Der Vorredner, der ja immer sehr verbindlich ist, aber dann hier – und das kann man ja im Protokoll nachlesen, damit wir uns nicht darüber streiten – bei dem, was ich vorgetragen habe und wieder vortragen werde, nur von sinnlosem Aktivismus zu sprechen und dann nur sich selber zu loben und zu sagen, seine Neuordnung des Vollzugs bei den psychiatrischen Anstalten habe sich bewährt, was er mache, sei alles schön, da kann ich nur sagen, was nicht mein Stil ist, das wird er selber wissen, nur, wenn er so anfängt, muss ich das sagen, mehr Arroganz gibt es eigentlich kaum.
Aber nun zur Sache. Wir sind uns einig und tragen das in gleicher Weise gemeinsam vor, dass wir die Bevölkerung schützen möchten vor Wiederholungstätern, vor Wiederholungstätern, deren Gefährlichkeit nicht bestritten wird. Die Schwierigkeit ist immer wieder, die Gefährlichkeit, wenn sie einsitzen, im Gefängnis festzustellen, auch darüber sind wir uns einig.
Und der erste Punkt, den Sie angesprochen haben, darauf will ich kurz eingehen. Sie sagen, es könnten sehr wenig Fälle sein, vielleicht in einem Jahr mal gar keiner, vielleicht in einem Jahr mal ein oder zwei. Das ist richtig, nur, das dürfte gegen eine Regelung auf dem Papier, die ja nichts kostet, nicht sprechen. Solange es keine derartigen Täter gibt, belastet das doch niemanden.
Und Herr Friese – mit dem sind wir uns ja schon relativ einig, da sind wir ja schon sehr nahe –, Herr Friese hat dazu gesagt, auch wenn nur wenige Fälle diese Maßnahme erfordern, ich stimme zu, an dieser Stelle muss man nicht über Häufigkeiten streiten.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na, den einen Fall werden Sie auch gar nicht ver- hindern können, selbst mit der Sicherheits- verwahrung nicht. Das wissen Sie doch!)
Wir wissen beide, dass es nicht viele Fälle gibt. Aber Sie wollen rauslassen und wir wollen die Bevölkerung vor dem schützen. Das ist der Unterschied.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Gesine Skrzepski, CDU: So ist es. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das wird Ihnen aber nicht gelingen.)
Und da kann das ganze Geklingel, was hier eben vom Justizminister gesagt worden ist, dass zu seiner Zeit nun alles erfolgreich ist – diese Änderung in der Regierung hat es ja nur gegeben, weil wir als Opposition fürchterlich aufgeschrien haben, nachdem die Zustände geradezu schlimm waren, und dass die Zuständigkeit der Sozialministerin entzogen worden und dem Justizminister übertragen worden ist, wir haben darauf geguckt. Und ich hoffe, dass da auch in absehbarer Zeit nichts passiert.
Nur, das so hinzustellen, dass sich hier nun alles gebessert habe und alles schön sei, dem musste ich doch ein bisschen widersprechen.
Sehr geehrter Herr Schoenenburg, ich darf nur Folgendes sagen, um noch mal deutlich zu machen, worum es geht: Dann, wenn ein Betroffener einsitzt und es sich ergibt, dass er weiterhin eine gegenwärtige Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer darstellt, bei einer solchen Gefahr wollen wir, dass ein Wiederholungstäter – immerhin schon ein Wiederholungstäter, nicht jemand, der das erste Mal einsitzt –,
dass der dann auch in Sicherheitsverwahrung kommt. Und das, meine ich, sollten Sie uns nicht aus der Hand schlagen.
Ich darf noch sagen, die Sicherheitsvorkehrungen, die wir treffen – damit dann auch tatsächlich nicht gesagt werden kann, wir sperren hier jemanden überflüssigerweise ein –, sind da. Zwei Gutachten sollen gemacht werden. Ein Gutachter muss auf jeden Fall fremd sein, darf den früher nicht behandelt haben und darf auch sonst nicht in Strafanstalten tätig sein, damit es nicht heißt, na ja, die Gutachter von den Strafanstalten. Diese Vorkehrungen haben wir alle eingebaut. Und deshalb meinen wir, dass in einem solchen Fall – und da sind wir anderer Meinung, Herr Justizminister, als Sie –, deshalb meinen wir, dass das nicht nur während der Verurteilung, während des eigentlichen Prozesses im Erkenntnisverfahren geschehen muss, sondern dass das dann auch die Strafvollstreckungskammer machen kann.
Sie haben dann gesagt, wir sollen Ihrem Entwurf doch zustimmen, der jetzt über den Bundesrat gekommen ist. Ich weiß nicht, wie die Situation im Bundesrat jetzt ist. Ich glaube, da sind zuletzt Sachverständige gehört worden zu diesem Verfahren. Und auch die haben dort leider Gottes, obwohl die Hürde von Ihnen etwas höher gehängt worden ist, verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. Ich würde sonst auch, wenn gar nichts anderes zu kriegen wäre, diesem Verfahren zustimmen können, das wissen Sie, aber ich meine, es gibt eben Gefahren von Tätern, die Sie eben nicht im eigentlichen Urteilsverfahren sehen können. Und dann sagen, also, Sie haben eben ja sogar formuliert, wenn da die Gefährlichkeit schon feststeht oder erkennbar ist. Soweit ich das von Frau Schubert weiß, der heutigen Senatorin aus Berlin, die hat immer gesagt, man
Wie dem auch ist, wir meinen jedenfalls, da wir auf Bundesebene eine solche Regelung zurzeit nicht kriegen und wir zuständig sind für, früher sagte man, öffentliche Sicherheit und Ordnung, da wir also zuständig sind und das in unseren Gefängnissen selbst regeln können, bitten wir Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz. Und Sie würden sich da mit Sicherheit nichts vergeben, denn auf Bundesebene sind zurzeit beide Regelungen nicht mit Mehrheiten versehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja wirklich die unendliche Geschichte und es dreht sich immer im Kreis herum. Denn wir sind nicht geschockt, dass Sie den Entwurf wieder einbringen, und Sie erwarten nicht, dass wir zustimmen. Und von daher ist es schon eine Zumutung. Denn es bleibt doch bei dem Fakt, es soll ein Einsitzender, besonders ein rückfallgefährdeter Straftäter, der im Übrigen gesund ist, das heißt, beispielsweise nicht unzurechnungsfähig oder vermindert unzurechnungsfähig ist, auch dann noch sicherheitsverwahrt werden können, wenn im Nachhinein, das heißt erst während der Strafverbüßung, klar wird, was er für ein böses Individuum ist. Das ist die Konstruktion.
Er ist aber für eine ganz konkrete Tat verurteilt worden. Also, die hiesige CDU – und so sagt es auch die CSU in Bayern, in Baden-Württemberg die CDU und in Hessen die CDU,
überhaupt sozusagen die Südschiene – sagt, dass man mit dieser Initiative Lücken in der Landesgesetzgebung schließen möchte. Und wenn man dann noch die rednerische Begleitmusik einschlägiger CDU-Leute hört und liest, kann einem wirklich Angst und Bange werden. Hessens Ministerpräsident Herr Koch ließ es in der Hessischen Bundesratsinitiative beispielsweise formulieren: Sehenden Auges wird der Verurteilte als erhebliches Sicherheitsrisiko in die vor ihm ungeschützte Allgemeinheit entlassen. Dasselbe sagen Sie, haben Sie gerade gesagt, Herr Helmrich. Und ich denke, Sie sind doch eigentlich viel zu klug, sozusagen nicht unbedingt Herrn Koch nachzuschwätzen, denn wir wissen doch alle,
dass Herr Koch vor allem von einer Sache Ahnung hat, von der Sicherheitsverwahrung schwarzer Kassen.
(Heiterkeit bei Heidemarie Beyer, SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Wie hieß die Affäre, die Sie hier hatten, wo Sie Hun- derte von Millionen versteckt hatten?!)
Die Koalitionsfraktionen und der Justizminister haben Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, in den zurückliegenden Debatten bereits lang und breit erklärt, warum wir Ihr Gesetz nicht beschließen werden. Und jetzt sage ich Ihnen noch mal, welche Gründe wir dafür haben.
(Wolfgang Riemann, CDU: Wie hieß der islamische Verein, dem Sie Geld zugesteuert haben? 17 Millionen!)
Wir haben Ihnen gesagt, dass aus unserer Sicht die Probleme, die mit der Sicherheitsverwahrung verbunden sind, zunächst auf anderen Ebenen liegen, als die CDU sie sieht. Und obwohl ich diese Gründe gesagt habe, sage ich es jetzt noch mal:
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Ministerin Sigrid Keler – Wolfgang Riemann, CDU: Bei Ihnen ist ja keiner mehr da, Herr Dr. Schoenenburg.)
das Thema Sicherheitsverwahrung sachlich zu erörtern. Die Betonung liegt auf sachlich. Aber hier geht es um eine Wahlkampfinszenierung, denn es spricht sehr vieles für die Abschaffung der Sicherheitsverwahrung, die wir jetzt haben, wenigstens aber für eine grundlegende Revision, nicht jedoch für deren Verschärfung.
Denn sie ist nun einmal ein Notbehelf, weil es ohne Zweifel einen zahlenmäßig ganz geringen Kreis von Tätern gibt – einen ganz geringen Kreis von Tätern! –, deren Persönlichkeit im Prinzip so deformiert ist, dass diese Täter zum eigenen Schutz und zum Schutz anderer im Maßregelvollzug festgehalten, vor allem aber behandelt werden müssen. Ein ganz geringer Teil! Ich sage auch noch, wie viel das ist. Und darüber wird, wie man vor kurzem hören konnte, auch auf Bundesebene nachgedacht. Es wird ebenso in den Ländern nachgedacht, vor allem in Verbindung mit dem gesetzlich vorgeschriebenen sozialtherapeutischen Maßregelvollzug. Frau Schubert hat in Sachsen-Anhalt darüber nachgedacht, jetzt ist sie ja in Berlin. Herr Sellering hat uns in der Septembersitzung gesagt, wie er das sieht. Er sprach beispielsweise von der Umkehr der Regelausnahmevorschrift bei der regelmäßigen Überprüfung der Fortsetzung bereits ausgesprochener Sicherheitsverwahrung bei lebenslänglich Einsitzenden. Mag sein, dass an diesen Überlegungen etwas Vernünftiges dran ist. Fraglich aber war und ist die Sicherheitsverwahrung dennoch. Wissenschaftliche Literatur und die verschiedensten Kommentare stellen die Institution seit Jahren an sich und den Zuschnitt der Sicherheitsverwahrung in Frage. Warum?
Die DDR-Seite hatte es 1990 übrigens abgelehnt, im Einigungsvertrag die Sicherheitsverwahrung West zu übernehmen. Sie ist erst nachträglich 1995 reingekommen. Auch ein interessanter Fakt!
Und übrigens stammt die Sicherheitsverwahrung – ich kann immer wieder nur darauf verweisen, was man eben
wirklich nicht aus dem Auge verlieren sollte – aus der Nazizeit. Und bei allen Einschränkungen und rechtsstaatlichen Bremsen, die der Gesetzgeber wohlwissend um die Problembehaftetheit inzwischen eingezogen hat, bleibt Sicherheitsverwahrung auch weiterhin problematisch. Man kann aus unserer Sicht, wenn überhaupt, ihre Existenzberechtigung nur bei engster Anwendungsbedingung begründen und wenn die sichere Verwahrung des Täters und Therapierung dabei eine Einheit bilden. Letzteres, die Therapierung, ist nach dem Strafvollzugsgesetz in Ausfüll u n g des verfassungsmäßigen Würdegebots auch ausdrücklich vorgesehen, denn das Resozialisierungsgebot gilt auch für den Maßregelvollzug. Jeder weiß allerdings, wo diesbezüglich in der Praxis der Schuh drückt und dass andere Länder, beispielsweise die Niederlande und die skandinavischen Länder, für einen therapeutischen Strafvollzug viel mehr tun als die reiche Bundesrepublik. Und ich denke, zu dieser einheitlichen Gestaltung von Sicherung und Therapie gibt es keine ernsthafte Alternative, gerade auch, wenn über Sicherheitsverwahrung nachgedacht wird. Das zum Allerersten.