Protocol of the Session on April 24, 2002

kann man, glaube ich, hier ruhig noch einmal sagen: Die Änderungen, die wir hier gemacht haben, sind einerseits Arbeitserleichterungen, nämlich dann, wenn ein Verfassungsrichter aus dem Verfassungsgericht ausscheidet, weil er stirbt, weil er krank ist oder weil er wegzieht, dann müssen wir ja einen neuen Verfassungsrichter wählen. Und nun sagt das Verfassungsgericht, er hat ja einen Stellvertreter. Insbesondere wenn er krank war, hat der Stellvertreter sich ja schon eingearbeitet. Dann schreibt doch bitte ins Gesetz, dass dann auch dieser Stellvertreter als Vollmitglied gewählt werden kann. Das ist eine Anregung, die wir aufgenommen haben, und wir haben das Gesetz in der Weise geändert.

Die anderen Änderungen sind geschuldet der Tatsache, dass wir in einem großen Flächenland leben und die Verfassungsrichter nicht hauptamtlich an einem bestimmten Gerichtsort von früh bis abends sitzen und dort immer verfügbar sind. Und es gibt Fälle, wo Beschlüsse wegen offensichtlicher Unbegründetheit, die juristisch völlig unzulässig sind, wo also das Verfassungsgericht das einfach zurückweisen kann, einstimmig. Und nun ist die Frage, ob sie dazu, wo sie sich alle einig sind, zusammenkommen müssen. Und da gestatten wir ihnen jetzt in diesem Gesetz, was bisher nicht zulässig war wegen des Mündlichkeits- und des Unmittelbarkeitsprinzips, aber doch in diesem großen Flächenland, weil sie übers ganze Land zerstreut sind, dazu brauchen sie nicht extra zusammenzukommen, diesen Beschluss können sie auch schriftlich fassen.

Und ein weiterer Fall: Bei Eilsachen kann es vorkommen, dass die in dem Land, wenn sie alle zusammengerufen werden, nicht alle rechtzeitig ankommen

(Dr. Margret Seemann, SPD: Ach nee!)

oder verhindert sind. Dann ist das Gericht eventuell nicht beschlussfähig. Und dann sagen wir, wenn es eine schnelle Sache ist und sie sich wieder einig sind, reicht es, wenn drei da sind. Dann können sie einen Eilbeschluss fassen. Dieser Eilbeschluss wird nach vier Wochen wieder unwirksam, wenn sie ihn nicht wiederholen im kompletten Gericht.

Das sind Änderungen, die wir hier machen konnten, worauf wir uns schnell verständigen konnten, und so haben wir vielleicht, glaube ich, dem Verfassungsgericht ein bisschen Erleichterung verschafft. Und es ist auch ganz sinnvoll, wenn dann bei der Dreiteilung der Gewalten – wir sind die erste Gewalt, die Verwaltung mit den Ministerien ist die zweite Gewalt und die Gerichte sind die dritte Gewalt –, wenn dann auch die Gewalten untereinander mal sich ihre Sorgen und Nöte mitteilen, und dann kann man handeln, insbesondere dann, wenn manchmal die Vermittlung zwischen den Gewalten nicht so ganz funktioniert, dann können erste und dritte Gewalt unmittelbar miteinander reden und dann geht es auch etwas schneller. Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Sinne haben wir versucht, schnell Abhilfe zu schaffen, und ich glaube, es ist uns gelungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Herr Schoenenburg, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt eben nicht nur Streit, wenn es um Rechtsfragen geht. Es gibt auch manchmal

Einigkeit. Und in diesem Punkt waren wir uns einig, dass wir mit Hilfe des Rechtsausschusses und in Übereinstimmung aller drei Fraktionen schnell dem nachkommen, was das Verfassungsgericht von uns erwartet. Ich denke, das ist notwendig.

Es handelt sich dabei, auch das will ich sagen, nicht um Entscheidungen, die so umfassend sind, dass sie irgendwie die Tätigkeit des Landesverfassungsgerichts in Frage gestellt hätten, aber es sind Entscheidungen, die wir hier getroffen haben, die nicht nebensächlich und auch nicht unbeachtlich sind. Das Verfassungsgericht hat uns gebeten, hier tätig zu werden. Und ich will auch hier sagen, dass ich froh bin, dass es uns gelungen ist, die Sache schnell und noch in dieser Legislaturperiode zu erledigen, denn wenn wir es in die nächste Legislaturperiode verschleppt hätten, wäre bestimmt wieder ein nächstes Jahr des nächsten Landtages vergangen, bevor die Rechtspolitiker sich so eingearbeitet hätten, dass sie das Problem erkannt hätten, und deswegen war die Eile geboten.

(Herbert Helmrich, CDU: Ein Führungs- wechsel hätte es vielleicht verzögert.)

Ich verhehle nicht, dass wir noch ein paar Vorschläge hatten, die ein bisschen weiter gingen. Wir waren eigentlich auch mit dem Verfassungsgericht der Meinung, dass es gut gewesen wäre, wenn bei den Entscheidungen die Stimmverhältnisse hätten veröffentlicht werden können, weil das zur Transparenz beigetragen hätte. Und ich denke, es hätte der Autorität des Verfassungsgerichts keinen Abbruch getan, das zu tun. Im Gegenteil, die Leute hätten nachvollziehen können, wie in der oft schwierigen Materie doch auch unterschiedliche Auffassungen zustande kommen. Gut, das war mehrheitlich nicht so gewünscht. Auch im Interesse der Lösung des Problems haben wir uns zu der jetzt immer noch bestehenden Lösung verhalten, haben keine neuen Vorschläge gemacht. Wir meinen auch, dass es Novellierungsbedarf gibt in Bezug auf die Frage, wer kann Präsident oder stellvertretender Präsident des Landesgerichts sein, wer kann Mitglied des Landesgerichts sein. Das sind Fragen, die sicherlich dann dem nächsten Landtag vorbehalten sind, darüber nachzudenken.

Ich will nur sagen, eine solche Frau wie die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtshofs, die ehemalige, Frau Limbach, könnte bei uns nicht Mitglied des Landesverfassungsgerichts sein. Und da meine ich schon, dass wir da ein bisschen weiter an die Sache herangehen sollten und nicht so eng und lokalpatriotisch und vielleicht auch nicht bei der Besetzung der Präsidenten und der Stellvertreterposten so eng, dass man nicht auch ausgewiesene Hochschullehrer, die die entsprechende Befähigung haben, die juristische Befähigung, dafür vorsehen kann. Das ist alles bei uns im Augenblick nicht möglich. Es gibt weitere kleinere Dinge, über die man nachdenken muss. Unsere Fraktion wird sie sicherlich bei nächster Gelegenheit einbringen. Für jetzt sind wir zufrieden, dass wir es gemeinsam so gekonnt haben. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 3/2823 zur Beratung an den Rechtsausschuss zu

überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Unterrichtung durch die Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Siebenter Bericht der Bürgerbeauftragten gemäß § 8 Absatz 7 des Petitionsund Bürgerbeauftragtengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2001, Drucksache 3/2807, und Berichtigung, Drucksache 3/2861. Die Berichtigung liegt Ihnen als Tischvorlage vor.

Unterrichtung durch die Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern: Siebenter Bericht der Bürgerbeauftragten gemäß § 8 Absatz 7 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes des Landes MecklenburgVorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftrag- tengesetz – PetBüG M-V) für das Jahr 2001 – Drucksache 3/2807 –

Berichtigung zu der Unterrichtung der Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/2807 – – Drucksache 3/2861 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Redezeit von bis zu fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Peters von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Frau Peters.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Unterrichtung – und so verlangt es auch das Gesetz – hat die Bürgerbeauftragte unseres Landes dem Landtag einen schriftlichen Bericht über ihre Tätigkeit, insbesondere über die Behandlung und Erledigung der Eingaben im vorangegangenen Jahr, erstattet.

Vielleicht gleich ein Wort zur Berichtigung: Die Berichtigung, die Zahlen, die dort zu berichtigen sind, sind auf Seite 12 einzuarbeiten.

Nach unserer Landesverfassung ist die Bürgerbeauftragte in unserem Auftrag als Hilfsorgan zur „Wahrung der Rechte der Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande sowie zur Beratung und Unterstützung in sozialen Angelegenheiten“ tätig. Dies ist ihr Auftrag, über dessen Ausführung sie uns nunmehr bereits zum siebenten Mal berichtet.

Der vorgelegte Bericht gibt uns einen leicht lesbaren und übersichtlichen Einblick in die Arbeit der Bürgerbeauftragten. Die im Bericht enthaltenen 24 Einzelfälle, dort aufgeführt, zeigen uns eine Auswahl von Eingaben, in denen sich Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen schriftlich oder mündlich an die Beauftragte gewandt haben. Insgesamt, so können wir dem Bericht entnehmen, war dies in 1.282 Fällen in 2002 der Fall. Hiervon fallen 1.195 Eingaben auf Einzelpersonen und 86 auf Gruppen, Vereine oder Bürgerinitiativen. Eine Petition lag als so genannte Massenpetition, das heißt 208 Schreiben zum selben Sachverhalt, vor.

In der Statistik über die Entwicklung der Eingaben der letzten drei Jahre fällt auf, dass sich die Anzahl der Petitionen in der Rubrik Verschiedenes, Existenzgründungen,

Arbeitsmarkt, Arbeits- und Beamtenrecht von 162 auf 223 sprunghaft erhöht hat. Leider, ich sage, leider, ist dem Bericht nicht zu entnehmen, welche Gründe die Bürgerbeauftragte hierfür erkannt hat oder erkennt oder auch vermutet. Ich denke, das wird auch eine Frage sein, die im weiteren parlamentarischen Verfahren gestellt werden wird.

Meine Damen und Herren! Die Bürgerbeauftragte erklärte in ihrem letzten Bericht, dass eine Statistik über die Zahl der Fälle, die erfolgreich abgeschlossen werden konnten, nicht geführt werde, weil solche Zahlen nicht erhoben werden können, da der Erfolg nicht definiert ist und sich nicht ausschließlich am Einzelfall dokumentiert. Ich bin mit meiner Fraktion jedoch der Auffassung, dass in künftige Tätigkeitsberichte gleichwohl aussagefähige Informationen über den Erledigungsstand der Eingaben, zum Beispiel wie bei den Beschlussempfehlungen unseres Petitionsausschusses, auch aufgenommen werden sollten. Das ist meiner Meinung nach in den Ausschussberatungen zu dem vorliegenden Bericht auch mit einzubeziehen.

Meine Damen und Herren, wie eingangs schon erwähnt, hat die Bürgerbeauftragte die Bürgerinnen und Bürger auch in sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu unterstützen. Hierüber können wir dem Bericht Informationen über vielfältige Veranstaltungen der Bürgerbeauftragten entnehmen. Von BB.fun und Infos über die Interkulturelle Woche 2001 bis zu „Gesicht zeigen“ werden Veranstaltungen, die die Bürgerbeauftragte selbst organisiert oder an denen sie sich beteiligt, dargestellt. Bei allem Verständnis, meine Damen und Herren, für das sozialpolitische Engagement erlaube ich mir an dieser Stelle den Hinweis, dass das Amt der Bürgerbeauftragten in erster Linie die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle über Maßnahmen der Landesregierung und der übrigen Verwaltung gegenüber den Bürgern beinhaltet. Hier liegt der Schwerpunkt und hier ist – auch nach meinen Erfahrungen aus dem Petitionsausschuss – noch sehr viel mehr zu tun.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf einen im Bericht unter der Überschrift „Anspruch dem Grunde nach – konkretisiert auf Null?“ dargestellten Einzelfall kurz eingehen. Es brennt mir völlig unter den Fingernägeln. Worum geht es da? Wie Sie nachlesen können, geht es in diesem Fall um die Unterstützung eines Bürgers bei der Erlangung von so genannten passiven Lärmschutzmaßnahmen gegen den Verkehrslärm einer Autobahn. Die Angelegenheit wurde rauf und runter geprüft. Ortsbesichtigungen und Messungen wurden durchgeführt. Intensiver Schriftverkehr – Gott sei Dank ist der im Gegensatz zu dem Autobahnverkehr geräuschlos – wurde zwischen Verwaltung, Bürgerbeauftragter und der Deutschen Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, also DEGES, geführt. Im Ergebnis wurde dem Bürger geholfen und durch Bepflanzung Lärm- und Sichtschutz geschaffen. Zu guter Letzt hat der Petent für sein Wohnzimmer auch noch Schallschutzfenster bekommen.

So weit, so gut, die Ruhe ist also wiederhergestellt. Aber was mich an diesem Fall besonders interessiert, ist, dass er beispielhaft eine bürgerunfreundliche, weil auch missverständliche Kommunikation zwischen Ämtern und Bürgern darstellt. Ist doch dem Petenten in dem vorliegenden Fall im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mehrmals schriftlich mitgeteilt worden, er habe einen Anspruch auf passiven Lärmschutz, ich betone, dem

Grunde nach. Ja, was denn nun? Was soll der Bürger davon halten? Anspruch dem Grunde nach und dennoch keine Unterstützung bei Schallschutzmaßnahmen? Ich kann aus eigener Sicht und Erfahrung sagen, viel zu viele Verwaltungen, Ämter und Behörden verwenden in ihren Ausführungen den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber immer noch zu oft eine Sprache, die Insider, Fachleute und Beamte verstehen, der einfache Bürger jedoch oft nicht mehr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Deshalb appelliere ich von dieser Stelle an die Spitzen – und das tue ich nicht das erste Mal, das habe ich auch das letzte Mal getan – der Verwaltung in unserem Land: Sorgen Sie in Ihrem Verantwortungsbereich persönlich für eine klare und einfache Sprache, eine Sprache, die auch der versteht, der keine juristischen Vorkenntnisse hat!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Thomas Nitz, CDU)

Lassen Sie bitte Ihren Behördenjargon in Ihren Amtsstuben und sprechen und schreiben Sie mit den Bürgerinnen und Bürgern in der ihnen, sprich bürgerfreundlichen, verständlichen Sprache!

Ich bitte Sie ganz einfach, der Überweisung zuzustimmen. Wir haben dann noch genügend Gelegenheit, weiter darüber zu sprechen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Karsten Neumann, PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Nitz von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Nitz.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch dieser Bericht spiegelt die Problemlage des Landes wider. Die statistischen Verschiebungen kann sich jeder angucken. Ich denke, sie entbehren einer gewissen Logik nicht. Es gibt auch erfreuliche Komponenten von Beschwerden, und zwar haben wir eine steigende Anzahl, die den Naturschutz betreffen. Das Erfreuliche dabei ist, dass sich sowohl Naturschützer als auch Naturnutzer zu Wort melden als Zeichen dafür, dass Bürger mitgestalten wollen. Und ich denke, gerade in diesen Fällen sollte die Landesregierung das auch als Angebot verstehen.

(Angelika Peters, SPD: Ist das die alte Rede noch, Herr Nitz?)

Bitte? – Tut mir Leid, also ich würde gerne darauf antworten, aber dann müsste ich es auch richtig verstehen.

Insgesamt jedoch ist die Problemlage im Land nahezu konstant. Und deshalb noch mal der Appell an die Verantwortlichen, die aufgeworfenen Probleme, besonders, wo sie sich verdichten, ernst zu nehmen und nicht abzublocken, und deshalb nochmals die Forderung, schriftlich und verbindlich dazu Stellung zu nehmen. Es kann unter anderem nicht sein, dass Verwaltungsverfahren vier Jahre dauern, die Entwicklungen lähmen und Menschen verschleißen.

Ein zentrales Thema war die Beseitigung von Ausgrenzung, Ausgrenzung von Ausländern, Aussiedlern, Behinderten

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das heißt Menschen mit Behinderungen.)

und anderen Randgruppen,

(Dr. Margret Seemann, SPD: Was?)

ein Wort, das ich nicht mag.

(Annegrit Koburger, PDS: Dann benutzt man es auch nicht.)