ich erklären, dass wir die Dringlichkeit dieses Antrages nicht erkennen können, weil es sich selbstverständlich um einen wichtigen politischen Vorgang handelt, der in der Öffentlichkeit auch diskutiert wird. Jedoch ist diese Sache nicht heute in irgendeiner Weise zu entscheiden, sondern man kann sie auch ganz normal im Landtag behandeln ohne Dringlichkeit. Und das hat außerdem den großen Vorteil, dass man dann möglicherweise vom Gericht die schriftliche Begründung hat, die bisher überhaupt nicht vorliegt. Ich denke auch, an der Stelle muss man im Landtag seriös mit den Dingen umgehen, man muss seriös mit Personen umgehen, darf es zu keinen Verletzungen kommen lassen, die ungerechtfertigt
Meine Damen und Herren, Ihnen liegt inzwischen der von der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2945 gestellte Antrag „Personalpolitik der Landesregierung bei früherer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraph 74 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss über die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden. Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS, bei einer Enthaltung der Fraktion der SPD, gegen die Stimmen der Fraktion der CDU abgelehnt.
Auf Drucksache 3/2946 liegt Ihnen ein interfraktioneller Antrag „Länderübergreifende Zusammenarbeit – Bahnpolitik“ vor. Im Benehmen mit den Fraktionen schlage ich vor, die Tagesordnung um diesen Punkt zu ergänzen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das gemäß Paragraph 74 Nummer 1 der Geschäftsordnung des Landtages so beschlossen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der CDU hat gemäß Paragraph 66 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Die Situation der Polizei in MecklenburgVorpommern“ beantragt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! „Eine unangenehme Realität verschwindet nicht dadurch, dass man sie nicht zur Kenntnis nimmt.“, so Manfred Rommel, deutschlandweit bekannter Kommunalpolitiker, ehemaliger Präsident des Deutschen Städtetages und Stuttgarter Oberbürgermeister.
Der Anlass für diese Aktuelle Stunde „Situation in der Landespolizei“ ist eine Befragung der Mitarbeiter der Landespolizei durch die Gewerkschaft der Polizei von Anfang Mai diesen Jahres. Diese Umfrage – ich werde darauf noch im Einzelnen eingehen – macht sehr, sehr deutlich, dass die Polizei nicht nur mit der Arbeit der jetzigen Landesregierung überhaupt nicht zufrieden ist, sondern dass sich auch sehr gravierend und sehr deutlich in den letzten Jahren ihre Zufriedenheit mit ihrer Arbeit insgesamt drastisch negativ entwickelt hat.
Was wird der Landesregierung vorgeworfen? – Kompetenzwirrwarr, Personalmangel und Stellenabbau, schlechte Bezahlung, zu viele Überstunden – Kollege Jäger wird darauf noch eingehen, das sind Zahlen, die einen mehr als erschrecken –, Beförderungsstaus und fehlende Leistungsanreize. Der Innenminister weist diese Vorwürfe unverdrossen zurück, und deswegen auch das Eingangs
zitat von Manfred Rommel. Nach ihm steigen nach seinen Pressemitteilungen die Karrierechancen für Polizisten, die Zahl der Beförderungen für Polizisten steigt, die Zahl der Neueinstellungen steigt, die Aufklärungsquote steigt – das ist sicher korrekt – und die Präsenz der Polizei vor Ort ist gesichert.
Meine Damen und Herren, Herr Minister Timm, nehmen Sie unangenehme Realitäten überhaupt nicht wahr? Fragen Sie sich nicht selber, warum? Über ein Viertel d e r Landespolizei wurde befragt und im Schnitt haben 7 5 Prozent – drei Viertel! – eine negative Meinung. Teilweise sind es die Noten 5 und 6. Sie sagen, das ist der Eindruck der ersten acht Jahre. Ich habe sowieso den Eindruck, dass dieses Land Mecklenburg-Vorpommern nach Ihrer Meinung erst seit 1998 besteht. Nur ich frage mich, wenn denn Ihre Arbeit, Herr Minister Timm, so glänzend gewesen ist, warum dann 84 Prozent der befragten Polizisten auf die Frage: „Hat sich die Akzeptanz der Polizei unter der jetzigen Landesregierung im Verhältnis zu den Vorjahren eher deutlich verschlechtert oder verschlechtert?“ sagen, sie hat sich deutlich verschlechtert beziehungsweise verschlechtert. Und wenn 76 Prozent mit den Noten 5 und 6 – 5 und 6, mangelhaft und ungenügend –, davon 41 Prozent die Note 6, ungenügend, geben, wie ist ihr Vertrauen in politisch Verantwortliche im Innenministerium und bei der Landesregierung? Herr Timm, das sind doch keine Zufälligkeiten, diese Antworten. Und Sie können doch nicht einfach sagen, dass diese Befragung unseriös ist, unwissenschaftlich. Jedes Meinungsforschungsinstitut würde sich bei einer Quote von über einem Viertel der Befragten sagen, die Antworten sind sehr griffig, bezogen auf die hundert Prozent, und würde sie sehr, sehr ernst nehmen. Und die Unseriosität, die Unwissenschaftlichkeit, gut, zum Attest, da wird jemand bestellt, der ein Gutachten im Auftrage des Innenministeriums erstellt. Da müssen Sie sich doch auch selber fragen, wenn neun Zehntel der Fragen einer Mitarbeiterbefragung der schleswig-holsteinischen Landespolizei aus dem Jahre 1998 entnommen worden sind. Die Stichprobe wurde vom Institut für empirische Psychologie in Köln erarbeitet. Auch dieser Vorwurf, Herr Minister Timm, der hält nicht einmal nur ansatzweise stand.
Aber wie kann so ein Eindruck entstehen, meine Damen und Herren? Das fragt man sich natürlich auch in der Opposition. Und nicht nur ich, sondern viele meiner Kollegen haben, ich denke, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Minister Timm, einen guten Draht auch zum einfachen Streifenpolizisten, zum Polizisten vor Ort. Was ich da erlebe, Herr Timm, und deswegen rate ich Ihnen dringend, reden Sie mit den Polizisten, das ist eine Negativmeinung, wo ich die Sorge habe, dass sie letztendlich – ich habe die Sorge, es ist nicht so, weil die Polizisten wirklich ein Berufsethos haben –, dass sie über kurz oder lang doch auf die Tätigkeit der Polizei Auswirkungen haben könnte. Das ist meine Sorge.
Aber man fragt sich, woher kommen solche Haltungen? Wenn Sie die Polizisten oder die GdP, das ist ja die Interessenvertretung der Polizei, ständig als notorische Meckerer abstempeln, und wenn Sie, Herr Timm – und das würde ich mir an Ihrer Stelle sehr gut überlegen –, wie im Fall von Crivitz politisch zu feige sind, sich den Fragen der Bürger vor Ort zu stellen, dann kommt natürlich der Eindruck auf, dass Sie überhaupt nicht, auch nicht ansatzweise, Realitäten zur Kenntnis nehmen wollen. Wir haben uns natürlich bewusst, das gebe ich zu, eine Landesregierung herausgesucht, die SPD-geführt ist. In Nie
dersachsen waren 1991 34 Prozent der befragten Polizisten mit dem Einkommen zufrieden, zehn Jahre später 8 0 Prozent. Wissen Sie, warum? Weil die zweigeteilte Laufbahn dort eingeführt worden ist und entsprechend dem Aufbau auch die Beförderungen vorgenommen worden sind. Ich denke, eine Umfrage bei der bayerischen Landespolizei würde ähnliche Ergebnisse bringen.
Also, 100 Prozent, Herr Kollege, haben sie nicht. Herr Böttger, Sie haben 84 Prozent. Ich danke für den Zwischenruf.