Protocol of the Session on January 31, 2002

Das Verfahren über die Ausschüsse im dritten Abschnitt des Novellierungsvorschlags ist im Vergleich zu der bisher geltenden Geschäftsordnung in seiner Regelungsdichte erheblich erweitert worden. Der Abschnitt enthielt in der bisherigen Geschäftsordnung oder in der jetzigen noch geltenden 9 Vorschriften und hat in der zukünftigen 20 Paragraphen. Die Erweiterung um insgesamt 11 Vorschriften und die Veränderungen sind aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich gewesen. Darüber hinaus haben wir dem Abschnitt auch deshalb so viel Aufmerksamkeit geschenkt, weil die Regelungen über die Ausschüsse und Kommissionen in der Vergangenheit die größten Auslegungsprobleme hervorgerufen haben. Auf Einzelheiten möchte ich an dieser Stelle dann verzichten.

In Paragraph 15 haben wir dann zum Beispiel geregelt, dass jedes Mitglied des Landtages das Recht hat, Fragen und Anträge auch in Sitzungen eines Ausschusses, dem er nicht angehört, zu stellen. Hiermit werden die Vorgaben des Artikels 22 Absatz 2 der Landesverfassung umgesetzt und die Schlussfolgerungen aus der so genannten Wüppesahl-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gezogen.

In Paragraph 27 haben wir Konkretisierungen entsprechend der parallelen Gesetzesbestimmungen vorgenommen.

In Paragraph 28 haben wir die Vorgabe der Landesverfassung, also Artikel 52 Absatz 3, übernommen, dass die Mitglieder des Landesverfassungsgerichts sowie stellvertretende Mitglieder auf Vorschlag eines besonderen Ausschusses gewählt werden. So ist das jetzt mit der Vorschrift hier. Paragraph 28 Absatz 2 stellt fest, dass die Mitglieder dieses Ausschusses die Mitglieder des Rechtsausschusses sind.

In Paragraph 29 wird ausdrücklich der Einsatz von Sonderausschüssen geregelt und festgelegt, dass die Benennung der Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden in einer eigenen Zählreihe erfolgt.

Umfassender wurde auch der Abschnitt 6 – Verhandlungsgegenstände – geregelt, was in der Vergangenheit zu einigen Problemen geführt hat.

Zu dem Problem Finanzvorlagen hatte der Kollege Caffier schon etwas gesagt, das kann ich überspringen.

In Paragraph 54 ist festgelegt und definiert, was jetzt Haushaltsvorlagen sind. Auch das ist eine Sache, die sehr dienlich ist. Bei der Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass der noch vorhandene Paragraph 21 der alten Geschäftsordnung gestrichen wurde. Es war ja immer auch ein Punkt, dass, wenn ein Antrag finanzrelevant war, er bisher überwiesen werden musste. Jetzt hat das Parlament die Freiheit zu entscheiden, wie es mit diesem Antrag umgeht. Auch das halte ich für eine sehr positive Regelung.

Ich habe meine Ausführungen über die Bandbreite ein wenig gekürzt, weil ich davon ausgehe, dass wir da noch Gelegenheit zum Lesen und im Einzelnen zum Ausprobieren haben. Herr Kuessner hat, sage ich mal, auch auf den Erprobungscharakter hingewiesen. Wir haben die Geschäftsordnung einer umfassenden Sanierung unterzogen, wir mussten also mit Kompromissen leben. Da gab es ab und zu mal einen scharfen Wind, auch noch heute Morgen. Wir wissen, so trocken, wie sich Geschäftsordnungsreden meistens anhören, dass sich hinter ihnen die Strukturen eines Selbstverständnisses unserer parlamentarischen Arbeit widerspiegeln. Insofern gehe ich davon aus, dass wir in Zukunft auch noch Geschäftsordnungsdiskussionen haben werden.

Ich möchte mich auch dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anschließen, an die Kolleginnen und Kollegen, die das mitgetragen haben. – Insofern bitte ich um Zustimmung zur Geschäftsordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Dankert.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 3/2650. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Die Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 3/2650 mit den Stimmen der SPD bei einer Gegenstimme und sechs Stimmenthaltungen der CDU und PDS angenommen.

Die Abgeordnete Frau Mahr, Fraktion der SPD, hat an der Abstimmung nicht teilgenommen. Ich erteile der Abgeordneten Frau Mahr das Wort zur Abgabe einer Erklärung gemäß Paragraph 51 Absatz 2 der Geschäftsordnung. Bitte, Frau Mahr.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Ich habe an der Abstimmung nicht teilgenommen, weil ich mich mit dem Paragraphen 86 der Geschäftsordnung (neu) nicht einverstanden erklären kann, und zwar aus folgendem Grund: Unser Landtag hat drei Beauftragte, davon zwei von Verfassungsrang, Datenschutz und Bürger

beauftragte, und – ich sage es mal kurz – den Stasibeauftragten. Ich finde es nicht in Ordnung, dass nur einer der Beauftragten hier die Möglichkeit hat, im Parlament über seinen Bericht zu reden. Entweder alle oder keiner. Das ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit.

Eine zweite Sache. Dringend nachdenken muss man aber auch über die Rechte der Landesgleichstellungsbeauftragten, obwohl das eine andere Angelegenheit ist.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das denke ich auch.)

Aber wenigstens hätte man hier nach einer Lösung suchen sollen, die ihr auch ein Rederecht gestattet.

(Harry Glawe, CDU: Da müssen Sie mal die Staatskanzlei besuchen.)

Darum glaube ich, dass viele Frauen des Arbeitskreises „Gleichstellung“ sich in diesem Falle der Stimme enthalten haben. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU und PDS – Regionalisierungsmittel Schienenpersonennahverkehr, Drucksache 3/2638.

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS: Regionalisierungsmittel Schienenpersonennahverkehr – Drucksache 3/2638 –

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Gerloff von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Da wir die Beratung dieses Antrages ohne eine Einbringung vollziehen, möchte ich doch noch ein Wort vorwegstellen, wie es dann zu diesem Antrag gekommen ist.

(Präsident Hinrich Kuessner übernimmt den Vorsitz.)

Am 9. Januar diesen Jahres haben sich in Schwerin 23 Parlamentarier aus vier norddeutschen Parlamenten zusammengefunden, um über aktuelle Fragen der Eisenbahnpolitik mit dem Schwerpunkt Regionalisierungsmittel zu beraten. Im Ergebnis dieser sehr offen und sachlich geführten Beratung ist die so genannte Schweriner Erklärung von allen Beteiligten aus allen möglichen Parteien einstimmig verabschiedet worden. Auf der Grundlage dieser Schweriner Erklärung haben sich die Fraktionen dieses Hohen Hauses einstimmig zur Formulierung und Einbringung des vorliegenden Antrages verständigt.

Meine Damen und Herren! Mit der Bahnstrukturreform und der Regionalisierung haben sich die Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr grundlegend geändert, leider nicht nur zum Positiven, wie wir aus Sicht unseres Landes vom Schienenpersonenfernverkehr und auch vom Güterverkehr wissen.

Die Regionalisierung hat zunächst, wie es auch die Zielstellung war, einen ungeheuren Innovationsschub im

Schienenpersonennahverkehr ausgelöst, angefangen bei den Investitionen im Fahrzeugpark, teilweise in die Verkehrsanlagen – ich denke dabei besonders an die Strecke Wismar–Rostock–Tessin –, aber auch bei neuen Anbietern von Schienenverkehrsleistungen im Nahverkehrsbereich und schließlich beim Fahrplanangebot und im Service unterwegs. Der Erfolg blieb nicht aus, wir haben beträchtliche Fahrgastzuwächse von bis zu 50 Prozent, dort, wo solche Konzepte überzeugend umgesetzt worden sind.

Mit der Regionalisierung haben wir auch den Einstieg in den Wettbewerb auf der Schiene geschafft, gute Leistungen zu guten Preisen über Ausschreibungen. Der Gewohnheitsmonopolist Deutsche Bahn AG musste sich erst auf diesen Wettbewerb einstellen, vor Ort und in der Konzernspitze. Der Widerstand war nicht immer von der feinen Art. Wenn das Land sich daranmachte, Verkehrsleistungen ausschreiben zu wollen, dann gaben sich hier die Bahnvorstände die Klinke in die Hand, angefangen von Herrn Döll über Ludewig, Daubertshäuser bis zu Herrn Mehdorn. Und auch egal, bei wem sie sich dann angemeldet hatten, ob bei Herrn Seite, Herrn Ringstorff, Herrn Seidel oder Herrn Eggert, im Grunde ist unterm Strich nach einer gewissen Zeit aus diesen Beratungen für das Land nicht allzu viel übriggeblieben.

(Beifall Dr. Henning Klostermann, SPD, und Dr. Manfred Rißmann, SPD)

Es gab immer eine Menge Versprechungen – bezogen auf den Intercityhalt in Ludwigslust oder auf das Güterverkehrszentrum Rostock – oder andere Forderungen des Landes. In der Regel machte das Land dann Abstriche bei dem beabsichtigten Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr, sprich, es wurden nur relativ wenig Leistungen im SPNV-Bereich ausgeschrieben. In drei Stufen waren es ungefähr 20 Prozent der Leistungen. Aber Tatsache ist, dass wir bei etlichen dieser Ausschreibungen doch bedeutsame Preisvorteile für die bestellten Leistungen erzielt haben, die bis zu 25 Prozent gehen. Und 25 Prozent bei der Größenordnung von 270 Millionen DM – das ist das Gesamtvolumen SPNV so in etwa für die zu bestellenden Leistungen – sind eine ganze Menge.

Wir haben uns leider immer wieder von diesen Besuchen der Bahnvorstände beeindrucken lassen und sind nach meiner Meinung den Weg der konsequenten Ausschreibung von Teilleistungen im SPNV nicht konsequent genug weitergegangen.

(Beifall Dr. Henning Klostermann, SPD, und Bodo Krumbholz, SPD)

Unter den Bundesländern gehört Mecklenburg-Vorpommern zu den am wenigsten lukrativen Märkten für ein Eisenbahnverkehrsunternehmen – niedrige Einwohnerdichte, also wenig Fahrgäste, schwache Wirtschaft, also geringes Güteraufkommen. Ein Verkehrskonzern wie die Deutsche Bahn AG möchte zwar auf die Rosinen in diesem ansonsten trockenen Schienenverkehrskuchen Mecklenburg-Vorpommern nicht verzichten, verschmäht aber zunehmend den Teig. Das soll heißen, um vom Land bestellte gut bezahlte Leistungen wie den SPNV wird seitens der DB AG mit allen Mitteln gekämpft, aber eigenwirtschaftlich im Fernverkehr zu erbringende Leistungen werden von Jahr zu Jahr abgebaut.

(Dr. Henning Klostermann, SPD: Unmöglich.)

So einfach ein privatisiertes gewinnorientiertes Unternehmen wie die Deutsche Bahn AG dies auch tun kann,

anders sieht das für die Politik aus. Die Politik steht ihren Bürgern gegenüber in der Pflicht, die Politik muss handeln.

Da die Bundesregierung sich bis heute weigert, ihrer Verantwortung für den Fernverkehr – für den Güterverkehr übrigens auch – gemäß Grundgesetz Artikel 87 e Absatz 4 umfassend nachzukommen, musste das Land schadenverhütend einspringen. Ich meine hier die Strecke R o s t o ck –Berlin. Das birgt allerdings die Gefahr eines Dammbruchs in sich. Das Geld für den Fernverkehrersatz stammt bisher bereits aus den Regionalisierungsmitteln für den Schienenpersonennahverkehr. Und gerade diese Mittel will die Bundesregierung uns noch in diesem Jahr um bis zu 40 Millionen Euro reduzieren, wenn die einzelnen Gründe für diese Reduzierung dann alle eintreffen sollten.

Übrigens, das habe ich erst gestern erfahren, die Bundestagsfraktion der SPD lehnt eine Reduzierung des Gesamtvolumens an Regionalisierungsmitteln ab. Das bewahrt uns allerdings nicht davor, dass wir im Zuge der Neuverteilung dieses Kuchens unter den Bundesländern trotzdem gewaltige und neue Reduzierungen werden hinnehmen müssen. Wir sind dabei am stärksten betroffen. Und da nützt es auch nichts, wenn die Abstimmung über diese Neuverteilung mit 15 zu 1, also mit einer Gegenstimme unseres Landes erfolgt ist.

Zunächst noch einmal zurück zum Schienenfernverkehr. Der Bund sieht sich in einer nur halbherzigen Verantwortung. Bezogen auf Artikel 87 Grundgesetz vertritt er die Rechtsauffassung, dass er seiner Verpflichtung, das Wohl der Allgemeinheit zu gewährleisten, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes sowie bei den Verkehrsangeboten im Fern- und Güterverkehr ausreichend nachkommt, indem er Investitionen in das Netz der DB AG im Rahmen des Bundesschienenwegeausbaugesetzes mitfinanziert. Eine direkte finanzielle Beteiligung an den Fernverkehrsleistungen bis zu deren Bestellung, wenn es denn nicht anders gehen sollte und wie es entschieden die Länder fordern und auch selbst beim Schienennahverkehr praktizieren, lehnt der Bund kategorisch ab.

Ich habe Verständnis dafür, dass die Bundesregierung nicht auch noch eine Bundesverkehrsgesellschaft für den Schienenpersonenfernverkehr etablieren möchte. Das ist auch nicht nötig, denn die Länder könnten sich darüber verständigen, wie die Bestellerfunktion zu übernehmen wäre, aber die Finanzierung darf der Bund nicht einfach abschütteln.

Zusammenfassend kann ich aus der Situation im Schienenpersonenfernverkehr nur zu der Feststellung kommen, dass die Bundesregierung zwar eine Menge Geld in die Schienenwege investiert, aber dieses nicht zur Durchsetzung einer raumordnerisch orientierten und zukunftsfähigen Schienenverkehrspolitik nutzt. Noch konkreter: Seit der unternehmerischen Freilassung der Deutschen Bahn AG im Sinne der Privatisierung vermisse ich eine verkehrspolitische Konzeption für einen bundesweiten Schienenfernverkehr.

Doch jetzt einige Bemerkungen zum Schienenpersonennahverkehr und dessen künftiger Finanzierung. Die Länder haben mit der Aufgabenübernahme für den SPNV nach Paragraph 8 Absatz 1 Regionalisierungsgesetz vom Bund finanzielle Mittel erhalten, um die Zugkilometer nach dem Stand des Jahres 1993/94 aufrechterhalten zu kön

nen. Für Mecklenburg-Vorpommern waren dies ab 1997 jährlich 363,77 Millionen DM. Darüber hinaus haben wir gemäß Paragraph 8 Absatz 2 Regionalisierungsgesetz eine Quote von 3,3 Prozent von einem Sockelbetrag erhalten, der jährlich mit dem Wachstum der Umsatzsteuer angestiegen ist, und das ist die so genannte Dynamisierung der Regionalisierungsmittel. In der Summe haben wir in den letzten Jahren etwa 430 Millionen DM pro Jahr an Regionalisierungsmitteln erhalten. Das Finanzvolumen nach Paragraph 8 Absatz 2 steht den Ländern für ihre verkehrspolitischen Präferenzen im Sinne einer umfassenden Weiterentwicklung des SPNV zur Verfügung, also für Mehrleistungen, Bedienung zusätzlicher Strecken, Qualitätsverbesserungen oder Investitionen.